Kloster Wettingen

Kirchengebäude in Wettingen im Kanton Aargau, Schweiz

Das Kloster Wettingen (lateinisch Abbatia B.M.V. Maris Stella Wettingensis) war eine exemte Zisterzienserabtei in Wettingen im Schweizer Kanton Aargau. Es wurde 1227 gegründet und im Zuge der Säkularisation im Jahr 1841 aufgehoben.

Kloster Wettingen
Luftbild des Klosters Wettingen
Luftbild des Klosters Wettingen
Luftbild des Klosters Wettingen
Lage Schweiz Schweiz
Kanton Aargau
Liegt im Bistum bis 1841 exemte Abtei, heute Bistum Basel
Koordinaten: 47° 27′ 23″ N, 8° 18′ 57,2″ OKoordinaten: 47° 27′ 23″ N, 8° 18′ 57,2″ O; CH1903: 666152 / 256548
Ordnungsnummer
nach Janauschek
598
Patrozinium BMV Maris stella
Gründungsjahr 1227
zisterziensisch seit 1227
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1841
Mutterkloster Reichsabtei Salem
Primarabtei Kloster Morimond
Kongregation Oberdeutsche Zisterzienserkongregation (bis 1806), dann Schweizerische Zisterzienserkongregation (bis 1841)

Geschichte

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“Graf Heinrich von Rappersweil als Stifter des Gotts Hauses Wettingen, in dem Kreuzgang daselbst zu sehen”
 
Informationstafel

Freiherr Heinrich II. von Rapperswil kaufte nach 1220 Güter in Wettingen sowie das Patronatsrecht über die Kirche des Dorfes. Nachdem Heinrich während der Kreuzzüge auf wundersame Weise aus Seenot gerettet worden war, schenkte er seine Besitztümer in Wettingen dem Kloster Salem, einer Zisterzienserabtei im nördlichen Bodenseeumland. Das für den Neubau notwendige Grundstück stiftete das Kloster Schänis. Der Salemer Abt Eberhard von Rohrdorf entsandte die für eine Neugründung notwendigen zwölf Mönche und einige Laienbrüder unter dem designierten Abt Konrad, zuvor Eberhards Stellvertreter.

Am 14. Oktober 1227 begannen die Mönche mit dem Aufbau des Klosters, das den Namen Maris Stella (Stern des Meeres) erhielt. In Erinnerung an ihren grosszügigen Spender lautete der Wahlspruch „Non mergor“ (lateinisch „Ich gehe nicht unter“). Im Jahre 1256 wurde die Klosterkirche Maria Meerstern wie alle Kirchen des Zisterzienserordens der in den Himmel aufgenommenen Gottesmutter geweiht, mit dem Patroziniumsfest am 15. August. Von Anfang an konnte das Kloster seinen Grundbesitz um Güter in Uri, in Zürich, in Riehen und vor allem im Limmattal um Wettingen herum vermehren. Das meiste war Streubesitz. Im Limmattal besass die Abtei die niedere Gerichtsbarkeit. Schirmherren über das Kloster waren bis 1415 die Habsburger, danach die Eidgenossen.

Im frühen 16. Jahrhundert war das Kloster aufgrund finanzieller Probleme stark geschwächt. 1507 zerstörte ein Brand Teile des Klosters und seiner Ökonomiegebäude:

«Anno Domini 1507 auff den elfften aprellen was sambstag nach dem osterlichen feÿhrtagen, verbranne ein gottsshaus Wettingen sehr ubel. Nemlich das munster, orgeln, thurn, altartaffeln, gesteul [=Gestühl] im chor[,] buocher, sampt allen kirchenziertten, creuzgang, refectorium, keller und alle fass sampt dreÿhundert saum weÿn, trotten, bind- und werckhaus, scheüren, kuchi, ettliche stuben, schiff [= Gefässe] und geschir und anders fil mehr, wie dan in einem closter mehr dann vil von notten. Und wan die burger einer stadt Baden, sampt anderen benachbarten, nit so treulich zu hulff komen were das gantze gottshaus verbrunnen. Welche brunst dan in die sechtzehntausent gulden geschadet.» (Heinrich Murer: [1])

1529 traten der Abt Georg Müller und die Mehrheit der Mönche zum reformierten Glauben über. Nach dem Zweiten Kappelerkrieg von 1531 verfügten die katholischen Orte die Rekatholisierung des Klosters und ernannten bis 1564 die Äbte selbst. 1540 verkaufte das Kloster alle seine Rechte in Riehen an die Stadt Basel.[2]

 
Garten im Kreuzgang
 
Ansicht des Zugangsbereiches 1832

Unter der Führung des Abtes Christoph Silberysen (1563–1594) entstanden im Kloster reich illustrierte Chroniken; die Abtei erhielt neue farbige Glasfenster und Standesscheiben. Unter Abt Peter Schmid (1594 bis 1633) blühte das Kloster auf. Die Gebäude wurden restauriert und erweitert, 1604 eröffnete das Kloster eine Philosophie- und Theologieschule, 1671 eine eigene Druckerei.

Während des Zweiten Villmergerkriegs von 1712 mussten die Mönche für einige Zeit in die Innerschweiz flüchten. In den Wirren nach der Französischen Revolution war das Kloster Zufluchtsort für Tausende von religiösen und politischen Flüchtlingen aus Frankreich.

1803 gelangte das Kloster in den Besitz des neu gegründeten Kantons Aargau, der vorerst das Weiterbestehen zusicherte. Das Kloster wurde jedoch zur Führung einer Schule verpflichtet. Ab 1830 stellte die Aargauer Regierung immer höhere Geldforderungen an das Kloster. 1834 wurde das Vermögen unter staatliche Aufsicht gestellt, ein Aufnahmeverbot für Novizen verhängt und die Klosterschule geschlossen. Als Reaktion auf bewaffnete Aufstände nach der Verhaftung des Bünzer Komitees hob der Grosse Rat das Kloster am 13. Januar 1841 auf, was zum Aargauer Klosterstreit führte.

Kurz darauf mussten die Mönche – unter ihnen Alberich Zwyssig, der Komponist des Schweizerpsalms – das Kloster verlassen. Die umfangreichen Bestände der Klosterbibliothek wurden von der Aargauischen Kantonsbibliothek übernommen. Die Mönche zogen einige Jahre umher und machten am 8. Juni 1854 das säkularisierte Benediktinerkloster Mehrerau in Bregenz zu ihrer neuen Niederlassung. Diese Abtei heisst seither Territorialabtei Wettingen-Mehrerau und ist kirchenrechtlich direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Der Abt trägt den Titel des Abtes von Wettingen und Priors von Mehrerau.

Die leer stehenden Gebäude in Wettingen wurden 1843 dem kantonalen Lehrerseminar Wettingen zur Verfügung gestellt. Seit 1976 werden die Räumlichkeiten von der Kantonsschule Wettingen benutzt.

Grablege

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Im Kloster Wettingen fanden wichtige Adelsgeschlechter der Region ihre letzte Ruhestätte. Darunter Arnold von Wart, der mit Anna von Teufen verheiratet war, sowie Ita von Tegerfelden, die Frau Ulrichs II. von Klingen. In der Klosterkirche sind grosse Sarkophage aus dem Mittelalter erhalten, wie beispielsweise von Rudolf von Habsburg-Laufenburg.

Gebäude

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Kreuzgang

Das Kloster besteht aus einer Vielzahl von Gebäuden. Diese verteilen sich auf den inneren und den äusseren Klosterbezirk und in einen Bereich ausserhalb des ehemaligen Schutzrings. Der innere Klosterbezirk war das eigentliche Kloster mit der Kirche und den Aufenthaltsräumen der Mönche, während der äussere Klosterbezirk die Gebäude für die Versorgung des Konvents und die Unterbringung der Gäste des Klosters umfasste. In der näheren Umgebung befanden sich noch andere Gebäude, die zwar dem Kloster gehörten, aber der weltlichen Obrigkeit unterstanden.

Die Beleuchtung entspricht seit 2007 nicht den gesetzlichen Vorschriften, da die Vorschriften in Bezug auf die Lichtverschmutzung nicht erfüllt werden.[3]

Klosterkirche

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Die Klosterkirche entstand im 13. Jahrhundert und wurde später mehrmals umgebaut und erweitert. Sie ist in zwei Bereiche unterteilt. Der hintere Teil des Schiffes war schon während der Zeit, als das Kloster noch bestand, der Öffentlichkeit zugänglich und wird deswegen Konversenkirche genannt. Der vordere Abschnitt des Schiffes ist durch ein Portal vom hinteren Teil abgetrennt und war nur den Mönchen und Geistlichen zugänglich, weshalb er auch Mönchskirche genannt wird.

 
Wappenscheibe im Kreuzgang

Innerer Klosterbereich

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Kreuzgang
 
Kreuzgang
 
Altar der Kreuzgangkapelle

Der innere Klosterbereich umfasst den Kreuzgang mit dem umstehenden Gebäuden und den Osthof mit den umstehenden Gebäuden sowie auch die Klosterkirche. Der Bau des Kreuzganges wurde um 1520 unter Abt Johann Müller beendet. Er besitzt grosse gotische Masswerkfenster zum Kreuzganggarten hin. Die Fensteröffnungen sind mit Glasscheiben verschlossen, die eine Serie von Kabinettscheiben mit Glasmalereien umfassen. Die Aussenseite der Gänge ist mit Mauern abgeschlossen und von allen vier Seiten mit Türen zugänglich. Nur die Wand zum ehemaligen Kapitelsaal ist mit Kuppelfenstern durchbrochen. An den Wänden sind plastische Figuren der Muttergottes und der ehemaligen Äbte des Klosters mit deren Wappen angebracht. Im Plattenboden sind kleinformatige Grabsteine von dort bestatteten Mönchen eingelassen.

Im Erdgeschoss des Osttraktes befindet sich nahe bei der Türe zur Klosterkirche die Kreuzgangkapelle. Diese entstand um 1285 und wurde 1954 wiederhergestellt. Dabei wurden die spätmittelalterlichen Fresken wieder sichtbar gemacht, welche die Taufe Jesu sowie die Heiligen Benedikt von Nursia und Antonius Eremita darstellen. In der Kapelle befindet sich das Holzgemälde des Wettinger Jesuskindes aus dem 15. Jahrhundert. Zahlreiche Brandspuren erinnern an die wundersame Bewahrung dieses Bildes im verheerenden Klosterbrand vom 11. April des Jahres 1507, dem Sonntag nach Ostern.

Der Kapitelsaal im Erdgeschoss des Osttraktes wird seit der Renovation 1954, wobei sein ursprüngliches Aussehen wiederhergestellt wurde, als Musikaula benutzt.

Äusserer Klosterbereich

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Vorplatz

Der äussere Klosterbereich umfasst alle Gebäude an der Klosterstrasse, die sich innerhalb der Schutzmauer befanden. Die Schutzmauer trennte die gesamte Limmathalbinsel vom Wettinger Feld ab.

Das Schwesternhaus, für das auch der Name «Weiberhaus» überliefert ist, ist als einziges historisches Gebäude im Bereich des Klostertores erhalten geblieben. Die beiden Torhäuser befanden sich nordwestlich davon. Der dazwischen liegende Platz war in der Zeit des Klosters jene Stelle, wo sich der sakrale und der weltliche Bereich trafen. Nach der Klosteraufhebung wurde das Schwesternhaus zum Gasthaus zum Sternen umgebaut.

Die ehemalige Seilerei (mit dem Weinkeller im Untergeschoss), auch Langhaus genannt, bildet zusammen mit dem Schwesternhaus den markanten architektonischen Riegel zwischen dem ehemaligen Kloster und der Gemeinde Wettingen. Der 70 Meter lange Bau beherbergt heute die Biologie- und Chemieräume und auch Vorbereitungs- und Praktikumsräume der Kantonsschule. Er wurde nach der Klosteraufhebung stark verändert, um den neuen Verwendungszweck erfüllen zu können.

Südöstlich folgt in der gleichen Achse neben dem Langbau das ehemalige Backhaus. Karl Rothpletz gestaltete es 1884 zu einer Wohnung um. Wo heute der mehrseitig offene Zwyssighof liegt, befand sich früher das jetzt abgebrochene Knechten- und Gesindehaus. Der Hof erhielt seinen Namen von Pater Alberich Zwyssig, dessen Denkmal er umschliesst. Die 1954 von Bildhauer Eduard Spörri geschaffene Bronzeplastik zeigt die Figur eines Engels.

Die ehemalige Klostermühle an der Limmat wurde im 19. Jahrhundert durch die Spinnerei Wettingen ersetzt.

Zum Klosterareal gehörten die Gärten auf der Südseite bis an die Limmat und zu der Holzbrücke, die der Brückenbaumeister Hans Ulrich Grubenmann im Jahr 1764 im Auftrag des Abtes errichtete. Dieser Flussübergang wurde 1799 durch französische Truppen zerstört und 1819 durch einen Neubau ersetzt, von dem das grössere der beiden Joche noch erhalten ist (Holzbrücke Wettingen-Neuenhof).

 
Klosterkirche

Literatur

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  • Anton Kottmann: Wettingen (Kloster). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Peter Hoegger: Das ehemalige Zisterzienserkloster Wettingen (= Schweizerische Kunstführer. Band 604/605.) Bern 1997, ISBN 3-85782-604-5.
  • Peter Hoegger: Das ehemalige Zisterzienserkloster Wettingen (= Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Band VIII, Der Bezirk Baden, III.) Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1998 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 92). ISBN 3-909164-65-X.
  • Peter Hoegger: Glasmalerei im Kanton Aargau. Kloster Wettingen. Kanton Aargau, 2002, ISBN 3-906738-34-5.
  • Marianna Bucko: Das Wettinger Jesuskind – Der Strahlende Morgenstern im Kloster Maria Meerstern. Eine Einführung in die religiöse Innenansicht des Klosters Maris Stella. Mit Geleitwort von Kassian Lauterer. Wettingen 2007.
  • Charlotte Bretscher-Gisiger, Rudolf Gamper: Katalog der mittelalterlichen Handschriften des Klosters Wettingen. Dietikon/Zürich 2009, ISBN 978-3-85951-271-9.
  • J. Alzog: Reisbüchlein des Conrad Burger (Itinerarium oder Raisbüchlein des Paters Conrad Burger, Conventual des Cistercienser-Klosters Thennenbach und Beichtiger im Frauenkloster Wonnenthal 1641–1678). Zur Geschichte des Klosters Tennenbach im Dreißigjährigen Krieg. Reprint von 1870/1871. Freiburger Echo Verlag, ISBN 3-86028-074-0. (Original befindet sich im Armarium des Zisterzienserklosters Wettingen-Mehrerau, Reprint aus dem Freiburger Diözesan-Archiv, Band 5/6 1870/71.)
  • Leopold Amann OCist (†): Vom Meeresstern zur Mehrerau 1841–1854. In: Cistercienser Chronik. 129 (2022), Heft 1, S. 73–88.
  • Rudolf Fischer: Heilige und Fratzen am Chorgestühl der Klosterkirche Wettingen. Aufnahmen von Rudolf Fischer. Edition Piscator 1986, ISBN 978-3-906090-16-0.

Siehe auch

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Commons: Kloster Wettingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Chronik des Klosters Wettingen. Ittingen 1631. Frauenfeld, Kantonsbibliothek Thurgau, Y 115.
  2. Kauf aller Rechte des Klosters Wettingen durch die Stadt Basel. In: Gemeinde Lexikon Riehen.
  3. Lichtverschmutzung — Kanton Aargau will künftig alle Schlösser nach Gesetz beleuchten. In: srf.ch. 29. September 2021, abgerufen am 29. September 2021.