Loheland

Ursprungsort der Loheland-Gymnastik, Anthroposophische Siedlung mit Waldorfschule und Ortsviertel von Dirlos

Loheland ist Teil der Ortsteile Dirlos und Pilgerzell der Gemeinde Künzell bei Fulda in Hessen mit ca. 70 Einwohnern. Loheland ist landesweit vor allem durch die Loheland-Gymnastik sowie die kunstgewerblichen Produkte der Loheland-Werkstätten bekannt geworden. Heute gehören zu der anthroposophischen Siedlung verschiedene Bildungseinrichtungen und Betriebe, die unter dem Dach der Loheland-Stiftung von einem Geschäftsführer und einem Vorstand geführt werden.

Loheland
Gemeinde Künzell
Koordinaten: 50° 31′ N, 9° 46′ OKoordinaten: 50° 30′ 34″ N, 9° 45′ 47″ O
Höhe: 409 m ü. NHN
Postleitzahl: 36093
Vorwahl: 0661

Geschichte und Gegenwart

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Logo der Loheland-Stiftung

Die Initiative zur Gründung der Schulsiedlung ging von den beiden Leiterinnen des „Seminars für klassische Gymnastik“ Hedwig von Rohden (1890–1987) und Louise Langgaard (1883–1974) aus, die 1919 am Fuße der Rhön 45 ha Wald und Ackerfläche erwarben.[1] Bereits seit 1912 hatte eine Frauenbildungseinrichtung mit „Seminar für klassische Gymnastik“ bestanden, die schon mehrere Male den Standort hatte wechseln müssen.[1] Dieses „Seminar für klassische Gymnastik“ wurde zu einer Ausbildungsstätte nach ihren Vorstellungen und Idealen aufgebaut: der „Lohelandschule für Gymnastik, Landbau und Handwerk“.[2] Ausgehend von „Leben ist Bewegung – Bewegung lebendige Form“ gestalteten die Frauen einen Ort, an dem Lernen, Arbeiten und Leben Hand in Hand gehen sollten. Die Loheländerinnen integrierten Gymnastik, Garten- und Ackerbau, Handwerk und Kunst in ihrem Konzept. Ende der 1920er Jahre wurde das Gelände durch Zukauf erweitert und über die Jahrzehnte hinweg bebaut. Neben Wohnräumen für die Lehrerinnen und Studentinnen entstanden Unterrichtshäuser, Werkstätten und Wirtschaftsgebäude.[1] Dank ihrer intensiven „Strategie der Anpassung“ gelang Louise Langgaard der Erhalt der Schulsiedlung in der Zeit des Nationalsozialismus.

Anfang der 1960er Jahre lebten 350 bis 400 Frauen, Männer und Kinder in der Loheland-Gemeinschaft.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Loheland mehr zu einer Einrichtung für vorschulische und schulische Bildung.[1] Heute ist Loheland von Gebäuden unterschiedlichster Größe und Erscheinung, beschatteten Wegen und viel „Grün“ geprägt. Auf dem weitläufigen Gelände der Siedlung befinden sich ein Waldorfkindergarten, die Rudolf-Steiner-Schule Loheland, Demeter-Landwirtschaft, eine Berufsfachschule für Sozialassistenz, das Archiv der Siedlung, eine Schreinerei, ein Tagungshotel, ein Café mit Laden und Wohnhäuser.

Gymnastik-Ausbildung

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Bis 2009 erfolgten Ausbildungen in Loheland-Gymnastik zum staatlich geprüften und anerkannten Gymnastiklehrer. In der Loheland-Akademie wurde in einem Studiengang zusätzlich die Ausbildung mit einer Doppelqualifikation wahlweise im Bereich der Gesundheitspädagogik oder Kreativpädagogik erweitert.

Landschaft und Architektur

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Die Streusiedlung Loheland fügt sich gut in die Landschaft ein. Seit 1927 wird das Areal biodynamisch gepflegt. Das heute 54 ha große Gebiet wird mit einem Masterplan fach- und denkmalgerecht weiterentwickelt.[1] Seit 2015 sind die 17 Gebäude, sie noch aus der Zwischenkriegszeit stammen, im Sinne des Hessischen Denkmalschutzgesetzes als Einzeldenkmale ausgewiesen – doch nicht alle Gebäude aus dieser Zeit sind heute erhalten. Von der Zeit nach 1945 sind 7 Gebäude als konstituierende Bauten der Siedlung ausgewiesen.[1]

  • Holzhaus: Nur wenige Wochen nachdem der „Bund für klassische Gymnastik“ das Gelände gekauft hatte, wurde das Holzhaus 1919 als Notwohnhaus mit 17 kleinen Stuben für die Lehrerinnen errichtet. Hier war auch die zentrale Küche untergebracht. Bis Ende der 1920er Jahre wurde die Terrasse als „Speisesaal“ genutzt.[1]
  • Rundbau: Der runde Sandsteinbau geht maßgeblich auf Louise Langgaard zurück und entstand 1920 als Unterrichtsraum für die Gymnastikschülerinnen. Zehn Jahre später wurde er zum Speisesaal der inzwischen rund 200 Personen umfassenden Lohelandgemeinschaft. Eine kleine Gruppe war daran beteiligt, unter anderem die spätere Architektin Gretel Norkauer sowie Kurt Wehlte, der die Pläne zeichnete. Der farbige Anbau aus Holz wurde in den 1980er Jahren ergänzt und wird heute als Waldorfkindergarten genutzt.[1]
  • Waldhaus, auch Kurts-Bau: 1921 errichtete Kurt Wehlte das kleine Atelierhaus mit Pultdach vermutlich aus übrig gebliebenen Sandsteinen des Rundbaus. Etwas abseits von der eigentlichen Frauensiedlung Loeheland gelegen, nutzte er den so genannten Kurts-Bau oder Curts-Bau, der aus nur einem Raum bestand, zum Wohnen. Nach seinem Weggang wurde der Kurts-Bau zum Musikhaus, später zum Waldhaus. In den 1960er Jahren wurde das Gebäude vergrößert.[1]
  • Transformatorenturm „Eulenturm: 1923 wurde ein Turm nach Plänen des Fuldaer Architekten Hermann Mahr mit pilzförmigen Dach errichtet. Seinen heutigen Namen verdankt der Turm einer Eule, die darin wohnte.[1]
  • Franziskusbau: Nach einer Idee von Louise Langgaard wurde 1924 ein Festsaal mit gymnastischem Unterrichtsraum geplant, die vom Hamburger Architekturbüro Walter Baedeker realisiert wurde. Neben einer Erweiterung der Übung- und Umkleideräume war später eine spektakuläre Freilichtbühne auf dem Flachdach mit einer die gesamte Hausbreite umfassenden Außentreppe geplant, die auch ein 1925 erneutes Heizhaus integrierten sollte. Zu Beginn der 1980er Jahre wurde das Gebäude baulich stark verändert.[1]
  • Steinhaus: Wurde 1924/25 nach einem Entwurf von Louise Langgaard mit einem kreisförmigen Grundriss errichtet. Seine Form mit der skulpturalen Dachbekrönung war wohl ursprünglich durch Gebäude des ungarischen Architekten Ende Toroczkai Vigand inspiriert.[4] Ursprünglich sollte das Steinhaus als „Wächterhaus“ den Eingang der Siedlung markieren, wurde tatsächlich aber als Wohnhaus genutzt.[1]
  • Evahaus: Das spitzgiebelige Gebäude wurde 1924/25 aus Sandsteinen des eigenen Steinbruchs nach Plänen des Hamburger Architekturbüros Walter Baedeker errichtet. 2016 wurde es denkmalgerecht saniert. Das Gebäude wurde nach Eva Maria Deinhardt (1896–1977) benannt, die es mitfinanzierte und über viele Jahre bewohnte.[1]
  • Waggonia: Unter der Holzverschalung der Waggonia verbergen sich vier über Eck gestellte Waggons der preußischen Reichsbahn. Das Gebäude mit Innenhof beherbergte die Fotowerkstatt, die als „Lichtbildwerkstatt“ bekannt geworden war, die Schneiderei, die Lederwerkstatt sowie die Flickstube sowie zwei kleinere Studierendenzimmer. Im hinteren Zimmer lebte und arbeitete eine der Musikerinnen und Komponistinnen der Siedlung.[1]
  • Kanzlei: 1926 wurde das Teilfertighaus mit den gelben Fensterläden von der Firma Lohmüller aus Güsten/Anhalt gebaut. Es beherbergte die Verwaltung, eine Poststelle sowie einen Verkaufsraum der Loheland-Werkstätten.[1]

Bekannte Loheländerinnen

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Literatur

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in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Ernst Blass: Das Wesen der neuen Tanzkunst. Erich Lichtenstein Verlag, Weimar 1921, vor allem S. 14–20.
  • Helmut Bartsch: Gartenbaukursus in Loheland vom 22. bis 29. November 1931. In: Demeter. 6/12, 1931.
  • Nikolai Fuchs: Vorwort. In: Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise (Hrsg.): Jahresbericht 1928 über Versuche nach biologisch-dynamischen Wirtschaftsmethoden in der Gärtnerei Loheland. Darmstadt 1999.
  • Iris Fischer, Eckhardt Köhn: Lichtbildwerkstatt Loheland. Fotografien 1919–1939. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-86568-002-X.
  • Hertha Dettmar-Kohl, Imme Heiner, Elisabeth Hertling: Drei Frauen – drei Geschichten. Perspektiven auf die frühe Siedlungsgemeinschaft Loheland, herausgegeben von der Loheland-Stiftung (= Schriftenreihe der Loheland-Stiftung, Bd. 4). Künzell 2012, ISBN 978-3-943873-00-9.
  • Anja Christinck / Ira Spieker: Gemeinschaft gründen – Individualität entwickeln. Überlegungen zur Wirkung und Aneignung von Räumen am Beispiel Loheland, in: Ariadne 61 (2012).
  • Dieter Griesbach-Maisant (Red.): Die Frauensiedlung Loheland in der Rhön und das Erbe der Europäischen Lebensreform. Beiträge zur Fachtagung am 29./30. Mai 2015 und zum „Waggonia“-Workshop am 8. Oktober 2015 (= Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, Bd. 28). Konrad Theiss Verlag, Darmstadt 2016, ISBN 978-3-8062-3364-3.
  • Jürgen Tietz: Loheland – eine Frauensiedlung der Moderne im Zeichen des Kunsthandwerks. In: Neue Zürcher Zeitung, 27. Februar 2016 (nzz.ch).
  • Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Die Frauensiedlung Loheland an der Rhön und das Erbe der europäischen Lebensreform, Darmstadt, 2016.
  • Beatrice Härig: Werte, Waggons, vegane Doggen. Die anthroposophische Siedlung Loheland. In: Monumente-Magazin Dezember 2018, S. 58–62 (monumente-online.de).
  • Katharina Sommer: Loheland. In: Bauhaus Kooperation Berlin, Dessau, Weimar: Bauhaus 100 Orte der Moderne: eine Grand Tour. Hatje Cantz, Berlin 2019, ISBN 978-3-7757-4613-7, S. 208f.
  • Michael Siebenbrodt, Elisabeth Mollenhauer-Klüber: loheland 100. Gelebte Visionen für eine neue Welt. Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Vonderau Museum Fulda, September 2019 – Januar 2020, Fulda 2019, ISBN 978-3-7319-0902-6.
  • Dörte Schipper: Das Dorf der Frauen. Piper Verlag, München 2022, ISBN 978-3-492-06351-7.
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Commons: Loheland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p Elisabeth Mollenhauer-Klüber (Red.): Loheland. Die denkmalgeschützten Bauten der Jahre 1919-34 im Taschenformat. Hrsg.: Loheland-Stiftung. 4. aktualisierte Auflage. Künzell 2019.
  2. Richard Kirn: Loheland bei Rauhreif betrachtet. In: Die Rhön (= Merian, Jg. 17 (1964), Heft 4), S. 51–52, hier S. 51.
  3. Richard Kirn: Loheland bei Rauhreif betrachtet. In: Die Rhön (= Merian, Jg. 17 (1964), Heft 4), S. 51–52, hier S. 52.
  4. Marina Dmitrieva: Der pastorale Blick. Künstlerkolonien im östlichen Europa. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Die Frauensiedlung Loheland an der Rhön und das Erbe der europäischen Lebensreform. Arbeitsheft 28. Darmstadt 2016, S. 66–74.