Matthieu Soiron

niederländischer Baumeister

Matthieu Soiron, auch Matheius Soiron genannt, (* 17. Mai 1722 in Maastricht; † 15. Juli 1781 ebenda) war ein niederländischer Baumeister, Bauunternehmer, Architekt und Festungsbauer. Matthieu Soiron war in Deutschland im Besonderen als Architekt beim Bau des Schlosses Wickrath tätig.[1]

Matthieu Soiron von Josef Mataré vor 1933.

Leben und Wirken

Bearbeiten

Matthieu Soiron wurde als Sohn der Eheleute Mattheus Soiron (1681–1762) und Catharina Deplaye aus Chenee bei Lüttich (1688–1746) geboren. Er ist ein Bruder des Baumeisters François Soiron (1714–1779). Matthieu war verheiratet mit Isabelle Lucia Ernou (1726–1786). Ihr gemeinsamer Sohn war Mathias Soiron, aus dessen Hand die Zeichnungen von Einzelteilen wie Treppe, Balkon und Dachkonstruktion des Schlosses Wickrath stammen[2].

Für ihre außerordentliche Leistungen beim Bau von Schloss Wichrath übertrug Wilhelm Otto Friedrich von Quadt im Jahr 1757 den Architekten Matthieu und François Soiron das Gut Wildenborch bei Vorden[3]. François Soiron stellte noch im gleichen Jahr die Kirche im vier Kilometer von Wickrath entfernten Odenkirchen fertig.

Schloss Wickrath

Bearbeiten
 
Buchkremer Zeichnung: Schloss Wickrath n. einer Fotografie

Die 11 km südwestlich von Mönchengladbach liegende Burg Wickrath[4] wurde 1745 durch einen Brand schwer beschädigt und ein Jahr später erfolgte daraufhin innerhalb von zwei Wochen ihr Abriss. Der Herr über Burg Wickrath, Wilhelm Otto Friedrich von Quadt, ließ sich von den Brüdern Matthieu und François Soiron[5] aus Maastricht zwischen 1746 und 1772 an Stelle der abgebrochenen Burg ein barockes Wasserschloss als Sommerresidenz erbauen. Der Schlossbau umfasste das Herrenhaus, zwei Vorburgflügel, zwei Pavillonbauten und eine französische Parkanlage in Form einer Grafenkrone[6]. Von dem ersten Bauabschnitt sind Dachdeckerarbeiten aus dem Jahr 1748 überliefert. Der zweite Bauabschnitt begann vermutlich 1751. Um diese Zeit wurde Matthieu Soiron als Architekt in den Akten namentlich genannt[7].

Der Architekt Joseph Buchkremer beschreibt den Schlossbau folgendermaßen: „Seine Architektur ist sehr schematisch und weist entschieden auf die Mitarbeit des jüngeren Jakob Couven, des Sohnes Johann Josef Couven hin, der seit der Mitte der fünfziger Jahre als Architekt mit seinem Vater zusammenarbeitete. Der durch ein Mansarddach mit thurmatiger Bekrönung abschließende Mittelbau zeigt über dem Hauptgesimse das Wappen von Quadt. Vor dem ehemaligen Hauptgebäude stehen zu beiden Seiten ausgedehnte unter sich gleiche Oekonomiegebäude; diese sind zum Theil noch erhalten. Der von denselben eingeschlossene große Hof wird durch eine architektonisch reich ausgebildete Brücke, die den zwischen dem Schlossbau und den Oekonomiegebäuden liegenden Wassergraben überspannt, mit dem Hauptbau verbunden.“

Die beiden Ökonomiegebäude (vor 1895 Gestüt) „werden durch zwei weit vorspringende Flügelbauten eingefasst und haben einen hohen zweigeschossigen Mittelbau, der dominierend die nur eingeschossigen übrigen Gebäudetheile überragt und durch ein Mansarddach mit Thurmabschluss bekrönt wird. An allen abgerundeten Gebäudeecken findet sich auch hier das Couven’sche Dachmotiv. Die vordere Fläche des Mittelbaues wird durch massive Steingiebel abgeschlossen, die reichen figuralen und ornamentalen Schmuck zeigen. Der Giebel der Rechten stellt Neptun, von Tritonen umgeben, dar, wie er in seinem mit vier Rossen bespannten Wagen durch die Fluth fährt; der Giebel auf der linken Seite stellt Ceres dar, auf einem von geflügelten Drachen gezogenen Wagen niedersteigend und Samen ausstreuend. unten kniet ein Bauer, flehend zu ihr aufblickend, vor seinem Gespann, dessen Ochsen unthätig auf dem Acker liegen. Die beiden Giebel sind durch flache, vielfach gebogene Profilleisten eingerahmt und bilden im Allgemeinen eine ovale Umrisslinie.“ Der baufällige Mittelteil, das Hochschloss, wurde um 1859 abgerissen.[8]

Soiron trennte, vermutlich auf Wunsch des Bauherrn, die Seitenflügel vom Corps de logis. Auf diese Weise schuf er eine Variante des Ehrenhofmotivs.

Porträt

Bearbeiten

Das oben wiedergegebene Porträt ist ein Detail des ganzfigurigen Gemäldes Wilhelm Otto Friedrich von Quadt und sein Baumeister vor dem Schloss Wickrath in Schloss Rheydt[9]. Die Bildinschrift lautet: „DEN HOOGGEBOORE HEER WILLEM OTTO FREDERICK DES HEYLIGEN ROOMISCHEN RYX GRAVE VAN QUADT DER ONMIDDELBAERE RYX VRYE HEERLYK HEEDEN WYKRADT EN SCHWANENBERG REGEEREND HEER VRY HEER VAN LOENEN WOLFEREN EN DE ERFHOFMEESTERIE HEER VAN DELL WYNEN ERFDROS? EN ERF HOFMEESTER DES FÜRSTENDOMS GUELDRE EN DER GRAFFSCHAP ZUTPEHEN.“ Sie nimmt Bezug auf den Dargestellten Wilhelm Otto Friedrich von Quadt, den Bauherrn.

Josef Mataré (19. März 1880 – 25. September 1966), Bruder von Ewald Mataré und Vater von Herbert Mataré, erstellte vor 1933 eine Detail-Kopie dieses Porträts in Isny im Allgäu[10]. Es handelte sich hierbei um ein Ölgemälde auf Hartfaser in den Maßen 65 cm Höhe und 53 cm Breite[11]. Matarés Signatur in Form einer Ligatur besteht aus den beiden Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens, wobei er das J mittig auf dem M platzierte. An Stelle des braunen Fracks von Soiron im Originalbild wählte Mataré einen roten Ton.

Das Original des Doppel-Porträts aus Schloss Rheydt befand sich zu dem Zeitpunkt in Schloss Isny. Die Reichsstadt Isny gehörte 1802 bis 1806 dem Reichsgrafen Otto Wilhelm von Quadt, einem Sohn des Bauherrn von Schloss Wickrath. Dieses Gemälde wurde 2001 in Amsterdam versteigert und befand sich zwischenzeitlich in den Jahren 1994/2005 im Museum Burg Frankenberg mit der Inventar-Nummer NGK 876[12]. Seit dem Jahr 2010 ist es im Aachener Couven-Museum aufgehängt. Die Einordnung als angebliches Porträt Couvens wird seit Dezember 2010 in Frage gestellt[13] und seit Mai 2011 als das Porträt eines zeitgenössischen Kollegen Couvens bezeichnet[14]. Dieses ist nicht fraglich, da das Originalbild 1773 zehn Jahre nach dem Tod von Johann Joseph Couven angefertigt wird. Buchkremer ordnete Schloss Wickrath aufgrund des schematischeren Baustiles Jakob Couven zu und wies auf Jakobs Mitarbeit in den 1750er Jahren hin, aber für 1751 ist Matthieu Soiron als Baumeister bereits aktenkundig was auch seinen Bruder als Porträtierten ausschließt. Damit sind auch Kövers und Kraus Deutungen als Porträt Jakob Couvens[15] widerlegt.[16]

Literatur

Bearbeiten
  • Wolfgang Löhr: „Wilhelm Otto Friedrich von Quadt (1717–1785), der Erbauer von Schloss Wickrath.“ S. 12–21. in: Schloss und Park Wickrath. Arbeitshefte der Rheinischen Denkmalpflege. Landschaftsverband Rheinland. Rheinisches Amt für Denkmalpflege. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms, 2005.
Bearbeiten
Commons: Matheius Soiron – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. „HSTAD, Wickrath, Akten 15 fol.39.“ Löhr, S. 18, Anm. 39.
  2. „Rijksarchiv Maastricht, Handschriftensammlung 100, III 73; IV 385; V 325; 386 A; 459; 461; X 209. Zur Genealogie der Familie Soiron s. J. Verzijl, De archtectenfamilie Soiron, in: Limburgse Leeuw 11, 1963, S. 73-86, L. J. Morreau, Bijdrage Soiron, in: ebd. 12, 1964, S. 93-99.“ Löhr, S. 18, Anm. 44. Frdl.Ausk.v.Dr. Christian Wolfsberger, Stadtoberarchivrat, Stadtarchiv Mönchengladbach.
  3. De Wildenborch
  4. Das Haus umgaben Wassergräben. Der Einzelturm war nicht integriert. Löhr, S. 17.
  5. In dem Limburger Jaarboek wird auch ihr Bruder Jean Louis Soiron als weiterer Mitarbeiter genannt. Die Autoren kommen ebenfalls aufgrund Löhrs Ausführungen zu dem Schluss, dass es sich bei dem Porträt um Matthieu Soiron handelt. Sie bezeichnen ihn als Matthias Soiron sen. Frank Hovens en Anke Kappler: De verbouwing van Kasteel Neubourg in de jaren 1733-1735 door architect Johann Joseph Couven. in: Limburgs Geschied- en oudheidkundig Genootschap (LGOG). Publications de la Société Historique et archéologique dans le Limbourg.Jaarboek 2009 deel 145, S. 72.
  6. Schloss Wickrath (Memento vom 8. Oktober 2012 im Internet Archive)
  7. Außer der stilistischen Divergenz, die Buchkremer feststellte, gibt es keinen Anhaltspunkt, dass in der Zeit von 1746 bis 1751 Quadt einen anderen Architekten beauftragt hatte. Diese Divergenz kann in der Betonung des Hauptbaus liegen.
  8. Joseph Buchkremer: Die Architekten Johann Joseph Couven und Jakob Couven. in ZAGV, Bd. 17, 1895, S. 149f
  9. Otto Friedrich von Quadt mit seinem Baumeister Matthieu Soiron und Schloss Wickrath im Hintergrund von Johann Heinrich Fischer.
  10. Löhr, S. 18.
  11. Thomas F. Kraus: „Auf dem Weg in die Moderne. Bonne ville d'Aix-la-chapelle. Aachen in französischer Zeit - 1792/93, 1794-1814.“ Handbuch-Katalog zur Ausstellung im „Krönungssaal“ des Aachener Rathauses vom 14. Januar bis zum 5. März 1995. Aachen, Verlag des Aachener Geschichtsvereins, 1994, (Kraus), S. 612.
  12. Löhr, S. 18; Kraus, S. 613.
  13. Dagmar Preising, Ulrich Schäfer: „Couven-Museum in Aachen.“ Deutscher Kunstverlag Berlin, S. 18. Das Gemälde befindet sich nicht mehr in Isny, sondern seit 2001 in Rheydt.
  14. Michael Prömpeler: Das Couven-Museum. Station Route Charlemagne, S. 9. Der Autor kreiert entweder ein Konglomerat von Vater und Sohn Couven oder ordnet es dem Vater von Johann Joseph Couven, Johann Jakob Couven zu: Das Bild „sei lange Zeit als Porträt von Johann Jakob Couven angesehen worden. Neue Erkenntnisse weisen darauf hin, dass es sich wahrscheinlich um einen zeitgenössischen Berufskollegen handelt, der stolz auf seine Werkzeuge zeigt.“ Soiron weist nicht auf seine „Werkzeuge.“ Er hält seinen Zirkel in der rechten und seine linke Hand deutet seinen vermeintlichen Bauplan.
  15. Katharina Köver: „Johann Joseph Couven. Ein Architekt des 18. Jahrhunderts zwischen Rhein und Maas.“ Sonderband IX Aachener Kunstblätter zur Ausstellung Johann Joseph Couven. Hrsg. v. d. Stadt Aachen und dem Museumsverein Aachen. Bestandskatalog IV des Suermondt-Ludwig-Museums. 1983, S. 91; Kraus, S. 612.
  16. Das Bild Johann Joseph Couvens, online-Beitrag des Aachener Geschichtsvereins
  17. HSTAD, Wickrath, Akten 15, fol. 105. Löhr, S. 19, Anm. 67.
  18. HSTAD, Wickrath, Akten 15, fol.103. s. a. Liste von Burgen, Schlössern und Festungen in Nordrhein-Westfalen 3.9 Rhein-Kreis Neuss: Korschenbroich Nr. „8. Haus Schlickum, Schlich in Korschenbroich-Glehn