Litterae significativae

Buchstaben in Neumenhandschriften

Litterae significativae sind besondere, in karolingischen Minuskeln geschriebene Buchstaben in den Neumenhandschriften der Sankt-Galler Familie für melodische, rhythmische oder andere interpretatorische Anweisungen beim Gregorianischen Choral. Die wörtliche Übersetzung aus dem Lateinischen bedeutet so viel wie anzeigende Buchstaben. Sie werden auch Romanus-Buchstaben (litterae Romanae) genannt.

Die Neumen skizzieren den Melodieverlauf eines Gregorianischen Chorals und wurden bei Bedarf mit den Litterae significativae ergänzt, um zum Beispiel Folgetöne zu präzisieren oder Dehnungen anzuzeigen. Der Chronist Ekkehard aus St. Gallen schrieb die Einführung der Litterae signifivativae in seinem Abschnitt der Casus Sancti Galli (um 1040) dem römischen Musiker und Mönch Romanus zu.[1][2] Notker I. († 912) erklärte die Bedeutung der einzelnen Buchstaben beziehungsweise Buchstabenkombinationen und -folgen in einem Brief.[3]

Buchstabe(n) Abkürzung von Bedeutung
a altius höher
a augere vergrößern
b bene gut
conjunctim verbunden
c celeriter schnell
d deprimatur wird erniedrigt
dt duplicatur wird verdoppelt
e / eq equaliter gleich, eben
f fremitus, frangor Lärm (lauter Ton)
fid fideliter fest, sicher
g gutture mit der Kehle singen
h humiliter niedrig
i inferius tiefer
iv inferius valde viel tiefer
k klamor Geschrei (sehr lauter Ton)
l levare heben
len leniter anmutig
m / md mediocriter ein wenig
moll molliter weich
n non nicht
nt non tenere nicht (aus-)halten
p parvum klein
p perfecte vollkommen
p pressim nachdrücklich
par paratim entschlossen
pulcre pulcre schön
s sursum / supra hinauf / darüber
simul simul (zu)gleich
sm sursum mediocriter ein wenig nach oben
st statim sofort
t tenere (aus-)halten
tb tenere bene gut (aus-)halten
v valde sehr
x expectare warten

Besonders häufig wurden die Buchstaben a, l und s für ansteigende Melodien, e für gleichbleibende Tonhöhe und c und t für die Dauer von Neumen verwendet. Die anderen Buchstaben tauchen zum Teil nur recht selten auf. Die Gregorianische Semiologie beschäftigt sich mit der Entschlüsselung der Bedeutung der Neumen, die durch die Angabe der Litterae significativae vereinfacht wird. Durch die Romanus-Buchstaben können Feinheiten des Gregorianischen Gesanges genauer restituiert werden.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Cod. Sang. 615, Faksimile S. 141ff
  2. Eccardus (Sangallensis): St. Galler Klostergeschichten/Ekkehard IV. Übersetzt von Hans F. Haefele, 3. unveränd. Aufl., Darmstadt 1991, ISBN 3-534-01417-0 Exzerpt und deutsche Übersetzung online
  3. Notkers Brief an Lantpertus