Lokalisten (gewerkschaftliche Fachvereine)
Lokalisten hießen ab 1880 Mitglieder örtlicher gewerkschaftlicher Fachvereine von handwerklichen Berufen wie Maurer und Zimmerer und qualifizierten Berufen wie Goldschmied und Musikinstrumentebauer. Diese Gruppen sind mit Arbeiterorganisationen vergleichbar. Sie lehnten eine zentralisierte Organisation und überregionale Streikfonds ab und wollten stattdessen autonom über ihre Aktionen eigenverantwortlich entscheiden. Verbindungen zwischen den lokalen Gruppen gab es nur über ein lockeres Vertrauenspersonensystem. 1901 gaben sie sich den Namen Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVDG). Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurden die Lokalisten wegen ihrer antimilitaristischen Agitation verboten.
Nach dem Krieg reorganisierten sich die Lokalisten. Im Laufe des Jahres 1919 bildeten sich in fast allen Teilen des Landes Ortsgruppen der FVdG, besonders in Rheinland-Westfalen. Was die programmatische Orientierung betraf, war die FVdG noch nicht festgelegt: Angestrebt wurde zunächst eine „proletarische Rätediktatur“ und eine allgemeine Sozialisierung der Produktionsmittel. Gleichzeitig wurde den Mitgliedern der Eintritt in die Kommunistische Partei nahegelegt. Auf Seiten der KPD hielt sich die Begeisterung über die antiparlamentarisch eingestellten Syndikalisten in der Partei in Grenzen. Sie wurden bald als die neueste Krankheit der Arbeiterbewegung bezeichnet und im Sommer 1919 ausgeschlossen.
Eine Klärung aller theoretischen und organisatorischen Fragen sollte ein Kongress bringen, der zum Jahresende 1919 in Berlin stattfand. Die anwesenden 109 Delegierten vertraten 111675 Mitglieder und gaben der Organisation einen neuen Namen: Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD).
Literatur
Bearbeiten- FAU-MAT (Hrsg.): Was wollen die Lokalisten? Programm, Ziele und Wege der 'Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften. Verlag Syndikat A, Moers o. J (2000). Erstauflage: Geschäftskommission der FVdG, Verlag Fritz Kater, Berlin 1911.
- Dirk H. Müller: Gewerkschaftliche Versammlungsdemokratie und Arbeiterdelegierte von 1918. Ein Beitrag zur Geschichte des Lokalismus, des Syndikalismus und der entstehende Rätebewegung. Berlin 1985.
- Jürgen Mümken: Vom Lokalismus zum revolutionären Syndikalismus. Die „Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften“, Bremen 1998.
- Angela Vogel: Der deutsche Anarcho-Syndikalismus. Genese und Theorie einer vergessenen Bewegung. Berlin 1977.
- Ralf Hoffrogge: Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland – Von den Anfängen bis 1914. Stuttgart 2011 (S. 127ff).
Weblinks
Bearbeiten- Eine Analyse des revolutionären Syndikalismus in Deutschland von Hartmut Rübner bei der Bibliothek der Freien
- Vom Lokalismus zum Anarchosyndikalismus von Hartmut Rübner in Direkte Aktion, 8. Januar 2020