Lukas-Madonna
Lukas-Madonna oder Der Heilige Lukas porträtiert die Madonna ist ein Gemälde von Rogier van der Weyden aus dem Jahr 1440. Das Bild ist mit Öl auf Eichenholz gemalt und hat eine Größe von 137,5 × 111 cm. Das Original befindet sich im Museum of Fine Arts in Boston.[1] Eine sehr gute Kopie findet man in der Alten Pinakothek in München. Weitere Kopien sind in der Eremitage in Sankt Petersburg und im Groeningemuseum in Brügge zu sehen.
Lukas-Madonna |
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Rogier van der Weyden, 1440 |
Öl und Tempera auf Holz |
137,5 × 110,8 cm |
Museum of Fine Arts, Boston |
(Kopie) |
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Rogier van der Weyden, um 1440 |
Öl auf Holz |
137 × 107 cm |
Groeningemuseum |
(Kopie) |
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Rogier van der Weyden, 1475–1500 |
Öl auf Holz |
102 × 108,5 cm |
Eremitage |
(Kopie) |
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Rogier van der Weyden, um 1450 |
Öl auf Holz |
138 × 110 cm |
Alte Pinakothek |
Bildmotiv
BearbeitenAuf dem Sakralbild ist die Vision des Lukas dargestellt, dem Maria mit Jesus als Kind erscheint. Diese Legende ist einer der Ursprünge oder Rechtfertigung für die Bildtradition im Christentum. Vor allem in der orthodoxen Kirche gibt es einige Marienikonen, die der Legende nach auf Bildnisse durch den Evangelisten Lukas, die sogenannten Lukasbilder, zurückgeführt werden. Die Legende von Lukas als Marienmaler ist erst im 6. Jahrhundert aufgekommen. Lukas war demnach der Erste, der Maria mit dem Kinde zu Lebzeiten porträtierte. Der Meister der Lukas-Madonna lässt diese Begebenheit im 15. Jahrhundert erscheinen.
Bildaufbau
BearbeitenDas Bild ist perspektivisch in drei Ebenen aufgebaut. Im Vordergrund befindet sich das Hauptmotiv. Im Mittelteil befindet sich ein Garten und eine Brücke. Im Hintergrund befindet sich eine Stadtvedute sowie mittig ein großer Fluss. Der Vordergrund repräsentiert die contemplatio, den Blick nach innen. Der Hintergrund repräsentiert hingegen die vita activa, den Blick nach außen. Der Maler vermengt in dem Werk die Zentralperspektive mit der empirischen Perspektive.
Vordergrund
BearbeitenDas Bild zeigt im Vordergrund Maria mit dem Kinde und Lukas in einem halboffenen Raum mit Kompositkapitellen. Schauplatz ist die Wohnstatt des Lukas. Im linken Viertel ist Maria, auf einem Betschemel am Fuße eines Thrones sitzend, mit dem Jesuskinde abgebildet. Sie hält ihren Sohn auf dem Arm, ist ihm zugewandt, sieht zu ihm hinunter und gibt ihm die Brust (Maria lactans). Links neben ihr sowie über ihr ist ein fast baldachinartiger Behang mit Brokatstoff in roten Farben aufgehängt. Im rechten Viertel ist der kniende Lukas mit roter Gewandung (Überwurf) und Kappe dargestellt. Sein Blick richtet sich nicht auf Maria, sondern neben sie in die Ferne ohne Fokus und vergeistigt. In der Mitte ist der Ausblick frei auf eine offene Landschaft respektive Stadt (Raumkontinuum). Das Gebäude, in dem sich die zentralen Figuren befinden, ist fiktiv. Lukas’ Evangelistensymbol, der Ochse oder Stier, erscheint am rechten Bildrand neben einer Schriftrolle.
Der Bildaufbau lehnt sich sehr stark an die Rolin-Madonna von Jan van Eyck an (um 1435, Louvre, Abb.).
Mittelteil
BearbeitenIm Mittelteil ist das Hauptmotiv der Hortus conclusus (geschlossener Garten), ein Bildthema der Mariensymbolik, sowie eine Brückenbrüstung mit zwei stehenden Personen, die vom Betrachter abgewandt die Stadt besehen. Es wird vermutet, dass es sich dabei um die Eltern von Maria, Joachim und Anna, handelt.
Hintergrund
BearbeitenIm Hintergrund ist die Ansicht der Stadt Tournai (Wallonien) dargestellt, die sich südlich von Brüssel befindet. Ganz rechts im Bild ist die Kathedrale in Tournai abgebildet. Zentral-mittig ist der Flusslauf der Schelde zu sehen, der fast geradlinig zum Horizont verläuft.
Besonderheiten
BearbeitenDer Heilige Lukas ist zum einen als Künstler dargestellt (Silberstift, halbfertiges Porträt), zum anderen als theologischer Gelehrter doctus Lucas (Schriftrollen, Bücher, Schreibstube). Van der Weyden stellt hiermit erstmals seit der Antike (wieder) einen Künstler bei der Ausführung einer künstlerischen Arbeit dar. Der Evangelist Lukas ist unter anderem seit etwa 800 Jahren Patron der Kunstmaler, daher ist er auch als Künstler dargestellt.
Maria ist sehr aufwendig gekleidet, ihr sehr weites Kleid ist golddurchwirkt und am Saum mit grünen und roten Edelsteinen besetzt.
Sonstiges
BearbeitenDie besonders aufwendige Wahl der Stoffe ist ein Hinweis auf die flämischen Tuche, für die die Region seinerzeit weltberühmt war. Tournai war die Geburtsstadt und Wirkungsstätte des Künstlers. Wer die Modelle waren, oder ob es überhaupt Modelle für dieses Bild gab, ist nicht bekannt. Andere Künstler, die das Thema Lukas als Marienmaler verarbeitet haben, waren unter anderem Dierick Bouts (15. Jh.), Hugo van der Goes (1470–1480), Guercino (1652–1653), Maarten van Heemskerck (16. Jh.), Jan Mabuse (1520–1525) und Marten de Vos (1602).
Literatur
Bearbeiten- Till-Holger Borchert: Saint Luke Drawing the Virgin. In: Van Eych to Durer. Thames & Hudson, London 2011, ISBN 978-0-500-23883-7.
- Lorne Campbell: Van der Weyden. Chaucer Press, London 2004, ISBN 1-904449-24-7.
- Helen Gardner, Fred S. Kleiner: Gardner’s Art Through the Ages: the Western Perspective. Band 2, Wadsworth Cengage Learning, Boston 2009, ISBN 978-0-495-57364-7.
- John Oliver Hand, Catherine Metzger, Ron Spronk: Prayers and Portraits: Unfolding the Netherlandish Diptych. Yale University Press, 2006, ISBN 0-300-12155-5 (Digitalisat).
- Heidi J. Hornik, Mikeal Carl Parsons: Illuminating Luke: The Infancy Narrative in Italian Renaissance Painting. Continuum International Publishing Group, 2003, ISBN 1-56338-405-1 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Chiyo Ishikawa: Rogier van der Weyden’s ‘Saint Luke Drawing the Virgin’ Reexamined. In: Journal of the Museum of Fine Arts, Boston. Band 2, 1990, S. 49–64.
- Patrich de Rynck: Rogier van der Weyden, «San Lucas dibujando a la Virgen». In: de Cómo leer la pintura. Grupo Editorial Random House, Mondadori, Barcelona 2005, ISBN 84-8156-388-9.
Quellen
Bearbeiten- Patrick de Rynck, Jordi Beltrán: Rogier van der Weyden, «San Lucas dibujando a la Virgen». In: de Cómo leer la pintura. Grupo Editorial Random House Mondadori, Barcelona 2005, ISBN 84-8156-388-9, S. 42–43.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ www.mfa.org Saint Luke Drawing the Virgin. Aufgerufen am 22. April 2021.