Kobylin [kɔˈbɨlin] (deutsch älter Kobelin[2]) ist eine Stadt im Powiat Krotoszyński der Woiwodschaft Großpolen in Polen. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 8049 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020).

Kobylin
Wappen von Kobylin
Kobylin (Polen)
Kobylin (Polen)
Kobylin
Basisdaten
Staat: Polen

Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Krotoszyński
Gmina: Kobylin
Fläche: 4,87 km²
Geographische Lage: 51° 43′ N, 17° 14′ OKoordinaten: 51° 42′ 56″ N, 17° 13′ 34″ O

Höhe: 108[1] m n.p.m.
Einwohner: 3222 (31. Dezember 2020)
Postleitzahl: 63-740
Telefonvorwahl: (+48) 65
Kfz-Kennzeichen: PKR
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK36 KrotoszynRawicz
Eisenbahn: Krotoszyn–Leszno
Nächster int. Flughafen: Breslau

Geographische Lage

Bearbeiten

Kobylin liegt etwa 80 Kilometer südlich der Stadt Posen und 15 Kilometer westlich der Kreisstadt Krotoszyn (Krotoschin).

Geschichte

Bearbeiten
 
Urkunde aus dem Jahr 1303, in der Kobylin erwähnt wird
 
Urkunde aus dem Jahr 1622, in der Kobylin erwähnt wird

Die erste urkundliche Erwähnung eines Dorfes namens Kobylin stammt vom 15. August 1289 als der Erzbischof Jakub Świnka die Kirche des Ortes besuchte. Die nächste urkundliche Erwähnung vom 6. Februar 1303 stellt die Vergabe des Stadtrechtes fest.[3] Die Stadt wurde nach Neumarkter Recht gegründet.[4] Der Name der Stadt, welche neben dem Dorf errichtet werden sollte, wurde auf Venetia festgelegt, aber der Name Kobylin setzte sich auch für die Stadt durch.[5] Am 21. Dezember 1430 wurde das Stadtrecht durch Władysław II. Jagiełło nach Magdeburger Recht bestätigt.[3] Als Folge der Gegenreformation kam es um 1630 durch eine Massenflucht aus Schlesien zu einem bedeutenden Zuzug von Protestanten, die zu einer deutlichen Erweiterung Kobylins beitrugen.[6] Durch eine Urkunde des Grundherrn Peter Sziminuta von Lachowo vom 6. September 1637 wurden zuwandernde Deutsche von allen Dienstbarkeiten befreit.[7] Im Jahr 1793, bei der Zweiten Polnischen Teilung, wurde die Stadt Teil Preußens. Sie wurde dem Landkreis Krotoschin zugeordnet. Am 15. August 1835 wurde die Preußische Städteordnung übernommen.[7]

Der Anschluss an das Schienennetz erfolgte 1888.[8] Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Kobylin aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags Teil des wiederentstandenen Polens.

Im September 1939 wurde die Stadt von der deutschen Wehrmacht im Rahmen des Überfalls auf Polen besetzt. Der Stadtname wurde am 18. Mai 1943 in Koppelstädt geändert.[9] Im Jahre 1945, am Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde die Gegend von der Roten Armee besetzt und in der Folge wieder Teil Polens.

Religionen

Bearbeiten

Als Folge des massenhaften Zuzuges von Protestanten wurde am 4. März 1632 die evangelische Kirche „Zum Schifflein Christi“ geweiht und damit das evangelische Kirchspiel Kobylin gegründet. Ein zweiter Kirchenbau ersetzte 1692 den bisherigen Kirchenbau.[10] Die dritte Kirche mit vorgesetztem Kirchturm wurde als Fachwerkbau mit doppelten Emporen errichtet.[11] Im Januar 1945 verwaiste die Kirchengemeinde mit Verlassen fast aller Deutschen. Im folgenden Jahr wurde das Kirchenschiff abgerissen.[10]

Es gab eine jüdische Gemeinde. Am 12. Februar 1855 wurde die neue Synagoge eingeweiht, nachdem die alte baufällig geworden war.[12]

Einwohnerzahlen

Bearbeiten
  • 1816: 1542, darunter die Hälfte Polen und 230 Juden[7]
  • 1837: 2226[7]
  • 1843: 2330[7]
  • 1858: 2265[7]
  • 1861: 2360[7]
  • 1875: 2404[13]
  • 1880: 2418[13]
  • 1890: 2223, darunter 1273 Katholiken, 725 Protestanten und 237 Juden[13]
  • 1900: 2208, vorwiegend Katholiken[14]
  • 1910: 2329[15]
  • 1993: 2832[16]
  • 2002: 2977[16]
  • 2010: 3130[16]
  • 2019: 3249
Einwohnerzahlen in graphischer Darstellung

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten
  • die gotische Pfarrkirche aus dem Jahr 1512
  • die Klosterkirche der Zisterzienser aus dem 16./17. Jahrhundert
  • ein barocker hölzerner Uhrenturm als Überrest der ev. Kirche Kobylins
  • das Rathaus aus dem 19. Jahrhundert

Gemeinde

Bearbeiten

Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Kobylin mit einer Fläche von 112,4 km² gehören die Stadt selbst und 20 Dörfer mit Schulzenämtern.

Wirtschaft und Infrastruktur

Bearbeiten

In der Stadt gibt es eine Vor- und eine Grundschule. Weiterhin gibt es eine Mittelschule und eine Berufsschule (Zasadnicza Szkoła Zawodowa).

Durch Kobylin führt in ost-westlicher Richtung die Landesstraße DK36. Im Westen führt sie nach 30 Kilometern durch Rawicz und kreuzt dabei die DK5. Nach etwa 15 Kilometern Richtung Osten kreuzt sie in Krotoszyn die DK15.

Die Stadt liegt an der Bahnstrecke von Krotoszyn nach Leszno und war einst Endpunkt der Strecke der Liegnitz-Rawitscher Eisenbahn.

Der nächste internationale Flughafen ist der 70 Kilometer südlich gelegene Nikolaus-Kopernikus-Flughafen Breslau.

Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen

Bearbeiten

Sonstiges

Bearbeiten

Die Auswanderer in Karl Mays Erzählung Satan und Ischariot von 1893 stammen aus Kobylin.[17]

Literatur

Bearbeiten
  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 334–335.

Fußnoten

Bearbeiten
  1. Meyers großes Konversationslexikon von 1905, abgerufen am 9. Januar 2011
  2. Martin Helwig: Silesiae typvs. Ortelius, Antwerpen 1598 (mzk.cz [abgerufen am 6. Januar 2019]).
  3. a b Website der Stadt, Krótka Historia Kobylina (Memento des Originals vom 2. Mai 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kobylin.pl, abgerufen am 26. Dezember 2009
  4. Julius Kohte: Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Posen. Band III. Die Landkreise des Regierungsbezirks Posen, Berlin 1896, S. 310–316 Online: PDF, abgerufen am 29. Dezember 2010
  5. Adolf Warschauer: Die Städtischen Archive in der Provinz Posen, Leipzig 1901, Mittheilungen der k. Preussischen Archivverwaltung, H. 5, S. 91–93, Online: Website der Bibliothek der Stadt Kobylin PDF-Datei
  6. Joachim Rogall (Hrsg.): Land der großen Ströme, von Polen nach Litauen. Siedler Verlag, Berlin 1996, S. 136.
  7. a b c d e f g Heinrich Wuttke (Hrsg.): Städtebuch des Landes Posen (= Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten). Leipzig 1864, S. 334 f. (digitale-sammlungen.de).
  8. Szukacz.pl, Kobylin – Informacje dodatkowe, abgerufen am 26. Dezember 2009
  9. territorial.de, Amtsbezirk Koppelstädt-Stadt, abgerufen am 26. Dezember 2009
  10. a b Olaf Schölzel: Trauungsregister der evangelischen Kirche "Zum Schifflein Christi" zu Kobylin, 1652–1874. Bad Oeynhausen 2006, S. IV–V
  11. biblioteka.muzeum.krotoszyn.pl (PDF-Datei; 82 kB), abgerufen am 29. Dezember 2010.
  12. Allgemeine Zeitung des Judenthums, 19. Jahrgang Nr. 8, S. 106 f. vom 19. Februar 1855.
  13. a b c Michael Rademacher: Landkreis Krotoschin. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  14. Meyers großes Konversationslexikon von 1905, abgerufen am 9. Januar 2011.
  15. gemeindeverzeichnis.de, Landkreis Krotoschin, abgerufen am 29. Dezember 2010.
  16. a b c Polska. In: pop-stat.mashke.org. 2019, abgerufen am 8. Mai 2019.
  17. Karl May, Satan und Ischariot, 1893/1894/1896 in Deutscher Hausschatz in Wort und Bild. Hier nach karl-may-wiki.de