Ludwig Gumpel (* 27. Juni 1860 in Bernburg (Saale);[1]2. Juli 1935 in Karlsbad[2]) war ein deutscher Kaufmann, der eine Privatbank in Bernburg gründete. Er war der Großvater väterlicherseits von Helmut Schmidt.

Leben und Wirken

Bearbeiten

Ludwig Gumpel wurde in eine jüdische, alteingesessene Bernburger Tuchhändler-Familie geboren. Er war der Sohn von Jacob Gumpel (1815–1882) und dessen Ehefrau Fanny geb. Fleiß (1825–1888), die ein Textilhaus führten, das seit 1799 in Familienbesitz war. Zwischen 1884 bis 1890 hielt er sich zwei- bis dreimal jährlich in Hamburg auf und ging dabei mit Friederike Wenzel (1867–1949), einer Kellnerin und Verkäuferin, eine Beziehung ein, aus der Gustav-Ludwig Schmidt (1888–1981) hervorging, der Vater des 1918 geborenen späteren Bundeskanzlers Helmut Schmidt.[3]

Im Jahr 1900 gründete Ludwig Gumpel in Bernburg mit seinem Cousin Wilhelm Samson das Bankhaus Gumpel & Samson im Eckhaus Friedensallee/Mozartstraße. Er heiratete Hedwig Leyser, mit der er vier Kinder bekam.[3][4] Bis zum Jahr 1935 leitete er mit seinem Sohn Max Gumpel die Bank, die sechs Angestellte beschäftigte. Infolge der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde das Bankhaus „arisiert“, die Gumpels aus dem Geschäft verdrängt und enteignet.[5][6] In den Räumen der ehemaligen Privatbank eröffnete 1936 eine Zweigstelle der Stadt- und Kreissparkasse Bernburg.

Er starb mit 75 Jahren in Karlsbad eines natürlichen Todes. Sein Grab liegt auf dem Jüdischen Friedhof am Rößeberg in Bernburg.[7][8] Seine Witwe hielt sich zunächst versteckt. In der Nacht vom 25. zum 26. November 1942 nahm sie sich auf dem Grabmal ihres Ehemannes mit Gift das Leben. Sein Sohn Max Gumpel emigrierte im Februar 1937 nach England. Er wurde 1938 ausgebürgert, sein Vermögen beschlagnahmt.[5] 1946 kam er als Offizier der britischen Armee nach Bernburg zurück, um die Bestattung seiner Mutter an der Seite ihres Mannes zu veranlassen.[6]

Gumpels außerehelicher Sohn Gustav-Ludwig Schmidt

Bearbeiten

In der Geburtsurkunde von Gustav-Ludwig Schmidt (1888–1981) ist der Name des Vaters nicht genannt. Das Kind wuchs bei Adoptiveltern auf, dem Hafenarbeiter Gustav Schmidt und dessen Frau Katharina.[6] Laut Thomas Karlauf vertraute Schmidts Adoptiv-Mutter, Katharina Schmidt, dem Adoptiv-Sohn an, dass sein leiblicher Vater jüdisch sei.[2] Gustav-Ludwig Schmidt gelang es, zum leiblichen Vater Ludwig Gumpel Kontakt aufzunehmen. Der Briefwechsel ist jedoch nicht mehr auffindbar.[9] Spätestens ab 1933 war auch klar, dass man mit niemandem mehr darüber reden durfte. Einer allgemeinen Öffentlichkeit wurde Ludwig Gumpel als Großvater von Bundeskanzler Helmut Schmidt erst bekannt, nachdem der Historiker Gerrit Aust und die Bibliothekarin des Hamburger Instituts für die Geschichte der deutschen Juden Irmgard Stein[10] 1994 eine Rekonstruktion dieses Teils der Familiengeschichte veröffentlichten.[6] 2002 gab das Museum Schloss Bernburg eine Dokumentation der Spurensuche nach jüdischen Anverwandten von Helmut Schmidt heraus.

Literatur

Bearbeiten
  • Gerrit Aust, Irmgard Stein: Gumpel, Wenzel, Schmidt: die unbekannten Vorfahren von Helmut Schmidt. Verlag Dölling und Galitz, Hamburg, 1994; ISBN 978-3-926174-77-2.
  • Joachim Grossert: Die Grabanlage der Familie Ludwig Gumpel in Bernburg. In: Edith Schriefl / Anton Hieke (Hrsg.): Gute Orte. Jüdische Grabstätten in Sachsen-Anhalt. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Halle a.S. 2022 (Kleine Hefte zur Landesgeschichte; 1), ISBN 978-3-948618-43-8, S. 94–104.
  • Rolf Pohlmann: Spuren der jüdischen Anverwandten des Kanzlers Helmut Schmidt: Spurensuche in Bernburg, Hamburg, Berlin, London, Jerusalem. Hrsg. Museum Schloss Bernburg, Bernburg, 2002, ISBN 978-3-9807097-5-0

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Akribische Spurensuche: Buch wird präsentiert. In: Mitteldeutsche Zeitung, Ausgabe Bernburg. 6. November 2002.
  2. a b Thomas Karlauf: Helmut Schmidt: Er wollte nichts wissen. In: Die Zeit. 13. Oktober 2016, abgerufen am 15. Mai 2022.
  3. a b Bernhard Spring, Torsten Adam: Jüdischer Friedhof in Bernburg: Das Familiengeheimnis von Helmut Schmidt, Mitteldeutsche Zeitung, 13. November 2015
  4. Paul Spengler: Dokumentation über jüdische Familiendynastie erschienen: Unangenehme Wahrheiten berührt. In: Mitteldeutsche Zeitung. Abgerufen am 14. Mai 2022.
  5. a b Ingo Köhler: Die «Arisierung» der Privatbanken im Dritten Reich: Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung (= Band 14, Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte). 2. Auflage. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-53200-9, S. 202, Anmerkung 20.
  6. a b c d Joachim Grossert: Bernburger Juden – Erinnerung und Mahnung. (PDF) Moses Mendelssohn Gesellschaft Dessau e. V., abgerufen am 15. Mai 2022 (Abschnitt „Ludwig Gumpel“, S. 8–9).
  7. Der jüdische Friedhof von Bernburg
  8. Bernburg (Kreisstadt). Jüdische Friedhöfe. Alemannia Judaica
  9. Michael Schwelien: Helmut Schmidt. Ein Leben für den Frieden. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003, ISBN 3-455-09409-0, S. 31.
  10. Das Jüdische Hamburg. Über die Autorinnen und Autoren: Irmgard Stein, Institut für die Geschichte der deutschen Juden