Litauische Aktivistenfront

litauische Befreiungs- und Unabhängigkeitsorganisation in Berlin (1940)

Die Litauische Aktivistenfront (lit.: Lietuvos Aktyvistų Frontas, LAF) war eine kurzlebige Organisation, die am 17. November 1940 von litauischen Emigranten als Reaktion auf die sowjetische Besetzung Litauens in Berlin gegründet wurde. Ziele der Organisation waren die Befreiung Litauens und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit.

Litauische Aktivisten in Kaunas, Aufnahme der Heeresfilmstelle Heeresgruppe Nord vom 25. Juni 1941 im Bundesarchiv

Gründung

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Gegründet wurde die Organisation am 17. November 1940 als parteiübergreifende antisowjetische und antideutsche Freiheitsbewegung auf Betreiben des ehemaligen litauischen Militärattachés in Berlin Kazys Škirpa. Schon bald bildeten sich in mehreren litauischen Städten lokale LAF-Gruppen.

Die Berliner Gruppe um Škirpa bestand hauptsächlich aus Emigranten und ehemaligen Diplomaten in Deutschland, deren vormals politisch linke Gesinnung sich im Laufe der Zeit immer weiter in Richtung Nationalsozialismus und einer gesellschaftlichen Umwälzung Litauens im Stile der Machtergreifung Hitlers verschob, während die LAF in den litauischen Städten ihre demokratischeren Ansichten beibehielt. Aufgrund mangelnder Kommunikation zwischen der Auslandsgruppe und den Gruppen in Litauen fand keine ideologische Meinungsfindung statt.

In Kaunas stellten am 22. April 1941 LAF-Delegierte aus Vilnius und Kaunas die Kabinettsliste einer „Provisorischen Regierung Litauens“ (Laikinoji Vyriausybė) zusammen. Diese sollte zum Zuge kommen, sobald die deutsche Wehrmacht die Rote Armee aus Litauen vertrieben hätte. Viele Mitglieder dieser provisorischen Regierung wie auch andere LAF-Funktionäre wurden von den Sowjets verhaftet, hingerichtet oder deportiert.

Die Untergrundzellen der LAF in Litauen dienten der deutschen Abwehr und anderen NS-Geheimdiensten als Basis für nachrichtendienstliche Operationen und Sabotageaktionen.

Juni-Aufstand

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Die LAF-Führung hielt einen Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion für den geeigneten Zeitpunkt, die Unabhängigkeit Litauens auszurufen, in der Hoffnung, dass beide Mächte in ihrer gegenseitigen Bekämpfung das kleine Litauen aus den Augen verlieren würden. Am 22. Juni 1941, dem ersten Tag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, begann die LAF den Juni-Aufstand, verkündete am 23. Juni die Unabhängigkeit Litauens und übernahm am 24. Juni die Regierungsmacht. Allerdings konnte ein Minister nicht kommen, vier weitere Regierungsmitglieder waren bereits am 21. Juni von den sowjetischen Behörden festgenommen worden, und der designierte Premierminister Kazys Škirpa stand in Berlin unter Hausarrest. So wurde Juozas Ambrazevičius (1903–1974) zum Premierminister ernannt. Im Juni 1941 hatte die LAF fast 36.000 Mitglieder.[1]

Im Zuge des Aufstandes begingen LAF-Mitglieder und Sympathisanten landesweit brutale Überfälle auf Juden, mit Tausenden von Opfern.

Während der deutschen Besatzungszeit

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Litauen war bis Juli 1944 (Operation Bagration) von der Wehrmacht besetzt. Die antinazistische Opposition wandte überwiegend passive Widerstandsformen an. Ihre Aktivitäten richteten sich dabei vor allem auf Sabotageakte gegen die Besatzer. Es gab Untergrundzeitungen und ein Kontaktnetzwerk zu den Westalliierten. Mehrere politisch motivierte Organisationen wie die Litauische Front, die Nachfolgevereinigung der LAF, und das Oberste Komitee zur Befreiung Litauens (ein Zusammenschluss der von den Nationalsozialisten verbotenen Parteien) waren im Untergrund aktiv.[1]

Besatzung

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Die Verhandlungen mit den Deutschen über die Anerkennung Litauens scheiterten aber, weil das NS-Regime kein Interesse an einem unabhängigen Litauen hatte. Aufgrund des starken Rückhaltes der LAF-Regierung in der litauischen Bevölkerung verzichteten die deutschen Besatzer auf ein brutales Vorgehen. Stattdessen bauten sie parallel ihre eigenen Machtstrukturen auf und bewirkten so die sukzessive Schwächung der LAF. Nachdem die LAF-Regierung am 28. Juli 1941 von den Deutschen ihres Amtes erhoben worden war, verlor sie ihren gesamten politischen Einfluss. Da nun die Fortsetzung ihrer Arbeit zunehmend sinnlos erschien, löste sie sich am 22. September 1941 auf. Gleichwohl bestand die LAF als Organisation fort. Sie protestierte gegen die Besetzung Litauens und schickte im September ein entsprechendes Memorandum nach Berlin. In der deutschen Antwort vom 26. September wurde die Litauische Aktivistenfront verboten; ihre Führungsriege wurde verhaftet und in Konzentrationslager deportiert. Viele LAF-Mitglieder erhielten aber auch Stellen in der Zivilbevölkerung oder traten in die Einsatzkommandos 2, 3 und 9 ein. Aus LAF-Mitgliedern und Veteranen der litauischen Armee wurde eine Hilfspolizei gebildet.

Massenmorde an litauischen Juden

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Die LAF soll nach dem 22. Juni 1941, aber noch vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht Juden verfolgt und ermordet haben. Nach dem deutschen Einmarsch ermordeten Gruppen der LAF unter Anleitung der SD-Einsatzgruppe 3 Zehntausende von Juden. Dabei wurden im Juni Tausende Juden von litauischen Freiwilligen mit Eisenstangen öffentlich erschlagen, weitere Tausende später im Fort IX erschossen.[2] Der Leiter der Einsatzgruppe 3 Karl Jäger schrieb hierzu im Jäger-Bericht: „Die Aktionen in Kauen selbst, wo genügend einigermaßen ausgebildete Partisanen zur Verfügung stehen, kann als Paradeschiessen betrachtet werden, gegenüber den oft ungeheuerlichen Schwierigkeiten die außerhalb zu bewältigen waren.“[3]

Außerdem dienten verschiedene LAF-Regierungserlasse zur Diskriminierung der Juden, Žydų padėties nuostatus („Regelung des Status der Juden“) ist hierbei das wohl unrühmlichste Beispiel. Kritiker sehen in diesen Taten den alleinigen Zweck, die Sympathien Deutschlands zu gewinnen; andere erkennen in der LAF-Regierung nicht mehr als eine Marionettenregierung des NS-Staates.

Die antikommunistische Natur der LAF-Ideologie ist unbestritten.

Literatur

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  • Alex Faitelson: Im jüdischen Widerstand. Mit Gedichten von Sima Faitelson-Jaschunski. Hrsg. und mit historischen Anmerkungen versehen von Charlotte Nager. Elster, Baden-Baden [u. a.] 1998, ISBN 3-89151-269-4.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen (PDF; 0,5 MB); 2018 herausgegeben im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
  2. vgl. die Bilderserien zu Kaunas im Bundesarchiv und bei der Bildagentur bpk (Abteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz); z. B. Eine Gruppe jüdischer Frauen wird von Angehörigen der Litauischen Aktivistenfront zur Exekution geführt.@1@2Vorlage:Toter Link/bpkgate.picturemaxx.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Massenerschießung von Juden durch Angehörige der Litauischen Aktivistenfront.@1@2Vorlage:Toter Link/bpkgate.picturemaxx.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Pogrom in Kowno (Kaunas) vom 23.–28.Juni 1941. Ein junger Litauer erschlägt Juden mit einer Brechstange.@1@2Vorlage:Toter Link/bpkgate.picturemaxx.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Kaunas. Zuschauer bei einer öffentlichen Erschlagung von Juden durch litauische Nationalisten nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht.
  3. sogenannter „Jägerbericht“; vgl. Hans-Heinrich Wilhelm: Rassenpolitik und Kriegführung – Sicherheitspolizei und Wehrmacht in Polen und der Sowjetunion. Passau 1991, S. 26.