Marianne Bruns
Marianne Bruns (* 31. August 1897 in Leipzig; † 1. Januar 1994 in Dresden) war eine deutsche Schriftstellerin.
Leben
BearbeitenNach einem Gesangsstudium in Breslau leitete sie ab 1926 den elterlichen Wäschereibetrieb. Sie arbeitete an verschiedenen Zeitschriften mit, darunter ab 1923 an Der Kunstwart.[1] Seit Anfang 1929 arbeitete sie regelmäßig beim Rundfunk (SFS Breslau und Mitteldeutscher Rundfunk), wo sie an verschiedenen Sendereihen, u. a. beim Frauen- und Kinderfunk, mitwirkte und im August 1930 aus ihren Dichtungen las. Dabei kooperierte sie auch mit Eva Schumann aus Dresden.[2]
In der Zeit des Nationalsozialismus schrieb Bruns drei Kinderbücher und vier Romane. In der DDR-Presse wurde den Kinderbüchern nachgesagt, diese enthielten einen „Hauch von Humanismus“ in rohen Zeiten.[3] Die vier Romane seien frei von „politische[r] Stellungnahme und klassenmäßige[r] Auseinandersetzung“, stattdessen tiefgreifend psychologisch. Mit den (zumeist) historischen Lebensschicksalen von Künstlerinnen habe sie den „Kreis bürgerlicher Intellektueller, dem sie selbst angehörte“, charakterisiert.[4] Als Kind schon habe sie die Schattenseiten des Kapitalismus erlebt und ein Empfinden für das soziale Unrecht an Werktätigen, der sogenannten Arbeiterklasse, entwickelt.[5][6][7] In den 1920er Jahren habe sie sich „von der Scheinharmonie des bürgerlichen Lebens“ getrennt und „Kontakt zu Kreisen der fortschrittlichen bürgerlichen Intelligenz“ geknüpft.[8] In ihrem literarischen Schaffen bis 1945 hätten sich die gewonnenen Erkenntnisse allenfalls als unpolitischer antibürgerlicher Protest niedergeschlagen.[5][6][7] Erst unter dem Eindruck des Kriegsgeschehens und danach der Chance auf ein neues Deutschland überwand sie – nach DDR-Lesart – den Rest ihrer Bürgerlichkeit und trennte sich vom „konventionellen bürgerlichen Unterhaltungsroman“[4] und widmete sich „in ihren Werken brennende[n] Gegenwartsfragen“.[5][9][10] Sie studierte den Marxismus-Leninismus, wurde Mitglied in der SED und nahm am politischen Leben aktiv teil.[5]
Ihr Porträt, eines der schönsten Bilder von Karl Hanusch, ist bei der Zerstörung Dresdens verbrannt. Nach Kriegsende kam sie als freie Schriftstellerin nach Freital-Niederhäslich. Dort teilte sie mit Wolfgang und Eva Schumann die Unterkunft von Hanusch im Poisental. Viele ihrer Romane thematisierten aktuelle Themen in der DDR, darunter besonders die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Sie erhielt 1961 die Fritz-Heckert-Medaille, den FDGB-Literaturpreis, (für die Novelle Das ist Diebstahl),[5] 1969 den Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis sowie später die Johannes-R.-Becher-Medaille.[11] 1987 erhielt sie die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold.[12]
Sie liegt auf dem Friedhof im Freitaler Stadtteil Deuben begraben.
In Dresden und in Freital erinnern eine Marianne-Bruns-Straße an sie.[13] Zudem ist sie Ehrenbürgerin Freitals.[14] Auf Beschluss des Leipziger Stadtrates[15] erhielt 2011 eine neue Straße im Ortsteil Probstheida den Namen Brunsweg.
Künstlerische Einordnung
BearbeitenWerner Neubert beschrieb im Neuen Deutschland, was die Leser an Bruns’ Werken fasziniert: „Es ist die literarische Intonation der menschlichen Würde, der klaren Konsequenz in den Dingen des Lebens, die Unwandelbarkeit des kämpferischen humanistischen Standpunkts.“ Ihre „thematischen Vorlieben“ seien „Wirklichkeitsstoffe, in denen es um das Zu-sich-Kommen der Frau“ als Teil der sozialistischen Gesellschaft gehe.[16]
Werke
Bearbeiten- Seliger Kreislauf. G. D. W. Calwey, München 1925, DNB 578976811 (Gedichte).
- Jean Paul. Ausgewählte Werke (als Herausgeberin, 1925)
- Und dennoch leben wir … (Hörspiel, Uraufführung 1925)
- Zweimal Othello (Hörspiel, Uraufführung 1925)
- Reise durch Schweden. Georg D. W. Callwey, München 1926, DNB 57897682X.
- Telemachos. Georg D. W. Callwey, München 1927, DNB 578976838 (Novelle).
- Luz, du hast die Gans gestohlen (Hörspiel, Uraufführung 1932)
- Jau und Trine laden ein. Williams, Berlin-Grunewald 1933, DNB 572551886 (Kinderbuch).
- Die Schwedin und die drei Indianer. Ein Roman für Kinder. Williams, Berlin 1934, DNB 572551959 (Kinderbuch, 1934).
- Willi und Kamilla. Zwei Kinder wachsen heran. Williams, Berlin 1935, DNB 572552084 (Kinderbuch).
- Die Dioskuren in Olympia (Roman, 1936). Neu unter dem Titel Die Auserwählten. Roman aus Alt-Griechenland. Verlag Gerh. Stalling, Oldenburg/Berlin 1937, DNB 572551819.
- Das rechtschaffene Herz. Williams, Potsdam 1939, DNB 572551851 (Roman).
- Über meinen grünen Garten fliegen die Schwalben. Williams, Potsdam 1940, DNB 572552033 (Roman).
- Die Tochter der Parze. Dressler, Berlin 1943, DNB 572551967 (Roman).
- Flugsamen. Dressler, Berlin 1948, DNB 450658260 (Roman).
- Wiegand der Feuerträger. Mitteldeutsche Druckerei u. Verlags Anstalt, Halle an der Saale 1949, DNB 572552076 (Novelle).
- Tobbys Buch. Eine Theatergeschichte. Mitteldeutsche Druckerei u. Verlags Anstalt, Halle an der Saale 1949, DNB 572551827 (Erzählung für Kinder).
- Das verschwundene Messer (Laienspiel für Kinder, 1949)
- Fahrrad und Stiefmutter (Hörspiel, 1950)
- Geht Christel Peters zur Bühne? Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1950, DNB 450658279 (Jugendroman).
- Uns hebt die Flut. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1952, DNB 450658422 (Roman über den Beginn der Frauenbewegung).
- Glück fällt nicht vom Himmel. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1954/1961, DNB 450658287 (Roman).
- Darüber wächst kein Gras. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1956/1962, DNB 450658147 (Roman).
- Bauer und Richter (Roman, 1956)
- (als Hrsg.): Deutsche Stimmen 1956. Neue Prosa und Lyrik aus Ost und West. Kreuz-Verlag, Stuttgart / Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1956, DNB 454893272.
- Frau Doktor privat. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1957, DNB 450658236 (Roman).
- Der Junge mit den beiden Namen. Kinderbuchverlag, Berlin 1958, DNB 450658341 (Jugendroman).
- Die Silbergrube. Kinderbuchverlag, Berlin 1959, Neuauflage 1971, DNB 450658414 (Jugendroman).
- Das ist Diebstahl. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1960, DNB 450658198 (Novelle).
- Briefe aus Zittau. Verlag Tribüne, Berlin 1960, DNB 450658139.
- Schuldig befunden. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1961, DNB 450658384 (Erzählung).
- Zwischen Pflicht und Kür. Roman einer Eisläuferin. Kinderbuchverlag, Berlin 1962, DNB 450658376.
- Hausfrauenbrigade. Eine Szene. Demokratischer Frauenbund Deutschlands, Berlin 1962, DNB 572551843.
- Verständnis für die Neunte. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1962, DNB 450658473 (Roman).
- Die Lichtung. Erzählungen aus 9 Jahrhunderten. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1956, Neuauflage 1980, DNB 572551916.
- Ungelogen – so war’s (Hörspiel, 1964)
- Der neunte Sohn des Veit Stoß. Henschel, Berlin 1967, DNB 456211268 (Roman).
- Großaufnahme leicht retuschiert. Mitteldeutscher Verlag, Halle an der Saale 1973, DNB 740502220 (Roman).
- Die Spur des namenlosen Malers. Henschelverlag, Berlin 1975, DNB 750296151 (historischer Roman zu Jerg Ratgeb).
- Zeichen ohne Wunder. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1977, DNB 780308816 (Roman).
- Der grüne Zweig. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1979, DNB 800204379 (Kurzroman).
- Szenenwechsel. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1982, DNB 820964611.
- O Ninive! Die Geschichte des Propheten Jona. Union-Verlag, Berlin 1984, DNB 840809166.
- Luftschaukel. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1985, DNB 860028577.
- Wiedersehen. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1987, ISBN 3-354-00278-6.
- Nahe Ferne. Union-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-372-00273-3.
Literatur
Bearbeiten- Bruns, Marianne. In: Kurt Böttcher (Gesamtredaktion): Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1974; Band 1, S. 119/120
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Marianne Bruns im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Marianne Bruns im Katalog des Deutschen Literaturarchivs Marbach
- Literatur von und über Marianne Bruns in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Artikel über Marianne Bruns auf potsdamer-buergerzeitung.de
- Nachlass von Marianne Bruns in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Marianne Bruns - Suche. Abgerufen am 17. Dezember 2023 (deutsch).
- ↑ Schriftsteller im Rundfunk - Autorenauftritte im Rundfunk der Weimarer Republik 1924-1932 ( vom 2. Oktober 2017 im Internet Archive) auf der Webseite des Deutschen Rundfunkarchivs; abgerufen am 29. Februar 2012
- ↑ Horst W. Lukas: Zu Gast bei Marianne Bruns. In: Wochenpost. Zeitung für Politik, Kultur, Wirtschaft, Unterhaltung. 10. September 1961.
- ↑ a b Dr. K.: Marianne Bruns wurde … Eine Schriftstellerin unserer Tage. Herzlicher Gruß zum 65. Geburtstag. In: Sächsische Neueste Nachrichten. Dresden 30. August 1962.
- ↑ a b c d e k.: Hauptanliegen: Frauenschicksale. In: Tribüne. Organ des Bundesvorstandes des FDGB. 8. März 1963.
- ↑ a b Ihre Bücher schreibt das Leben. Zum 65. Geburtstag der Schriftstellerin Marianne Bruns. In: Volksstimme. Karl-Marx-Stadt 31. August 1962.
- ↑ a b -gn-: Alte Pläne haben noch Zeit. Marianne Bruns 65 Jahre. In: Freiheit. Halle (Saale) 1. September 1962.
- ↑ E. Kunath: Marianne Bruns zum 70. In: Sächsische Neueste Nachrichten. 3. September 1967.
- ↑ Dr. M.: O du ungeheuer reiches Leben! Vom Schaffen der 65jährigen Schriftstellerin Marianne Bruns. In: Thüringische Landeszeitung. Weimar 4. September 1962.
- ↑ Marianne Bruns 70 Jahre. In: Bauernecho. Organ der demokratischen Bauernpartei Deutschlands. 31. August 1967.
- ↑ Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800–1945. dtv München, 1986. ISBN 3-423-03282-0. S. 46.
- ↑ Neues Deutschland, 3./4. Oktober 1987, S. 3.
- ↑ Freital hat nun auch offiziell eine Marianne-Bruns-Straße, sz-online.de; abgerufen am 12. Februar 2011
- ↑ Große Kreisstadt Freital: Marianne Bruns. Abgerufen am 22. Oktober 2023.
- ↑ Ratsversammlung vom 18. Mai 2011 (Beschluss-Nr. RBV-822/11), amtliche Bekanntmachung: Leipziger Amtsblatt Nr. 11 vom 4. Juni 2011, bestandskräftig seit dem 5. Juli 2011 bzw. 5. August 2011. Vgl. Leipziger Amtsblatt Nr. 16 vom 10. September 2011.
- ↑ Werner Neubert: Schicksale im Strom der Geschichte gestaltet. Marianne Bruns zum 80. Geburtstag. In: Neues Deutschland. 31. August 1977.
Personendaten | |
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NAME | Bruns, Marianne |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 31. August 1897 |
GEBURTSORT | Leipzig |
STERBEDATUM | 1. Januar 1994 |
STERBEORT | Dresden |