Lea Grundig

deutsche Malerin und Grafikerin

Lea Grundig, geb. Langer (geb. 23. März 1906 in Dresden; gest. 10. Oktober 1977 während einer Mittelmeerreise) war eine deutsche Malerin und Grafikerin. Die von den Nationalsozialisten Verfolgte war von 1964 bis 1970 Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler der DDR.

Lea Grundig (1951)
 
Porträt Lea
Tuschezeichnung ihres Mannes Hans Grundig, 1928

Lea Grundig wuchs in einer jüdischen Kaufmannsfamilie, die aus Galizien eingewandert war[1], in der Dresdner Altstadt heran. Sie war eine Cousine von Fred, Max und Josef Zimmering sowie von Hans und Max Dankner sowie Bruno Goldhammer. Schon als junges Mädchen lehnte sie sich gegen die jüdisch-orthodoxe Religion auf, wie sie diese in ihrer Familie erlebte. Von 1920 bis 1924 war sie Mitglied im jüdischen Wanderbund „Blau-Weiß“.[1]

In den Jahren von 1922 bis 1924 besuchte sie die Dresdner Kunstgewerbeakademie.[2] Von 1924 bis 1926[3] studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste Dresden und wurde in die Meisterklasse von Otto Gussmann aufgenommen, der auch Otto Griebel, Wilhelm Lachnit, Gustav Mennicke und Hans Grundig angehörten.[2] Dort lernte sie Otto Dix kennen, den sie als einen ihrer entscheidenden künstlerischen Mentoren ansah.[4]

1926 wurde sie Mitglied der KPD und Mitbegründerin der Dresdner Sektion der Künstlergruppe Asso.[3] 1928 heiratete sie Hans Grundig gegen den Willen ihres Vaters.[2][3] Im Sommer 1929 besuchte sie die Reichsparteischule der KPD „Rosa Luxemburg“ in Fichtenau bei Berlin.[5]

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie als Jüdin und Kommunistin verfolgt, ihre Kunstwerke als „entartet“ gegenüber der sogenannten Deutschen Kunst diffamiert. Sie schuf die Zyklen Harzburger Front, Unterm Hakenkreuz (1936), Der Jude ist schuld!, Krieg droht!, Im Tal des Todes und Ghetto. Im Jahr 1935[3] erhielt sie Ausstellungsverbot; im Mai 1936 wurde sie verhaftet. Wegen ihrer Mitgliedschaft in kommunistischen Organisationen war sie von Mai 1938 bis Dezember 1939 in Haft und konnte einen Tag vor ihrer Deportation in das KZ Ravensbrück in die Slowakei nach Preßburg emigrieren.[1] Ihr Mann Hans Grundig wurde in das KZ Sachsenhausen deportiert.

Alter Genosse von Lea Grundig (1932) aus dem Bestand der Staatsgalerie Stuttgart
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1940 kam sie in das Flüchtlingslager „Patronka“ bei Preßburg und wurde anschließend auf der Donau nach Tulcea in Rumänien weitertransportiert.[1] Mit dem Flüchtlingsschiff „Pacifique“ gelangte sie nach Haifa und wurde als Gefangene der Engländer auf das requirierte französische Passagierschiff „Patria“ zur weiteren Deportation nach Mauritius umquartiert. Am 25. November 1940 sprengten Mitglieder der zionistischen Untergrundorganisation Haganah ein Leck in die „Patria“ und brachten die Flüchtlinge als Schiffbrüchige an Land[1], wodurch sie ins britische Mandatsgebiet Palästina einwandern konnte.[6] Bis 1942 lebte sie im Flüchtlingslager Atlit, danach in Haifa und Tel Aviv.

Von November 1948 bis Februar 1949 lebte sie in Prag. Sie kehrte anschließend nach Dresden zurück, wo sie 1949 eine Dozentur und 1951 die Professur für Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden erhielt. Während dieser Zeit unternahm sie Reisen in die Volksrepublik China, nach Kuba und Kambodscha. Nach dem Tod ihres Mannes 1958 wurde sie im Jahr 1961 Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR, sagte im Prozess gegen Hans Globke aus und war von 1964 bis 1970 Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler. Ab 1967 war sie Mitglied des Zentralkomitees der SED.

In den Jahren 1975 und 1976 waren ihr große Personalausstellungen in Berlin und Dresden gewidmet. Sie starb während einer Mittelmeerreise auf der MS „Völkerfreundschaft“. Ihr Grab befindet sich neben dem Grab ihres Ehemanns Hans Grundig auf dem Heidefriedhof in Dresden. Der schriftliche Nachlass befindet sich in der Akademie der Künste.

Auszeichnungen

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Grab von Lea und Hans Grundig auf dem Dresdner Heidefriedhof

Werke (Auswahl)

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Bilder (Auswahl)

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  • Das Gesicht der Arbeiterklasse, 50 Drucke von Arbeiten aus den Jahren 1929–1977. Verlag Volk und Wissen.
  • Blätter wider den Imperialismus, VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1975.
  • Junge Ärztin aus einer Dresdner Poliklinik.
  • Straße in Schwedt.
  • Dresden – Neumarkt.

Buchillustration (Auswahl)

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  • L. Avital, Naftali Melumad: Keshet, shenaton li-yeladi. Masadah, Tel Aviv 1949.
  • Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen, 3 Bände, 281 Zeichnungen (darunter 16 Farbtafeln) von Lea Grundig. Der Kinderbuchverlag, Berlin(-Ost) 1953/1954.
  • Louis Fürnberg: El Shatt. Ein Gedichtzyklus. 13 Zeichnungen von Lea Grundig. Dietz, Berlin 1960
  • Lea Grundig: Elfteiliger Bildzyklus zum Manifest der Kommunistischen Partei von Karl Marx und Friedrich Engels. Verlag 8. Mai, Berlin 2020, ISBN 978-3-931745-41-7.[7]

Schriften

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  • Zu meinen Illustrationen der Grimmschen Volksmärchen. In: Bildende Kunst, Berlin, Heft 5+6/1954, S. 13–16

„Ich wollte die Menschen so darstellen, daß man ihr Elend, ihre Leiden erkannte und zugleich Zorn darüber empfand.“[8]

Weitere Darstellungen Lea Grundigs in der bildenden Kunst

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  • Hans Grundig: Bildnis meiner Frau (Öl auf Leinwand, 120 × 100 cm, 1929; Nationalgalerie Berlin)[9]
  • Hans Grundig: Bildnis Lea Grundig (Öl auf Leinwand, 158 × 99 cm, 1932)[10]
  • Hans Grundig: Bildnis Lea Grundig (Öl auf Sperrholz, 92 × 61 cm, 1946; Galerie Neue Meister Dresden)[11]
  • Josif Ross: Prof. Lea Grundig (Porträt-Karikatur; 1961, Tusche und Tempera, 34 × 24 cm)[12]

Stiftung

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Im Jahr 1972 zahlte Lea Grundig ein Stiftungsguthaben für die Hans- und Lea-Grundig-Stiftung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität ein. Aus den Mitteln der Stiftung sollte alle zwei Jahre ein Preis verliehen werden, der herausragende künstlerische, kunstwissenschaftliche und kunstpädagogische Leistungen von Studierenden und Absolventen des Caspar-David-Friedrich-Instituts für Kunstwissenschaften würdigt.[13] Seit 1996 wurde der Preis nicht mehr verliehen und dies politisch mit der „staatstragenden Haltung“ von Lea Grundig in der DDR begründet.[14][15] Anfang 2011 übergab die Universität Greifswald die Hans- und Lea-Grundig-Stiftung an die Rosa-Luxemburg-Stiftung.[16] Seit 2015 wird der Hans-und-Lea-Grundig-Preis wieder alle zwei Jahre vergeben.[17]

Literatur

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  • Bernd-Rainer Barth, Maren Horn: Grundig, Lea. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Martin Beier u. a.: Lea Grundig. Jüdin, Kommunistin, Graphikerin. Katalog. Ladengalerie Berlin, Berlin 1996, ISBN 3-926460-56-3
  • Brigitte Birnbaum: Die Maler aus der Ostbahnstrasse. Aus dem Leben von Hans und Lea Grundig. Kinderbuchverlag, Berlin 1990, ISBN 3-358-01556-4
  • Heike Friauf: Wird Lea Grundig ausradiert? Ossietzky. 19, 2009 Volltext
  • Erhard Frommhold (Hrsg.): Hans und Lea Grundig. Verlag der Kunst, Dresden 1958.
  • Julia Gehrke: „Tochter aus dem Lande Juda“. Lea Grundig (1906–1977) als jüdische Künstlerin und Kommunistin. In: Daniel Meis (Hrsg.): Die Heterogenität des Judentum in der Weimarer Republik (1918/1919–1933). Biographische Zugänge. Logos, Berlin 2020, ISBN 978-3-8325-5602-0, S. 201–218.
  • Grundig, Lea. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, S. 290–292.
  • Maria Heiner, Dirk Rose: Lea Grundig - Die Hexenmappe. Galerie Rose, Hamburg 2009, ISBN 978-3-00-030003-5.
  • Maria Heiner: Lea Grundig - Im Tal des Todes. In: ICARUS, Zeitschrift für soziale Theorie, Menschenrechte und Kultur. 15. Jg., Heft 3 / 2009, S. 30 f., Link
  • Maria Heiner: Lea Grundig - Kunst für die Menschen. Vorwort von Esther Zimmering. Mit 45 Grafiken von Lea Grundig. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig/Berlin 2016, ISBN 978-3-95565-150-3.
    • Maria Heiner: Lea Grundig - Kunst für die Menschen. Mit 47 Grafiken von Lea Grundig. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig/Berlin, 2. geänderte Aufl., 2019, ISBN 978-3-95565-150-3.
    • Maria Heiner: Lea Grundig - Art for the People. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig/Berlin 2020, ISBN 978-3-95565-353-8.
  • Maria Heiner: Lea Grundigs Grafikzyklus „Der Jude ist schuld!“ In: Hans-Joachim Hahn, Olaf Kistenmacher (Hrsg.): Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft II, Antisemitismus in Text und Bild - zwischen Kritik, Reflexion und Ambivalenz. De Gruyter, Oldenburg 2019, ISBN 978-3-11-053970-7, S. 315–330.
  • Maria Heiner: Lea Grundig im Exil. Ein Tagebuch in Bildern. In: Zwischenwelt, Zeitschrift für Kultur des Exils und Widerstands. Theodor Kramer Gesellschaft, Wien, Jg. 36. Heft 3–4, November 2019, S. 15–20, Link,Vortrag am Institut für Wissenschaft und Kunst
  • Maria Heiner: Hans Grundig - Tiere und Menschen Radierungen der Dreißigerjahre und Werkpaare zu gleicher Thematik von Lea Grundig, Sammlung Maria Heiner, Dresden, Ausstellungskatalog Galerie Mitte, Dresden, 2021. Link
  • Maria Heiner: Lea Grundig - Unterm Hakenkreuz. Radierungen der Dreißigerjahre. Sammlung Maria Heiner. Ausstellungskatalog. Dresden 2022, ISBN 978-3-941209-75-6.
  • Maria Heiner, Tina Mendelsohn: Lea Grundig - Unter dem Regenbogen. Illustrationen aus hebräischen Kinder- und Jugendbüchern, Sammlung Maria Heiner. Ausstellungskatalog. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig/Berlin 2023, ISBN 978-3-95565-602-7.
  • Wolfgang Hütt: Lea Grundig. Verlag der Kunst, Dresden 1969.
  • Kathleen Krenzlin (Hrsg.): „Schreibe mir nur immer viel“. Der Briefwechsel zwischen Hans und Lea Grundig. Ein Werkstattbericht. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-422-80060-1.
  • Kunst als Widerspruch. Der Hans-und-Lea-Grundig-Preis 2011 – 2021. Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2021, ISBN 978-3-948250-44-7, (pdf;1,45 MB)
  • Lea Grundig. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4.
  • Hildegard Reinhardt: „Aber ich blieb beim Menschen...“ Zu Leben und Werk Lea Grundigs (1906–1977). Bonner Kunstverein, Bonn 1984.
  • Hildegard Reinhardt: Lea Grundigs Beitrag zur „biblia pauperum“ des 20. Jahrhunderts. In: Lea Grundig 1906–1977. Zeichnungen und Radierungen. Ausstellung. Hans Thoma-Gesellschaft, Reutlingen 1981.
  • Hildegard Reinhardt: Lea Grundig, Malerin, Graphikerin. In: Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Hrsg. Jutta Dick, Marina Sassenberg. Rowohlt, Reinbek 1993.
  • Oliver Sukrow: Lea Grundig: Sozialistische Künstlerin und Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler in der DDR (1964–1970). Bern 2011, ISBN 978-3-0343-0297-5.
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Commons: Lea Grundig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Peter Michel: Namensstreit: Unerwünschte Antifaschistin. In: junge welt. 19. Februar 2024, abgerufen am 20. Februar 2024.
  2. a b c Georg Reinhardt: Lea Grundig. 1906–1977. Zeichnungen u. Radierungen. Katalog, Schriftenreihe der Hans-Thoma-Gesellschaft. Reutlingen 1981, S. 9f.
  3. a b c d Andreas Schätzke: Rückkehr aus dem Exil. Bildende Künstler und Architekten in der SBZ und frühen DDR. Reimer Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-496-02675-8, S. 88.
  4. Georg Reinhardt: Lea Grundig. 1906-1977. Zeichnungen u. Radierungen. Katalog, Schriftenreihe der Hans-Thoma-Gesellschaft. Reutlingen 1981, S. 15.
  5. Lea Grundig: Herrliche „Ferien“. In: Damals in Fichtenau. Erinnerungen an die zentrale Parteischule der KPD. Gedenk- und Bildungsstätte Schöneiche-Fichtenau, 1980, S. 66–73.
  6. RLS Israel: Von Dresden nach Tel Aviv und Zurück - Die Künstlerin Lea Grundig in Palästina, 1940-1948. In: Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office. Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel, 14. September 2016, abgerufen am 28. Januar 2017.
  7. Beschreibung des Verlages
  8. Lea Grundig: Gesichte und Geschichte. Autobiografie. Dietz Verlag, Berlin 1958, S. 93.
  9. Bildnis meiner Frau | Hans Grundig | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 9. Dezember 2022.
  10. Bildnis Lea Grundig | Hans Grundig | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 9. Dezember 2022.
  11. Bildnis Lea Grundig | Hans Grundig | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 9. Dezember 2022.
  12. Bildende Kunst, Berlin, 2/1963, S. 143 (Abbildung)
  13. Stiftungen der Universität Greifswald, zuletzt abgerufen am 10. September 2021.
  14. Thomas Flierl: Vorwortzu Lea Grundig, Kunst in Zeiten des Krieges, Berlin 2015, ISBN 978-3-00-051516-3, S. 5 (PDF, 2,8 MB), zuletzt abgerufen am 29. Oktober 2021.
  15. Eckhard Oberdörfer: Preise werden seit Jahren nicht vergeben. In: Ostsee-Zeitung vom 21. Januar 2009 (Regionalausgabe Greifswald), S. 14.
  16. Pressemitteilung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald vom 9. Februar 2011 15:45: Universität Greifswald übergibt Hans- und Lea-Grundig-Stiftung an neuen Träger. In: idw-online
  17. Ausschreibung des Hans-und-Lea-Grundig-Preises 2017 (Memento des Originals vom 31. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rosalux.de Rosa-Luxemburg-Stiftung