Liste von Moorleichen

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Die Liste von Moorleichen enthält eine Auswahl internationaler Moorleichenfunde.

Aus Europa sind gegenwärtig etwa 1000 menschliche Moorleichenfunde dokumentiert und wissenschaftlich bestätigt. Die Funde datieren aus der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart mit einer deutlichen Häufung in der nordeuropäischen Eisenzeit. Die Schwerpunkte der räumlichen Verteilung liegen in Irland, Großbritannien, den Niederlanden, Dänemark, sowie Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Erste Katalogisierungen von Moorleichenfunden erfolgten für Schleswig-Holstein 1873 durch Heinrich Handelmann und Adolf Pansch[1], durch Johanna Mestorf 1871[2], 1900[3] und 1907[4]. Der in Fachkreisen umstrittene Moorleichenforscher Alfred Dieck listete in seinem unvollendeten Hauptwerk[5] schließlich mehr als 1850 Moorleichenfunde aus Europa auf, von denen jedoch ein großer Teil wissenschaftlich nicht nachprüfbar ist oder sich als falsch herausstellte.[6][7] Für die Niederlande veröffentlichte der Archäologe Wijnand van der Sanden 1990 eine erste Zusammenstellung[8], die er 1992 noch einmal erweitern konnte[9]. Für Großbritannien und Irland gaben Briggs und Turner 1986[10] sowie ergänzend Turner 1995[11], und für Irland Ó Floinn 2005[12] weitere Fundauflistungen heraus.

Die nachfolgende Auflistung ist jedoch weder für die zeitliche noch für die räumliche Verteilung der Moorleichenfunde repräsentativ.

Name Fundjahr Geschlecht[13] Land Region[14] Datierung[15] Foto Bemerkung
Amcotts Moor Woman 1747 W Großbritannien Lincolnshire 200–400 Abbildung pbs.org Früher Fund, von dem nur noch der linke Bundschuh erhalten ist.
Bockstensmann 1936 M Schweden Hallands län 1230–1430 Schwedens bekannteste Moorleiche.
Cladh Hallan 1998 D Großbritannien Äußere Hebriden 1600–1300 v. Chr. Eine Reihe prähistorischer Moorleichen, die zum Teil erst mehrere hundert Jahre nach ihrem Ableben bestattet wurden.
Clonycavan-Mann 2003 M Irland County Meath 392–201 v. Chr. Mann mit einer Art Irokesenhaarschnitt.
Frau von Borremose 1948 W Dänemark Nordjylland um 770 v. Chr. Auch Borremose III genannt.
Dannike-Frau 1942 W Schweden Västra Götalands län nach 1690 Im Moor bestattete Pfeifenraucherin.
Frau von Elling 1938 W Dänemark Midtjylland 280–140 v. Chr.
Frau von Haraldskær 1835 W Dänemark Syddanmark um 490 v. Chr. Auch Königin Gunhild dänisch Dronning Gunhild genannt.
Frau von Huldremose 1879 W Dänemark Midtjylland 350–41 v. Chr.
Mann von Koelbjerg 1941 M Dänemark Syddanmark um 8000 v. Chr. Älteste bisher gefundene Moorleiche. Bisher bekannt als Frau von Koelbjerg und nach neuesten DNA-Analysen aber ein Mann
Frau von Luttra 1947 W Schweden Västra Götalands län 3105–2935 v. Chr. Auch Hallonflickan (schwedisch für Himbeermädchen) genannt.
Frau von Meenybraddan 1978 W Irland County Donegal 1040–1410
Frau von Peiting 1957 W Deutschland Bayern 1290–1440 Auch Rosalinde genannt. Eine von dem üblichen Bestattungsritus abweichende Sonderbestattung.
Frau von Stidsholt 1859 W Dänemark Nordjylland unsicher (wahrscheinlich Eisenzeit) Durch Enthauptung vom Körper getrennter Kopf.
Frau von Zweeloo 1951 W Niederlande Drenthe 60–155
Grauballe-Mann 1952 M Dänemark Midtjylland 375–255 v. Chr.
Jan Spieker 1978 M Deutschland Niedersachsen 1828 Eine namentlich bekannte Person, die in einer Notlage abseits eines Friedhofs vor Ort bestattet wurde.
Junge von Kayhausen 1922 M Deutschland Niedersachsen 4.–1. Jahrhundert v. Chr.
Kind aus der Esterweger Dose 1939 M Deutschland Niedersachsen 1046–1164 Auch als Kind aus der Sedelsberger Dose, Junge von Burlage oder trivial Burli genannt. (Erhaltene Knochen auf der Zeichnung rot markiert)
Lindow-Mann 1984 M Großbritannien Cheshire 20–90 Großbritanniens bekannteste und bestuntersuchte Moorleiche.
Mädchen aus dem Bareler Moor 1784 W Deutschland Niedersachsen 260–395 Der früheste Moorleichenfund, von dem noch Teile (Hautfragmente der rechten Brust, auf Zeichnung rot markiert) erhalten sind.
Mädchen aus dem Uchter Moor 2000 W Deutschland Niedersachsen um 650 v. Chr. [16] Auch Moora genannt, bislang letzter Moorleichenfund aus Deutschland.
Mädchen von Dröbnitz 1939 W Polen Ermland-Masuren unsicher
um 500 v. Chr.
Auf ostpreußischem Gebiet gefunden.
Mädchen von Röst 1926 W Deutschland Schleswig-Holstein 200–95 v. Chr.
Mädchen von Yde 1897 W Niederlande Drenthe 40 v. Chr. bis 50 Bekannteste Moorleiche der Niederlande.
Mann aus Jührdenerfeld 1934 M Deutschland Niedersachsen 179 v. Chr. bis 25 Auch als Mann von Bockhornerfeld bekannt.
Mann von Bernuthsfeld 1907 M Deutschland Niedersachsen 680–775 Neuerdings trivial auch Berni genannt.
Mann von Borremose 1946 M Dänemark Nordjylland um 840 v. Chr. Auch Borremose I genannt. Schema des Erhaltungszustandes kurz nach der Auffindung 1946: Rot = Knochenfrakturen, Hautfarben = Weichteilgewebe, Grau/Weiß = Knochen
Mann von Damendorf 1900 M Deutschland Schleswig-Holstein 135–335 Mit Suebenknotenfrisur.
Mann von Dätgen 1959 M Deutschland Schleswig-Holstein 135–385
Mann von Emmer-Erfscheidenveen 1938 M Niederlande Drenthe 1370–1215 v. Chr.
Mann von Exloermond 1914 M Niederlande Drenthe um 400 v. Chr.
Mann von Gallagh 1821 M Irland County Galway 470–120 v. Chr.
Mann von Husbäke 1931 1931 M Deutschland Niedersachsen unsicher
Mann von Husbäke 1936 1936 M Deutschland Niedersachsen 75-215
Mann von Kragelund 1898 M Dänemark Nordjylland um 1099 Auch Fredriksdalmanden genannt.
Mann von Kreepen 1903 M Deutschland Niedersachsen 1440-1625 Überreste gingen im Zweiten Weltkrieg verloren.
Mann von Neu-England 1941 M Deutschland Niedersachsen 140–320
Mann von Neu Versen 1900 M Deutschland Niedersachsen 135–385 Auch Roter Franz genannt.
Mann von Obenaltendorf 1895 M Deutschland Niedersachsen 260–380
Mann von Osterby 1948 M Deutschland Schleswig-Holstein 75–130 Enthaupteter Kopf mit Suebenknotenfrisur.
Mann von Porsmose 1946 M Dänemark Seeland 2850–2670 v. Chr. Schädel mit Pfeilspitze in Nase und Gaumen.
Mann von Rendswühren 1871 M Deutschland Schleswig-Holstein 1. bis 2. Jahrhundert
Mann von Windeby 1952 M Deutschland Schleswig-Holstein 380–185 v. Chr. Auch Windeby II genannt.
Mann von Worsley Moss 1958 M Großbritannien City of Salford 131-151
Männer von Hunteburg 1949 M Deutschland Niedersachsen 245–415 Zwei miteinander bestattete Männer, deren Leichen bei der Konservierung vernichtet wurden.
Männer von Weerdinge 1904 M Niederlande Drenthe 40 v. Chr. bis 50 In den Niederlanden früher auch als Herr und Frau Veenstra oder das Paar von Weedringe bekannt, da eine der Leichen als Frau missinterpretiert wurde.
Moorleiche aus dem Rieper Moor 1754 U Deutschland Niedersachsen 253–348 Deutschlands zweitältester dokumentierter Moorleichenfund
Moorleiche Borremose II 1947 U Dänemark Nordjylland um 475 v. Chr. Weder Todesursache noch Geschlecht waren bestimmbar.
Moorleiche von Bunsoh 1890 U Deutschland Schleswig-Holstein 560–620
Moorleiche von Kibbelgaarn 1791 M Niederlande Groningen unbekannt nicht verfügbar Aus schriftlichen Quellen geht hervor, dass die Moorleiche verkauft und zu Mumia verarbeitet wurde.
Moorleiche von Lindow I 1983 W Großbritannien Cheshire um 250 Auch Frau von Lindow genannt; ein Kopf, den die Polizei zunächst einem rezenten Mordfall zuschrieb und der den Mordverdächtigten zu einem Geständnis veranlasste.
Moorleiche von Pangerfilze 1927 M Deutschland Bayern 18. Jahrhundert Die Überreste des Fundes sind verschollen.
Moorleiche von Tumbeagh 1998 U Irland County Offaly 12. oder 13. Jahrhundert Erste Moorleiche, die bei einer planmäßigen archäologischen Ausgrabung entdeckt wurde.
Moorleiche von Windeby I 1952 M Deutschland Schleswig-Holstein 41–118 Früher als Mädchen von Windeby bekannt, nach neuesten Untersuchungen von 2006 ein Junge.
Moorleichen von Wijster 1901 U Niederlande Drenthe um 1600 Eine Gruppe von vier Personen.
Old-Croghan-Mann 2003 M Irland County Offaly 362–175 v. Chr. Mit geschätzten 198 cm die größte bisher gefundene historische Person.
Stoneyisland-Mann 1929 M Irland County Galway 3350–3220 v. Chr. Irlands älteste bekannte Moorleiche.
Tollund-Mann 1950 M Dänemark Midtjylland 375–210 v. Chr. Dänemarks bekannteste Moorleiche.
Windover 1982 D USA Florida 5340–5230 v. Chr. Mit bisher 168 geborgenen Moorleichen gehört der Fundplatz zu den wichtigsten Moorfundkomplexen weltweit.
Mann von Bleivik 1952 M Norwegen Rogaland 6110–5890 v. Chr.
Moorfund von Rappendam 1941 W Dänemark Seeland 5. Jahrtausend v. Chr. .
Mann aus Hogenseth 1920 M Deutschland Niedersachsen unbekannt nicht verfügbar Die Überreste des Fundes wurde ohne wissenschaftliche Untersuchung vergraben und gelten als verschollen.
Moorleiche Bremervörde FStNr. 98 1934 W~ Deutschland Niedersachsen 634–689 Auch bekannt als Moorleiche von Bremervörde Gnattenbergswiesen
Gunnister Man 1951 M Großbritannien Shetland 1690–1710
Cashel Man 2011 M Irland County Laois 2141–1960 v. Chr.
Torfhund von Burlage 1953 U Deutschland Niedersachsen 1477–1611 Eine der wenigen nahezu vollständig erhaltenen Tiermoorleichen.
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Commons: Moorleichen – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Heinrich Handelmann, Adolf Pansch: Moorleichenfunde in Schleswig-Holstein. Schwers'sche Buchhandlung, Kiel 1873, S. 6–11, 17–29.
  2. Johanna Mestorf: Ueber die in Holstein und anderwärts gefundenen Moorleichen. In: Karl Andree (Hrsg.): Globus: Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde. Band 20. Vieweg, 1871, ISSN 0935-0535, S. 139–142.
  3. Johanna Mestorf: Moorleichen. In: Bericht des Museums Vaterländischer Altertümer bei der Universität Kiel. Band 42. Lipsius & Tischer, Kiel 1900.
  4. Johanna Mestorf: Moorleichen. In: Bericht des Schleswig-Holsteinischen Museums Vaterländischer Altertümer bei der Universität Kiel. Band 44. Lipsius & Tischer, Kiel 1907, S. 14–50.
  5. Alfred Dieck: Die europäischen Moorleichenfunde (Hominidenmoorfunde). In: Göttinger Schriften zur Vor- und Frühgeschichte. Band 5. Wachholtz, Neumünster 1965 (Lediglich der Katalogteil Band 1 des als dreibändig angelegten Werkes ist erschienen, die wissenschaftliche Auswertung sowie die Quellenangabe blieben unveröffentlicht).
  6. Wijnand van der Sanden, Sabine Eisenbeiß: Imaginary people – Alfred Dieck and the bog bodies of northwest Europe. In: Archäologisches Korrespondenzblatt. Nr. 36, 2006, ISSN 0342-734X, S. 111–122 (englisch).
  7. Wijnand van der Sanden: Alfred Dieck und die niederländischen Moorleichen: einige kritische Randbemerkungen. In: Niedersächsischer Landesverein für Urgeschichte (Hrsg.): Die Kunde N.F. Nr. 44, 1993, ISSN 0342-0736, S. 127–139.
  8. Wijnand van der Sanden: Mens en moeras: veenlijken in Nederland van de bronstijd tot en met de Romeinse tijd. In: Archeologische monografieën van het Drents Museum. Nr. 1. Drents Museum, Assen 1990, ISBN 90-70884-31-3 (niederländisch).
  9. Wijnand van der Sanden: Mens en moeras: het vervolg. Assen 1992 (niederländisch).
  10. C. S. Briggs, Richard C. Turner: A Gazetteer of Bog Burials from Britain and Ireland. In: I. M. Stead u. a (Hrsg.): Lindow Man – the body in the bog. British Museum Publications, London 1986, ISBN 0-7141-1386-7, S. 181–195 (englisch).
  11. Richard C. Turner: Gazetteer of Bog Bodies in the British Isles. In: Richard C. Turner; Robert G. Scaife (Hrsg.): Bog Bodies – New Discoveries and New Perspectives. British Museum Press, London 1995, ISBN 0-7141-2305-6, S. 205–234 (englisch).
  12. Raghnall Ó Floinn: Supplementary List of Irish Bog Bodies Noted Since 1995. In: Nóra Bermingham, Máire Delaney (Hrsg.): The bog body from Tumbeagh. Wordwell Books, Wicklow 2005, ISBN 978-1-869857-77-6, S. 217–227 (englisch).
  13. M = männlich, W = weiblich, D = verschiedene, U = unbekannt/nicht bestimmgbar, ~ = unsicher
  14. Sortierung unter Berücksichtigung des Landes
  15. Sortierung erfolgt nach der jeweils jüngsten Angabe des Datierungszeitraums
  16. Nachbildung des Schädels