Luftangriffe auf Celle
Bei zwei Luftangriffen auf Celle durch alliierte Bomber entstand in der Stadt Celle während des Zweiten Weltkrieges im Verhältnis zu anderen deutschen Städten relativ geringer Sachschaden.[1] Durch die Ereignisse unmittelbar nach dem zweiten Luftangriff, die als Massaker von Celle in die Geschichte eingegangen sind, kamen jedoch viele KZ-Häftlinge ums Leben. Vor Kriegsbeginn zählte die Stadt im Mai 1939 37.799 Einwohner[2].
Angriffe, Schäden und Opfer
BearbeitenVor den beiden großen Luftangriffen von 1945 auf Celle gab es nur vereinzelte Bombenabwürfe, wobei beispielsweise 1941 eine Bombe auf das Altstadtgebäude An der Stadtkirche 11 (Stadtbauamt) fiel. Dabei wurden nur Fenster zerstört.[3] Auch später blieben die historische Altstadt und das Celler Schloss unversehrt.
Ein erster schwerer Luftangriff auf Celler Außenbereiche erfolgte am 22. Februar 1945 im Rahmen der „Operation Clarion“; er wurde von acht Bombern des Typs B-24 Liberator der 8th US Air Force durchgeführt. Wegen eines Navigationsfehlers wurde kurzfristig das Ziel des Güterbahnhofs Peine verworfen und entschieden, das Secondary Target (Alternativziel), den Bahnhof Celle anzufliegen.[4] Dabei starben 117 ungarische Soldaten, deren Zug sich auf dem Weg in die Panzertruppenschule in Bergen-Hohne befand. Das Rote Kreuz versorgte die Verwundeten, die Technische Nothilfe versah Aufräum- und Reparaturarbeiten und die Toten wurden nach ihrer Identifizierung zwei Tage später auf dem Celler Waldfriedhof bestattet.[5][6]
Sechs Wochen später am 8. April 1945 gegen 18 Uhr wurde Celle als eine der letzten Städte im Deutschen Reich von 132 Flugzeugen der 9th US Air Force erneut angegriffen; dabei wurden 240 Tonnen Sprengbomben auf den Güterbahnhof und seine Umgebung geworfen. Bahnhof und Güterbahnhof wurden schwer beschädigt, das Gaswerk und neun Handwerksbetriebe vollständig zerstört. Die Eisenbahnbrücken über Bahnhofstraße und Wiesenstraße stürzten ein. Vor allem in den Straßen Neustadt, Altenhäusen, Kirchstraße, Marienstraße, Uferstraße, Fuhsestraße, Riemannstraße und Bahnhofstraße wurden Wohnhäuser von Bombensplitern und umher fliegenden Trümmern getroffen.[7][8] Insgesamt wurden 67 Häuser in Celle vollständig zerstört sowie 550 erheblich und 614 leicht beschädigt, wobei die größten Schäden in der Marienstraße entstanden.[9] Die Schäden entsprechen einem Zerstörungsgrad von insgesamt 2,2 %.[10] Abgefahren wurden insgesamt 18.700 m³ Trümmerschutt.[11]
Die genaue Zahl der Todesopfer des zweiten Luftangriffes auf Celle konnte nie ermittelt werden. Neben 122 Einwohnern von Celle kam eine große Anzahl von KZ-Häftlingen ums Leben, da ein Zug auf dem Weg vom KZ Salzgitter-Drütte zum KZ Bergen-Belsen auf dem Celler Bahngelände vom Bomben getroffen wurde und zahlreiche Häftlinge nach dem Luftangriff von einem SS-Kommando sowie von Polizisten verfolgt und getötet wurden. (Siehe eigener Artikel: Massaker von Celle).
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Mijndert Bertram: April 1945. Der Luftangriff auf Celle und das Schicksal der KZ-Häftlinge aus Drütte. Hrsg. Stadt Celle, Celle 1989 (= Celler Beiträge zur Landes- und Kulturgeschichte, Schriftreihe des Bomann-Museums und des Stadtarchivs Celle, Bd. 18). - Mit umfangreichem Literatur- und Quellenapparat.
- Bernhard Strebel: Celle April 1945 revisited. Ein amerikanischer Bombenangriff, deutsche Massaker an KZ-Häftlingen und ein britisches Gerichtsverfahren. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89534-768-9 (= Celler Beiträge zur Landes- und Kulturgeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs und Bomann-Museums, Bd. 38).
- Sechster Verwaltungsbericht der Stadt Celle für die Jahre 1926–1955. Pohl Druckerei und Verlagsanstalt, Celle o. J. (1964), S. 87: „Krigesschäden an städtischen Gebäuden“.
- Kristof Nagy, Manfred Kastern: 119 ungarische Soldaten getötet. 22. Februar 1945: Der erste Luftangriff auf Celle. In: Cellesche Zeitung, 15. April 2023, S. 52 (Sachsenspiegel) und 22. April 2023, S. 60 (Sachsenspiegel).
Weblinks
Bearbeiten- Übersicht der Bombenschäden im Stadtgebiet Celle zwischen Kleinhehlener Straße und dem Mondhagen (...), undatierte Karte im Niedersächsischen Landesarchiv Hannover, Signatur: NLA HA Kartensammlung Nr. 32 c Celle 78 m (Digitalisat auf arcinsys.niedersachsen.de)
- Hendrik Altmann: Als Operation "Clarion" Celle traf - 22. Februar 1945. In: Heimatforschung im Landkreis Celle.
- Hendrik Altmann: Karte zeigt Zerstörungen. 8. April 1945 auf found-places.blogspot.com
- Die beim Luftangriff vom 08. April 1945 zertstörte Bahnbrücke (historisches Foto), Celle-im-nationalsozialismus, auf web.archive.org
- Mijndert Bertram: Der Luftangriff auf Celle und das Schicksal der KZ Häftlinge aus Drütte - April 1945, auf celle-im-ns.de
- April 1945: Mörderische Hatz auf KZ-Häftlinge in Celle, auf ndr.de, 8. April 2020
- Michael Ende: Der Tag, als die Bomben fielen / Celles schwärzestes Kapitel. In: Cellesche Zeitung, 8. April 2005.
- Birte March: Celle am 8. April 1945. In: Cellesche Zeitung, 13. Juni 2010
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ RWLE Möller: Weltkrieg II, in: Celle Lexikon, S. 237
- ↑ Deutscher Städtetag: Statistisches Jahrbuch deutscher Gemeinden. Braunschweig 1952, S. 384.
- ↑ Sechster Verwaltungsbericht der Stadt Celle für die Jahre 1926–1955. Pohl Druckerei und Verlagsanstalt, Celle o. J. (1964), S. 87.
- ↑ Kristof Nagy, Manfred Kastern: 119 ungarische Soldaten getötet. 22. Februar 1945: Der erste Luftangriff auf Celle. In: Cellesche Zeitung, 15. April 2023, S. 52 (Sachsenspiegel).
- ↑ Hendrik Altmann: Als Operation "Clarion" Celle traf - 22. Februar 1945. In: Heimatforschung im Landkreis Celle (found-places.blogspot.com). Abgerufen am 2. Juli 2022.
- ↑ Bernhard Strebel: Celle April 1945 revisited. Ein amerikanischer Bombenangriff, deutsche Massaker an KZ-Häftlingen und ein britisches Gerichtsverfahren. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89534-768-9, S. 47 (mit Quellenangaben sowie Literaturbelegen in den Fußnoten 172 und 173).
- ↑ Undatierte Übersicht über die Bombenschäden im Stadtgebiet Celle zwischen Klein Hehlener Straße und dem Mondhagen (Maßstab 1:2000). Übersichtskarte im Niedersächsischen Landeshauptarchiv Hannover, Signatur NLA HA Kartensammlung Nr. 32 c Celle 78 m (Digitalisat auf arcinsys.niedersachsen.de und auf dfg-viewer.de, beide abgerufen am 1. Juli 2022).
- ↑ Vgl. auch die Auflistung von 17 beschädigten und zerstörten städtischen Gebäuden an Hafenstraße, Allerstraße, Neustadt, Hannoverscher Heerstraße, Heese, Carstensstraße, Waldweg, Am Holzhof, Riemannstraße und Saarfeld, in: Sechster Verwaltungsbericht der Stadt Celle für die Jahre 1926–1955. Pohl Druckerei und Verlagsanstalt, Celle o. J. (1964), S. 87.
- ↑ Jürgen Ricklefs: Geschichte der Stadt Celle. Köln 1959, S. 110.
- ↑ Deutscher Städtetag: Statistisches Jahrbuch deutscher Gemeinden. Braunschweig 1952, S. 385.
- ↑ Deutscher Städtetag: Statistisches Jahrbuch deutscher Gemeinden. Braunschweig 1952, S. 377.