Der Mühlenfrieden oder Mühlfrieden stellte Mühlen im Mittelalter unter einen besonderen Rechtsschutz. Die genaue Bedeutung dieses Begriffes konnte aber variieren. Teilweise bedeutete er lediglich, dass Menschen, die auf der Flucht waren, in Mühlen vorübergehend Asyl finden und dort nicht angegriffen werden durften. Teilweise ging der Umfang des Mühlenfriedens dagegen deutlich darüber hinaus und umfasste harte Strafen für jede Zerstörung von Mühlen oder ihrer Einrichtung sowie den Diebstahl von Getreide oder Mehl aus der Mühle.

Der Bruch des Mühlfriedens wurde als eigener Straftatbestand gewertet, so dass die Strafe gegebenenfalls weit über das für die eigentliche Tat, etwa einen kleinen Diebstahl von Mehl, übliche Maß hinausgehen konnte.[1] Der Sachsenspiegel, eines der ältesten Rechtsbücher des deutschen Mittelalters, sah beispielsweise als Strafe auf das Berauben einer Mühle den Tod durch Rädern vor.[2] Die besondere Schutzwürdigkeit von Mühlen dürfte sich auch aus ihrer Bedeutung für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung ableiten.

Rechtshistorischer Kontext

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Die Anfänge des Rechtsschutzes von Mühlen gehen wohl bis auf das Frühmittelalter zurück, als Mühlen noch weitgehend im privaten Eigentum waren. Bis zum Hochmittelalter gerieten Mühlen zunehmend in den Einflussbereich des Landesherren: wirtschaftlich, weil die technisch komplexer werdenden Mühlen größere Investitionen erforderten, rechtlich unter anderem im Zusammenhang mit den landesherrlichen Rechten an Flüssen (Wasserregal), denn in vielen Regionen waren Mühlen vornehmlich Wassermühlen. So bestand schließlich mit dem Mühlregal ein landesherrlicher Rechtsanspruch im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Mühlen.[3]

Schutzrechte in der Mühle

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In einigen Fällen gewährte der Mühlenfrieden Flüchtigen einen sicheren Verbleib im Mühlengebäude, ähnlich wie Kirchen Verfolgten vorübergehend zum Kirchenasyl dienen konnten. Ein Lehnsbrief für die Stadt Friedeberg (heute Strzelce Krajeńskie) aus dem Jahr 1590 spezifiziert diese Bestimmung: Demnach dürfe auf einer Mühle Asyl suchen, wer aus Notwehr oder bei einem Unfall jemanden getötet habe, um der Verfolgung seiner Mitmenschen zu entgehen. Von dort müsse er unter sicherem Geleit einem Richter vorgeführt werden. Nach bisherigem Forschungsstand scheint dieser Mühlenfrieden über eine längere Zeit im Mittelalter existiert zu haben, aber nur in einem eng umgrenzten geographischen Raum vorzukommen (ganz besonders im Moselraum). Unklar ist, ob das lediglich darauf zurückzuführen ist, dass aus anderen Regionen weniger Rechtsquellen bekannt sind.[4] Als Hintergrund für besagte Schutzregelungen wird vermutet, dass man verhindern wollte, dass die Mühle nicht durch Gewalthandlungen Schaden nehme.[5]

Literatur

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  • Romeo Maurenbrecher: Lehrbuch des gesammten heutigen gemeinen deutschen Privatrechtes. 2. Auflage, Band 1, Eduard Weber, Bonn 1840, S. 636, Fußnote 7 (Digitalisat; dort ein Verweis auf Theodor Georg Wilhelm Emminghaus: De molendinorum sanctitate breviter disserit. Marggraf, Jena 1758).
  • Carl Koehne: Das Recht der Mühlen bis zum Ende der Karolingerzeit (= Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Band 71). M. & H. Marcus, Breslau 1904.
  • Eduard Schulte: Das Gewerberecht der deutschen Weistümer (= Deutschrechtliche Beiträge. Band III, Heft 4). Winter, Heidelberg 1909, S. 341 ff. und S. 385 ff.
  • Harm Wiemann: Beiträge zur Geschichte des Mühlenrechts, dargestellt an den Mühlen der Herrschaft Crimmitschau vom 14.–17. Jahrhundert. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung. Band 66, 1948, S. 477–499.
  • Richard Horna: Zur Geschichte des Mühlenstrafrechts. In: Festschrift Guido Kisch: Rechtshistorische Forschungen, anläßlich des 60. Geburtstags dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern. Kohlhammer, Stuttgart 1955, S. 87–97.
  • Sabine Stürmer: Mühlenrecht im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken während des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zum Wirtschaftsrecht eines deutschen Kleinstaates im Alten Reich (= Rechtshistorische Reihe. Band 173). Lang, Frankfurt am Main 1998.
  • Heiner Lück: Mühle, Mühlenrecht. In: Albrecht Cordes u. a. (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band III, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, Sp. 1656–1662.
  • Christoph Bachmann: Zur Rechtsgeschichte von Altbaierns Mühlen und Müller. In: Hans-Georg Hermann, Hans-Joachim Hecker (Hrsg.): Recht und Infrastruktur in der Geschichte des bayerischen Oberlands (= Rechtskultur Wissenschaft. Band 26). Edition Rechtskultur, Regensburg 2020, ISBN 978-3-96374-041-1, S. 7–24 (PDF).

Einzelnachweise

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  1. Christoph Bachmann: Zur Rechtsgeschichte von Altbaierns Mühlen und Müller. In: Hans-Georg Hermann, Hans-Joachim Hecker (Hrsg.): Recht und Infrastruktur in der Geschichte des bayerischen Oberlands. Edition Rechtskultur, Regensburg 2020, ISBN 978-3-96374-041-1, S. 7–24, hier S. 9 f.
  2. Bernhard Großfeld, Andreas Möhlenkamp: Die Mühle in Märchen und Recht. Zur Verknüpfung von Wirtschaft, Kultur und Recht. In: Neue Juristische Wochenschrift. Jahrgang 1996, Heft 17, S. 1103–1111 (Text ohne Fußnoten).
  3. Christoph Bachmann: Zur Rechtsgeschichte von Altbaierns Mühlen und Müller. In: Hans-Georg Hermann, Hans-Joachim Hecker (Hrsg.): Recht und Infrastruktur in der Geschichte des bayerischen Oberlands. Edition Rechtskultur, Regensburg 2020, ISBN 978-3-96374-041-1, S. 7–24, hier S. 10. Zum landesherrlichen Recht an den Mühlen siehe beispielsweise auch Anne-Marie Dubler: Ehaften. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Februar 2008, abgerufen am 21. Dezember 2023.
  4. Anselm Schubert: Täufertum und Kabbalah: Augustin Bader und die Grenzen der Radikalen Reformation. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-05372-1, S. 135–136, Anmerkung 548 (Online-Vorschau).
  5. Hans Markus Thomsen: Einst galt der Müller als größter Dieb im Land, in: Die Welt, 26. März 2004