Lamia (Geliebte des Demetrios)

Hetäre und Geliebte des Demetrios Poliorketes

Lamia (griechisch Λάμια Lámia; vor 336 v. Chr.[1]; † nach 303 v. Chr.), auch Lamia von Athen, war eine berühmte athenische Hetäre, Aulosspielerin und Geliebte des hellenistischen Herrschers und Diadochen Demetrios I. Poliorketes.

Die Aulosspielerin Lamia mit Demetrios Poliorketes und einer weiteren Hetäre, Demo, in einem Bild des neoklassischen Malers Franz Caucig (1755–1828).

Herkunft

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Diese rotfigurige Vase aus dem 5. Jh. v. Chr. zeigt eine namentlich nicht bekannte Aulosspielerin. Unter anderem durch das Spielen einer solchen Doppelflöte wurde Lamia berühmt.

Lamia war die Tochter eines nicht näher bekannten Atheners namens Kleanor.[2] Sie war Aulosspielerin und erlangte durch ihre Begabung große Berühmtheit.[3] Aulosspielerinnen waren im Allgemeinen auch als Hetären – beispielsweise auf Symposien – aktiv.

Der Name Lamia könnte ein Übername sein, denn Lamia ist auch ein mythisches, kinderfressendes Monster. Auch andere Hetären trugen fiktive, teils diffamierende Namen, beispielsweise Phryne (die Kröte).

306 v. Chr. gehörte Lamia zum Hofstaat des ägyptischen Diadochen Ptolemaios I. Wie sie von Athen dorthin gelangte, ist nicht überliefert. Bei Ptolemaios’ Niederlage in der Seeschlacht bei der zyprischen Stadt Salamis geriet sie in die Hände des siegreichen Antigoniden Demetrios Poliorketes.[4]

Lamia soll bei ihrer Gefangennahme älter als Demetrios gewesen sein, was verschiedene antike Autoren wiederholt erwähnen und auch die moderne Forschung beschäftigt hat.[5] Trotzdem konnte sie die Liebe des Diadochen erringen und mehrere Jahre behaupten.[6] Einige überlieferte witzige Aussprüche zeigen ihre geistvolle Persönlichkeit.[7]

Sie begleitete Demetrius zurück nach Athen und wurde von den Einwohnern der Stadt aufgrund ihrer Machtstellung, die sie ihrem großen Einfluss auf den Herrscher verdankte, wie eine Fürstin behandelt.[8] Diese Würdigung ging so weit, dass die Athener ihr einen eigenen Tempel errichteten, in dem sie als Göttin Aphrodite verehrt wurde, und später ahmten die Thebaner dieses Beispiel nach. Wo diese Tempel standen, ist heute nicht mehr rekonstruierbar.[9]

Demetrios soll die aufwendige Prunksucht seiner Geliebten einmal mit 200 Talenten finanziert haben, die er von den Athenern oder den Thessalern eingehoben hatte.[10] Sie veranstaltete auch luxuriöse Bankette, die bald allgemein bekannt waren.[11] Auch nach Sikyon begleitete sie den Demetrios, als er 303 v. Chr. die Stadt auf eine Anhöhe verlegte und in Demetrias umbenannte. Mit einem Teil der ihr von Demetrios geschenkten Reichtümer finanzierte Lamia die Errichtung einer prächtigen Stoa Poikile (Säulenhalle) zur Verschönerung der neuangelegten Siedlung.[12]

Über ihren weiteren Verbleib nach 303 v. Chr. und auch ihren Tod ist nichts bekannt.

Phila, eine gemeinsame Tochter der Lamia und des Demetrios Poliorketes,[13] dürfte mit jener Phila identisch sein, der ein Anhänger des Demetrios namens Adeimantos angeblich in Lampsakos einen Tempel erbaute, in dem sie als Aphrodite göttliche Ehren erhielt.[14] Plutarch, der die übrigen Nachkommen des Demetrios auflistet, erwähnt sie allerdings nicht.[15]

Die wichtigste Quelle zu Lamias Leben ist Plutarchs Biographie des Demetrios.[16] In diesem Werk steht Demetrios dem römischen Feldherrn und Triumviren Marcus Antonius gegenüber. Lamia ist daher als Gegenbild zu dessen Geliebter Kleopatra VII. Philopator zu sehen. Auch diese wird bei Plutarch als prunk- und herrschsüchtige Frau dargestellt, die ihren Partner nach Belieben dominierte.[17]

Verschiedene Anekdoten überliefert außerdem Athenaios in seinen Gastmahl der Gelehrten (Δειπνοσοφισταί).[18] Beide sind Autoren der römischen Kaiserzeit und lebten somit Jahrhunderte nach den von ihnen beschriebenen Ereignissen. Dies gilt auch für den im 2. Jahrhundert n. Chr. lebenden Sophisten Alkiphron, welcher einen Brief überliefert, der angeblich von Lamia stammt. Sie soll an Demetrios geschrieben haben.[19] Er ist höchstwahrscheinlich eine Fälschung, aber doch von Personen verfasst worden, die das damalige Geschehen in Athen selbst miterlebt haben könnten. Daher stellt er wohl ein wichtiges historisches Dokument für die Persönlichkeit der Hetäre und ihres königlichen Geliebten dar.[20]

Diogenes Laertios, der Favorinus zitiert, bezeichnet sie als Geliebte des griechischen Politikers und Philosophen Demetrios von Phaleron. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Verwechslung mit Demetrios Poliorketes.[21]

Literatur

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  • Anika Aulbach: Die Frauen der Diadochendynastien: Eine prosopographische Studie zur weiblichen Entourage Alexanders des Grossen und seiner Nachfolger. München 2015.
  • Fritz Geyer: Lamia 5). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XII,1, Stuttgart 1924, Sp. 546 f.
  • Konstantinos Kapparis: Prostitution in the Ancient Greek World. Berlin/Boston 2018.
  • Sabine Müller: In the favour of Aphrodite: Sulla, Demetrius Poliorcetes, and the symbolic value of the hetaera. In: AHB 23, 2009, S. 38–49.
  • Pat Wheatley: Lamia and the Besieger: An Athenian Hetaera and a Macedonian King. In: Olga Palagia, Stephen Tracey (Hrsg.): The Macedonians in Athens, 322–229 B.C. Proceedings of an international conference held at the University of Athens, May 24–26, 2001. Oakville 2003, S. 30–36.
  • Pat Wheatley, Charlotte Dunn: Demetrius the Besieger. Oxford 2020.

Anmerkungen

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  1. Laut Plutarch (Demetrios 16, 6 und 26, 8) war Lamia etwas älter als Demetrios I. Poliorketes, der um 336 v. Chr. geboren wurde.
  2. Athenaios 13,577c.
  3. Athenaios 3,101e; 4,128b; 13,577e (nach dem griechischen Komödiendichter Machon); Plutarch, Demetrios 16, 5.
  4. Plutarch, Demetrios 16, 5f.
  5. Wheatley 2003, S. 32; Müller 2009, S. 48; Aulbach 2015, S. 179; Kapparis 2018, S. 178.
  6. Plutarch, Demetrios 19 und 27.
  7. Machon bei Athenaios 13,577d–f; Plutarch, Demetrios 27; Aelian, varia historia 13,8f.
  8. Plutarch, Demetrios 24.
  9. Demochares, Fragment 3 bei C. Müller, Fragmenta Historicorum Graecorum (FHG) 2,419; Polemon, Fragment 15 bei FHG 3,120.
  10. Plutarch, Demetrios 27.
  11. Athenaios 3,101e; 4,128b; 13,577e; Plutarch, Demetrios 27.
  12. Polemon, Fragment 14 bei Athenaios 13,577c; vgl. Diodor 20,102; Plutarch, Demetrios 25, 3; Strabon 8, p. 382.
  13. Athenaios 13,577c.
  14. Athenaios 6,255c; dazu Geyer, Sp. 547.
  15. Plutarch, Demetrios 53, 8.
  16. Plutarch Demetrios 16,3–4; 19,3–6; 25,3–27; 53,8.
  17. Wheatley/Dunn 2020, S. 169–171.
  18. Athenaios 3,101e; 4,128b; 6,253a–b (= Demochares FGrHist 75, F8), 13,577c-f (= Polemon frg. 46; Machon Chreiai F 12–13).
  19. Alkiphron 4,16.
  20. Geyer, Sp. 546f.
  21. Favorinus bei Diogenes Laertios 5, 76.