Marcus Weidner

deutscher Historiker

Marcus Weidner (* 9. Oktober 1964 in Münster) ist ein deutscher Historiker.

Über seine mehrfach erfolgreiche Teilnahme am Schülerwettbewerb „Um den Preis des Bundespräsidenten“ der Körber-Stiftung entdeckte Weidner sein Interesse an der Geschichte, insbesondere der NS-Zeit. In der Folge entwickelte er einen Stadtrundgang zur Geschichte des Nationalsozialismus für seine Heimatstadt Münster und initiierte die Anbringung von Gedenktafeln an mehreren Orten der Stadt, an denen Menschen verfolgt oder ermordet wurden (Marcks-Haindorf-Stiftung, Zuchthaus Münster an der Gartenstraße, Zwinger an der Promenade). Auf seine Schülerarbeit über Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Münster, die 1984 überarbeitet als Buch erschien, geht die „Wiederentdeckung“ des Zwingers und der heutigen JVA in der Gartenstraße als Hinrichtungsort von Zwangsarbeitern zurück.[1] Bei der weiteren Beschäftigung mit der Geschichte der Zwangsarbeit und der Erinnerungskultur am Beispiel des Kriegsgefangenenfriedhofs Haus Spital konnte er, trotz anfänglicher Leugnung durch die Stadt Münster, nachweisen, dass am Rande der Grabstätte des Ersten Weltkriegs auch über 200 Kriegsgefangene bzw. Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkriegs bestattet worden waren.

Weidner studierte Neuere und Neueste Geschichte, Mittelalterliche Geschichte, Romanische Philologie und Klassische Archäologie in Münster. Nach seiner Promotion 1998 bei Heinz Duchhardt, die er mit "summa cum laude" abschloss, arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim LWL-Archivamt Westfalen/Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abt. Paderborn (Verzeichnung eines Archivbestandes). 2000–2002 absolvierte er ein Museumsvolontariat am Historischen Museum Bremerhaven und am Westfälischen Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster. Seit 2002 ist Weidner Wissenschaftlicher Referent am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster.

Weidner ist u. a. verantwortlich für das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“[2], das er in den Jahren 2002–2004 konzipiert hat. Von 2007 bis 2022 war er Geschäftsführer der von ihm initiierten und mitgegründeten Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Portale zur Regionalgeschichte und Landeskunde – kurz: AG Regionalportale. Die AG tagt jährlich an wechselnden Orten im deutschsprachigen Raum und ist ein geschlossenes Forum für Institutionen des Kultur- und Wissenschaftsbereichs, die Internet-Angebote zur Landeskunde und Regionalgeschichte unterhalten.[3]

Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre engagierte sich Weidner im Information Exchange Club e.V., einem Verein für Computerenthusiasten, und war dessen Vorsitzender.[4]

Seit 2009 ist Weidner Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen.

Weidners Interessen- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschichte des Adels, der Regionalgeschichte Westfalens, der Geschichte des Nationalsozialismus, den Digital Humanities und der Erinnerungskultur. Ein zentrales Forschungsprojekt bildet die historische und archäologische Erforschung der Ermordung von 208 sowjetischen und polnischen Zwangsarbeitern im März 1945 im Warsteiner Raum (Massaker im Arnsberger Wald) und ihrer Grabstätte auf dem Waldfriedhof Fulmecke in Meschede.

In den Jahren 2016–2017 war Weidner Lehrbeauftragter an der Universität Paderborn (Digital Humanities) und im Wintersemester 2019/20 an der Ruhr-Universität Bochum (Weltkriegsarchäologie).

Auszeichnungen

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  • 1977: 5. Preis, Arbeitswelt und Technik im Wandel: Der Postbeförderungsdienst im Wandel der Zeit
  • 1983: 3. Preis, Alltag im Nationalsozialismus II (Kriegsjahre): Nur Gräber als Spuren: Das Leben und Sterben von Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern in Münster in den Jahren 1939–1945
  • 1985: 4. Preis, Alltag im Nachkriegsdeutschland: Après les misères, après les jours de bagne et d’enfer. Analysen zum kriminellen Verhalten ausländischer Kriegsgefangener und Fremdarbeiter nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft. Paradigma Münster 1945–1946
  • 1998: Dissertationspreis der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
  • 2000: Fürstin-von-Gallitzin-Preis
  • 2000: Arbeitsstipendium für Westfälische Landesgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe

Werke (Auswahl)

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  • (zusammen mit Ralf Blank und Andreas Korthals) Hagen – 15. März 1945. Zerstörte Stadt, Besetzung und Kriegsverbrechen. Essen 2020.
  • (zusammen mit Ralf Klötzer) Das Archiv des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Paderborn e. V. Codices (Cod. 1–180), Acta I (Acta 1–184) (= Inventare der nichtstaatlichen Archive Westfalens, Neue Folge, Bd. 17). Münster 2003.
  • Landadel in Münster 1600–1760. Stadtverfassung, Standesbehauptung und Fürstenhof (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster (Neue Folge), 18; 2 Bände). Hrsg. vom Stadtarchiv Münster, Münster 2000 (Dissertation).
  • Nur Gräber als Spuren. Das Leben und Sterben von Kriegsgefangenen und „Fremdarbeitern“ in Münster während der Kriegszeit 1939–1945. Münster 1984.

Herausgeber

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  • (zusammen mit Julia Paulus) „Heimatfronten“ im 19. und 20. Jahrhundert (= Themenband der Westfälischen Forschungen, Bd. 68). 2018.
  • (zusammen mit Matthias Frese) Verhandelte Erinnerungen. Der Umgang mit Ehrungen, Denkmälern und Gedenkorten nach 1945. Paderborn 2018.

Wichtige Aufsätze

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  • Untersuchungen an Erschießungsorten des Zweiten Weltkriegs im Sauerland, in: Archäologie in Westfalen-Lippe, LWL-Archäologie für Westfalen/Altertumskommission für Westfalen (Hgg.), Langenweißbach 2019, S. 193–196 (zus. mit Manuel Zeiler).
  • Ermordet, verscharrt, verdrängt, in: Archäologie in Deutschland 6, 2019, S. 46–49 (zus. mit Manuel Zeiler).
  • Völkische Bewegungen. In: Regina Göschl, Julia Paulus (Hgg.): Weimar im Westen. Republik der Gegensätze. Münster 2019, S. 61–69.
  • Regionalbiografische Nachschlagewerke im Internet-Zeitalter. In: Ágoston Zénó Bernád u. a. (Hgg.): Europa baut auf Biographien. Wien 2018, S. 119–138.
  • 10 Jahre „Arbeitsgemeinschaft landesgeschichtlicher und landeskundlicher Internet-Portale“ in Deutschland. In: Bibliotheksdienst 2017, S. 793–796.
  • Kriegsendphaseverbrechen an Zwangsarbeitern im Sauerland 1945. In: 200 Jahre Westfalen. Jetzt! Münster 2015, S. 342–347.
  • Das Internet-Portal „Westfälische Geschichte“. In: Ellen Euler u. a. (Hgg.): Handbuch Kulturportale. Online-Angebote aus Kultur und Wissenschaft. Berlin 2015, S. 330–337.
  • Adel in Übergängen. In: Karl Ditt u. a. (Hgg.): Westfalen in der Moderne 1815–2015. Geschichte einer Region. Münster 2014, S. 77–100.
  • Online-Datenbank zur Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe während des Nationalsozialismus – ein Werkstattbericht. In: Westfälische Forschungen 63, 2013, S. 351–359.
  • Vergangenheit, wir kommen! Spurensuche im Archiv. Begleitheft zur DVD (mit Markus Köster und Claudia Landwehr). Münster 2012.
  • „Wir beantragen … unverzüglich umzubenennen“. Die Straßenbenennungspraxis in Westfalen und Lippe im Nationalsozialismus. In: Matthias Frese (Hg.): Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Münster 2012, S. 41–98.
  • „Mördernamen sind keine Straßennamen“. Revision und Beharrung in der Straßenbenennungspraxis der Nachkriegszeit – Westfalen und Lippe 1945–1949. In: Matthias Frese (Hg.): Fragwürdige Ehrungen!? Straßennamen als Instrument von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur. Münster 2012, S. 99–120.
  • Vom Zettelkasten zur Datenbank. Die „Digitale Westfälische Urkunden-Datei“ (DWUD). In: Archivpflege in Westfalen-Lippe, 66, 2007, S. 28–32.
  • Vom ‚Landjunker‘ zum ‚Cavalier du monde‘: Standeserziehung, kultureller Wandel und Strukturen adligen Daseins im 17./18. Jh. beim stiftsfähigen Adel des Fürstbistums Münster. In: Rainer Babel, Werner Paravicini (Hg.): Grand Tour. Adliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert (= Beihefte der Francia). Ostfildern 2005, S. 455–468.
  • Die Matrikel der landtagsfähigen (und „dubiosen“) Häuser des Fürstbistums Münster von 1704. Entstehungsursachen – Prüfverfahren – Funktion – Verzeichnis (mit einer Liste der um 1655 zum Landtag verschriebenen Mitglieder der Münsterschen Ritterschaft). In: Westfälische Zeitschrift 147, 1997, S. 93–178.
  • Ein unbequemes Erbe? Ausgewähltes Verzeichnis von Stätten und Quellen zur Geschichte der NSDAP, der Judenverfolgung und des Krieges in der Stadt Münster. In: Ulrich Kröll (Hg.): Geschichte lehren und lernen – am Beispiel der Stadt Münster (= Forum Geschichtsdidaktik 4). Münster 1985, S. 141–178.

Webprojekte

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Einzelnachweise

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  1. Westfälische Nachrichten, 22. April 2015. [1]
  2. Internet-Portal „Westfälische Geschichte“ [2]
  3. AG Regionalportale Deutschlands [3], die ein Forum für Internetangebote schafft.
  4. Das Archiv befindet sich im Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen (bis 2019 Depositum). Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 2. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.archive.nrw.de