Lachenmeyer
Lachenmeyer GmbH & Co. KG Schweißwerk für Glocken und Stahlbau[1] ist ein in Nördlingen ansässiges Unternehmen, das seit 1924 Reparaturen an Glocken durchführt.[2] Es handelt sich um den einzigen deutschen Betrieb, der sich ausschließlich auf Glockenschweißen spezialisiert hat.[3] Da geeignete Mitarbeiter fehlen, arbeitet der Inhaber Thomas Lachenmeyer seit 2020 alleine.[4]
Lachenmeyer GmbH & Co. KG Schweißwerk für Glocken und Stahlbau | |
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Rechtsform | GmbH |
Sitz | Nördlingen, Deutschland |
Leitung | Thomas Lachenmeyer |
Branche | Metallbau |
2005 wurde dem Unternehmen ein Porträt in der Doku-Fernsehreihe Der Letzte seines Standes? gewidmet.[5]
Geschichte
Bearbeiten1924 sprang die aus dem 14. Jahrhundert stammende Elfuhrglocke der Kirche in Auhausen. Der Pfarrer Tobias Wagner erkundigte sich aufgrund des hohen historischen Wertes dieser Glocke beim 26-jährigen Hans Lachenmeyer, ob er den 45 cm langen Riss schweißen könnte. Die Reparatur gelang, die Glocke (Gewicht 440 kg, Durchmesser ca. 870 mm) erhielt ihren alten, vollen Klang zurück.[6] Lachenmeyer betrieb eine Schmiede in Nördlingen in dritter Generation, führte Reparaturschweißungen an Graugussteilen[5] durch und hatte sich darin einen guten Ruf erworben. Ihm folgte sein gleichnamiger Sohn. Heute wird das Unternehmen vom Enkel des Gründers, Thomas Lachenmeyer, geführt.[3][7]
2019 kamen Gerüchte auf, dass der Betrieb bis zum Jahresende geschlossen werden soll. Der Inhaber Thomas Lachenmeyer gab jedoch an, dass es sich dabei um ein Missverständnis handle. Er wolle den Betrieb mangels geeigneter Fachkräfte alleine weiterführen und auf die Reparatur ganz großer Glocken verzichten. Seither werden in Nördlingen nur noch Aufträge angenommen, die der Inhaber alleine bewältigen kann.[4]
Arbeitsweise
BearbeitenZur Beseitigung eines Risses wird dieser zunächst aufgeweitet. Hinter dem aufgeweiteten Riss wird anschließend ein der Glockenform angepasstes Eisenblech angebracht, um ein Ablaufen des Schweißmaterials zu verhindern. Anschließend wird die Glocke, je nach ihrer Größe, mehrere Tage in einem Ofen auf Arbeitstemperatur aufgewärmt. Ist die Arbeitstemperatur erreicht, wird der Riss über eine Luke im Ofen durch Gasschmelzschweißen verschlossen. Der Schweißstab muss aus derselben Legierung wie die Glocke bestehen, um den Ton nicht zu verfälschen. Die Schrauben, die das Eisenblech halten, werden beim Schweißen mithilfe einer sauerstoffreichen Flamme entfernt. Schließlich muss die Glocke noch langsamer, als sie erhitzt wurde, wieder abkühlen.
Nicht immer gelingt solch eine Reparatur: Die 1943 durch einen Absturz vorgeschädigte und 1961 beim Läuten gesprungene, größte Glocke (3,8 t Gewicht) von 1608 der Stephanskirche Lindau riss trotz dreier Schweißungen bei Lachenmeyer immer wieder und wurde letztlich 1993 durch einen Neuguss ersetzt.[8]
Glocken (Auswahl)
Bearbeiten- 1924: Elfuhrglocke für die Kirche in Auhausen[9][10]
- 1926: Arnoldusglocke aus St. Vitus in Gilching
- 1956: Petersglocke im Kölner Dom
- 1968 und 1990: Hosanna Basilika St. Martin in Weingarten
- 1985 und 2004: Gloriosa im Erfurter Dom[11][12]
- 1987: Gloriosa und Bartholomäus im Frankfurter Dom
- 2001: Freiheitsglocke im Rathaus Schöneberg[13]
- 2007: Beide Glocken der St. Nicolai (Wiedensahl)
- Apostelglocke und Osanna in St. Georg in Nördlingen
- 2018: Jubiläumsglocke und Zwölferin St. Peter (München)
- 2019: Dominica Magdeburger Dom
- 2024: Große Glocke St. Wolfgang in Matting[14]
Weblinks
Bearbeiten- Dokulab: Der letzte seines Standes Glockenschweißer auf YouTube, 12. März 2016, abgerufen am 3. November 2024.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Registerportal 24. März 2018
- ↑ Ralf Schick: Der letzte seiner Art. Gerüchte um Glockenschweißerei. In: evangelisch.de. Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP) gGmbH, 27. November 2019, abgerufen am 9. Oktober 2020.
- ↑ a b Glocken – Mit der Gasflamme ans Klangdenkmal. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 24. März 2018]).
- ↑ a b Der Glockenschweißer aus Nördlingen. Der Letzte seines Standes? In: programm.ard.de. Bayerischer Rundfunk, 1. Januar 2005, ehemals im (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 10. September 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
- ↑ Armin Reinsch: Die Glocken der ehemaligen Klosterkirche zu Auhausen
- ↑ Klaus Wittmann: Nördlinger Schlosser retten Glocken: Abmagern beim Glockenschweißen. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Januar 1998, ISSN 0931-9085, S. 20 (taz.de [abgerufen am 24. März 2018]).
- ↑ Bayerischer Rundfunk Georg Impler: Zwölfuhrläuten: Lindau am Bodensee in Schwaben. 30. August 2023 (br.de [abgerufen am 3. November 2024]).
- ↑ Verena Mörzl: Auf den Spuren der ältesten Glocke. In: Augsburger Allgemeine. (augsburger-allgemeine.de [abgerufen am 24. März 2018]).
- ↑ Jubiläum Auhausen. Abgerufen am 24. März 2018.
- ↑ Glockenschweissen.de – Homepage der Firma Lachenmeyer Nördlingen. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. März 2016; abgerufen am 24. März 2018.
- ↑ Erfurt: Rettungsaktion für die „Königin der Glocken“. In: FAZ.NET. 8. Juli 2004, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 24. März 2018]).
- ↑ Berliner Zeitung: Das Symbol aus der Zeit des Kalten Krieges wird zur Reparatur nach Bayern geschafft: Die Freiheitsglocke muss in den Ofen. Abgerufen am 7. Juli 2021.
- ↑ Bericht in der Mittelbayerischen Zeitung: Glocken in Matting läuten wieder vom 27. Mai 2024, Jg. 80, Nr. 121, S. 34.