H. Koulen & Sohn

Deutsche Orgelbaufirma
(Weitergeleitet von Max Koulen)

H. Koulen & Sohn war ein deutscher Orgelbaubetrieb, der zwischen 1871 und 1921 ungefähr 200 Orgeln im Elsass und in Süddeutschland gebaut hat.

Heinrich Koulen

Bearbeiten

Firmengründer war Heinrich Koulen (* 23. Juni 1845 in Waldfeucht; † 14. März 1919 in Augsburg). Er war ein Sohn des Orgelbauers Wilhelm Koulen (1801–1885), der seine Werkstatt in Waldfeucht hatte. Nach der häuslichen Lehre ging er zur Weiterbildung nach Paris zu Joseph Merklin. 1871/72 gründete er in Straßburg seinen eigenen Orgelbaubetrieb. 1891 eröffnete er einen Zweigbetrieb in Oppenau, der 1895 nach Aufgabe des Betriebs in Straßburg zum Firmensitz wurde. Das letzte Werk im Elsass war der Umbau der Andreas-Silbermann-Orgel des Straßburger Münsters, der 1897 vollendet wurde. Dieses Werk war umstritten[1] und wurde schon nach zehn Jahren wieder abgebaut.

Nach dem Bau der großen Orgel in St. Ulrich und Afra[2] in Augsburg im Jahr 1903 wurde 1905 ein Zweigbetrieb in Augsburg gegründet.

Max Koulen

Bearbeiten

Max Koulen (* 10. Oktober 1876 in Straßburg; † 30. September 1948 in Freiburg), Heinrichs Sohn, wurde 1909 Teilhaber.

1914 erfolgte der Umzug in eine größere Werkstatt in die Zweibrückenstraße in Augsburg-Pfersee. 1915 schied Heinrich Koulen aus der gemeinsamen Firma aus. 1917 wurde der Betrieb in Oppenau verkauft. Wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage wurde 1921 der Betrieb in Augsburg aufgegeben.

Max Koulen wurde Leiter der Orgelbauabteilung in der Firma M. Welte & Söhne in Freiburg im Breisgau. Als 1927 der Neubau der Orgel des Freiburger Münsters ausgeschrieben wurde, war Koulens Reputation mitentscheidend dafür, dass die Firma M. Welte & Söhne den Auftrag bekam. Anfang 1930 war das Orgelwerk im Freiburger Münster mit Langschifforgel (III/50), Hochdruckorgel (8 Registern) und Fernwerk (9 Registern) fertiggestellt. Die Walcker-Chororgel (von 1881 mit II/34) konnte von dem neuen Spieltisch ebenfalls angesteuert werden. 1936 wurde noch einmal grundlegend umgebaut: die Langschifforgel wurde auf 14 Register reduziert, dafür eine neue Hauptorgel auf der nördlichen Vierungsempore mit 59 Registern geschaffen und das Fernwerk auf 29 Register erweitert (Michaelsorgel).

Koulen baute zuerst Kegelladen. 1884 führte er als Erster im Elsass die pneumatische und 1888 die elektro-pneumatische Traktur ein. Vater und Sohn waren erfinderische Geister und ausgezeichnete Intonateure; insbesondere ihre Kunst, Zungenstimmen zu intonieren, war international anerkannt. Émile Rupp hat sie als Protagonisten des elsässisch-neudeutschen Orgelbaus gesehen und herausgestellt.[3]

Werkliste (Auszug)

Bearbeiten
Jahr Opus Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1875 Millen St. Nikolaus
 
I/P 7 erhalten
Orgel
1879 Saales St. Bartélémy
 
III/P 26 1923 durch einen Neubau ersetzt
1880 Andlau St-Pierre-et-Paul
 
II/P 28 erhalten
1884 Straßburg Nikolaikirche III/P 33 Umbau der Andreas-Silbermann-Orgel, verändert erhalten
1884 Straßburg Aureliakirche
 
II/P 23 Neubau unter Verwendung einiger Andreas-Silbermann-Register
1952 Neubau von Ernest Muhleisen mit III/52
1885 Zinswiller prot. Kirche erste pneumatische Orgel im Elsass
1888 Straßburg St. Barbara III/P 36 erste elektrisch-pneumatische Orgel im Elsass
1893 Prag Emmauskloster III/P 62
1894 Straßburg Magdalenenkirche III/P 30 In der Nacht vom 6. auf den 7. August 1904 bei einem Kirchenbrand zerstört.
1896 Burbach (Saarbrücken) St. Eligius
 
II/P 20 nicht erhalten, 1959/61 ersetzt durch einen Neubau der Firma Weise; Pfeifenwerk teilweise wiederverwendet.
1897 Straßburg Straßburger Münster
 
nicht erhalten
1899 Reicholzried St. Georg und Florian II/P 15 1998 renoviert, erhalten bis auf Oboe 8' und Tretbalg
Orgel
1901 103 Unterreitnau St. Urban und Silvester
 
II/P 16 2012 in so schlechtem Zustand, dass anstelle der Orgel ein Elektrikum benutzt wurde
1901 Gersweiler St. Michael II/P 14 nicht erhalten, 1965/66 ersetzt durch einen Neubau der Firma Hugo Mayer Orgelbau; Pfeifenwerk teilweise wiederverwendet.
1902 110 Piesport St. Michael
 
II/P 16 Disposition neobarockisiert
Orgel
1903 112 Augsburg St. Ulrich und Afra III/P 73 1982 Neubau durch Orgelbau Sandtner.
Orgel
1904 Tiefenbach bei Oberstdorf St. Barbara
 
II/P 13 erhalten
1904 Mettlach St. Lutwinus II/P 27 1956 Neubau durch Haerpfer & Erman unter Verwendung einiger Register
1907 142 Aretsried St. Pankratius II/P 15
1907 146 Anhofen (Bibertal) St. Maria Immaculata I/P 7
1907 Lutzingen St. Michael
 
II/P 16 erhalten
1908 148 Achsheim St. Peter und Paul (Achsheim)
 
II/P 13 2008 restauriert durch die Orgelwerkstätte Georg Weishaupt aus Ellgau; erhalten Orgel
1908 Gessertshausen-Oberschönenfeld Abteikirche Mariä Himmelfahrt
 
II/P 13 Neubau im Gehäuse von Johann Georg Hörterich; erhalten
1908 150 Scheyern Klosterkirche Heilig Kreuz und Mariä Himmelfahrt IV/P 60 1979 Neubau von Georg Jann
Orgeln der Basilika Scheyern
1908 Obermedlingen St. Urban und Sylvester
 
II/P 25 im historischen Gehäuse; erhalten
1909 158 Augsburg-Pfersee Herz-Jesus-Kirche III/P 44 ersetzt
Orgel
1909 Weilheim in Oberbayern Mariä Himmelfahrt II/P 36 1970 ersetzt durch einen Neubau von Max Offner
1910 Weilheim in Oberbayern – Unterhausen Mariä Heimsuchung II/P 10 1935/37 instand gesetzt; 1981 ersetzt durch Neubau von Günter Ismayr
1911 170 Augsburg St. Michael auf dem Hermanfriedhof II/P 8 Im Generalschweller; erhalten
1911 174 Landsberg am Lech Ursulinenkloster
 
II/P 17 2009 restauriert von Orgelbau Vleugels
1911 176 Hausham St. Anton
 
II/P 32 2013 restauriert von Orgelbau Vleugels
1912 Augsburg St. Sebastian
 
III/P 43 Orgel von St. Sebastian (Augsburg)
1913 Augsburg Katholische Heilig-Kreuz-Kirche II/P 33 1944 zerstört
1914 190 Landshut St. Martin III/P 70 1983 abgebaut
Jetzt im Orgelzentrum Valley
1914 191 Markt Wald Mariä Himmelfahrt
 
II/P 23 erhalten
1915 Polling Kloster Polling
 
II/P 31 ersetzt
1915 Bad Wörishofen Kloster Wörishofen
 
II/P 22
1916 Altötting Basilika St. Anna
 
III/P 62 1976 Neubau durch Gerhard Schmid, einzelne Register erhalten
Orgel
1917 203 Rohrenfels Mariä Heimsuchung
 
II/P 19 erhalten
1917 Augsburg Synagoge
 
II/P 32 1940 nach Christkönig in Weßling transferiert und von Carl Schuster umgebaut[4]
Orgel
1919 207 Sulzberg II/P 26 verändert erhalten
1930/1936 Freiburg im Breisgau Freiburger Münster III/P 107 ersetzt durch verschiedene Neubauten

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: H. Koulen & Sohn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. W. Widmann: Die Straßburger Münster-Orgel und ihre Kritiker In: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd.: 19, Leipzig, 1899, S. 784–786, 816-817
  2. E. Rupp: Die große Orgel der St. Ulrichs-Kirche in Augsburg In: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd.: 24, Leipzig, 1903, S. 239–243
  3. E. Rupp: Die Orgel der Zukunft In: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd.: 27, Leipzig 1907, S. 404.
  4. Heinz J. Koulen, Sixtus Lampl: Die Orgelbauer Koulen: Pioniere in einer Zeit des Umbruchs. Schloß-Verlag Valley, Valley 2006, ISBN 978-3-932055-02-7, S. 240–241.

Siehe auch

Bearbeiten