Das Lemma von Fatou (nach Pierre Fatou) erlaubt in der Mathematik, das Lebesgue-Integral des Limes inferior einer Funktionenfolge durch den Limes inferior der Folge der zugehörigen Lebesgue-Integrale nach oben abzuschätzen. Es liefert damit eine Aussage über die Vertauschbarkeit von Grenzwertprozessen.

Namensgeber Pierre Fatou

Mathematische Formulierung

Bearbeiten

Sei   ein Maßraum. Für jede Folge   nichtnegativer, messbarer Funktionen   gilt

 

wobei auf der linken Seite der Limes inferior der Folge   punktweise zu verstehen ist.

Analog gilt dieser Satz auch für den Limes superior, sofern es eine nichtnegative, integrierbare Funktion   mit   gibt:

 .

Dies lässt sich zusammenfassen zu der Merkregel

 

Beweisidee

Bearbeiten

Um das Lemma von Fatou für den Limes inferior zu beweisen, wendet man auf die monoton wachsende Funktionenfolge

 

den Satz von der monotonen Konvergenz an. Mit der daraus resultierenden Gleichung und der auf der Monotonie des Integrals basierenden Ungleichung

 

erhält man aus den Rechenregeln für den Limes:

 .

Für das Lemma von Fatou mit Limes superior kann man analog verfahren, denn nach Voraussetzung ist   mit   integrierbar, also ist   integrierbar.

Beispiele für strikte Ungleichung

Bearbeiten

Der Grundraum   sei jeweils versehen mit der borelschen σ-Algebra und dem Lebesgue-Maß.

  • Beispiel für einen Wahrscheinlichkeitsraum: Sei   das Einheitsintervall. Definiere   für alle   und  , wobei   die Indikatorfunktion des Intervalls   bezeichne.
  • Beispiel mit gleichmäßiger Konvergenz: Sei   die Menge der reellen Zahlen. Definiere   für alle   und  . (Beachte, dass es in diesem Beispiel keine integrierbare Majorante gibt und daher der sup-Teil des Lemmas von Fatou nicht anwendbar ist.)

Jedes   hat Integral eins,

 

deshalb gilt

 

Die Folge   konvergiert auf   punktweise gegen die Nullfunktion

 

daher ist das Integral ebenfalls Null

 

daher gelten hier die strikten Ungleichungen

 
 

Diskussion der Voraussetzungen

Bearbeiten

Auf die Voraussetzung der Nichtnegativität der einzelnen Funktionen kann nicht verzichtet werden, wie das folgende Beispiel zeigt: Sei   das halboffene Intervall   mit der borelschen σ-Algebra und dem Lebesgue-Maß. Für alle   definiere  . Die Folge   konvergiert auf   (sogar gleichmäßig) gegen die Nullfunktion (mit Integral 0), jedes   hat aber Integral −1. Daher ist

 .

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten