Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit
Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit e. V. ist ein als rechtsextrem eingeordneter Verein.
Die Vereinigung wurde am 2. Oktober 1985 als „Institut“ auf Initiative des einflussreichen rechtsextremen Verlegers, ehemaligen SS-Hauptsturmführers und NPD-Funktionärs Waldemar Schütz in Rosenheim mitbegründet – er wurde dann auch deren erster Vorsitzender.[1][2] Zu den Vorstandsmitgliedern gehörten weiterhin Karl Hans Ertl (geschichtsrevisionistischer Publizist),[3] Wolfgang Huber (ehemaliger bayerischer Verfassungsrichter und Leiter der NPD-Rechtsabteilung)[4] und Klaus Christoph Marloh (ehemaliger SS-Offizier und Gesellschafter des Nation Europa Verlages).[5][6]
Erklärtes Ziel war die „Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbildes und der Übermittlung der wirklichen deutschen Verhältnisse in den letzten 75 Jahren für die künftigen Generationen“.[7] Der Verein arbeitete an der Etablierung eines Archivs und einer politisch ausgerichteten Fachbibliothek.[8] Die Veröffentlichungen wurden nach eigenem Bekunden in einem Wert von etwa 250.000 DM an Bibliotheken, Historiker und Studierende versandt.[6] Finanziert wurden die Aktivitäten durch einen ca. 1000 Personen umfassenden Förderkreis.[6] Im Jahre 1995 feierte der Verein unter Anwesenheit des rechtsextremen österreichischen Publizisten und Politikers Otto Scrinzi (FPÖ), der die Festrede hielt, in Goslar sein zehnjähriges Bestehen.[9]
Im Jahre 1999 wurde der Publizist Hans-Ulrich Kopp, der ebenfalls dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet wird, Vorsitzender der Vereinigung.[10] Im Dezember 2014 übernahm der AfD-Politiker Andreas Kalbitz den Vorsitz der Organisation.[11] Nachdem Kalbitz’ Tätigkeit in der Vereinigung bekannt geworden war, verließ er den Verein. Am 16. April 2016 wählten die Mitglieder auf einer Mitgliederversammlung in Fulda einen neuen Vorstand: 1. Vorsitzender ist Martin Pfeiffer (Graz), der auch die Gesellschaft für freie Publizistik e. V. anführt. Zweite Vorsitzende ist Elke Sander (Fürstenwalde), die Witwe des Publizisten Hans-Dietrich Sander, und der Schatzmeister ist Rainer Höke (Preußisch Oldendorf), der Geschäftsführer der Deutschen Verlagsgesellschaft (DVG).[12]
Der Verein veröffentlichte etwa ein Nachschlagewerk zur Deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert.[8] Zu den einschlägigen Autoren gehörten u. a. Nikolaus von Preradovich, Emil Schlee, Adolf von Thadden und Georg Franz-Willing. Die Extremismusforscher Uwe Backes und Patrick Moreau (1993)[8] sowie die Fachjournalisten Rainer Fromm (1994)[1] und Anton Maegerle (2007)[10] attestierten der Vereinigung Geschichtsrevisionismus. Die Herausgeber des Jahrbuchs Extremismus und Demokratie, Uwe Backes und Eckhard Jesse, stellten in Archiv-der-Zeit-Schriften eine Verherrlichung der Wehrmacht fest.[13] Nach einem RBB-Bericht war dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz 2015 „eine Distanzierung des Vereins von einer rechtsextremistisch orientierten Geschichtsbetrachtung […] nicht bekannt“ und der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke verortete die Vereinigung im Rechtsextremismus.[11]
Literatur
Bearbeiten- Uwe Backes, Patrick Moreau: Die extreme Rechte in Deutschland. Geschichte – gegenwärtige Gefahren – Ursachen – Gegenmaßnahmen. Akademie-Verlag, München 1993, ISBN 3-929115-30-1, S. 225–227.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Rainer Fromm, Barbara Kernbach: „…und morgen die ganze Welt? Rechtsextreme Publizistik in Westeuropa“. Schüren, Marburg 1994, ISBN 3-89472-105-7, S. 168.
- ↑ Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus. Elefanten-Press, Berlin 1996, ISBN 3-88520-585-8, S. 526 f.
- ↑ Franziska Hundseder: Rechte machen Kasse. Gelder und Finanziers der braunen Szene. 2. von der Autorin vollständig überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Ausgabe, Droemer Knaur, München 1995, ISBN 3-426-80047-0, S. 82.
- ↑ Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus. Elefanten-Press, Berlin 1996, ISBN 3-88520-585-8, S. 286.
- ↑ Curt Vinz, Günter Olzog (Hrsg.): Dokumentation deutschsprachiger Verlage. 2. Ausgabe, Olzog, München 1965, S. 339.
- ↑ a b c Rainer Fromm, Barbara Kernbach: „…und morgen die ganze Welt? Rechtsextreme Publizistik in Westeuropa“. Schüren, Marburg 1994, ISBN 3-89472-105-7, S. 169.
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der weiteren Abgeordneten der PDS (Drucksache 13/468), Der rechtsextreme Verein „Kultur und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit e. V.“, Deutscher Bundestag, Drucksache 13/652, 28. Februar 1995.
- ↑ a b c Uwe Backes, Patrick Moreau: Die extreme Rechte in Deutschland. Geschichte – gegenwärtige Gefahren – Ursachen – Gegenmassnahmen. Akademie-Verlag, München 1993, ISBN 3-929115-30-1, S. 126.
- ↑ Franziska Hundseder: Rechte machen Kasse. Gelder und Finanziers der braunen Szene. 2. von der Autorin vollständig überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Ausgabe, Droemer Knaur, München 1995, ISBN 3-426-80047-0, S. 78.
- ↑ a b Anton Maegerle: Politischer und publizistischer Werdegang von Autoren der Jungen Freiheit. In: Stephan Braun, Ute Vogt (Hrsg.): Die Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15421-3, S. 197.
- ↑ a b Welches Verhältnis hat die AfD Brandenburg zur rechten Szene? Klartext. RBB, 14. Oktober 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 6. Mai 2016; abgerufen am 22. Juli 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Rechter Verleger im Auftrag der Stadt. In: www.bnr.de. 25. August 2016, abgerufen am 2. September 2016.
- ↑ Uwe Backes, Eckhard Jesse: Kommentierte Bibliographie. In: Ders. (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus und Demokratie, 11. Jahrgang (1999), Nomos, Baden-Baden 2000, ISBN 3-7890-6391-6, S. 466.