L’olimpiade (Pergolesi)

Oper von Giovanni Battista Pergolesi

L’olimpiade ist eine Opera seria in drei Akten von Giovanni Battista Pergolesi. Das Libretto basiert auf Pietro Metastasios L’olimpiade. Die Uraufführung fand im Januar 1735 im Teatro Tordinona in Rom statt.

Operndaten
Titel: L’olimpiade

Szene aus dem zweiten Akt

Form: Opera seria in drei Akten
Originalsprache: Italienisch
Musik: Giovanni Battista Pergolesi
Libretto: Pietro Metastasio: L’olimpiade
Uraufführung: Januar 1735
Ort der Uraufführung: Teatro Tordinona, Rom
Spieldauer: ca. 3 ½ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Die Felder von Elis bei Olympia, am Ufer des Alfios, 6. Jahrhundert v. Chr.
Personen
  • Clistene, König von Sikyon, Vater von Aristea (Tenor)
  • Aristea, seine Tochter, Geliebte Megacles (Sopran)
  • Argene, kretische Dame, lebt als Schäferin unter dem Namen Licori, Geliebte Licidas (Sopran)
  • Licida, vermeintlicher Sohn des Königs von Kreta, verliebt in Aristea, Freund Megacles (Sopran)
  • Megacle, Geliebter Aristeas, Freund Licidas (Sopran)
  • Aminta, Hofmeister Licidas (Tenor)
  • Alcandro, Vertrauter Clistenes (Alt)
  • ein Priester (stumme Rolle)
  • Nymphen, Hirten, Priester, Volk (Chor)
  • Gefolge Clistenes und Aristeas, Wachen, Volk, Tempelwächter, Tempeldiener (Statisten)

Libretto und Handlung

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Die Handlung entspricht der von Pietro Metastasios Libretto.

Gestaltung

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Instrumentation

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Das Orchester der Oper besteht zwei Oboen, zwei Hörnern, zwei Jagdhörnern, zwei Trompeten, Streichern und Basso continuo.[1]

Musiknummern

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Die Oper enthält die folgenden Musiknummern:[2]

Erster Akt

  • Sinfonia
  • Arie (Megacle): „Superbo di me stesso“ (Szene 2)
  • Arie (Aminta): „Talor guerriero invitto“ (Szene 3, Text im Anhang des Librettos, Musik aus Adriano in Siria, dort „Sprezza il furor del vento“)
  • Arie (Licida): „Quel destrier che all’albergo è vicino“ (Szene 3)
  • Arie (Argene): „O care selve“ – „Qui se un piacer si gode“ (Szene 4, bei Metastasio im Wechsel mit dem Chor)
  • Arie (Clistene): „Del destin non vi lagnate“ (Szene 5)
  • Arie (Aristea): „Tu di saper procura“ (Szene 6)
  • Arie (Argene): „Più non si trovano“ (Szene 7)
  • Arie (Licida): „Mentre dormi amor fomenti“ (Szene 8)
  • Duett (Megacle/Aristea): „Ne’ giorni tuoi felici“ (Szene 10)

Zweiter Akt

  • Arie (Alcandro): „Apportator son io“ (Szene 2, Text im Anhang des Librettos, Musik aus Adriano in Siria, dort „Contento forse vivere“)
  • Arie (Aristia): „Grandi, è ver, son le tue pene“ (Szene 3)
  • Arie (Argene): „Che non mi disse un dì?“ (Szene 4)
  • Arie (Aminta): „Siam navi all’onde algenti“ (Szene 5)
  • [Chor: „Del forte Licida“] (Szene 6, von Pergolesi nicht vertont)
  • Arie (Clistene): „So ch’è fanciullo Amore“ (Szene 7)
  • Arie (Megacle): „Se cerca, se dice“ (Szene 10)
  • Arie (Aristea): „Tu me da me dividi“ (Szene 11)
  • Arie (Argene): „No, la speranza“ (Szene 12)
  • Arie (Licida): „Gemo in un punto e fremo“ (Szene 15)

Dritter Akt

  • Arie (Alcandro): „L’infelice in questo stato“ (Szene 2, Text im Anhang des Librettos, Musik aus Adriano in Siria, dort: „Prigioniera abbandonata“)
  • Arie (Aristea): „Caro son tua così“ (Szene 2)
  • Arie (Megacle): „Torbido in volto e nero“ (Szene 3, Text im Anhang des Librettos, unverändert aus Adriano in Siria übernommen)
  • Arie (Megacle): „Lo seguitai felice“ (Szene 3, möglicherweise durch die vorhergehende Arie ausgetauscht)
  • Arie (Argene): „Fiamma ignota nell’alma mi scende“ (Szene 4)
  • Arie (Aminta): „Son qual per mare ignoto“ (Szene 5, Musik aus Adriano in Siria, dort „Leon piagato a morte“)
  • Marsch
  • [Chor: „I tuoi strali terror de’ mortali“] (Szene 6, Wiederholung in Szene 7, von Pergolesi nicht vertont)
  • Arie (Licida): „Nella fatal mia sorte“ (Szene 6, Text im Anhang des Librettos)
  • Arie (Clistene): „Non so donde viene“ (Szene 6)
  • Tutti: „Viva il figlio delinquente“ (Szene 10, von Metastasio als Chorsatz konzipiert)

Die bekannteste Arie der Oper ist Megacles „Se cerca, se dice“ aus dem zweiten Akt. Die Melodie entwickelt sich aus dreisilbigen Motiven, die in der Begleitung gegenläufig wiederholt werden und auf deklamatorische Weise seine Rat- und Hilflosigkeit darstellen. Nach der Da-capo-Wiederholung des ersten Teils folgt ein weiterer Teil, dessen Motive ins Presto gesteigert aus dem Mittelteil hergeleitet sind – ein deutlicher Verstoß gegen die üblichen Konventionen, der in einigen der überlieferten Manuskripten „korrigiert“ wurde.[1]

Ein typisches Beispiel für den empfindsamen Stil der Aufklärungszeit ist Argenes Arie „Più non si trovano“ im ersten Akt, die als „singendes Allegro“ völlig ohne virtuose Passagen auskommt.[1]

Werkgeschichte

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Titelblatt des Librettos, Rom 1735

Da der Impresario des 1733 nach Jahrzehnten der Schließung wiedereröffneten Teatro Tordinona in finanzielle Nöte geraten war, musste bei den Opernaufführungen der Karnevalssaison 1735 gespart werden. Man beauftragte für die Vertonung der beiden geplanten Opern nach Texten Pietro Metastasios den Kirchenkapellmeister Francesco Ciampi und den jungen Pergolesi und hielt sich auch bei den Ausgaben für die Sänger zurück.[1] Dennoch konnten einige bekannte Namen gewonnen werden.[3]:214

Als Text verwendete Pergolesi Metastasios Opernlibretto L’olimpiade, das weniger als zwei Jahre zuvor erstmals mit Musik von Antonio Caldara aufgeführt worden war. Es zählt mit mehr als 70 Vertonungen bis zum beginnenden 19. Jahrhundert zu Metastasios populärsten Libretti. Metastasios Text wurde weitgehend im Original beibehalten. Lediglich die Chöre wurden ausgelassen, jedoch innerhalb von Anführungszeichen („virgolette“) im Libretto gedruckt.[1] In der sechsten Szene des dritten Aktes kamen einige Rezitativ-Zeilen hinzu.[4] Fünf zusätzliche Arien finden sich im Anhang des gedruckten Librettos.

Pergolesi übernahm einige Arien aus seiner Vorgängeroper, dem 1734 in Neapel gespielten Adriano in Siria. Dies deutet darauf hin, dass die Zeit für die Komposition knapp bemessen war. Bis auf die unveränderte Arie „Torbido in volto e nero“ überarbeitete sie aber gründlich und unterlegte einen neuen inhaltlich passenden Text. Auch Teile der Sinfonia stammen aus Adriano in Siria. Die mit Trompeten gespielte Einleitung und der Mittelsatz sind jedoch neu.[1]

Das genaue Datum der Uraufführung ist nicht bekannt. Sicher ist lediglich, dass sie im Januar 1735 im römischen Teatro Tordinona stattfand. Grove Music Online nennt mit einem Fragezeichen versehen den zweiten Januar,[4] Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters vermutet den 8. oder 15. Januar,[1] und Corago geht vom 8. oder 9. Januar aus.[5] Da zu dieser Zeit in Rom Frauen der Auftritt auf einer Bühne untersagt war, wurden auch die Frauenrollen von Kastraten gesungen.[1] Die Solisten waren Giovanni Battista Pinacci (Clistene), Mariano Nicolini (Aristea), Giovanni Tedeschi (laut Piper: Prior Vaini) (Argene), Francesco Bilancioni (Licida), Domenico Ricci (Megacle), Nicola Lucchesi (Aminta), Carlo Brunetti (Alcandro).[6] Pinacci und Nicolini waren Kammersänger des Prinzen Philipp von Hessen-Darmstadt. Der Darsteller des Megacle, Domenico Ricci, sang in der Sixtinischen Kapelle. Die Aufführungsserie wurde aufgrund des Todes der englischen Thronprätendentin Maria Clementina Sobieska vom 18. bis zum 23. Januar unterbrochen.[1]

Einem Bericht von Pergolesis Konkurrenten Egidio Duni an den Komponisten André-Ernest-Modeste Grétry zufolge war die Aufführung ein Misserfolg. Auch die Sänger seien nicht gut gewesen. Der Musikwissenschaftler Reinhard Strohm bezweifelt dessen Aussage allerdings, da der Bericht auch andere offensichtliche Fehlinformationen enthält. Einige der Sänger waren durchaus renommiert, und die großen konkurrierenden Häuser wie das Teatro Capranica und das Teatro delle Dame waren aufgrund von andauernden Skandalen geschlossen, so dass dem Publikum nur das Tordinona blieb.[3]:214

Weitere Aufführungen gab es im Januar 1738 im Teatro de’ Nobili in Perugia, am 22. November im Teatro San Giovanni Crisostomo in Venedig (überarbeitet, nur sechs der ursprünglichen Arien und das Duett wurden beibehalten), möglicherweise 1740 in Turin sowie am 30. Juni 1741 im Teatro Grande in Siena.[5][1]

Bis zum Erscheinen von Baldassare Galuppis Fassung 1747 war Pergolesis Vertonung die beliebteste Oper nach Metastasios Olimpiade. Es sind mehr als 20 handschriftliche Kopien erhalten,[4] die vermutlich zu Studien- oder Hausmusik-Zwecken angefertigt wurden.[1] Neben dem Intermezzo La serva padrona und seinem Stabat mater begründete diese Oper seinen europaweiten Ruhm. Sie wurde im Laufe des folgenden Jahrzehnts zur Grundlage vieler Pasticci des L’olimpiade-Librettos.[4] Der Kastrat Angelo Maria Monticelli, der die Partie des Megacle schon 1738 in Venedig gesungen hatte, trat ab dem 20. April 1742 in einem solchen Pasticcio mit dem Titel Meraspe o L’olimpiade im Londoner King’s Theatre am Haymarket auf, wo Charles Burney von seiner musikalischen und schauspielerischen Leistung außerordentlich begeistert war.[1]

Jean-Jacques Rousseau schätzte das Werk ganz besonders. Er wählte das Duett als Beispiel für den Artikel „Duo“ seines Dictionnaire de musique von 1767[7] und bezeichnete die Arie des Megacle „Se cerca, se dice“ als „klassische Arie“.[4] Über diese schrieb auch Charles Burney:

“[…] though it has often been set since to a more elaborate and artificial Music, […] its effect has never been so truly dramatic; all other compositions to those words are languid on the stage, and leave the actor in too tranquil a state for his situation.”

„[…] obwohl sie seitdem häufig mit einer ausgearbeiteteren und künstlicheren Musik vortont wurde, […] war ihre Wirkung niemals so wahrhaft dramatisch; alle anderen Vertonungen dieser Worte sind auf der Bühne kraftlos und lassen den Darsteller in einem für seine Lage zu ruhigen Zustand.“

Charles Burney: A General History of Music, from the Earliest Ages to the Present Period: Volume the First, Band 4[8]

Noch 1979 pries Reinhard Strohm Pergolesis Oper als „eine Huldigung an Jugend und Liebe, wie sie vielleicht nur im Musiktheater ganz gelingen kann“ und „eine Verbindung von Enthusiasmus und Schönheitssinn, die […] ästhetisch eigentlich ‚nicht geht‘“.[3]:213

Aufnahmen und Aufführungen in neuerer Zeit

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l Helmut Hucke: L’Olimpiade. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Bd. 4. Werke. Massine – Piccinni. Piper, München und Zürich 1991, ISBN 3-492-02414-9, S. 688–690.
  2. Angaben im Libretto, bei Piper sowie der CD von Alessandro Di Marchi.
  3. a b c Giovanni Battista Pergolesi: L’OLIMPIADE (Rom 1735). In: Reinhard Strohm: Die italienische Oper im 18. Jahrhundert. Heinrichshofen, Wilhelmshaven 1979, ISBN 3-7959-0110-3, S. 212–223.
  4. a b c d e Dale E. Monson: Olimpiade, L’ (ii). In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich)..
  5. a b Libretto (italienisch) der Oper von Giovanni Battista Pergolesi, Venedig 1738. Digitalisat im Corago-Informationssystem der Universität Bologna
  6. Datensatz der Aufführung vom Januar 1735 im Teatro Tordinona im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  7. Duo. In: Jean-Jacques Rousseau: Dictionnaire de musique (online).
  8. Charles Burney: A General History of Music, from the Earliest Ages to the Present Period. Volume 1, Band 4. 1789, S. 555 (online).
  9. a b c d e f L’Olimpiade (Giovanni Battista Pergolesi) bei operabaroque.fr (französisch), abgerufen am 29. November 2014.
  10. a b c d Giovanni Battista Pergolesi. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen. Zeno.org, Band 20.
  11. Egbert Tholl: Der kurze Sommer der Träume. In: Opernwelt Mai 2022. S. 62 (eingeschränkte Vorschau; Abonnement für den vollständigen Text erforderlich).