Menhir von Weilheim
Der Menhir von Weilheim, auch Weilheimer Stele genannt, ist ein 1985 im Ortsteil Weilheim von Tübingen in Baden-Württemberg im Erdreich entdeckter Menhir aus des Spät- oder Endneolithikums.
Fundsituation
BearbeitenBeim Bau eines Hauses am Herrenweg wurden in einem Kanalisationsgraben mehrere Teile eines ursprünglich etwa 4,5 m hohen, 80–90 cm dicken Monolithen aus Stubensandstein gefunden. Die Bruchstücke lagen in etwa 1,5 m Tiefe, in einer dunklen, tonigen Schicht, wohl einer ehemaligen Bodenoberfläche. Das deckende Erdmaterial wurde vom südlich gelegenen Höhenzug Rammert abgeschwemmt. Von dort stammt auch der Sandstein.
Beschreibung
BearbeitenAuf der Vorderseite des Menhirs sind fünf Dolchklingen mit kurzem Schaft in Flachrelief dargestellt, sogenannte Stabdolche. Daneben ist eine ovale Scheibe (Sonne), und eine hängende Mondsichel zu erkennen. Das Relief wurde aus der Oberfläche des Steins herausgearbeitet und teilweise überschliffen. Auf der Rückseite des Menhirs zeigen sich in scheinbar regelloser Anordnung näpfchenförmige Vertiefungen und Rillen.
Kontext
BearbeitenAufgrund des Stabdolch-Motivs wurde ursprünglich ein bronzezeitliches Alter der Stele angenommen[1]. Neueren Forschungen zufolge fügt sich der Menhir allerdings ein in eine Fundlandschaft von reliefverzierten Stelen mit Waffendarstellungen, die vom Neckargebiet über die Schweiz bis nach Norditalien reicht[2]. Diese werden mehrheitlich der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. zugewiesen, dem Übergang vom Spät- zum Endneolithikum im süddeutschen Raum. Ähnlich zu bewerten sind die anthropomorphen Stelen und Stelenfragmente aus Rottenburg „Lindele“, Tübingen-Kilchberg sowie Gomaringen-Stockach, welche sekundär in einsenzeitlichen Grabanlagen verbaut wurden. Typologisch gehören auch diese Funde dem 4. oder 3. Jahrtausend v. Chr. an[3][4].
Eine exakte Nachbildung wurde als archäologisches Denkmal etwa 50 m östlich des Fundortes an einer Wegegabel am Herrenweg etwas außerhalb von Weilheim aufgestellt. Das Original befindet sich im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz.
Literatur
Bearbeiten- Johannes Groht: Menhire in Deutschland. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-943904-18-5, S. 93.
- Raiko Krauß, Jörg Bofinger (Hrsg.), Gold im Ammertal. Das Ende der Steinzeit im Raum Tübingen (Tübingen 2023) ISBN 978-3-949680-08-3
- Martin Kuckenberg: Kultstätten und Opferplätze in Deutschland – Von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2076-6, S. 34
- Hartmann Reim: Der frühbronzezeitliche Menhir von Weilheim, Stadt Tübingen. In: J. Reischmann (Hrsg.): 900 Jahre Weilheim. Ein Heimatbuch. Verwaltungsstelle Tübingen-Weilheim, Tübingen 1991, S. 55 ff.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Hartmann Reim: Eine frühbronzezeitliche Stele von Tübingen-Weilheim. In: Dieter Planck (Hrsg.): Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg. Band 1985. Konrad Theiss, Stuttgart 1986, ISBN 3-8062-0465-9, S. 81–84.
- ↑ Menschen in Stein gemeisselt. Schweizerisches Nationalmuseum; Christoph Merian Verlag, Zürich] : [Basel 2021, ISBN 978-3-85616-961-9.
- ↑ Thomas Link: Tradition und Innovation: das 5. und 4. Jahrtausend v. u. Z. im Neckarraum. In: Raiko Krauß, Jörg Bofinger (Hrsg.): Gold im Ammertal. Das Ende der Steinzeit im Raum Tübingen. Museum der Universität Tübingen MUT, Tübingen 2023, ISBN 978-3-949680-08-3, S. 141–155.
- ↑ André Spatzier: Das Endneolithikum und die frühe Bronzezeit im Neckarraum. In: Raiko Krauß, Jörg Bofinger (Hrsg.): Gold im Ammertal. Das Ende der Steinzeit im Raum Tübingen. Museum der Universität Tübingen MUT, Tübingen 2023, ISBN 978-3-949680-08-3, S. 161–173.
Koordinaten: 48° 29′ 33,7″ N, 9° 1′ 50,4″ O