Kostenerstattung (Krankenversicherung)

wählbare Alternative zum Sachleistungsprinzip

Kostenerstattung bedeutet in der deutschen Krankenversicherung, dass versicherte Personen zwar mit ihren Leistungserbringern (bspw. Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser, Ergotherapeuten) selbst abrechnen, ihnen diese Krankheitskosten aber teilweise oder vollständig von ihrer Krankenversicherung erstattet werden.

Das Kostenerstattungsprinzip ist in der privaten Krankenversicherung (PKV) die Regel, bei vertragsärztlicher Behandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hingegen nur ein Wahlrecht der Versicherten. Dort gilt zunächst das Sachleistungsprinzip, wonach die Versicherten die Leistungen der Krankenkassen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen erhalten (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB V), und die Leistungserbringer direkt mit der jeweiligen Krankenkasse abrechnen. Wählt der gesetzlich Versicherte jedoch die Kostenerstattung, so gleicht der grundsätzliche Aufbau und Ablauf auch in der GKV dem der PKV.

Private Krankenversicherung

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Die Erstattung der Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen gehört gem. § 192 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in Verbindung mit den Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung[1] zu den vertragstypischen Leistungen des Versicherers im Rahmen einer privaten Krankenversicherung. Der Bundesgerichtshofs (BGH) definiert in ständiger Rechtsprechung die Heilbehandlung als „jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt“.[2][3] Keine Heilbehandlung liegt vor bei kosmetischen Verbesserungen, Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen.[2]

Die versicherte Person muss gegebenenfalls dem Versicherer darlegen und beweisen, dass es sich bei der Behandlung um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung gehandelt hat.[4] Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung ist im Allgemeinen dann auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode angewandt wurde, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken.[5] Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, steht grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers fest.[6][7]

Gesetzliche Krankenversicherung

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Von allen Krankenkassen der GKV muss die gesetzliche Kostenerstattung angeboten werden (§ 13 Abs. 2 SGB V). Zusätzlich haben die einzelnen Krankenkassen die Möglichkeit, in ihrer Satzung einen Wahltarif zur erweiterten Kostenerstattung vorzusehen (§ 53 Abs. 4 SGB V). Darüber hinaus haben Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung für Wunscharzneimittel (§ 13 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 129 Abs. 1 SGB V). Schließlich besteht als Auffangleistung die Möglichkeit der Kostenerstattung bei Systemversagen (§ 13 Abs. 3 SGB V).

Gesetzliche Kostenerstattung

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Wählen Versicherte anstelle des Sachleistungsprinzips die gesetzliche Kostenerstattung, müssen sie dies ihrer Krankenkasse vorab mitteilen (§ 13 Abs. 2 S. 2 SGB V). Dabei können sie ihre Wahl auf folgende Leistungsbereiche einschränken (§ 13 Abs. 2 S. 4 SGB V):

  • ambulante ärztliche Versorgung (bspw. Haus- und Facharztbesuche, Blut- und Gewebeuntersuchungen)
  • ambulante zahnärztliche Versorgung (bspw. kieferorthopädische Behandlung, Zahnersatz)
  • stationärer Bereich (bspw. größere Operationen, Krankenhausaufenthalte)
  • veranlasste Leistungen (bspw. rezeptpflichtige Arzneimittel, Ergo- und Physiotherapie auf Rezept)

Im Anschluss sind die Versicherten ein Kalendervierteljahr an ihre Wahl gebunden (§ 13 Abs. 2 S. 12 SGB V); diese Bindung gilt sowohl für die Wahl der Kostenerstattung an sich, als auch für die hierbei gewählten Leistungsbereiche. Die Krankenkasse erstattet dann den Teil der Kosten, den sie bei Beibehaltung des Sachleistungsprinzips zu tragen gehabt hätte. Leistungen, die als Sachleistung nicht hätten erbracht werden dürfen, bleiben von der Erstattung ausgeschlossen.

Nachdem der Versicherte die gesetzliche Kostenerstattung gewählt hat, tritt er als Privatpatient auf und geht Behandlungsverträge mit den in der GKV zugelassenen Leistungserbringern ein. Diese stellen im Anschluss ihre Rechnung an den Versicherten. Der Versicherte begleicht die Rechnung in voller Höhe, und beantragt die Erstattung der Kosten bei seiner Krankenkasse. Die Rechnung muss in voller Höhe beglichen werden, unabhängig vom grundsätzlichen Erstattungsanspruch oder der tatsächlichen Erstattungshöhe. Um das finanzielle Risiko der geringen Erstattungshöhe – nicht jedoch das Risiko des grundsätzlichen Erstattungsanspruchs – zu vermindern, dürfen Krankenkassen Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung anbieten (siehe unten). Um das Risiko des grundsätzlichen Erstattungsanspruchs zu vermeiden, müssen die Versicherten selbst darauf achten, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen. Da Leistungen, die nicht als Sachleistung hätten erbracht werden dürfen, stets von der Erstattung ausgeschlossen sind, gibt es insbesondere keine Erstattung für:

  • Leistungen von nicht zugelassene Leistungserbringern (bspw. von reinen Privatärzten oder von Psychotherapeuten ohne Kassensitz)
  • genehmigungspflichtige Leistungen, die ohne Genehmigung stattfanden (bspw. ungenehmigte Psychotherapie oder ungenehmigte Reha-Aufenthalte)
  • Leistungen, die gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V verstoßen haben (bspw. weil sie das Maß des Notwendigen überschritten hatten oder unwirtschaftlich waren)
  • Arzneimittel oder Leistungen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ausgeschlossen wurden

Die Krankenkasse muss über Leistungsanträge zur Kostenerstattung zügig entscheiden. Tut sie dies nicht, muss sie einen hinreichenden Grund dafür darlegen. Andernfalls gilt der Antrag nach Ablauf gesetzlicher Fristen als genehmigt (§ 13 Abs. 3a SGB V):[8] Im Regelfall gilt die Frist von drei Wochen ab Antragseingang. Die Frist beträgt fünf Wochen nach Antragseingang in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird. In Fällen, in denen bestimmte Gutachten des zahnärztlichen oder kieferorthopädischen Bereichs eingeholt werden, gilt eine Frist von sechs Wochen nach Antragseingang.

Die Rechnungen, die den Versicherten bei Kostenerstattung gestellt werden, folgen den Regeln der amtlichen Gebührenordnungen, die auch in der PKV gelten. Diese unterscheiden sich je nach Leistungsbereich: Im Bereich der ärztlichen Versorgung gilt die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Auch Psychotherapie, die gemäß der Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) berechnet wird, gehört diesem Leistungsbereich an. Für den Bereich der zahnärztlichen Versorgung ist die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) maßgeblich. Bei stationären Leistungen greifen die Fallpauschalen der German Diagnosis Related Groups (G-DRG). Die so in Rechnung gestellten Beträge überschreiten jene, welche die Kasse bei Anwendung des Sachleistungsprinzips zu tragen gehabt hätte, regelmäßig erheblich. Dies ist der Fall, weil beim Sachleistungsprinzip andere Gebührenordnungen zum Tragen kommen (bspw. der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) für ärztliche Leistungen, oder der Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA)). Da der Erstattungsbetrag jedoch nicht höher sein darf, als die Kosten bei Sachleistung (außer in Wahltarifen zur erweiterten Kostenerstattung), und die Krankenkasse den Betrag zudem um bis zu 5 % für Verwaltungskosten reduziert (§ 13 Abs. 2 S. 10 SGB V), verbleiben hohe Eigenanteile für die Versicherten.

Wegen dieser hohen Eigenanteile ist die Wahl der gesetzlichen Kostenerstattung vor allem für Versicherte geeignet, die beihilfeberechtigt sind, oder über eine private Krankenzusatzversicherung für den gewählten Leistungsbereich verfügen (bspw. Zahnzusatzversicherung, ambulante Restkostenversicherung), oder die an einem Wahltarif zur erweiterten Kostenerstattung der GKV teilnehmen. Dieser Wahltarif wird im nächsten Abschnitt beschrieben.

Erweiterte Kostenerstattung

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Versicherte, welche die gesetzliche Kostenerstattung in Anspruch nehmen, können – sofern die Satzung ihrer Krankenkasse dies vorsieht – auch an der erweiterten Kostenerstattung teilnehmen (§ 53 Abs. 4 SGB V). Hierbei handelt es sich um einen Wahltarif, der den bei der gesetzlichen Kostenerstattung verbleibenden Eigenanteil stark reduziert. Von der Höhe des erstatteten Betrags abgesehen entsprechen die Grundsätze denen der gesetzlichen Kostenerstattung: die Leistungserbringer müssen zugelassen sein, Genehmigungspflichten und Wirtschaftlichkeitsgebot bleiben bestehen, und der Leistungskatalog wird nicht erweitert. Es erfolgt also weiterhin keine Erstattung für Leistungen, die nicht als Sachleistung hätten erbracht werden dürfen.[10] Die Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung gelten in der Regel nur für einzelne Leistungsbereiche (bspw. ambulante ärztliche Versorgung). Da jedoch die zugrundeliegende Wahl der gesetzlichen Kostenerstattung auch auf einzelne Leistungsbereiche eingeschränkt werden kann, können die Versicherten einen gemischten Status nutzen: beispielsweise können sie sich von Vertragsärzten als Privatpatienten behandeln lassen, aber dessen ungeachtet von den so aufgesuchten Ärzten ein Kassenrezept ausgestellt bekommen.[11][12] Da die verordnenden Ärzte diese Konstellation eigens mit der KV-Pseudoziffer 88190 kodieren können, entsteht für sie kein Nachteil.[13]

Die Mehrkosten für diese höheren Erstattungsbeträge werden von den Teilnehmern am Wahltarif selbst getragen (§ 53 Abs. 9 SGB V), indem sie eine zusätzliche Prämie zahlen. Eine Finanzierung aus anderen Mitteln ist nicht zulässig; auch nicht die Querfinanzierung aus anderen Wahltarifen.[14] Die Aufsichtsbehörden prüfen daher die versicherungstechnischen Annahmen und die Tragfähigkeit der Tarife. Die Krankenkassen legen ihnen dazu regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft ab. Die Mindestbindungsfrist für einen Wahltarif zur erweiterten Kostenerstattung beträgt ein Jahr (§ 53 Abs. 8 S. 1 SGB V). Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können den Tarif nicht wählen (§ 53 Abs. 8 S. 6 SGB V). Wie in der GKV üblich findet keine Gesundheitsprüfung statt. Auch eine Unterscheidung nach dem Geschlecht gibt es nicht. Die Höhe der Prämie für den Wahltarif kann jedoch nach Alter gestaffelt sein. Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung sind seit dem 1. April 2007 möglich (Art. 1 Nr. 33 GKV-WSG).

Krankenkassen mit Wahltarif zur erweiterten Kostenerstattung

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Die folgenden gesetzlichen Krankenkassen bieten aktuell (Stand: März 2024) Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung an:

Da diese Tarife die nach den amtlichen Gebührenordnungen üblichen Steigerungfaktoren berücksichtigen (bspw. den 2,3fachen Gebührensatz für eine Leistung von durchschnittlichem Aufwand, oder den 3,5fachen Gebührensatz für eine besonders aufwändige Leistung), übersteigen ihre Erstattungsbeträge im abgedeckten Leistungsbereich jene des Basistarifs der PKV deutlich. Art und Umfang der erstattungsfähigen Leistungen sind indes ungefähr vergleichbar (§ 152 Abs. 1 S. 1 VAG).

Gegenüberstellung mit der PKV

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Vielfaches der Gebührensätze (Steigerungsfaktoren nach Aufwand) üblicher PKV-Tarif:¹
durchschnittlich / maximal
übliche erweiterte Kostenerstattung der GKV:²
durchschnittlich / maximal
Basistarif der PKV:³
maximal
gesetzliche Kostenerstattung der GKV:⁴
maximal
Kapitel A, E, O GOÄ (medizinisch-technische Leistungen) 1,8 / 2,5 1,8 / 2,5 1,0

ungefähr mit dem Basistarif der PKV vergleichbar,
reduziert um max. 5 % für Verwaltungskosten

Kapitel M und Nr. 437 GOÄ (Laborleistungen) 1,15 / 1,3 1,15 / 1,3 0,9
alle übrigen Kapitel der GOÄ (persönliche ärztliche Leistungen) 2,3 / 3,5 2,3 / 3,5 1,2
zahnärztliche Leistungen nach GOZ 2,3 / 3,5 2,3 / 3,5 2,0
Erstattungsgrundsätze
  • nur Leistungskatalog der jeweiligen GKV
  • nur zugelassene Leistungserbringer
  • bestimmte Leistungen genehmigungspflichtig
  • i. d. R. nur für einzelne Leistungsbereiche
  • Selbstbehalt, Zuzahlungen, Verwaltungskosten
  • nur Pflichtkatalog jeder GKV
  • nur zugelassene Leistungserbringer
  • bestimmte Leistungen genehmigungspflichtig
  • deckt alle Leistungsbereiche ab
  • Zuzahlungen
  • nur Leistungskatalog der jeweiligen GKV
  • nur zugelassene Leistungserbringer
  • bestimmte Leistungen genehmigungspflichtig
  • für jeden Leistungsbereich wählbar
  • Zuzahlungen, Verwaltungskosten
Beiträge, Aufnahme & Ausschlüsse
  • GKV-Beitrag (einkommensabhängig), zzgl. ca. 48 EUR/Monat Prämie je Wahltarif[19]
  • Kontrahierungszwang
  • keine Anzeigepflicht / Gesundheitsprüfung
  • keine Risikozuschläge / Leistungsausschlüsse
  • individueller Basistarif-Beitrag (einkommensunabhängig)
  • Kontrahierungszwang
  • keine Anzeigepflicht / Gesundheitsprüfung
  • keine Risikozuschläge / Leistungsausschlüsse
  • GKV-Beitrag (einkommensabhängig)
  • Kontrahierungszwang
  • keine Anzeigepflicht / Gesundheitsprüfung
  • keine Risikozuschläge / Leistungsausschlüsse

Fußnoten:

¹ Die genauen Leistungen sind in den jeweiligen Tarifbedingungen der PKV festgelegt. Die tatsächliche Erstattungshöhe kann geringer sein. Hier wird ein üblicher, typischer PKV-Tarif dargestellt.
² Die genauen Leistungen sind in der jeweiligen Krankenkassen-Satzung festgelegt. Die tatsächliche Erstattungshöhe kann geringer sein. Hier wird ein üblicher, typischer GKV-Wahltarif zur erweiterten Kostenerstattung dargestellt.
³ Gesetzlich festgelegt, unter anderem in § 75 Abs. 3b S. 1 SGB V i. V. m. § 75 Abs. 3a S. 2 SGB V, sowie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen 2009 für den Basistarif (AVB/BT 2009) einschließlich dem zugehörigen brancheneinheitlichen Tarif BT (Stand: März 2024).[20]
⁴ Ergibt sich, da die Leistungen des Basistarifs „in Art, Umfang und Höhe jeweils“ mit den Pflichtleistungen der GKV vergleichbar sein müssen (§ 152 Abs. 1 S. 1 VAG); die Krankenkasse darf in ihrer Satzung vorsehen, Verwaltungskosten bis zur Höhe von 5 % des Erstattungsbetrags abzuziehen (§ 13 Abs. 2 S. 9 f. SGB V).

Kostenerstattung für Wunscharzneimittel

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Versicherte haben bei jedem Bezug von Arzneimitteln das Recht, sich für ein Wunscharzneimittel zu entscheiden (§ 13 Abs. 2 SGB V i. V. m. § 129 Abs. 1 SGB V). Dabei sind medizinisch-pharmazeutisch begründete Vorschriften weiterhin einzuhalten, sodass insbesondere der Wirkstoff, die Dosis und Packungsgröße gleich bleiben müssen. Die Versicherten sind jedoch nicht mehr an Rabattverträge und ähnliche Vorschriften ihrer Kasse gebunden. Die Entscheidung für ein Wunscharzneimittel muss der Krankenkasse weder vorher angekündigt werden, noch löst sie eine Bindungsfrist aus; sie kann also grundsätzlich mit jedem einzelnen Rezept geändert werden. Die Kosten, die dem Versicherten dabei entstanden sind, werden von der Krankenkasse teilweise erstattet.

Vom eingelösten E-Rezept erhalten Versicherte einen speziellen Ausdruck (beim klassischen Rezept eine Kopie desselben) zusammen mit einem gewöhnlichen Kassenbon über den gezahlten Betrag. Diesen Betrag erstattet die Krankenkasse nach Vorlage beider Belege teilweise, nämlich reduziert um:

  • Verwaltungskosten (in der Regel 5 %), und
  • gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen, und
  • einen Abschlag für entgangene Vertragsrabatte, und
  • einen Abschlag für die Wahl eines Arzneimittels, das nicht zu den preisgünstigsten gehört.

Der so ermittelte Erstattungsbetrag ist zudem begrenzt auf die Kosten, welche die Kasse beim Bezug des vorgesehenen Arzneimittels als Sachleistung zu tragen gehabt hätte. Die Höhe der Verwaltungskosten und Abschläge unterscheidet sich von Kasse zu Kasse und ist in deren Satzung festgelegt; die Verwaltungskosten dürfen 5 % nicht überschreiten (§ 13 Abs. 2 S. 10 SGB V). Diese teilweise Kostenerstattung für Wunscharzneimittel wurde am 1. Januar 2011 eingeführt (Art. 1 Nr. 1 & Nr. 15 AMNOG).

Eine Besonderheit ergibt sich, während die gesetzliche Kostenerstattung für den Leistungsbereich der veranlassten Leistungen (siehe oben) gewählt wurde: Dann können die Versicherten selbst das vorgesehene Rabattvertragsarzneimittel nicht als Sachleistung, sondern nur gegen Kostenerstattung beziehen. Da sie dabei jedoch ohnehin ein Privatrezept verwenden, können auch diese Versicherten sich jeweils für ein Wunscharzneimittel entscheiden.

Kostenerstattung bei Systemversagen

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In § 13 Abs. 3 SGB V heißt es: „Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 15 des Neunten Buches erstattet.“[21][22]

Nach Meinung des Ärzteblattes[23] ist diese Regelung besonders für psychisch Kranke wichtig, weil sie bedeute, dass „[…] psychisch Kranke, die vergeblich einen Therapieplatz bei einem im Kassenarztsystem zugelassenen Psychotherapeuten gesucht haben, auch approbierte Psychotherapeuten, die in privater Praxis ohne Zulassung arbeiten, aufsuchen [könnten].“ Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) gab 2012 einen Ratgeber heraus, der psychisch Kranken helfen sollte auf diesem Wege einen geeigneten Therapieplatz zu finden.[24]

Kontroverse

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Die Einführung einer Kostenerstattung in der GKV wurde in ihren verschiedensten denkbaren Formen seit den 1950er Jahren sozial- und gesundheitspolitisch sowie gesellschaftlich diskutiert.[25][26][27] Diese Debatte dauerte auch bei ihrer schlussendlichen Einführung am 1. Januar 2004 (durch Art. 1 Nr. 4 GMG) noch an.[28][29][30]

Kritiker befürchteten, dass Patienten von sinnvollen Arzt- und Psychotherapeutenbesuchen abgehalten, oder dass ihnen sinnvolle Leistungen und Verordnungen vorenthalten würden. Der Gesetzgeber versprach sich von der Einführung ein besseres Kostenbewusstsein und sparsameres Verhalten der Patienten. Die Ärzte und Psychotherapeuten erhofften für ihre Gruppe Bürokratieabbau und erleichterte Abrechnungen, denn beim Sachleistungsprinzip gelten unter anderem Beschränkungen und Richtgrößen für Verordnungen von Arzneien und Heilmitteln, die teilweise mit Regressforderungen bewehrt sind (Praxisbudget, später auch Regelleistungsvolumen und weitere Modelle). Der GKV-Spitzenverband erwartete einen vermehrten Verwaltungsaufwand für seine Mitgliedskassen, den diese jedoch mit einem bis zu fünfprozentigen Abschlag auf Erstattungen decken können. Für die Versicherten hingegen kann der Kostenerstattungsprozess dadurch aufwändiger sein, dass sie ihren Erstattungsanspruch bei zwei Abrechnungsstellen geltend machen müssen: der gesetzlichen Krankenkasse, sowie der Beihilfestelle oder privaten Krankenzusatzversicherung. Die GKV-Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung, bei denen dies nicht gilt, wurden erst drei Jahre später eingeführt.

In der Praxis wird die gesetzliche Kostenerstattung bisher (Stand: September 2018) von wenigen Versicherten gewählt.[31] Die Ausgaben für Kostenerstattung bei Systemversagen sind im Bereich der Psychotherapie während der zehn Jahre bis 2013 um beinahe das Achtfache gestiegen.[32] Allerdings blieben sie absolut gesehen auf geringem Niveau: Im Jahr 2012 betrugen sie 45 Mio. Euro von insgesamt etwa 1,5 Mrd. Euro für ambulante psychotherapeutische Leistungen.[33]

Siehe auch

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  • bayernportal.de: Informationen zur gesetzlichen Kostenerstattung (bundesweit gültig)
  • knappschaft.de: Beispiele und ausführliche Informationen zur erweiterten Kostenerstattung
  • deutschesapothekenportal.de: Patienteninformation zu Wunscharzneimitteln (PDF)
  • therapie.de: Kostenerstattung bei Systemversagen am Beispiel der Psychotherapie

Einzelnachweise

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  1. § 1 Abs. 2 der Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009) §§ 1-20 Stand: November 2022. Abgerufen am 30. August 2023.
  2. a b Vicki Irene Commer: § 17 Krankenversicherung / a) Heilbehandlung. Haufe.de, abgerufen am 30. August 2023.
  3. vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 29. März 2017 - IV ZR 533/15 Rz. 21.
  4. BGH, Urteil vom 29. Mai 1991 - IV ZR 151/90.
  5. vgl. BGHZ 99, 228, 233 f.
  6. BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 133/95, Rz. 18.
  7. zum Ganzen Christoph Jansen: Die Bestimmung des Leistungsumfangs der privaten Krankenversicherung: zum Begriff der „medizinischen Notwendigkeit“ von Heilbehandlungen. Versicherungsrecht 2022, S. 671–681.
  8. Jana Hauschild: Zoff über Kostenerstattung: Kassen schikanieren Psychotherapie-Patienten. Spiegel online, 13. April 2013
  9. Ausgewiesene Jahresdurchschnitte der Spalte „KBS“ (für Knappschaft-Bahn-See) bzw. „BKN“ (für Bundesknappschaft) in Zeile „Zu“ (alle Geschlechter zusammen) der Schlüsselnummer 18940 („Versicherte mit Wahltarif nach § 53 Abs. 4 SGB V“) der GKV-Statistik KM1/13 des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) im jeweiligen Jahr. PDF-Dateien der einzelnen Jahre: 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022, 2023. Übersicht der verfügbaren Jahre.
  10. Martin Stellpflug, Dagmar Felix: Zur Reichweite von Wahltarifen zur Kostenerstattung. Urt. v. 30.7.2019 – B 1 KR 34/18 R BSG. In: Institut für Medizinrecht, Universität zu Köln (Hrsg.): Medizinrecht. Band 38, Nr. 5. C.H. Beck, 1. Mai 2020, ISSN 1433-8629, S. 406–411, doi:10.1007/s00350-020-5548-5.
  11. Wahltarif erweiterte Kostenerstattung. In: Securvita BKK (Hrsg.): Securvita Informiert. Infoblatt 108. Würzburg / Hamburg 10. Februar 2023, S. 2 (securvita.de [PDF; abgerufen am 11. März 2024]): „Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, die medizinisch notwendig sind und zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, werden weiterhin auf den dafür vorgesehenen vertragsärztlichen Vordrucken verordnet.“
  12. Einfach mehr drin. Wahltarife zur Kostenerstattung. In: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Hrsg.): Informationsbroschüren Kostenerstattung. Bochum September 2018, S. 11 (knappschaft.de [PDF; abgerufen am 11. März 2024]): „Wählen Sie den Wahltarif Arzt und/oder Zahnarzt und nehmen Sie aufgrund dessen die ärztliche und/oder zahnärztliche Behandlung privat in Anspruch, so bedeutet dies nicht, dass Sie auch die ärztlich/zahnärztlich veranlassten Leistungen privat in Anspruch nehmen müssen. Diese Leistungen können von Ihrem Arzt/Zahnarzt weiterhin auf einem „Kassenrezept“ grundsätzlich direkt zu Lasten der KNAPPSCHAFT verordnet werden.“
  13. Neue codierte Zusatzposition Nr. 88190. Kostenerstattung. In: AAA Abrechnung aktuell. Kassenabrechnung und Privatliquidation in der Arztpraxis. Nr. 12/2008. IWW Institut für Wirtschaftspublizistik, 3. Dezember 2008, ISSN 1438-7166, S. 10 (iww.de [abgerufen am 11. März 2024]): „Damit sich dadurch keine Nachteile für Richtgrößen- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Verordnungsweise ergeben, wurde zum 1. Oktober die codierte Abrechnungsposition Nr. 88190 eingeführt, die dann als alleinige Position auf einem Behandlungsausweis abzurechnen ist. An dieser Kennziffer erkennt die KV, dass der Patient private Behandlung in Anspruch genommen hat, dass aber die Verordnungen zu Lasten der GKV erfolgten.“
  14. Andreas Spickhoff, Dunja Barkow-von Creytz, Dieter Barth, Thomas Clemens, Hans-Peter Greiner, Jan C. Schuhr: Medizinrecht. In: Andreas Spickhoff (Hrsg.): Beck'sche Kurz-Kommentare. 4. Auflage. Band 64. C.H. Beck, München 2022, ISBN 978-3-406-78835-2, SGB V § 53 Wahltarife, Rn. 42-43.
  15. § 66d Wahltarife zur Kostenerstattung im Dritten Abschnitt (Leistungen der Krankenversicherung) des Zweiten Teils (Krankenversicherung) der Satzung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See; konsolidierte Fassung vom 1. Februar 2024
  16. § 13h Wahltarif Kostenerstattung bei ambulanter ärztlicher Behandlung der Satzung der Securvita BKK; konsolidierte Fassung vom Februar 2024
  17. § 33 TK-Tarif Praxis Satzung der Techniker Krankenkasse; konsolidierte Fassung vom 12. Januar 2024
  18. Private Krankenversicherung: So hoch sind die PKV-Beiträge im Alter. Verband der Privaten Krankenversicherung e.V., archiviert vom Original am 22. Dezember 2023; abgerufen am 21. März 2024: „Der durchschnittliche Beitrag in der PKV betrug im Jahr 2022 für Erwachsene ohne Beihilfeanspruch 529 Euro im Monat. […] Diese Durchschnittswerte ergeben sich aus den Daten aller Privatversicherten ab 35 Jahren, was dem üblichen Eintrittsalter entspricht. Die Tarife für Kinder, Jugendliche und Studenten wurden hier bewusst ausgeklammert, da sie ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert sind und daher deutlich niedrigere Beiträge haben, was den Durchschnittsbeitrag verzerren würde. […] Um die aktuelle Beitragshöhe für 2024 abzuschätzen, hat der PKV-Verband eine Prognose mit den durchschnittlichen Beitragsanstiegen der Jahre 2023 und 2024 hochgerechnet. Demnach wird der PKV-Durchschnittsbeitrag 2024 rund 579 Euro im Monat betragen.“
  19. Auf ganzen EUR-Betrag gerundetes arithmetisches Mittel der monatlichen Prämien aller Altersstufen in allen verfügbaren Wahltarife zur erweiterten Kostenerstattung (eigene Berechnung; Stand: März 2024). Quellen der Prämien sind die Satzungen der jeweiligen Kassen: Knappschaft (Satzungsanlage 12, gültig ab 2009-01-01), Securvita (Satzung vom Februar 2024), Techniker (Satzung vom 2024-01-12).
  20. Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (Hrsg.): Allgemeine Versicherungsbedingungen 2009 für den Basistarif (AVB/BT 2009), einschließlich zugehöriger Tarif BT. Köln / Berlin 1. Januar 2022 (pkv.de [PDF; abgerufen am 13. März 2024]).
  21. Heinfried Tintner: § 13 Kostenerstattung / 2.3.2 Unmöglichkeit der rechtzeitigen Leistungsgewährung (Abs. 3 Satz 1 1. Alt.) Rz. 33–35. haufe.de, abgerufen am 17. Februar 2019
  22. Tim C. Werner: Der Kostenerstattungsanspruch des § 13, Absatz 3, Satz 1, 2. Alternative SGB V ohne Jahr, abgerufen am 17. Februar 2019
  23. Petra Bühring: Interview mit Felix Jansen, Psychologischer Psychotherapeut: „Die Kostenerstattung bietet definitiv mehr Freiheiten“ Deutsches Ärzteblatt, September 2013
  24. Kostenerstattung. (Memento vom 2. Juni 2013 im Internet Archive) Patientenbroschüre der Bundespsychotherapeutenkammer, 2012 (PDF)
  25. Walter Bogs: Zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere der kassenärztlichen Versorgung. In: Sozialer Fortschritt. Band 8, Nr. 4, 1959, ISSN 0038-609X, S. 77–81, JSTOR:24499895.
  26. Thomas Ruf: Plädoyer für die Kostenerstattung: Unvermeidlicher Systemwechsel in der gesetzlichen Krankenversicherung. In: Arbeit und Sozialpolitik. Band 20, Nr. 7/8, 1966, ISSN 0340-8434, S. 183–186, JSTOR:26880714.
  27. Joseph Scholmer: Reformprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung. In: Patient und Profitmedizin: Das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik zwischen Krise und Reform. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1973, ISBN 978-3-322-86043-9, S. 33–43, doi:10.1007/978-3-322-86043-9_3.
  28. Erich Schubert: Meine fünf wichtigsten IGEL. In: Fortschritte der praktischen Dermatologie und Venerologie. Springer, Berlin, Heidelberg 2003, ISBN 978-3-642-55661-6, S. 129–130, doi:10.1007/978-3-642-55661-6_23 (springer.com [abgerufen am 11. März 2024]).
  29. Manfred Zach: Die Gesundheitsreform 2004 im vorparlamentarischen Beratungsverfahren zwischen Bund und Ländern. In: MedR Medizinrecht. Band 22, Nr. 4, 1. April 2004, ISSN 0723-8886, S. 206–210, doi:10.1007/s00350-004-1154-1 (springer.com [abgerufen am 11. März 2024]).
  30. Gerd Speicher: Prinzip der Kostenerstattung (§ 13 SGB V). In: Deutsche AIDS-Hilfe e. V. (Hrsg.): „Gesundheitsreform“ 2004. Reader. FAX-Report zu HIV und AIDS, Nr. 01/2004. Berlin 27. Februar 2004, S. 11–12 (aidshilfe.de [PDF; abgerufen am 11. März 2024]).
  31. Sachstand: Wahl der Kostenerstattung durch Versicherte in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 13 Absatz 2 SGB V. In: WD 9 -3000 -073/18. Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, 28. September 2018, abgerufen am 11. März 2024. S. 7.
  32. Newsletter der Bundespsychotherapeutenkammer, Ausgabe 4, Dezember 2013 (PDF (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive))
  33. Deutscher Bundestag Drucksache 18/2140: Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, 17. Juli 2014 (PDF)