Marigo Posio

Aktivistin der albanischen National- und Unabhängigkeitsbewegung und Frauenrechtsaktivistin

Marigo Posio (* 2. Februar 1882 bei oder in Korça; † 23. Februar 1932 in Vlora; manchmal auch Pozio)[1] war eine Aktivistin der albanischen National- und Unabhängigkeitsbewegung[2] und Frauenrechtsaktivistin.[3] Sie gilt als Näherin der Flagge Albaniens, die Ismail Qemali während der albanischen Unabhängigkeitserklärung in Vlora am 28. November 1912 hisste.

Büste in Vlora

Marigo war die Tochter von Papa Kosta Poçi and Lenka Ballauri. Einige albanische Quellen behaupten, sie sei im Dorf Hoçisht bei Korça geboren worden,[4] andere Quellen nennen Korça selbst als Geburtsort.[5] Ihre Schwester Urani heiratete den albanischen Politiker und Großgrundbesitzer Kristo Floqi, die Schwester Angjeliqi heiratete den albanischen Politiker und späteren Premierminister Kostaq Kota. Ihre Brüder Niko und Kristo wanderten in die Vereinigten Staaten aus.[6]

Marigo Posio besuchte die erste albanische Schule in Korça und war die 27. Schülerin der Schule.[3] Schon früh heiratete sie den späteren Freiheitskämpfer Jovan Posio aus dem Dorf Hoçisht. Das Paar zog um 1904 in den Stadtteil Muradie in Vlora. Ihr Haus wurde bald zum zentralen Anlaufpunkt für die albanische Nationalbewegung. Marigo Posio war Mitglied des 1908 in Vlora gegründeten „Patriotischen Clubs Labëria“.[7] Sie war 1909 eine der Gründerinnen der albanischen Schule von Vlora. Unter dem Vorwand Nähunterricht zu erteilen, unterrichtete Posio dort die albanische Sprache.

Die bei der albanischen Unabhängigkeitserklärung am 28. November 1912 in Vlore gehisste Flagge soll von Marigo Posio genäht worden sein.[4][5][3] Der albanische Politiker Lef Nosi berichtete, dass der schwarze Doppelkopfadler aus schwarzem Satin ausgeschnitten worden und auf roten Stoff genäht worden war.[8] Ekrem Bey Vlora erzählte allerdings, dass am Unabhängigkeitstag seine Flagge, ein Geschenk von Aladro Castriota, gehisst worden sei und Posio erst danach anhand dieser Vorlage Flaggen gefertigt habe:[9]

„Man versprach mir, sie in einigen Tagen zurückstellen zu wollen, und zwar sobald Frau Marigo Posio (eine große, reklametüchtige, demokratische Patriotin aus Korçë) die neue Fahne fertiggenäht und gestickt haben würde. Am 28. November war nämlich mit jener typisch albanisch-orientalischen Sorglosigkeit das Hauptobjekt des Tages, »die Fahne« als Symbol der Souveränität, vergessen worden. Die meisten wußten überhaupt nicht, wie diese Fahne aussah. Kein Mensch hatte sie je gesehen oder gebraucht. Niemand besaß eine in Vlorë. Ratlos blickten einander die großen Staatsgründer an. Da trat mein Freund Hydai Efendi vor und berichtete, daß im Schlafzimmer Ekrem Beys an der Bettwand eine albanische Fahne in einem schönen Rahmen aufgenagelt sei. Er fragte, ob man sie trotz der Abwesenheit des Besitzers nehmen könne. Ismail Bey willigte ein, und so wanderte die mir von Don Aladro Kastriota in Paris feierlich geschenkte Fahne ins Nebenhaus des Konaks in die Hände Ismail Beys, der sie Murat Bey Toptani mit dem Geheiß überreichte, sie zu hissen, während er am Fenster daneben stand.“

Ekrem Bey Vlora: Lebenserinnerungen[10]

Andere Quellen schreiben, dass eine Flagge gehisst worden sei, die in den USA hergestellt und von Marigo Posio aus Korfu nach Albanien geschmuggelt worden war.[11]

Zweifelsohne fertigte Posio von der Flagge mehrere Kopien, die in den Büros der neuen Regierung hingen.

Marigo Posio war außerdem eine der Führungspersönlichkeiten der ersten albanischen Frauenorganisation, die verwundeten Soldaten aus dem Krieg mit Griechenland half. Die Organisation wurde am 13. Mai 1914 gegründet. Zu den Mitgliedern gehörten viele Ehefrauen prominenter albanischer Persönlichkeiten wie Syrja Vlora oder Mehmet Pascha.[12]

Am 6. Februar 1921 gründete Posio die Zeitung Shpresa shqiptare („Die albanische Hoffnung“), die in sechs Ausgaben erschien.[13]

Posios Familie hatte wenig Glück. Der Sohn und zwei der drei Töchter starben. In den 1920er Jahren erkrankte auch Marigo Posio an Tuberkulose. Der Ruhm blieb ihr lange verwehrt: Anders als viele andere erhielt Posio keinen „Veteranenstatus“ und wurde vergessen.[14] Sie starb 1932[15] und wurde auf dem Friedhof des Klosters Zvërnec bestattet.[16][17]

Posthume Ehrung

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Heute steht in Vlora in einem kleinen Park an Vloras Hauptstraße Rruga Sadik Zotaj eine Statue von Marigo Posio.[18]

Einzelnachweise

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  1. Edi Shukriu: Gra te shquare shqiptare. Band 1. Forumi i Gruas i LDS-së, 2000, OCLC 654545043, S. 58 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Beqir Sinani: Disa sqarime e plotesime per jeten e Marigo Posios. In: Instituti i Historisë, Akademia e Shkencave e RPS të Shqipërisë (Hrsg.): Studime historike. Band 41. Akademia e Shkencave, Instituti i Historisë, 1987, ISSN 0563-5799, OCLC 3648264, S. 223 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b c Korce, commemoration of Marigo Posio. In: Top Channel. 23. August 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. April 2016; abgerufen am 10. Mai 2016 (englisch): „Das Nationale Museum für Bildung in Korça gedenkt des 82. Todestages von Marigo Posio, das Mädchen, das die Unabhängigkeitsflagge nähte. Sie war eine der ersten Schülerinnen der ersten albanischen Schule. Marigo Posio ist eine Person mit großen Verdiensten für die Geschichte Albaniens, Korças und für die albanischen Frauen“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.top-channel.tv
  4. a b Aleks Buda (Hrsg.): Fjalor enciklopedik shqiptar. Akademia e Shkencave e RPSSH, Tirana 1985, OCLC 15296028, S. 375 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b Ferit Vokopola: Botohet per here te pare ditari i nje prej firmetareve te aktit te Pavaresise. In: Shqiperia.com. 29. November 2010, abgerufen am 10. Mai 2016 (albanisch): „… emrin e Marigo Posios, me origjinë nga Korça …“
  6. Jonela Spaho: Kristo Floqi, koha dhe vepra e tij letrare. Universiteti i Tiranës, 2010, Kap. 1, S. 24 (PDF [abgerufen am 10. Mai 2016]).
  7. Nicolas Jury, François Sichet, Julie Briard, Julie Lauro, Dominique Auzias, Jean-Paul Labourdette: Albanie. Petit futé, Paris 2014, ISBN 978-2-7469-7434-0, S. 223 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Ledia Dushku: Lef Nosi: Çfarë dinte dhe ç'dëshmi la për flamurin e Pavarësisë. (PDF) Shqiptarja, 2. Dezember 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 20. Mai 2016 (albanisch, in: Rilindasi, Ausgabe 47, S. 15): „Shqiponja është si e sotmja vazhdonte ai, me dy krena e me dy krahë të ndemë, premë nga një copë sateni të zi dhe ngjitë mbi flamur. Këtë punë e kishte bërë zonja Marigo Pozio në shtëpinë e saj. Kur flamuri ishte duke u qepur delegatët që kujdeseshin për këtë punë, shkonin e vinin në shtëpinë e zonjës për me e shty qi ta mbaronte pa vonesë, për të shpejtuar shpalljen që pritej me padurim.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.regione.basilicata.it
  9. Auch Robert Elsie nennt Ekrem Vlora als Eigentümer der gehissten Flagge (Robert Elsie: Historical Dictionary of Albania. In: Jon Woronoff (Hrsg.): Historical Dictionaries of Europe. 2. Auflage. Nr. 75. The Scarecrow Press, Lanham 2010, ISBN 978-0-8108-7380-3, Flag, Albanian, S. 140.)
  10. Ekrem Bey Vlora: Lebenserinnerungen (1912 bis 1925). In: Mathias Bernath (Hrsg.): Südosteuropäische Arbeiten. Band II. R. Oldenbourg Verlag, München 1973, ISBN 3-486-47571-1.
  11. Thomas Kacza: Zwischen Feudalismus und Stalinismus. Albanische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. trafo, Berlin 2007, ISBN 978-3-89626-611-8, S. 55 und 358 (Fußnote 71).
  12. Robert Elsie: Historical Dictionary of Albania. In: Jon Woronoff (Hrsg.): Historical Dictionaries of Europe. 2. Auflage. Nr. 75. The Scarecrow Press, Lanham 2010, ISBN 978-0-8108-7380-3, Women, S. 483 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Blendi Fevziu: Histori e shtypit shqiptar1848-1996. Shtëpia Botuese Marin Barleti, Tirana 1996, OCLC 40158801, S. 131 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Ledia Dushku: Lef Nosi: Çfarë dinte dhe ç'dëshmi la për flamurin e Pavarësisë. (PDF) Shqiptarja, 2. Dezember 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 20. Mai 2016 (albanisch, in: Rilindasi, Ausgabe 47, S. 14): „Në një shkrim rreth ligjit të veteranëve në Gazeta e Re, më 9 dhjetor 1928 Kristo Floqi, ngre zërin për faktin se Marigo Pozio, veprimtare e Lëvizjes Kombëtare Shqiptare, njëkohësisht qëndistare e flamurit të ngritur nga Ismail Qemali, nuk merrte shpërblimin e veteranit.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.regione.basilicata.it
  15. American Bibliographical Center: Historical Abstracts: Modern history abstracts, 1775-1914. Volume 40, Issue 1-2. American Bibliographical Center, CLIO, 1989, ISSN 0363-2717, OCLC 1000370, S. 243 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  16. Nicolas Jury, François Sichet, Julie Briard, Julie Lauro, Dominique Auzias, Jean-Paul Labourdette: Albanie. Petit futé, Paris 2014, ISBN 978-2-7469-7434-0, S. 223 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. Genuario Belmonte, Salvatore Moscatello: Ecotourism in Albania: the proposal of naturalistic routes in the Vlora region. In: Stazione di Biologia Marina del Salento (Hrsg.): Thalassia Salentina. Band 31, 2008, S. 24 (PDF [abgerufen am 10. Mai 2016]).
  18. Renate Ndarurinze: Albanien. Trescher Verlag, Berlin 2013, S. 245 f.