Massaker von Nachal Oz
Das Massaker von Nachal Oz ereignete sich während des Terrorangriffs der Hamas auf Israel ab 7. Oktober 2023 im grenznahen Kibbuz Nachal Oz und einem dortigen militärischen Außenposten der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) in Israels Südbezirk. Terroristen der Hamas waren nach Durchbrechen der Sperranlagen um den Gazastreifen in die Siedlung sowie den IDF-Außenposten eingedrungen und töteten mindestens 13 Zivilisten und über 60 Soldaten. Weitere 16 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen entführt.
Lage und Beschreibung
BearbeitenDer Kibbuz Nachal Oz liegt im Nordwesten des Negev, weniger als einen Kilometer von der Grünen Linie an der Ostgrenze zum Gazastreifen entfernt und war 1953 gegründet worden.[1][2] Zum Zeitpunkt des Angriffs hatte der Kibbuz rund 400 Einwohner.[3][4]
Nördlich des Kibbuz befand sich ein IDF-Außenposten mit einem Überwachungskontrollzentrum der überwiegend aus weiblichen Soldaten bestehenden Einheit 414 des Feldaufklärungskorps, zudem war der Posten das Hauptquartier des für den Sektor Nachal Oz zuständigen 13. Bataillons der Golani-Brigade.[5][6][7]
Terrorangriff der Hamas
BearbeitenAm 7. Oktober ab 06:30 Uhr Ortszeit begann der Angriff der Hamas auf Israel, wobei rund 100 Terroristen wenige Minuten nach Durchbrechen der Grenzanlagen in den Kibbuz Nachal Oz und den nahegelegenen IDF-Außenposten eindrangen.[8][9] Laut israelischen Angaben verfügten die Angreifer über detaillierte Pläne des IDF-Postens, einschließlich strategischer Details.[10] 44 Soldaten wurden auf dem Gelände des Armeepostens ermordet oder im Kampf getötet, darunter 19 Frauen der Einheit 414, im Alter von 18 bis 22 Jahren. 7 weitere Soldatinnen der Einheit wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.[11]
Zeitgleich gingen Terroristen der Hamas im Kibbuz von Haus zu Haus und ermordeten mindestens 12 Bewohner und Bewohnerinnen, darunter den ehemaligen AP-Journalisten Yaniv Zohar, seine Ehefrau und seine beiden Töchter.[12][13] In einem anderen Haus nahmen Terroristen Noam Elyakim, seine Partnerin und die drei Kinder als Geiseln, wobei sie die Vorgänge per Facebook-Livestream übertrugen. Der 17-jährige Sohn wurde schließlich gezwungen, die Terroristen durch den Kibbuz zu begleiten und Bewohner benachbarter Häuser zum Öffnen ihrer Türen zu bewegen. Noam Elyakim, seine Partnerin und der Sohn wurden später ermordet, sowie die beiden Töchter als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.[14][15][16][17] Der 85-jährige Shlomo Ron, einer der Mitbegründer des Kibbuz, wurde in seinem Haus erschossen, nachdem er zuvor seine Frau, die beiden Töchter und seinen Enkel im Schutzraum des Hauses versteckt hatte. Diese blieben unentdeckt und wurden nach mehreren Stunden von den IDF befreit.[18] Mindestens neun Menschen aus dem Kibbuz wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Rückeroberung
BearbeitenDer eigene Verteidigungstrupp des Kibbuz, dessen Kommandeur Ilan Fiorentino im Abwehrkampf fiel, konnte vom Beginn des Überfalls an einen Teil des Kibbuz halten und vereinigte sich später mit den eingetroffenen IDF-Truppen.[19] Nachal Oz wurde bis am Abend des 7. Oktober von IDF-Truppen, vorwiegend der Golani-Brigade und der Maglan-Einheit der Commando Brigade, zurückerobert.[20][21] Laut Bataillonskommandeur Tomer Greenberg erlitt das 13. Bataillon der Golani-Brigade in den Kämpfen um das Gebiet zwischen Nachal Oz und Kissufim Verluste von 41 Gefallenen, davon wurden mindestens 18 im Gebiet von Nachal Oz ermordet oder im Kampf getötet.
Im Juli 2024 berichtete die israelische Zeitung Haaretz, dass im Laufe des Morgens des 7. Oktober 2023 am Außenposten Nahal Oz, in dem weibliche Späher stationiert waren, der Hannibal-Einsatzbefehl angeordnet worden war.[22]
Nach der Rückeroberung
BearbeitenAm 2. Dezember gaben die IDF bekannt, den Drahtzieher des Massakers von Nachal Oz, Wissam Farhat, Kommandant des Shuja'iyya-Bataillons der Hamas, bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet zu haben.[23][24]
Verbleib der Geiseln
BearbeitenAm 30. Oktober gaben die IDF bekannt, die aus Nachal Oz entführte Soldatin Ori Megidish im Zuge ihrer Bodenoffensive aus dem Gazastreifen befreit und nach Israel zurückgebracht zu haben.[25] Eine weitere entführte Soldatin, Noa Marciano, wurde nach IDF-Angaben am 16. November tot im Gazastreifen aufgefunden.[26]
Am 20. Oktober kam es zur Freilassung zweier US-amerikanisch-israelischer Doppelstaatsbürgerinnen, welche aus Nachal Oz in den Gazastreifen entführt worden waren.[27] Am 26. November kam es im Zuge eines Waffenstillstandsabkommens zur Freilassung von 14 Geiseln aus dem Gazastreifen, davon drei aus Nachal Oz.[28][29]
Ein 21-jähriger Agrarpraktikant aus Tansania galt seit dem Angriff als vermisst. Sein Tod wurde erst am 13. Dezember durch das Außenministerium von Tansania bestätigt. Laut dem Außenminister January Makamba sei er unmittelbar nach seiner Gefangennahme getötet worden.[30]
Am 21. Januar 2024 gaben die IDF aufgrund von Geheimdienstinformationen den Tod eines 19-jährigen Soldaten der 7. Panzerbrigade bekannt, der am 7. Oktober 2023 bei Kämpfen im Gebiet von Nachal Oz gefallen und dessen Leiche im Anschluss in den Gazastreifen verbracht worden war.[31] Am 12. März 2024 wurde auch der Tod eines weiteren 19-jährigen Soldaten der 7. Panzerbrigade bestätigt. Der US-amerikanisch-israelische Doppelstaatsbürger war zum Zeitpunkt des Terrorangriffs am IDF-Stützpunkt Nachal Oz stationiert und galt bislang als lebende Geisel der Hamas.[32]
Im Mai 2024 wurde ein Video öffentlich zugänglich gemacht, das die brutale Geiselnahme der Soldatinnen Agam Berger, Daniella Gilboa, Karina Ariev, Liri Albag und Naama Levy vom IDF-Außenposten während des Terrorangriffs zeigt.[33] Der stark geschnittene Clip wurde auf Wunsch und Zustimmung der Familien veröffentlicht, um Entscheidungsträgern, Vermittlern und der Welt zu zeigen, was die Gefangennahme durch die Hamas wirklich bedeutet und wie dringend ihre Freilassung erforderlich ist.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ To the Last Furrow: The Blood, Sweat and Tears of Nahal Oz. blog.nli.org.il, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Kibbuz Nahal Oz. kibbutzvisit.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ ‘They are in my house’: kibbutz survivors tell of Hamas attack. theguardian.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Twenty families move to Gaza border community. In: Ynetnews. Abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ 'We've spent 15 years preparing; now let's see if Hamas is ready for us'. israelhayom.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ IDF rescue female soldier from Hamas in 'overnight operation'. thejc.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ המג"ד שאיבד 41 לוחמים ביום אחד: "חשבתי רק על היישובים". 13tv.co.il, abgerufen am 9. Dezember 2023 (hebräisch).
- ↑ The IDF Observation Balloon Operators That Fought and Fell to Save Nahal Oz. In: Haaretz. Abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Bewegendes Treffen in Wien: Solidarität mit Überlebenden des Hamas-Terrors. bmeia.gv.at, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ The Hamas commander’s laptop included a detailed sketch of Nahal Oz, an IDF base located on the Gaza Strip fence. tjpnews.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Mapping the Massacre. In: oct7map.com. Abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Former AP videojournalist Yaniv Zohar killed in Hamas attack at home with his family. israelhayom.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Former AP videojournalist Yaniv Zohar, his wife and 2 daughters killed in Hamas attack at their home. cbsnews.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ ‘What happened here was a Holocaust,’ kibbutz survivor tells KKL-JNF team. jpost.com, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Sisters Ela and Dafna Elyakim; witnessed murder of father and his partner. timesofisrael.com, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ A cold-blooded massacre, live on Facebook: How Hamas forced a 17-year-old to help them go door to door. israelhayom.com, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Hamas attack victim Noam Elyakim's body found. israelnationalnews.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Shlomo Ron, 85; sacrificed himself to save his family. timesofisrael.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ 'New details of Hamas attack on Nahal Oz'. israelhayom.com, abgerufen am 27. August 2024 (englisch).
- ↑ Reservist Major joins fighting to rescue family. israelnationalnews.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ 'Terrorists wore IDF uniform, we sniffed them out by their weapons and movement'. ynetnews.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Yaniv Kubovich: IDF Ordered Hannibal Directive on October 7 to Prevent Hamas Taking Soldiers Captive. In: Haaretz. 7. Juli 2024, archiviert vom am 8. Juli 2024; abgerufen am 8. Juli 2024.
- ↑ IDF eliminates Hamas battalion chief behind Nahal Oz massacre. i24news.tv, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ IDF: Strike kills Gazan terrorist responsible for attack that killed Oron Shaul in 2014. timesofisrael.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ IDF says captured soldier rescued from Gaza during overnight operation. timesofisrael.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Cpl. Noa Marciano, 19: Soldier known for ‘dimples and smiles’. timesofisrael.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Hamas releases two hostages, mother and daughter Judith and Natalie Raanan. timesofisrael.com, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ RELEASED: Sisters Ela and Dafna Elyakim; witnessed murder of father and his partner. timesofisrael.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ RELEASED: Elma Avraham, 84, freed from Gaza after 51 days. timesofisrael.com, abgerufen am 9. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ Joshua Mollel: Tanzania says student killed in Israel by Hamas. bbc.com, abgerufen am 14. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ IDF says soldier held captive in Gaza was killed on October 7, body held by Hamas. timesofisrael.com, abgerufen am 21. Januar 2024 (englisch).
- ↑ IDF announces death of soldier Itay Chen, 19, a US-Israel dual citizen. timesofisrael.com, abgerufen am 12. März 2024 (englisch).
- ↑ Yael Ciechanover: Female Israeli soldiers abducted and abused by Hamas in harrowing October 7 footage. In: Ynetnews. 22. Mai 2024, abgerufen am 21. September 2024 (englisch).