Massaker von Borova
Am 6. Juli 1943 begingen Teile der 1. Gebirgs-Division der Wehrmacht das Massaker von Borova. Das Dorf Borova im Süden Albaniens wurde vollständig zerstört und 107 Menschen getötet.
Massaker
BearbeitenAm 6. Juli 1943 zog die 1. Gebirgs-Division der Wehrmacht von Florina durch das italienisch besetzte Albanien nach Ioannina. Die Wehrmacht befürchtete dort, im Nordwesten Griechenlands, eine Landung der Alliierten. Auf ihrer Fahrt durch Südalbanien von Korça nach Westen wurde eine Wagenkolonne wenig südlich von Borova am Barmash-Pass aus dem Hinterhalt von lokalen albanischen Partisanen unter Führung von Riza Kodheli angegriffen. Diese hatten nicht mit deutschen, sondern mit italienischen Soldaten gerechnet. Mit Unterstützung italienischer Einheiten wurden die Partisanen gegen Abend in die Berge zurückgedrängt.[1]
Noch am Nachmittag des gleichen Tages verübten die Deutschen Vergeltung:[1] Sie zogen mit Flammenwerfern durch Borova und verübten ein Massaker unter der Zivilbevölkerung, erschossen Menschen oder ließen sie in den Häusern verbrennen.[1][2][3] Die Dorfbewohner sollen die Partisanen unterstützt haben.[4] Borova hatte damals rund 450 bis 500 Einwohner.[4][1] Sämtliche 100 Gebäude der Ortschaft – Wohnhäuser, Speicher, Kirchen – wurden von den Soldaten angezündet oder schwer beschädigt.[4] 107 Zivilisten sind bei diesem schwersten Verbrechen der Wehrmacht in Albanien getötet worden – darunter vor allem Kinder, Frauen und Ältere.[4][2][5] 47 Opfer waren jünger als 20 Jahre, 23 über 60 Jahre alt.[1] Das jüngste Opfer war nur vier Monate alt, die älteste Getötete 73 Jahre.[4] Dutzende weitere Bewohner wurden verletzt;[3] viele hatten sich zur Zeit des Angriffs noch auf den Feldern befunden.[1]
Im Dorf Barmash südlich des Passes, das später auch noch angegriffen wurde, starben 18 weitere Bewohner.[1][3] Auch in Leskovik, dem nächstgrößeren Ort 40 Kilometer südlich von Borova, kam es am 8. Juli zu Gefechten zwischen der Wehrmacht und Partisanen, bei denen wahllos auf alle Menschen geschossen und der Ort mehrheitlich zerstört wurde.[1]
Gedenken
BearbeitenIm kommunistischen Albanien wurde das Gedenken an das Massaker aufrechterhalten.[5] Ein Denkmal und ein kleines Museum erinnerten an das Verbrechen.[6] Der Komponist Thoma Gaqi veröffentlichte 1972 eine sinfonische Dichtung namens Borova im Gedenken an die Opfer.[7]
Im demokratischen Albanien ab den 1990er Jahren wird des Partisanenkriegs und des Massakers in Borova kaum mehr gedacht. Das Museum wurde während des Lotterieaufstands 1997 zerstört.[8] Seit 1996 unterstützte die deutsche Botschaft in Tirana das Dorf Borova mit mehreren Infrastrukturprojekten.[4][1] Der deutsche Botschafter nahm immer wieder an Gedenkveranstaltungen teil.[9] Es gab auch Pläne für einen Neubau der Gedenkstätte, in deren Zentrum heute die 107 Gräber stehen.[8][10][11]
Literatur
Bearbeiten- Hermann Frank Meyer: Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im Zweiten Weltkrieg. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-447-1 (Online bei Google Books).
Weblinks
Bearbeiten- Vladimir Misho: The Massacre and Destruction of Borova, 1943. In: Frosina.org. Abgerufen am 4. Januar 2016 (englisch).
- Gedenkfeier zur Erinnerung an ein Massaker der Deutschen Wehrmacht. (PDF) Ansprache von Botschafter Hellmut Hoffmann. In: Deutsche Botschaft Tirana. 5. Juli 2015, abgerufen am 9. Juli 2015.
- Michael Harrison: Partisan and Child, Borove. In: Left Side of the Road. 9. August 2015, abgerufen am 10. August 2015 (englisch, Beschreibung des Lapidars (kommunistisches Denkmal) von Borova).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i Hermann Frank Meyer: Blutiges Edelweiß. Die 1. Gebirgs-Division im Zweiten Weltkrieg. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-447-1 (Online bei Google Books).
- ↑ a b Owen Pearson: Albania in Occupation and War – From Fascism to Communism 1940–1945. In: The Centre for Albanian Studies (Hrsg.): Albania in the Twentieth Century: A History. Volume 2. I. B. Tauris, London 2005, ISBN 1-84511-014-5.
- ↑ a b c Ju tregoj si e dogjën gjermanët Borovën më 6 korrik 1943. In: Gazeta Shqip. 6. Juli 2008, archiviert vom am 11. Januar 2013; abgerufen am 30. Mai 2012 (albanisch).
- ↑ a b c d e f Vladimir Misho: The Massacre and Destruction of Borova, 1943. In: Frosina Information Network. 6. August 2004, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 4. Januar 2016 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b Bodo Gudjons: Begegnung mit Borova. In: Rüdiger Pier, Dierk Stich (Hrsg.): Albanien. VSA, Hamburg 1989, ISBN 3-87975-467-5, S. 47–51.
- ↑ Heinz Gstrein: Walter-Reiseführer Albanien. Walter-Verlag, Olten 1989, ISBN 3-530-29602-3.
- ↑ June Emerson: The music of Albania. Emerson Edition, Ann Arbor 1994, ISBN 978-0-9506209-3-0, S. 57.
- ↑ a b Borova, ndanë një kujtimi te trishtë. In: Revista MAPO. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Februar 2013; abgerufen am 31. Mai 2012 (albanisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Gedenkfeier zur Erinnerung an ein Massaker der Deutschen Wehrmacht. (PDF) Ansprache von Botschafter Hellmut Hoffmann. In: Deutsche Botschaft Tirana. 5. Juli 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 9. Juli 2015; abgerufen am 9. Juli 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Enkelejda Skënderasi: Masakra e Borovës, djali i nazistit: Kërkoj falje. Lexova ditarin e babait, u tmerrova. In: BalkanWeb.com. 7. Juli 2013, archiviert vom am 28. Juli 2013; abgerufen am 29. Juli 2013 (albanisch).
- ↑ Përkujtohet masakra e Borovës - Top Channel Albania auf YouTube