Ein Menstruationsurlaub ist der rechtliche Anspruch für Frauen, jeden Monat abhängig vom Menstruationszyklus eine Form des bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaubs zu erhalten. Beim Menstruationsurlaub handelt es sich allerdings nicht automatisch um Urlaub im herkömmlichen Sinne. Er kann sich auch auf Krankenstandstage beziehen, die Frauen regelmäßig in Anspruch nehmen können, ohne einen spezifischen Grund angeben zu müssen.

Gesetzlichen Menstruationsurlaub gibt es nur in wenigen Ländern. Während Gegner von derartigen Regelungen mögliche Stigmata und Diskriminierung im Zusammenhang mit Menstruationsurlaub sowie die Medikalisierung von Menstruation kritisieren[1][2], sehen Befürworter Menstruationsurlaub als Förderinstrument zur Gleichstellung der Geschlechter und zum Abbau des Menstruationstabus.[3][4][5]

Rund zehn bis zwanzig Prozent der Frauen haben so akute Menstruationsbeschwerden, dass sie pro Monat einen bis drei Tage nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können.[6][7] Neben den Regelschmerzen (Dysmenorrhoe) können Frauen auch durch prämenstruelle dysphorische Störungen bei der Arbeit eingeschränkt werden.

Es wird vorgeschlagen, statt des Begriffs "Menstruationsurlaub" Bezeichnungen wie "Extra-Krankentage",[8] "Menstrual leave"[9] oder "Period Leave"[10] zu verwenden. Grund dafür ist, dass der Wortteil Urlaub im deutschen Sprachgebrauch mehrheitlich als Bezeichnung für Erholungsurlaub verwendet wird. Mit der Bezeichnung "Menstruationsurlaub" werde impliziert, dass an Menstruationsbeschwerden leidenden Frauen sich eine schöne Zeit machen würden, während sie tatsächlich arbeitsunfähig sind.[11]

Arbeitsrecht

Bearbeiten

Ein Vorschlag des italienischen Parlaments zur Einführung eines Menstruationsurlaubs im Jahr 2017 stieß auch die Debatte im Europäischen Parlament an, inwieweit die Menstruation die Gesundheit von Frauen in der Arbeitswelt beeinflusst. Der Gesetzentwurf[12] hätte eine Richtlinie für Unternehmen eingeführt, drei Tage bezahlten Urlaub für Frauen zu gewähren, die unter starken Menstruationsbeschwerden leiden; die Richtlinie wurde nicht in Kraft gesetzt.[13][14]

Unabhängig von lokalen Gesetzen gewähren vereinzelt Arbeitgebende Menstruationsurlaub. Neben arbeitsrechtlichen Erwägungen spielt es dabei auch eine Rolle, Tabus über die Menstruation abzubauen.[15][16]

D-A-CH-Länder

Bearbeiten

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keinen explizit geregelten gesetzlichen Menstruationsurlaub. Grund dafür ist, dass sich die Fälle der Arbeitsunfähigkeit infolge von Menstruationsbeschwerden nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall richten. Frauen haben die Möglichkeit, sich bei schweren Menstruationsbeschwerden ärztlich arbeitsunfähig schreiben zu lassen.[17][18] Vereinzelt besitzen Unternehmen ein Frei-Tageskontigent pro Person, das ohne ärztliches Attest in Anspruch genommen werden kann.[19]
In Deutschland sieht § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) vor, dass eine ärztliche Bescheinigung im Fall der Arbeitsunfähigkeit nach drei Krankheitstagen vorzulegen ist. Der Arbeitgeber kann ein Attest nach § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG allerdings schon früher verlangen. Je nach Arbeitgeber ist es also im Falle einer menstruationsbedingten Arbeitsunfähigkeit möglich, bis zu drei Tage ohne ärztliches Attest der Arbeit bei Entgeltfortzahlung fernzubleiben.

2023 wurde in Spanien ein Menstruationsurlaub eingeführt.[20] Dort wird, anders als in Deutschland, in den ersten drei Tagen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit keine Lohnfortzahlung gewährt.[21] Als Ausnahme von dieser grundsätzlichen Regelung im Falle einer Arbeitsunfähigkeit, übernimmt der Staat die Lohnkosten der in Folge von Menstruationsbeschwerden arbeitsunfähigen Frauen ab ersten Tag.[22] Um die Lohnfortzahlung geltend machen zu können, müssen Frauen jedes Mal ein ärztliches Attest über ihre Regelbeschwerden einholen.[23] Innerhalb der ersten zehn Monate nach Inkrafttreten der Regelung, wurden 1558 Fälle einer menstruationsbedingten Krankmeldung registriert.[24]

Russland

Bearbeiten

Russland wurde nach der Oktoberrevolution in einigen Berufszweigen eine Menstruationspause eingeführt; wegen der daraus resultierenden Diskriminierung von Arbeiterinnen wurde diese Regelung 1927 wieder abgeschafft.[25]

Japan: Frauen dürfen seit 1947 pro Monat einen Tag unbezahlten oder bezahlten Urlaub nehmen. Das japanische Gesetz schreibt zwar vor, dass Frauen bei akuten Menstruationsbeschwerden Urlaub nehmen dürfen, allerdings sind Unternehmen nicht dazu verpflichtet, bezahlten Urlaub zu gewähren.[26]

Indonesien: Frauen haben ein Recht auf zwei Tage Menstruationsurlaub pro Monat, wobei es sich dabei nicht um zusätzlichen Urlaub handelt.

Südkorea: Weibliche Angestellte haben gemäß Artikel 71 des Arbeitsnormengesetzes Anspruch auf Menstruationsurlaub und es wird ihnen eine zusätzliche Bezahlung zugesichert, wenn sie den ihnen zustehenden Menstruationsurlaub nicht nehmen.

Taiwan: Das Gesetz zur Gleichstellung der Geschlechter gewährt erwerbstätigen Frauen drei Tage „Menstruationsurlaub“ pro Jahr zusätzlich zu den 30 Tagen „gewöhnlicher Krankheitsurlaub“.

Sambia: Seit 2015 haben Frauen einen gesetzlichen Anspruch auf einen freien Tag pro Monat aufgrund ihrer Menstruationsurlaubspolitik, bekannt als „Mother’s Day“.[15]

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Giving Italian women ‘menstrual leave’ may backfire on their job prospects. In: Washington Post. Abgerufen am 3. Juli 2021 (englisch).
  2. Should women get paid menstruation leave? In: Salon. Abgerufen am 3. Juli 2021 (englisch).
  3. Auf Ibu 800 durch den Arbeitstag. In: Zeit Online. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  4. „Das Menstruationstabu ist ein Problem“. In: Tagesspiegel. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  5. Policy Brief: Women and Menstruation in the EU. Eurohealth in the EU, abgerufen am 3. Juli 2021 (englisch).
  6. Regelschmerzen (Dysmenorrhoe). In: Techniker Krankenkasse. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  7. Pallavi Latthe, Rita Champaneria Khalid Khan: Dysmenorrhea. Hrsg.: Am Fam Physician. Band 85, Nr. 4, 15. Februar 2012, S. 386–387.
  8. „Menstruationsurlaub“ hat nichts mit Urlaub zu tun. In: deutschlandfunk.de. 31. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2024.
  9. Menstruationsurlaub – wie sinnvoll ein solcher Vorschlag ist. In: stern.de. 16. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2024.
  10. Warum diese Startups ihren Mitarbeiterinnen während der Periode freigeben. In: businessinsider.de. 13. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2024.
  11. „Menstruationsurlaub“ hat nichts mit Urlaub zu tun. In: deutschlandfunk.de. 31. Mai 2022, abgerufen am 30. Juni 2024.
  12. Bericht über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen. Europäisches Parlament, abgerufen am 2. Mai 2023.
  13. Italien: Politikerinnen fordern "Menstruationsurlaub". In: Der Standard. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  14. Italiens Parlament diskutiert Menstruations-Urlaub für Frauen. In: Die Welt. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  15. a b Laura-Marie Löwen: Menstruationsurlaub: Wer blutet, muss zuhause bleiben dürfen. In: Emotion. 21. Mai 2021, abgerufen am 3. Juli 2021.
  16. Michaela Haas: Kristel de Groot im Interview über Menstruationsurlaub: "Heute mache ich menstruationsfrei". In: Süddeutsche Zeitung. 21. Januar 2021, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  17. Freie Tage während der Tage: Ist Menstruationsurlaub auch in Deutschland denkbar? In: RND. Abgerufen am 3. Juli 2021.
  18. Arbeit - Debatte über Menstruation im Job anstoßen. Süddeutsche Zeitung, 27. Mai 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  19. Redaktion: Tarifvetrag bei Fahrradhersteller Canyon durchgesetzt. In: IG Metall. Abgerufen am 6. Oktober 2023: „Erstmals vereinbarte die Verhandlungskommission der IG Metall [mit Canyon Bicycles] in einem Tarifvertrag zwei zusätzliche Tage Freistellung für Menstruation [...]“
  20. tagesschau.de: Spanien beschließt Frauen- und Gendergesetze. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  21. Behandlung der Arbeitsunfähigkeit in Spanien. In: arintass.de. Abgerufen am 26. Mai 2022.
  22. Spanien macht "Menstruationsurlaub" möglich. In: zdf.de. 1. Juni 2023, abgerufen am 30. Juni 2024.
  23. Menstruationsurlaub in Spanien jetzt erlaubt – ein Gewinn für Frauen? In: Der Standard. 2. Juni 2023, abgerufen am 30. Juni 2024.
  24. In Spanien wird das Recht zum Menstruationsurlaub kaum genutzt. In: Neue Zürcher Zeitung. 24. Juni 2024, abgerufen am 30. Juni 2024.
  25. Sally King: Menstrual Leave: Good Intention, Poor Solution. In: Aligning Perspectives in Gender Mainstreaming. Springer International Publishing, Cham 2021, ISBN 978-3-03053268-0, S. 151–176, doi:10.1007/978-3-030-53269-7_9 (springer.com [abgerufen am 3. Juli 2021]).
  26. National Labour Law Profile: Japan. In: International Labour Organization. Abgerufen am 3. Juli 2021 (englisch).