Max Friedrich
Max Hermann Friedrich (* 26. April 1945 in Klosterneuburg, Niederösterreich) ist ein österreichischer Psychiater, Neurologe, Psychotherapeut (Individualpsychologie nach Alfred Adler)[1], Hochschullehrer[2] und Autor. Von 1995 bis 2013 war er Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie[3] am AKH Wien. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Kinderpsychiatrie in Österreich.[4]
Leben
BearbeitenMax Friedrich legte 1964 in Gänserndorf die Matura ab, im Jahr 1971 schloss er sein Medizinstudium ab. Seit 1977 ist er Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, seit 1980 auch für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie. 1983 wurde er ordentlicher Professor an der Universität Wien. Im Jahr 1984 wurde Max Friedrich zum ständigen gerichtlich beeideten Sachverständigen für Psychiatrie sowie Kinder- und Neuropsychiatrie bestellt.[5] Von 1993 bis 2003 hielt er zahlreiche Lehrveranstaltungen zur Klinischen Psychiatrie, Neuropsychiatrie, Klinischen Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Diagnostik, Forensik und anderen Themenfeldern. Darüber hinaus wirkte er als Konsulent des Stadtschulrats für Wien, für den er eine psychologische Beratungsstelle gründete und aufbaute, sowie als Beauftragter für Sekten-, Familien- und Missbrauchsfragen verschiedener Bundesministerien und Mitglied nationaler und internationaler Gremien.[6] Von 2005 bis 2009[7] war Friedrich Ombudsmann der Erzdiözese Wien für Opfer sexueller Missbrauchs in der römisch-katholischen Kirche.[8][9][10]
Neben zahllosen Fachpublikationen veröffentlichte Friedrich Bücher wie Tatort Kinderseele[11], Kinder ins Leben begleiten[12], Die Opfer der Rosenkriege[13], Irrgarten Pubertät[14] und Lebensraum Schule.[15] Er setzt sich unter anderem mit Themen wie Gewalt an der Schule, Rolle der Peer Groups bei Jugendlichen und Homosexualität im Jugendalter auseinander.
Am 10. November 1994 gründete er mit Giora Seeliger in Österreich Rote Nasen Clowndoctors, den Verein zur Förderung der Lebensfreude von kranken oder leidenden Kindern.[16][17] Er ist Gründer und Leiter des Ambulatoriums Die Boje für Jugendliche, die psychische Probleme haben.[18] Er gehörte dem psychosozialen Team an, das die 1998 entführte und 2006 freigekommene Österreicherin Natascha Kampusch seit ihrer Flucht intensiv betreute.[19][20]
Von 1976 bis 1991 arbeitete Friedrich an der Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters am Wiener AKH. Als Nachfolger von Walter Spiel[21][22] wurde er mit 1. Oktober 1991 zunächst supplierender Vorstand der Klinik, ehe er 1995 zum ordentlichen Universitätsprofessor und Vorstand der Klinik avancierte, was er bis Oktober 2013 blieb.[23][24] Sein Nachfolger ist Paul Plener.[25]
Er ist mit der Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich-Schöler verheiratet und hat vier Kinder.[26] Friedrich wohnt in Wien und Bad Fischau-Brunn.[27]
Kritik
BearbeitenSeit 2008 wird der häufig als Gerichtsgutachter tätige Friedrich wegen angeblich unzureichender oder falscher Gutachten kritisiert: Aufgrund eines Gutachtens Friedrichs wurde ein Kärntner Vater und der Stiefgroßvater wegen sexuellen Missbrauchs seiner (Enkel)Tochter gerichtlich verurteilt und befanden sich 22 Monate bzw. ein Jahr in Haft, bevor sie in einer Verfahrens-Wiederaufnahme freigesprochen wurden.[28][29] Der damalige Justizsprecher der FPÖ, Peter Fichtenbauer, forderte auf einer Pressekonferenz Friedrichs Streichung von der Sachverständigenliste und unterstellte ihm, „massenhaft Falschgutachten“ erstellt zu haben.[30] Friedrich wies diese Anschuldigungen entschieden zurück.[31]
In einem anderen Fall sexuellen Missbrauchs an einer Minderjährigen schloss sich ein Gericht Friedrichs Aussage an, „Der Gutachtensansatz der Sachverständigen Dr. R. stehe somit mit der österreichischen forensischen Tradition nicht in Einklang [...]“, verwarf das Glaubwürdigkeitsgutachten der Sachverständigen und wies einen Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten zurück. Das OLG Linz hob den Beschluss auf: „Entgegen der vom Erstgericht beschriebenen ‚österreichischen forensischen Tradition‘ kann wohl nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auch in Österreich zu gelten hat. Betreffend die Methodik und den Inhalt der Glaubhaftigkeitsbeurteilung, insbesondere die Begutachtung von Kindern nach sexueller Misshandlung, haben daher die in der Bundesrepublik Deutschland anlässlich der ‚Wormser Prozesse‘ entwickelten wissenschaftlichen Grundprinzipien auch für den österreichischen Strafprozess Gültigkeit.“[32] Der Verurteilte wurde nach sieben Jahren und acht Monaten nachträglich freigesprochen.[33][34]
Auszeichnungen
Bearbeiten- 2006 Professor-Dr.-Julius-Tandler-Medaille der Stadt Wien in Silber
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Max Friedrich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Verein - die Boje. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Max Friedrich im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- ↑ Medizinischen Universität Wien: Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie | MedUni Wien. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Kinderpsychiater Max Friedrich wird 65 - oesterreich.ORF.at. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Gerichtssachverständigenliste, Univ.Prof. Dr. Max H. Friedrich. Bundesministerium für Justiz, abgerufen am 23. Dezember 2015: „Sachliche Beschränkung Nicht für: Glaubwürdigkeitsgutachten“
- ↑ Max Friedrich im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- ↑ Dietmar Neuwirth: Missbrauch durch Priester: "Ärger als durch Vater". In: Die Presse. 17. Februar 2010, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Erzdiözese Wien: Kinderpsychiater Friedrich wird Ombudsmann. Abgerufen am 9. März 2024 (österreichisches Deutsch).
- ↑ religion.ORF.at/news. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Affäre: Whisky in der Pfarre. 12. Mai 2007, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Max Friedrich: Tatort Kinderseele: Sexueller Missbrauch und die Folgen. 2., Edition Auflage. Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2001, ISBN 978-3-8000-3823-7 (amazon.de [abgerufen am 9. März 2024]).
- ↑ Max H. Friedrich: Kinder ins Leben begleiten: Vorbeugen statt Therapie. 1. Auflage. G&G Kinder- und Jugendbuchverlag, Wien 2003, ISBN 978-3-209-04037-4 (amazon.de [abgerufen am 9. März 2024]).
- ↑ Max H. Friedrich: Die Opfer der Rosenkriege: Kinder und die Trennung ihrer Eltern. Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2004, ISBN 978-3-8000-3986-9 (amazon.de [abgerufen am 9. März 2024]).
- ↑ Max H. Friedrich: Irrgarten Pubertät: Elternängste. Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2005, ISBN 978-3-8000-7083-1 (amazon.de [abgerufen am 9. März 2024]).
- ↑ Max H. Friedrich: Lebensraum Schule: Perspektiven für die Zukunft. Carl Ueberreuter Verlag, München 2008, ISBN 978-3-8000-7361-0 (amazon.de [abgerufen am 9. März 2024]).
- ↑ 15 Jahre "Rote Nasen". Abgerufen am 9. März 2024 (österreichisches Deutsch).
- ↑ ÄRZTE-EXKLUSIV: Kinderseelenstütze. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Charity-Gala zugunsten die Boje. 30. März 2011, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Max Friedrich betreut die 18-Jährige - oesterreich.ORF.at. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Psychiater Friedrich: Natascha hat Chance, normales Leben zu führen. Abgerufen am 9. März 2024 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Ableben em. Univ.Prof. Dr. Walter Spiel. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Walter Spiel, 1920-2003. Abgerufen am 9. März 2024 (österreichisches Deutsch).
- ↑ noe ORF at/Agenturen red: Kinderpsychiater Max Friedrich wird 75. 26. April 2020, abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Max Friedrich im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- ↑ Medizinischen Universität Wien: Paul Plener übernimmt Professur für Kinder- und Jugendpsychiatrie | MedUni Wien. Abgerufen am 9. März 2024.
- ↑ Ein Leben für die Kinder. In: Kriminalpolizei. Band 2006, Nr. 8 (online [abgerufen am 20. Juni 2018]).
- ↑ ORF Landesstudio Niederösterreich - Nahaufnahme Nadja Mader im Gespräch mit Prof. Max Friedrich. In: OTS.at. (ots.at [abgerufen am 20. Juni 2018]).
- ↑ Justizirrtum: Psychiater sieht keine Schuld. ORF, 13. September 2010, abgerufen am 23. Dezember 2015.
- ↑ Manfred Seeh: Psychiater Friedrich: Wie gut sind seine Gutachten? Die Presse, 8. September 2008, abgerufen am 23. Dezember 2015.
- ↑ FPÖ ortet Justizskandal und fordert Konsequenzen. Kronen Zeitung, 11. September 2008, abgerufen am 6. Januar 2009.
- ↑ Irene Brickner: Max Friedrich: Kärntner Expertise war „gründlich“. Der Standard, 11. September 2008, abgerufen am 23. Dezember 2015.
- ↑ OLG Linz 10 Bs 30/06t vom 26. Januar 2007
- ↑ Lehrer nach sieben Jahren freigesprochen. DerStandard.at, 10. August 2010, abgerufen am 23. Dezember 2015.
- ↑ 11 Os 66/10f. OGH, 21. Juli 2010, abgerufen am 23. Dezember 2015.
Personendaten | |
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NAME | Friedrich, Max |
ALTERNATIVNAMEN | Friedrich, Max Hermann (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Kinder- und Jugendpsychiater |
GEBURTSDATUM | 26. April 1945 |
GEBURTSORT | Klosterneuburg |