Marie Thierfeldt

deutsche Handweberin

Marie Thierfeldt (* 20. Februar 1893 in Frankenhof bei Didsziddern, Kreis Gumbinnen, Ostpreußen; † 31. Dezember 1984 in Hamburg) war eine deutsche Handweberin.

Marie Thierfeldt wuchs zusammen mit zwei Brüdern und einer älteren Schwester auf dem väterlichen Hof, dem „Gutshaus Thierfeldt“[1] in Frankenhof bei Didsziddern, Kreis Gumbinnen in der preußischen Provinz Ostpreußen, auf.

Als das Elternhaus im Ersten Weltkrieg zerstört worden war, wurde der damals noch unbekannte Architekt Hans Scharoun mit dem Wiederaufbau beauftragt. Auf dessen Rat hin begann die gleichaltrige Marie Thierfeldt nach Abschluss ihrer Gesellen- und Meisterprüfung an der höheren Textilschule in Berlin 1924 ein Studium am Bauhaus in Weimar, welches sie 1926 am Bauhaus in Dessau fortsetzte. Hier entwickelte sich ihr Gefühl für „den Raum (Gropius), die Fläche (Kandinsky) und die Farbe (Klee)“.[2]

 
Grabstein für Marie Thierfeldt und Lina Bartschat auf dem Friedhof Ohlsdorf

Nach dem Studium ging Marie Thierfeldt nach Ostpreußen zurück, wo sie in Insterburg eine Weberei übernahm, die eingerichtet worden war, um die Not nach dem Russeneinfall zu lindern. Unter ihrer Leitung gab es schließlich zwölf Webstühle, mit denen sowohl einfache Flickerteppiche als auch anspruchsvolle Wandbehänge produziert wurden, und 1930 legte Marie Thierfeldt als erste Weberin Ostpreußens ihre Meisterprüfung ab. 1927 war sie zudem als außerordentliche Lehrerin an die Königsberger Kunstakademie berufen worden, wo sie bis 1933 tätig war. 1941 ließen die nationalsozialistischen Behörden die Werkstatt schließen, und Marie Thierfeldt wurde dienstverpflichtet.

Silvester 1944 floh sie nach Schleswig-Holstein, wo sie ihren Lebensunterhalt zunächst als Jute-Weberin verdiente, und übernahm später in Ahrensburg bei Hamburg eine kleine Weberei. 1949 gelang es ihr, in einem Hamburger Keller mit geliehenen Webstühlen einen selbstständigen Betrieb aufzubauen. Ein Jahr später schon konnte sie am Mittelweg 145 (Pöseldorf) im Hinterhof eine Werkstatt mit drei großen Webrahmen bis drei Meter Spannweite errichten. Die dazugehörige Wohnung bewohnte sie zusammen mit ihrer verwitweten Schwester Lina Bartschat (26. Juli 1888 – 2. Oktober 1970) sowie einer angestellten Weberin und zwei Lehrlingen.
Aus der Werkstatt Marie Thierfeldts gingen nach dem Krieg sieben Landes- und drei Bundessieger hervor.

Für Marie Thierfeldt und ihre Schwester befindet sich ein historischer Grabstein im Garten der Frauen auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf.

Werke (Auswahl)

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Marie Thierfeldt beschäftigte sich vor allem mit der Mischung und Abstufung der Materialfarben. So verwendete sie für einen Wandteppich in der St.-Petri-Kirche in Hamburg die Farbe Rot in 40 Varianten. Die Grundfarben der Wollzwirne importierte sie zum Teil aus Frankreich und der Schweiz und vermischte sie dann, häufig sogar mit anderen Materialien wie Leinenstreifen, Seiden- und auch Goldfäden.

Weitere Wandteppiche bei folgenden Einrichtungen:

Außerdem (Beispiel):

Ausstellungen (Auswahl)

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  • 1969 Bremerhaven
  • 1972 Köln
  • 1975 Hamburg, Hannover, Esslingen
  • 1980 und 1981 Hamburg
  • 1981 Triennale Frankfurt a. M. und Gemeentemuseum in Arnheim/Holland.

Literatur

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  • Birgit Ahrens: Thierfeldt, Marie in: Der neue Rump. Lexikon der bildenden Künstler Hamburgs, Altonas und der näheren Umgebung. Hrsg.: Familie Rump. Überarbeitete Neuauflage des Lexikons von Ernst Rump. Ergänzt und überarbeitet von Maike Bruhns, Wachholtz, Neumünster 2013, ISBN 978-3-529-02792-5, S. 465
  • Ruth Dunkelmann, Tatiana Ahlers-Hestermann: Tapisserie: Tatiana Ahlers-Hestermann, Eira Ahola, Anka Kröhnke, Hans Sperschneider, Gabriele Stock, Marie Thierfeldt; Ausstellung des Berufsverbandes bildender Künstler Hamburgs e. V. im Kunsthaus Hamburg vom 21. September bis 17. Oktober 1973. Band 9 von Schriftenreihe zur Geschichte der Hamburger Kunst, Verlag Kayser, 1973.
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Anmerkungen

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  1. Abbildung „Gutshaus Thierfeldt“ in Frankenhof/Didsziddern.
  2. Heinrich Scharienorth: Das Ostpreußenblatt vom 22. März 1969, siehe Weblinks
  3. Schwarzweiß-Abbildung Wandteppich „Petruschka“ in Das Ostpreußenblatt vom 22. März 1969, Seite 5.
  4. Laut Auskunft des Pastors der Ansgarkirche: Wandteppich (Landschaftsmotiv) nach Mottenfraß ca. 2010 entsorgt
  5. Schwarzweiß-Abbildung Wandteppich Deutsche Botschaft Stockholm in Das Ostpreußenblatt vom 12. März 1977, Seite 6.
  6. Wandteppich (Entwurf: Gabriele Stock-Schmilinksky), farbige Abbildung in einem Ausstellungskatalog.