Die Mastaba des Seschemnefer IV. (LG 53) befindet sich auf dem Südfriedhof der Nekropole von Gizeh. Sie wurde um 2340 v. Chr. für den Beamten Seschemnefer IV. errichtet und ist ein Beispiel für die am Übergang von der 5. zur 6. Dynastie entstandenen mehrräumigen Grabanlagen.

Mastaba des Seshemnefer IV. in Gizeh
Lageplan der Mastaba des Seshemnefer IV. in Gizeh

Fundgeschichte

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Bereits in der Zeit zwischen 1842 und 1845 erfolgte durch Mitglieder der Preußischen Expedition unter Leitung von Karl Richard Lepsius die erste Freilegung der Mastaba. Zu dieser Zeit wiesen die Reliefs einen wesentlich besseren Erhaltungszustand auf. Während Lepsius Dekorationsstücke der Nord-, Süd- und Ostwand mit nach Berlin nahm (Ägyptisches Museum Berlin Inv. Nr. 1128 bis 1130 und 1318), verblieben die Blöcke der Westwand bis zur Grabung von Hermann Junker an Ort und Stelle. Die Grabanlage wurde von Junker während der Grabungskampagne 1928/29 vollständig freigelegt. Verschiedene Relieffragmente sowie andere Teile der Grabausstattung gelangten im Rahmen einer Fundteilung in die ägyptische Sammlung des Roemer- und Pelizaeus-Museums Hildesheim.

Grabinhaber

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Seschemnefer IV. (Sšm-nfr) war „Vorsteher des königlichen Harims“, das heißt, er war Verwaltungsleiter des Palastbereiches, in dem Frauen und Kinder der Königsfamilie lebten. Daneben enthält seine Titulatur Rang- und Ehrentitel, die ihn als wichtigen Mann am Hofe bezeichnen, der das Vertrauen seines Herrschers besaß. Dem Betrachter geben die noch erhaltenen Reliefdarstellungen aus dieser Mastaba einen Einblick in den Alltag der damaligen Zeit; in die bäuerliche Feldarbeit, die Viehzucht, den Vogelfang, die Kornspeicher, über die Arbeitsbekleidung, die Opferrituale und teilweise auch in die Umgangssprache.

Darstellungen

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Spielende Ziegen (Inventar-Nr. PM 3192)

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Das verworfene Relieffragment lässt sich keiner Wand der Mastaba mehr zuordnen. Es zeigt im oberen Register einen Ziegenbock und ein springendes Jungtier, im unteren Register einen Ziegenbock, der eine Ziege bespringt. Dahinter befindet sich ein weiteres springendes Jungtier. Es handelt sich also um eine Szene aus dem bäuerlichen Alltag.

Vogelfangszene (Inventar-Nr. PM 3193)

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PM 3193, verworfener Block[1]

Auch dieses Fragment lässt sich nicht eindeutig einer Wand in der Mastaba des Seschemnefer IV. zuordnen. Es zeigt das Fangnetz und die Übergabe von gefangenen Vögel zwischen zwei Personen. Dargestellt sind zwei Männer in einer Vogelfangszene. Der Linke wird als „Vorsteher des Vogelfangs“ bezeichnet. Die Inschrift vor dem zweiten Mann, die nur in Bruchstücken erhalten ist, sagt aus: „Veranlassen des Zuziehens des Netzes“. Der Mann gibt ein Zeichen, dass das rechts von ihm zu meinende Fangnetz mit den hineingeflogenen Vögeln zugezogen werden soll. Die beiden Vögel rechts sind dem Fang entflogen. In der oberen Reihe der Darstellung sind drei Männer dabei, das Fangnetz zu leeren. Der Mann rechts nimmt die Vögel heraus und reicht sie dem davorstehenden Mann weiter. Dieser gibt sie dann an den dritten an einem Käfig stehenden Mann, von dem nur die Hände erhalten sind weiter. In dem Käfig befinden sich schon mehrere gefangene Vögel.

Große Erntedarstellung (Inv. Nr. PM 3191)

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PM 3191, Kammer A, Westwand[2]

Darstellungen verschiedener Bereiche der Landwirtschaft wie dieses Reliefbruchstück mit seinen noch zweieinhalb erhaltenen Registern einer Ernteszene gehörten regelmäßig zum Bildprogramm großer Grabanlagen. Die drei Blockfragmente wurden aus dem rechten Teil der Westwand geborgen. Der linke Wandbereich ist verloren und trug eine Darstellung des Grabherrn, die bei ihrer ersten Auffindung noch bis zur Gürtelhöhe erhalten war. So lässt sich dieses Fragment einer Erntedarstellung so ergänzen: Links stand Seschemnefer IV., vor ihm wurden Flachs und Getreide geerntet. Erhalten ist hier noch das Schneiden des Getreides mit Handsicheln, das von einem rechts stehenden Aufseher kontrolliert wird. Darunter wird der Transport des Getreides zur Tenne gezeigt. Die Garben befinden sich in den großen Säcken, die von Eseln getragen werden. Rechts anschließend schichten zwei Arbeiter die Garben auf der Tenne auf, wie die dazugehörige Beischrift ausdrückt. Die Eseltreiber halten die Säcke mit ihren Händen fest. Im oberen Register sind die landwirtschaftlichen Szenen kaum noch erhalten. Auf der anderen Wand desselben Raumes waren die Arbeitsschritte dargestellt, die den geschilderten Arbeiten folgten: Das Dreschen mit den Eseln und das Worfeln. Alle diese Darstellungen geben dem Grabherrn die Garantie für die leibliche Versorgung nach seinem Tode. Sie bewahrten ihn auf immer und ewig vor Hunger und Durst. Das Relief besteht aus Kalkstein und ist 84,5 cm hoch, 100,5 cm breit und 10,5 cm tief.

Niederwerfung eines Stieres (Inv. Nr. PM 3194)

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PM 3194, Tür, Kammer A–B, westliche Laibung[3]

Dieser Reliefblock gehörte zum obersten der drei Bildstreifen der rechten Türlaibung eines Durchgangs zwischen zwei Räumen. Dargestellt ist das Fesseln und Niederwerfen eines Schlachttieres. Ein Mann packt den Stier bei den Hörnern, während ein zweiter ihm mit einem Strick die Vorderbeine wegreißt und gleichzeitig mit dem Fuß seine Hinterbeine wegdrückt, um ihn zu Fall zu bringen. Die Inschrift besagt, dass es sich um ein junges Opferrind handelt.

Opfer vor der Statue des Seschemnefer IV. (Inv. Nr. PM 3190)

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PM 3190, Kammer E, Westwand, südlicher Teil[4]

Im Vordergrund dieser Räucher- und Rindfleischopferszene steht die Statue des Grabherrn Seschemnefer IV., der als stattlicher, beleibter, aufrecht stehender, besonders würdig aussehender Mann dargestellt ist. Dass es sich um eine Statue handelt, zeigen die Darstellung der Schulter und die Armhaltung im Profil. Die Schultern werden ansonsten bei ägyptischen Personendarstellungen immer von vorne gezeigt, der Kopf im Profil. Bezeichnet ist sie als Statue des „Einzigen Freundes - Seschemnefer“ (twt-r-ˁnch Smḥr-w ˁ.tj sSm-nfr). Der Statue zugewandt stehen drei Diener (Totenpriester), die kleiner dargestellt sind. Im oberen Reliefteil hebt der als Totenpriester fungierende Hausverwalter Mer-r-ri (jmj-r3 pr mrrj) den Deckel des Weihrauchgefäßes, damit der Duft des Weihrauchs an die Nase der Statue gelangen kann. Hinter ihm steht ein zweiter Diener. Durch die starke Oberflächenzerstörung ist das Papyrus, das er in der Hand hält und aus dem er rezitiert, heute nicht mehr erkennbar. Darunter trägt ein weiterer Diener einen Rinderschenkel, der wahrscheinlich zu einer Schlachtungsszene gehört. Vermutlich setzten sich diese Szenen fort. Alle dargestellten Personen tragen einen unter dem Bauchnabel geknoteten Kurzschurz. Mit Hilfe seiner Statue, die durch Opfer und Rituale magisch belebt wurde, wollte Seschemnefer IV. weiterleben. Die Statue diente als sein Ersatzkörper für die Ewigkeit. Das Relieffragment besteht aus Kalkstein, ist 70,3 cm hoch, 78,3 cm breit und 10 cm tief.

Literatur

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  • Hermann Junker (Hrsg.): Gîza XI. Der Friedhof südlich der Cheopspyramide. Ostteil. Bericht über die von der Akademie der Wissenschaften in Wien auf gemeinsame Kosten mit Dr. Wilhelm Pelizaeus † unternommenen Grabungen auf dem Friedhof des Alten Reiches bei den Pyramiden von Gîza (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Denkschriften. Band 74.2). Rohrer, Wien 1953, S. 92–96, 100–119, 126–131, 137–241 (gizapyramids.org [PDF; 85,3 MB] Abbildungen 49–55, 60–95, Tafeln I, XI–XXIV).
  • Hans Kayser: Das Pelizaeus-Museum in Hildesheim. Cram, de Gruyter, Hamburg 1966, S. 23–24 und 44 (Abbildung 8. Relief aus dem Grabe des Seschemnofer mit Darstellung einer Ernteszene).
  • Hans Kayser: Die ägyptischen Altertümer im Roemer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim. Gerstenberg, Hildesheim 1973, ISBN 3-8067-8002-1, S. 16, 41–42, 50 (3190) Relief aus dem Grab des „Grafen“ Seschemnofer mit der Darstellung einer Opferung vor der Statue des Grabherren, (3191) Kalksteinrelief ... mit Ernteszenen, (3192) Reliefbruchstück ... mit der Darstellung von weidenden Ziegen, (3193) Reliefbruchstück ... mit der Darstellung des Vogelfangs, (3194) Relief aus einer Kammer des Familiengrabes des „Grafen“ Seschemnofer, (3270) Fragment mit der Darstellung drei hintereinander gestaffelter Hyänenköpfe und Abbildungen 12. Ernteszene, 13. Spielende Ziegen.
  • Bertha Porter, Rosalind L.B. Moss: Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. III. Memphis. Part I. (Abû Rawâsh to Abûṣîr). 2., von Jaromír Málek überarbeitete und erweiterte Auflage. The Clarendon Press, Oxford 1974, S. 223–227 (gizapyramids.org [PDF; 31,0 MB]).
  • Arne Eggebrecht (Hrsg.): Das Alte Reich. Ägypten im Zeitalter der Pyramiden. von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0936-8.
  • Bettina Schmitz: »... Bei den Pyramiden graben, hoffentlich mit Erfolg!« Giza, das Alte Reich in Hildesheim. In: Katja Lembke (Hrsg.): Das Alte Reich. Ägypten von den Anfängen zur Hochkultur (= Das Alte Ägypten in Hildesheim). Band 1. von Zabern, Mainz 2009, ISBN 978-3-8053-4073-1, S. 18 (Katalog zur Dauerausstellung).
  • Martin von Falck: Von den Anfängen zur Hochkultur. Der Weg Ägyptens im 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. In: Katja Lembke (Hrsg.): Das Alte Reich. Ägypten von den Anfängen zur Hochkultur. Mainz 2009, S. 43–45.
  • Martin von Falck: Reliefblöcke mit Ernteszenen aus dem Grab des Seschem-nefer IV, Relief mit Opferriten vor der Statue des Seschem-nefer IV. In: Katja Lembke (Hrsg.): Das Alte Reich. Ägypten von den Anfängen zur Hochkultur. Mainz 2009, S. 86–89.
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Commons: Mastaba des Seschemnefer IV. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. H. Junker: Gîza XI. Der Friedhof südlich der Cheopspyramide. Ostteil. Wien 1953, S. 234, Abbildung 91, Tafel XXIVa.
  2. H. Junker: Gîza XI. Der Friedhof südlich der Cheopspyramide. Ostteil. Wien 1953, S. 187, Abbildung 74a, Tafel XXId.
  3. H. Junker: Gîza XI. Der Friedhof südlich der Cheopspyramide. Ostteil. Wien 1953, S. 205, Abbildung 79, Tafel XXd.
  4. H. Junker: Gîza XI. Der Friedhof südlich der Cheopspyramide. Ostteil. Wien 1953, S. 226, Abbildung 89, Tafeln XXIIIa und XXIIIb.