M. Lengfeld’sche Buchhandlung

Buchhandlung in Köln

M. Lengfeld’sche Buchhandlung (früher auch Buchhandlung M. Lengfeld) ist die älteste noch existierende Buchhandlung Kölns. Sie wurde 1842 gegründet und trägt bis heute denselben Namen, obwohl sie etliche Inhaber hatte.

Die M. Lengfeld’sche Buchhandlung Köln, Kolpingplatz 1 (2024)

Geschichte ab 1842

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Anzeige aus der Buchhandelsfachpresse für ein Buch über Peter Canisius, verlegt von M. Lengfeld Ende 1843.
 
Erste Werbeanzeige des Buchhändlers M. Lengfeld (M. Lengfeld’sche Buchhandlung) in Kölnische Zeitung am 2. August 1848.

1842 eröffnete Moritz Lengfeld die Buchhandlung in der Hohe Straße 120 in Köln.[1] Er hatte zuvor zwölf Jahre bei Jacob Anton Mayer, in der J. A. Mayer’schen Buchhandlung, später in der bekannten Kurzversion Mayersche, in Aachen gearbeitet.[2] Lengfeld war Buchhändler und wie damals üblich auch Verleger von Büchern. Ende 1843 veröffentlichte er ein Buch über den seliggesprochenen Jesuiten Peter Canisius.[3]

 
Werbeanzeige für M. Lengfeld’sche Buchhandlung von 1859. Aus einem Kölner Adressbuch.
 
Eduard Heinrich Mayer, 17 Jahre Betreiber der Lengfeld’schen Buchhandlung, Buchhändler und Verleger.

1857 wechselte der Besitzer der Buchhandlung: Bis 1874 war Lengfelds Cousin, Eduard Heinrich Mayer, der Inhaber.[4] Dieser war ein Sohn des Aachener Buchhändlers Jacob Anton Mayer. Eduard Heinrich Mayer wurde am 8. März 1821 in Aachen geboren und starb am 5. August 1907 in Köln.[5] Mayer stellte von Juli 1872 bis Juli 1874 Alexander Francke als Gehilfen ein, der später ebenfalls seinen Weg als Buchhändler und Verleger machte. Sitz der Buchhandlung war Hochstraße 109. Mayer konzentriert sich aufs Verlegen von Büchern und gab das Kölner Buchhandelsgeschäft Lengfeld’sche in der Folge auf.

1874 übernahm bis 1877 Carl Reißner aus Bischofstein die Kölner Buchhandlung. Er starb laut einer Quelle 1907 in Dresden, wo er auch geboren worden war.[6] Den Verlag zur Lengfeld’schen Buchhandlung[7] führt E. H. Mayer aber in Köln und Leipzig fort. Hier entstand somit eine Trennung von Buchhandlung und Verlag. Reißner als Buchhändler, Mayer als Verleger.[8]

Geschichte ab 1877

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1877 begann ein neues Kapitel der M. Lengfeld’schen Buchhandlung, denn nun wurden Carl Reißner und Alexander Ganz (* 1851)[9] gemeinsame Inhaber. Ganz und seine Familie wurden für Jahrzehnte prägend für die Buchhandlung. Seine Frau Clara Herzbach (* 1860) arbeitete ebenfalls in der Buchhandlung mit.[10]

1880 wurde Alexander Ganz alleiniger Gesellschafter, leitete nun allein mit seiner Familie die Lengfeld’sche Buchhandlung und firmierte fortan als „M. Lengfeld’sche Buchhandlung (A. Ganz)“. Unter seiner Leitung wurde die Buchhandlung erheblich erweitert, zur Kunsthandlung und zur Leihbibliothek. 1919 zog die Buchhandlung in den Olivandenhof (Zeppelinstraße 9, Ecke Richmodstr. 10, erbaut 1913) in Köln. Das Geschäft war das größte dort, über drei Stockwerke verteilt und mit acht Schaufenstern. Die Leihbibliothek besaß über 200.000 Bücher und wurde von seiner Frau geführt. Die „M. Lengfeld’sche Buchhandlung“ war damit zur größten im Rheinland geworden. Man beschäftigte bis zu 15 Angestellte. Sohn Felix wurde 1913 Lengfeld’sche-Teilhaber[11], Schwiegersohn Max Pinette, Ehemann von Tochter Lisbeth, kam 1919 als weiterer Mitinhaber hinzu.

Alexander Ganz war von 1907 bis 1913 und von 1917 bis 1919 im wichtigen Vereinsauschuss des Börsenvereins des Deutschen deutschen Buchhandels aktiv, zwei Jahre davon als Vorsitzender. Er starb 1923 in Köln, seine Frau Clara 1925. Die Eheleute wurden auf dem Jüdischen Friedhof Köln-Bocklemünd bestattet. Die Buchhandlung wurde von ihren Nachkommen übernommen.

Geschichte ab 1933

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Der Name „Ganz“ prägte bis zur Vertreibung der jüdischen Familie aus Deutschland viele Jahre die Buchhandlung. Das Ehepaar Ganz hatte vier Kinder: Anna Ballin, Lisbeth Pinette, Karl Justus und Felix. Beide Söhne machten eine Buchhändlerlehre. Felix Ganz[12] machte eine Lehre in Leipzig und übernahm die Lengfeld’sche Buchhandlung, nachdem er bereits seit 1913 Teilhaber gewesen war. Er und seine Frau Therese wohnten von 1926 bis 1934 in der Mommsenstraße in Köln-Lindenthal.

Ab 1934 verließen die meisten Ganz-Familienmitglieder notgedrungen NS-Deutschland.[13] Felix Ganz wanderte mit seiner Frau im 1934 nach Palästina aus. Der Mann von Tochter Lisbeth, Max Pinette, führte die Buchhandlung kurzzeitig allein weiter. Felix Ganz starb am 27. August 1937 in Jerusalem.[14]

Karl Justus Ganz (1893–1953), der seine Buchhändlerlehre bei Alexander Francke in Bern absolviert hatte, war 1934 mit seiner Frau Minnie Meyer (1897–1984) nach Frankreich gegangen. Lisbeth Pinette und ihr Bruder Karl Justus Ganz verließen beide mit ihren Familien Köln, sie emigrierten zuerst nach Frankreich; danach kam es von dort zur Flucht nach Spanien, Marokko, England und in die USA. Nach der Befreiung durch die Alliierten kehrte man zurück. Erst jetzt wurde auch Karl Justus Ganz ein aktiver Buchhändler im eigenen Geschäft. Anna Ballin, die Tochter von Alexander Ganz, und ihr Sohn Gottfried Ballin, die Deutschland nicht verlassen hatten, waren in Konzentrationslagern ermordet worden.[15]

 
Stolperstein für Anna Ballin in Köln, Maastrichter Straße 3, Tochter des Lengfeld’sche-Buchhändlers Alexander Ganz

1934 war die Buchhandlung von Felix Ganz an nicht-jüdische Besitzer gegangen, die Übernahme geschah treuhänderisch durch Lengefeld’sche-Mitarbeiter wie z. B. Hans Schmitt, der das bis 1967 blieb. Im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel steht dieses Resultat der NS-Judenverfolgung knapp so: „Lengfeld’sche Buch- u. Kunsth. A. Ganz, M., Köln 1 * Felix Ganz ausgeschieden. Prokura Frau Felix Ganz erloschen. Hans Schmitt u. Sophie Lutze wurde Ges.-Prokura erteilt.“[16] Die Adresse der Lengfeld’schen war lange Zeit Zeppelinstraße 9.[17]

Am 31. Mai 1942 kam es zur Zerstörung des Gebäudes bei einem Bombenangriff auf Köln. Zugleich war es das Jahr für das 100-jährige Bestehen der Buchhandlung. Sie firmierte damals als M. Lengfeld’sche Buchhandlung A. Ganz Nachf., Köln – (Nachf. steht für Nachfolger).[18] Zeitweise wurde nun aus einer Privatwohnung heraus eine Buchhandlung betrieben, z. B. in der Kempener Straße in Köln-Nippes.

Geschichte ab 1945

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Seit Anfang der 60er Jahre ist die neue Adresse der Buchhandlung am Kölner Kolpingplatz, die bis heute Bestand hat. 1962 bis 1993 war die Inhaberin Traute Schmitt-Herzing, 1993 folgte C. Sänger. Das Unternehmen firmiert 2024 als M. Lengfeld’sche Buchhandlung GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Hildegund Laaff-von Kienle-Reum und Aaron Boris Alexander Rothe. 2015, 2016 und 2017 erhielt man den Deutschen Buchhandlungspreis.

  • Brigitte und Fritz Bilz (Hrsg.): Die Familie Ganz und die Lengfeld’sche Buchhandlung. Lebensgeschichten einer jüdischen Buchhändlerfamilie, Kleine Reihe des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Band 2, Berlin 2020. (Das Buch enthält auch etliche Fotos zu Mitgliedern der Familie Ganz.)
  • Buchhändlerische Rundschreiben aus: DBSM.StSlg.Archiv/Boe-GR Sammlung der buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben der Börsenvereinsbibliothek. Siehe dazu bei: DNB.
  • Paula Döring, Bettina Fischer: 180 Jahre Lengfeld’sche Buchhandlung – Hildegund Laaff im Gespräch Online
  • Ernst Fischer: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels herausgegeben von der Historischen Kommission, Band 3: Drittes Reich und Exil, Im Auftrag der Historischen Kommission verfasst von Ernst Fischer, „Verleger, Buchhändler und Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933“, Ein biographisches Handbuch, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 2020, Berlin/Boston. Eintrag zu Felix Ganz auf Seite 138/139.
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Einzelnachweise

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  1. Siehe Geschäftsrundschreiben des Moritz Lengfeld vom 15.5.1842. Errichtung einer Buchhandlung. In: DBSM.StSlg.Archiv/Boe-GR Sammlung der buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben der Börsenvereinsbibliothek.
  2. Siehe ebenfalls Geschäftsrundschreiben des Moritz Lengfeld vom 15.5.1842. Errichtung einer Buchhandlung. Diesmal aber die Rückseite, wo drei Buchhändler (Mayer in Aachen, Suchsland in Frankfurt und Kollmann in Leipzig) sich explizit positiv für Lengfeld aussprechen. Sie bürgen für die Tadellosigkeit des Neu-Buchhandlungsgründers. Die Information zu Lengfeld/Aachen findet sich in Mayers Text.
  3. Titel: Leben des durch Wunder verherrlichten, in der hohen Versammlung der Congregation vom heiligen Ritus zu Rom unter dem Vorsitze Sr. Päbstlichen Heiligkeit am 21. November 1843 selig gesprochenen Großen Kölnischen Jesuiten und deutschen Apostels Peter Canisius. Herausgegeben nach den besten Quellen. Mit dem Bildnisse des sel. P. Canisius nach einem Original-Gemälde in der öffentlichen Bibliothek zu Cöln.
  4. Geschäftsrundschreiben Juli 1857, von Lengfeld und Mayer gemeinsam verfasst. In: DBSM.StSlg.Archiv/Boe-GR Sammlung der buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben der Börsenvereinsbibliothek.
  5. Siehe familienbuch-euregio.eu/genius/?person=105346, dort findet sich auch Johann Anton Mayer, der Begründer der bekannten Aachener Buchhandlung. Und dessen sechs Kinder, Eduard Heinrich als zweitältestes.
  6. Angabe nach „Die Familie Ganz und die Lengfeld’sche Buchhandlung“, S. 18. Das Autoren-Ehepaar beruft sich u. a. auf „Sächsische Biografie“, Eintrag zu Carl Reißner. Man findet heute: Reißner Carl, * 22.03.1848 Dresden, + 10.11.1907 Dresden, Grab: Dresden (Johannisfriedhof), SNR: 17912, Beruf: Verleger, Wirkungsorte: Dresden, Radebeul. saebi.isgv.de, saebi.isgv.de/biografie/Carl_Reißner_(1848-1907) sowie einen kleinen Text über Reißner, Eintrag wurde am 16.10.2024 eingesehen. ((Manfred Altner, Artikel: Carl Reißner, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, https://saebi.isgv.de/biografie/17912 [Zugriff 16.10.2024].)) Dass diese Kölner Zeit für diesen geborenen Dresdener Carl Reißner nicht erwähnt wird, ist ein Lücke. Denn ein Carl Reissner (hier mal mit ss statt ß geschrieben) aus Bischofstein/Ostpreussen hat laut Rundschreiben vom 20.5.1872 in Köln die Lengfeld’sche Buchhandlung übernommen. Außerdem wirkte Reissner bald mit dem Verlag in Leipzig. Anfangs hieß der Verlag „Reissner & Ganz“, man übernahm am wichtigsten deutschen Buch-Standort Leipzig sogar Kommission für andere, später war es sein eigener Verlag namens „Carl Reißner, Leipzig“, als er von Köln nach Leipzig ging ... und zugleich Alexander Ganz in Köln alleine die Lengfeld’sche Buchhandlung übernahm. Reißner meldet seinen eigenen Verlag aber erst einige Jahre später in Dresden neu an. Eintrag 20.4.1884 HANDELSREGISTER, siehe Börsenblatt für den deutschen Buchhandel ... 05.05.1894. Jetzt erst existiert dieser Verlag neu als „Carl Reißner, Dresden“. Die Sächsische Biografie muss also noch einige Jahre Bischofstein/Ostpreussen, Köln und Leipzig (1873/1874 bis 1884) für Carl Reissner/Reißner nachtragen. Es gab noch andere Reissner/Reißner im Buchhandel, z. B. einen Albert in Liegnitz. Familiäre Verknüpfungen könnten bestehen.
  7. Das ist explizit nicht der spätere andere Verlag, der dieser Lengfeld’schen Buchhandlung entsprang: also nicht „Reißner & Ganz“
  8. Siehe dazu erneut das Rundschreiben der beiden, Mayer/Reissner, vom 20. Mai 1874. In: DBSM.StSlg.Archiv/Boe-GR Sammlung der buchhändlerischen Geschäftsrundschreiben der Börsenvereinsbibliothek. Mayer hat mit seinem Verlag die Kölner Adresse Domstraße 24 und in Leipzig arbeitet er mit dem Kommissionär Otto Klemm.
  9. Siehe dazu Würdigung zum 70. Geburtstag im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel ... vom 9. März 1921 und die Notiz zum Tod ebenda in der Ausgabe vom 10. April 1923. Zudem die Todesanzeige in der Kölnischen Zeitung vom 29. März 1923.
  10. Angaben zur Familie Ganz entstammen fortan in vielen Fällen aus Bilz, Brigitte und Fritz (Hrsg.), Die Familie Ganz und die Lengfeld’sche Buchhandlung. Lebensgeschichten einer jüdischen Buchhändlerfamilie, Berlin 2020. Dazu besonders das Kapitel „Die Geschichte der Lengfeld’schen Buchhandlung“ ab Seite 17 ... sowie alle Fußnoten des Gesamtbuches.
  11. Siehe die Anzeige von Vater Alexander Ganz im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel ... 04.01.1913
  12. Felix Ganz ist mit eigenem Eintrag in diesem Buch vertreten, auf Seite 138/139: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Band 3: Drittes Reich und Exil, Im Auftrag der Historischen Kommission verfasst von Ernst Fischer, Verleger, Buchhändler und Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933, Ein biographisches Handbuch, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 2020, Berlin/Boston
  13. Dazu gibt es eine eigene Buchpublikation: Bilz, Brigitte und Fritz (Hrsg.), Die Familie Ganz und die Lengfeld’sche Buchhandlung. Lebensgeschichten einer jüdischen Buchhändlerfamilie, Berlin 2020.
  14. Siehe Todesanzeige als Faksimile im Buch Die Familie Ganz und die Lengfeld’sche Buchhandlung.
  15. Gottfried Ballin engagierte sich im Widerstand gegen den NS-Staat und wurde nach verschiedenen Haftorten ab 1934 am 2. März 1943 in Auschwitz ermordet. Seine Mutter Anna Ballin wurde am 29. August 1942 im Ghetto Litzmannstadt umgebracht. Für beide NS-Opfer wurden Stolpersteine in Köln verlegt.
  16. Siehe Börsenblatt-Ausgabe vom 1. März 1934.
  17. Siehe dazu im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel diverse kleine Anzeigen des Buchhandlung, aber Adresse Steinfeldergasse 27((hoch II)) taucht am 13. Juli 1943 auf, das ist eine der Notunterkünfte/-adressen der Buchhandlung in einer Privatwohnung nach der Bombenzerstörung im II. Weltkrieg.
  18. Siehe kurze Jubiläumserwähnung im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 2. Juli 1942