Martha Hofrichter

deutsche Malerin

Martha Hofrichter, geb. Melzer, auch Marta Hofrichtrová-Melzrová (* 17. April 1872 in Brünn, Österreich-Ungarn; † 26. Oktober 1960 in Wien), war eine österreichische Grafikerin und Malerin, die in München, Paris und Wien wirkte. Sie schuf hauptsächlich Holzschnitte und Zeichnungen mit Tiermotiven.

Martha Melzer war die Tochter eines Mediziners und dessen Ehefrau Anna Melzer, geb. Conrath (nach Verwitwung erneut verh. Boeck)[1]. 1894 heiratete sie in der Stadtkirche Allerheiligen in Leitmeritz den k. u. k. Lieutenant Zdenko Hofrichter,[2] der später am Militärgeographischen Institut in Wien lehrte.

Im Jahr 1900 besuchte Martha Hofrichter die Tiermalschule von Hans von Hayek in Olching. Anschließend studierte sie von 1901 bis 1902 an der Kunstgewerbeschule Wien bei Alfred Roller und 1901 bei Maximilian Dasio in München. Ihre Studien führten sie noch mehrfach nach München, so war sie eine Schülerin von Angelo Jank. Neben Hayek und Dasio knüpfte sie dort Freundschaften mit Künstlern wie Alexander von Salzmann, Ernst Stern, Mary (Marie) Müller, Julie Steiner, Elisabeth Goetz-Gleistein und Else von Duran. Weiters hielt sie sich 1903 zu Studienzwecken in Dresden auf und wurde in Wien von Friedrich König im Holzschneiden unterrichtet.[3][4]

1906/1907 studierte Hofrichter in Paris. Dort besuchte sie 1910 die Académie Ranson bei Maurice Denis und Félix Vallotton und die Académie de la Grande Chaumière bei Claudio Castelucho. Lucien Simon lenkte ihr Interesse auf die Darstellung von Tieren aus dem Zirkus und dem Zoologischen Garten.[4] 1906 beschickte sie eine Ausstellung im Salon d’Automne. Sie war von 1906 bis 1909 Mitglied der Société des Artistes Indépendants, in deren Salon sie 1907 „mehrere vortreffliche Holzschnitte“[5] ausstellte.[3] Im Jahre 1909 war sie auf einer Verkaufsausstellung im Rudolfinum vertreten.[6] Während ihrer Zeit in Paris lebte Hofrichter in einer Wohnung in der Rue de Fleurus 27, zusammen mit ihrer lebenslangen Freundin Helene Funke. Um 1911/1914 zogen sie nach Wien.[7]

In Wien engagierte sich Hofrichter vor allem in den neu entstandenen Künstlerinnenvereinigungen, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kunst einsetzten. Sie war Mitglied und Ausstellungsteilnehmerin der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs VBKÖ (seit 1910) sowie der 1919 davon abgespaltenen „Freien Vereinigung“, der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, des „Neuen Wiener Frauenclubs“ und der Künstlergruppe „Bewegung“ (1918). Zu ihrem Wiener Freundeskreis gehörten bildende Künstlerinnen wie Hilde Exner, Nora Exner, Louise Fraenkel-Hahn und Eleonore Doelter sowie Schriftstellerinnen wie Margarete Langkammer. In den 1910er Jahren beschickte sie Ausstellungen der Wiener, Münchner und Berliner Secession. 1914 wurde sie auf der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.[3] Sie gehörte auch dem Verein der Deutschen Bildenden Künstler in Böhmen an. Dieser veranstalte jedes Jahr einen Wettbewerb unter seinen aktiven Künstlern für eine Neujahrsgabe an die Mitglieder. Der Preis für die Neujahrsgabe 1914 ging an Martha Hofrichter für ihr Werk „Raben im Schnee“, das am Jahresende 1913 verteilt wurde.[8] Ferner nahm Martha Hofrichter an Ausstellungen in Prag teil.

Ab den 1930er Jahren sind keine künstlerischen Aktivitäten von Hofrichter mehr bekannt. Sie erblindete im hohen Alter und starb 1960 mit 88 Jahren in Wien.[3] Sie wurde auf dem Friedhof der Feuerhalle Simmering bestattet (Abt. 3, Ring 1, Gruppe 4, Nr. 157).[9]

Martha Hofrichter schuf vor allem (ab ca. 1910 farbige) Holzschnitte und Zeichnungen. An Ölgemälden ist nur eines von ihr bekannt, das stark von Friedrich König und dem Secessionsstil beeinflusste Werk Frau mit Lyra bzw. Sappho (um 1900).[3]

Hofrichter wählte fast immer Tiere als Hauptmotiv ihrer Werke, auch innerhalb ihrer Landschaftsdarstellungen. Sie beschäftigte sich insbesondere mit Zootieren, die sie in Institutionen wie der Menagerie Schönbrunn und dem Jardin d’Acclimatation in Paris studierte.[10] Sie gestaltete unter anderem eine Reihe von Holzschnitten mit Tierfabeln und Zeichnungen zur Illustration von Märchen. Während ihres ersten Parisaufenthalts wurde das Zirkusleben zu ihrem wichtigsten Thema. Diese Werke zeigen sich beeinflusst von Henri de Toulouse-Lautrec und anderen französischen Impressionisten sowie japanischer Kunst. Seit ihrem zweiten Aufenthalt in Paris überwiegen Holzschnitte mit großflächigen Farbfeldern und teilweise expressive Bildkompositionen. Dabei sind Einflüsse durch Paul Gauguin und die Farbtheorie von Maurice Denis erkennbar. Als Hofrichters Hauptwerke gelten ihre zwischen 1910 und 1912 entstandenen Farbholzschnitte wie Peruanische Mumien, Unterm grünen Zirkuszelt und An der Seine/Notre Dame.[3]

Hofrichter wirkte auch als Kinderbuchillustratorin, gestaltete Exlibris (u. a. für ihre Mutter) und andere Gebrauchsgrafiken mit Floral- und Tiermotiven.

Werke von ihr befinden sich unter anderem in den Sammlungen der Albertina in Wien und des Gutenberg Museums.[3]

Werke (Auswahl)

Raben im Schnee
Martha Hofrichter
Farbholzschnitt auf Japanbütten
25 × 25 cm

Link zum Bild
(bitte Urheberrechte beachten)

  • Frau mit Lyra/Sappho, um 1900, Öl auf Leinwand, 64 × 69 cm[11]
  • Au jardin d‘ acclimatation, 1906/1907
  • Panther, 1906 Ausstellung im Salon d’Automne
  • Aus der Provence, Hochstadt im Winter, Holzschnitte, 1909 Ausstellung Hagenbund[12]
  • Winter, Maultiergespann, Original-Holzschnitte, 1910 Ausstellung VBKÖ[13]
  • An der Seine, Zirkus, Im cirque Métropole, Holzschnitte, 1911 Ausstellung VBKÖ
  • Während der Probe, farbige Zeichnung, 1911 Ausstellung VBKÖ
  • Peruanische Mumien, 1913 Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession, Wien[14]
  • Exlibris für Anna Boeck, 1914, farbige Zinkografie[15]
  • Unterm grünen Zirkuszelt, Zebra, Zirkus Taraba, Im Hafen, Raben im Schnee, Holzschnitte, 1919 Ausstellung „Freie Vereinigung“[16]

Ausstellungen (Auswahl)

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Todesanzeige der Großmutter Maria Conrath, geb. Kreibig. In: Leitmeritzer Zeitung, 1. Februar 1911, S. 24 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/lmz
  2. Trauung. In: Leitmeritzer Zeitung, 31. Oktober 1894, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/lmz
  3. a b c d e f g Tamara Loitfellner: Hofrichter, Martha, geb. Melzer. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 74, De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-023179-3, S. 161.
  4. a b Hofrichter, Martha. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 17: Heubel–Hubard. E. A. Seemann, Leipzig 1924, S. 294 (biblos.pk.edu.pl).
  5. Theater und Kunst. Der Salon des Indépendants. In: Die Zeit, 29. März 1907, S. 3 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zei
  6. Verkaufsausstellung des Kunstvereines im Rudolfinum. In: Prager Abendblatt. Beilage zur Prager Zeitung / Prager Abendblatt, 10. Mai 1909, S. 5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/pab
  7. Helene Funke. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
  8. Neujahrsgabe. In: Montagsblatt aus Böhmen, 1. Dezember 1913, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mbb
  9. Grab Martha Hofrichter. In: friedhoefewien.at. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  10. Karl Michael Kuzmany: Jüngere österreichische Graphiker. In: Die Graphischen Künste. Hrsg. von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. 31. Jahrgang, Wien 1908, S. 82 (Digitalisat).
  11. Hofrichter, Martha. In: Benezit Dictionary of Artists Oxford University Press. Oxford 2011, doi:10.1093/benz/9780199773787.article.B00088664.
  12. Katalog der Weihnachtsausstellung: Dezember 1909 – Jänner 1910. In: digitale-bibliothek.belvedere.at. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  13. Katalog der XXXVII. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession – I. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstlerinnen Österreichs. In: digitale-bibliothek.belvedere.at. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  14. Katalog der XLIV. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien. In: digitale-bibliothek.belvedere.at. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  15. Abbildung. In: Die Graphischen Künste. Hrsg. von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. 37. Jahrgang, Wien 1914, S. nach 48.
  16. Katalog der LIV. Ausstellung der Wiener Secession – II. Teil. Künstlerbund Hagen Freie Vereinigung als Gäste. Kollektionen: Eduard Stella. Christ. L. Martin. Georg Merkel. Oskar Laske. Hugo Henneberg; Juni – Juli 1919. In: digitale-bibliothek.belvedere.at. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  17. Theater und Kunst. Hagenbund. In: Die Zeit, 23. Dezember 1909, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zei
  18. Theater und Kunst. Hagenbund. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 21. September 1911, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  19. Feuilleton. Die Frau als Künstlerin. In: Neue Freie Presse, 3. Juni 1930, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  20. Sezession. Die Kunst der Frau. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 27. November 1910, S. 8 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  21. Kunst und Bühne. Sezession. In: Ostdeutsche Rundschau. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirthschaft, Kunst und Literatur / Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt, 30. März 1913, S. 9 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  22. Sezession. In: Neues 8-Uhr-Blatt, 20. Juni 1919, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nab
  23. Theater und Kunst. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 14. Juli 1919, S. 10 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  24. Verschiedenes. Graphische Ausstellung im Neuen Frauenklub.Mitteilungen der „Vereinigung der arbeitenden Frauen“ / Österreichische Frauen-Rundschau, Jahrgang 1914, S. 10 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/frs
  25. Achte Ausstellung des Kunstvereines für Kärnten. In: Villacher Zeitung. Kärntisches Blatt für deutsche Politik und soziale Reform, 30. August 1914, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/viz
  26. Die Ausstellung der österreichischen Künstlerinnen in Stockholm. In: Fremden-Blatt der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien / Fremden-Blatt und Tags-Neuigkeiten der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien / Fremden-Blatt / Fremden-Blatt mit Vedette / Fremden-Blatt mit militärischer Beilage Die Vedette, 14. Juni 1917, S. 15 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/fdb
  27. Oesterreichische Kunstausstellung in London. In: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ / Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des („)Neuen Wiener Tagblatt(“) / Neues Wiener Tagblatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes / Wiener Mittagsausgabe mit Sportblatt / 6-Uhr-Abendblatt / Neues Wiener Tagblatt. Neue Freie Presse – Neues Wiener Journal / Neues Wiener Tagblatt, 27. Juli 1921, S. 18 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwg
  28. Wege zu Gabriele Münter und Käthe Kollwitz. In: kunstmuseum-reutlingen.de. Abgerufen am 29. Juli 2023.