Lhoist-Gruppe
Die Lhoist-Gruppe ist der weltgrößte Hersteller von Kalk- und Dolomiterzeugnissen, mit 136 Standorten und Terminals in über 80 Ländern in Europa, Nordamerika, Südamerika und Asien und 3,6 Milliarden € Umsatz.
Lhoist beschäftigt 6.600 Mitarbeiter aus über 70 Nationalitäten. Die Märkte sind nach Umsatz geordnet Stahl (28 %), Rauchgasbehandlung (13 %), Straßen- und Tiefbau (11 %), sowie Wasseraufbereitung, Baustoffe, Landwirtschaft und Zellstoff/Papier.[1]
In Deutschland zählen die Unternehmensgruppe Rheinkalk, Wülfrath sowie LWB Refractories, Hilden, zu Lhoist.
Beteiligungen
BearbeitenLéon Lhoist gründete 1924 die Établissements Léon Lhoist in Jemelle, Belgien, und 1926 die Carrières et Fours à Chaux in Dugny-sur-Meuse, Frankreich.
1981 beteiligte sich Lhoist an Chemical Lime in Texas/USA, übernahm 1992 die Vápenka Čertovy schody in Tschechien. 1993 beteiligte sich das Unternehmen an den Rheinisch-Westfälischen Kalkwerken in Wuppertal-Dornap, baute 1995 ein Werk in Sainte Genevieve, Missouri/USA, erwarb 1996 das Unternehmen Faxe Kalk in Dänemark und die Kalkwerke in Bukowa und Opolwap in Polen, 1997 die Rheinischen Kalksteinwerke in Wülfrath, 2000 die Kalkwerke Hindlow und Hartley in Großbritannien, 2001 Balthazard & Cotte in Frankreich und 2002 die Kalkwerke Goradze, Wojcieszów und Tarnau in Polen. 2015 erwarb Lhoist von der HeidelbergCement AG deren Kalkwerk Istein und die Walhalla Kalk GmbH in Regensburg.
Rückgang der Produktion
BearbeitenDie Kalkproduktion in Deutschland ist rückläufig. Nach Mitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Kalkindustrie sei bereits 2022 mit einem Rückgang von fast 5 % kein gutes Jahr für die Kalkindustrie gewesen. „Im Jahr 2023 fielen einige Sondereffekte wie der verstärkte Einsatz von Kohlestromerzeugung weg. Hinzu kam ein massiver Einbruch im gesamten Bausektor mit Rückgängen von bis zu 90 %. Diese Entwicklungen haben auch am Absatz der Kalkindustrie nicht Halt gemacht, sodass die Kalkproduktion 2023 auf ein historisches Tief seit der Wiedervereinigung von 4,81 Millionen t gesunken ist. Das entspricht einem Minus von 14,8 %. Den stärksten Rückgang verzeichnet das Bausegment mit minus 28,7 % in der Baustoffindustrie und 22,9 % im Baugewerbe“, so Dr. Kai Schaefer, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Kalkindustrie anlässlich der Mitgliederversammlung am 7. Juni 2024 in Würzburg.[2][3]
Vision und Kritik
BearbeitenDer Kalkindustrie ist bewusst, dass bei der Umwandlung von Kalkstein in Kalk Kohlendioxidemissionen entstehen, und zwar in erheblichem Umfang: Weit über 50 % der Gesteinsmasse werden bei der Erzeugung von Branntkalk als CO2 in die Atmosphäre freigesetzt.[4] Die Kalkindustrie ist zusammen mit der Zementindustrie für rund 25 Prozent der Industrieemissionen in der EU verantwortlich.[5]
Lhoist sieht sich selbst als Vorreiter der Transformation in der deutschen Wirtschaft (Motto: „Kalk kann Klimaschutz“[6]). Dazu die Vorsitzende der Geschäftsführung, Alexia Spieler: „Die wiederholte Nominierung für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis würdigt unsere Anstrengungen und Ziele. Klar wird auch: Wir sind seit jeher auf dem richtigen Weg. Nachhaltigkeit prägt schon seit über 125 Jahren unser Handeln. Diesen Weg setzen wir fokussiert fort“.[7]
CCS - Netto Null
BearbeitenLhoist hat in seiner Nachhaltigkeitsvision[8] eine Netto-Null-Strategie festgelegt. Diese setzt auf die hoch umstrittene CO2-Abscheidung und -speicherung (CCS).[9] In Europas größtem Kalkwerk, dem Werk Flandersbach in Wülfrath, soll mit dem Projekt „Everest“ im nächsten Jahrzehnt eine großindustrielle Anlage zur Abscheidung von Kohlendioxid erprobt werden, mit massiver Unterstützung durch die EU.
Auf diesem Wege könnten dort mehr als 1 Mio. Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden.[10] Das Werk Flandersbach emittiert pro Jahr allein 1,8 Mio. Tonnen CO2 (s. Emissionen des Kalkwerks Flandersbach). Weltweit werden rund 424 Mio. Tonnen CO2 durch Kalkbrand jährlich in die Atmosphäre abgegeben.[11]
Greenwashing
BearbeitenDie Vermarktung als „grüner Kalk“[12] bewerten Kritiker als Greenwashing, da die Freisetzung von Kohlendioxid durch Verbrennung nicht vermieden, sondern freigesetztes CO2 nachträglich unter hohen Prozesskosten abgespalten und versenkt wird (end of pipe). Die Energiebilanz von CCS gilt als katastrophal.[13]
CO2-Vermeidung durch Kalkproduktion nach dem Vorbild der Natur - in Verbindung mit Carbondioxide Removal (CDR), also CO2-Entnahme aus dem Meer[14] - wird in der Lhoist-Vision nicht in Erwägung gezogen[15]. Die Kernprozesse der Kalkverbrennung und Freisetzung von fossilem CO2 werden nicht in Frage gestellt. Die Transformation der Bauwirtschaft mit dem Ziel konsequenter Vermeidung klimaschädlicher Prozesse findet sich in der Vision des Konzerns allenfalls in ersten Ansätzen.[16]
Weblinks
Bearbeiten- Lhoist-Gruppe (deutsch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Über uns. In: lhoist.com. Abgerufen am 5. November 2024.
- ↑ Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Deutschen Kalkindustrie e. V.: Die deutsche Kalkindustrie stellt sich den Herausforderungen der Zukunft. In: kalk.de. 6. Juli 2024, abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Lobbyregistereintrag "Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e. V." In: lobbyregister.bundestag.de. Abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Arne Poll: Kalkwerk Hönnetal: Lhoist plant Mega-Invest in CO-2-Speicher. In: wp.de. 3. September 2022, abgerufen am 20. November 2024.
- ↑ Der „Everest“ der deutschen Industrie: Wie die größte Kalkfirma der Welt klimaneutral werden will. In: fr.de. 11. Dezember 2023, abgerufen am 18. November 2024.
- ↑ Grüner Kalk aus Wülfrath für grünen Stahl in Duisburg. In: lhoist.de. Abgerufen am 20. November 2024.
- ↑ Lhoist erneut für Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert. In: lhoist.com. Abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Vision. In: lhoist.com. Abgerufen am 1. November 2024.
- ↑ CCS: Klimaschutz statt CO2-Endlager. In: bund.net. Abgerufen am 3. November 2024.
- ↑ Lhoist: EU unterstützt innovative Dekarbonisierung der Kalkindustrie. In: lhoist.com. Abgerufen am 3. November 2024.
- ↑ Global Energy Solutions e.V. For Prosperity and Climate Neutrality. (PDF) In: global-energy-solutions.org. Abgerufen am 4. November 2024 (englisch).
- ↑ Greenwashing: Grüner Kalk. In: stiftung-hoennetal.de. 21. August 2023, abgerufen am 3. November 2024.
- ↑ Alles andere als nachhaltig: CCS und CCU erfordern gigantische Energiemengen. In: pv-magazine.de. 15. Mai 2024, abgerufen am 3. November 2024.
- ↑ CDR Carbon Dioxide Removal - Wege zur CO2 Entnahme verantwortungsvoll erforschen. In: projekttraeger.dlr.de. Abgerufen am 19. November 2024.
- ↑ Alternativen zum fossilen Kalk. In: stiftung-hoennetal.de. 25. August 2023, abgerufen am 1. November 2024.
- ↑ Ressourcenwende | Bauwende: wie sie funktionieren könnte. In: ressourcenwende.net. Abgerufen am 3. November 2024.