Metacalciouranoit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung (Ca,Na,Ba)[(UO2)2|O3]·2H2O[4] und ist damit hauptsächlich ein wasserhaltiges Calcium-Uranyl-Hydroxid. Die zusätzlich in den runden Klammern angegebenen Elemente Calcium, Natrium und Barium können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Metacalciouranoit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1971-054[1]

IMA-Symbol

Mcu[2]

Andere Namen
  • Metacalcio-Uranoit
Chemische Formel
  • (Ca,Na,Ba)U2O7·2H2O[1]
  • (Ca,Na2,Ba)[(UO2)2|O|(OH)4][3]
  • (Ca,Na,Ba)[(UO2)2|O3]·2H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/H.06-020

4.GB.20
05.04.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch[5]
Kristallklasse; Symbol nicht definiert
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,90[6]
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe orange[6]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz durchscheinend[6]
Glanz nicht definiert
Radioaktivität sehr stark[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,897[7]
nβ = 1,911[7]
nγ = 1,932[7]
Doppelbrechung δ = 0,035[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 81° (gemessen); 80° (berechnet)[7]

Metacalciouranoit ist im Allgemeinen durch seine eigene ionisierende Strahlung Metamikt, das heißt ohne definierte Kristallstruktur und damit amorph.[8] Er kann aber ursprünglich in orthorhombischer Symmetrie kristallisiert sein.[5] Bisher konnte das Mineral nur in Form massiger bis feinkörniger Mineral-Aggregate von oranger Farbe gefunden werden.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Metacalciouranoit zusammen mit Bauranoit in der Molybdän-Uran-Lagerstätte Oktyabr'skoye (russisch: Октябрьское) im Erzfeld Strel’tsovskoye (russisch: Стрельцовское) etwa 12 km südöstlich von Krasnokamensk in der russischen Region Transbaikalien.[9] Die Erstbeschreibung erfolgte 1973 durch V. P. Rogova, L. N. Belova, G. P. Kiziyarov und N. N. Kuznetsova (russisch: В. П. Рогова, Л. Н. Белова, Г. П. Кизияров, Н. Н. Кузнецова), die das Mineral aufgrund seiner engen Verwandtschaft zum Calciouranoit mit geringerem Kristallwassergehalt benannten.

Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau aufbewahrt.[10][11]

Klassifikation

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In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Metacalciouranoit noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/H.06-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Uranyl([UO2]2+)-Hydroxide und -Hydrate“, wo Metacalciouranoit zusammen mit Bauranoit, Calciouranoit und Wölsendorfit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[3]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Metacalciouranoit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und die Abteilung der „Uranyl-Hydroxide“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit und Art zusätzlicher Kationen sowie der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Mit zusätzlichen Kationen (K, Ca, Ba, Pb usw.); mit vorwiegend UO2(O,OH)5 pentagonalen Polyedern“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bauranoit und Calciouranoit die „Calciouranoit-Bauranoit-Gruppe“ mit der System-Nr. 4.GB.20 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Metacalciouranoit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Uran- und thoriumhaltigen Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Wölsendorfit in der unbenannten Gruppe 05.04.03 innerhalb der Unterabteilung „Uran- und thoriumhaltige Oxide, die Erdalkalimetall-Elemente enthalten (wasserhaltig)“ zu finden.

Kristallstruktur

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Bisher ist nur dokumentiert, dass Metacalciouranoit in orthorhombischer Symmetrie kristallisiert,[5] das heißt weder Punkt- noch Raumgruppe oder Gitterparameter wurden bisher entschlüsselt.

Eigenschaften

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Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 69,58 % als sehr stark radioaktiv eingestuft und weist eine spezifische Aktivität von etwa 124,548 kBq/g[5] auf (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g).

Bildung und Fundorte

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Krasnokamensk

Metacalciouranoit konnte bisher nur an seiner Typlokalität im Erzfeld Strel’tsovskoye nahe Krasnokamensk in Russland nachgewiesen werden[13], wo er in der Oxidationszone der dortigen Molybdän-Uran-Lagerstätte Oktyabr'skoye entstand. Dort tritt er in Paragenese mit Bauranoit, Calciouranoit, Protasit, Uraninit und Uranophan auf.[6]

Vorsichtsmaßnahmen

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Aufgrund der Toxizität und der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Metacalciouranoit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Atemschutzmaske und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch

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Literatur

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  • В. П. Рогова, Л. Н. Белова, Г. П. Кизияров, Н. Н. Кузнецова: Баураноит и Метакальцураноит – Новые Минералы из Группы Гидроокислов Урана. In: Zapiski Vsesoyuznogo Mineralogicheskogo Obshchestva. Band 102, Nr. 1, 1973, S. 75–81 (russisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 15. Oktober 2020] englische Übersetzung: V. P. Rogova, L. N. Belova, G. P. Kiziyarov, N. N. Kuznetsova: Bauranoite and Metacaltsuranoite [metacalciouranoite] – New Minerals from the Group of Uranium Hydroxides).
  • Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 58, 1973, S. 1111–1115 (englisch, rruff.info [PDF; 572 kB; abgerufen am 15. Oktober 2020]).
  • Л. Н. Белова, Б. И. Рыжов, О. В. Федоров, Г. В. Любомилова: Типоморфизм и Изоморфизм Гидроокислов Урана Группы Вёлсендорфита. In: Izvestiya Akademii Nauk SSSR, Seriya Geologicheskaya. Nr. 2, 1985, S. 65–72 (russisch, rruff.info [PDF; 675 kB; abgerufen am 15. Oktober 2020] englische Übersetzung: L. N. Belova, B. I. Ryzhov, O. V. Fedorov, G. V. Lyubomilova: Typomorphism and isomorphism of uranium hydroxides of the wölsendorfite group).
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Einzelnachweise

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  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 251.
  5. a b c d e David Barthelmy: Metacalciouranoite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 15. Oktober 2020 (englisch).
  6. a b c d Metacalciouranoite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 62 kB; abgerufen am 15. Oktober 2020]).
  7. a b c d e Metacalciouranoite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 15. Oktober 2020 (englisch).
  8. Peter C. Burns, Robert J. Finch: Uranium: Mineralogy, Geochemistry, and the Environment. In: Reviews in Mineralogy. Band 38. de Gruyter, 1999, S. 110 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 29. Dezember 2021]).
  9. Igor V. Pekov: Minerals first discovered on the territory of the former Soviet Union. 1. Auflage. Ocean Pictures, Moscow 1998, ISBN 5-900395-16-2, S. 139, 321, 347, 352.
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF; 124 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  11. The Depositories of Mineral Type Specimens. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 15. Oktober 2020.
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  13. Fundortliste für Metacalciouranoit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 15. Oktober 2020.