Michael Heinrich Rentz

deutscher Kupferstecher in Böhmen

Michael Heinrich Rentz (auch Renz; tschechisch Michal Jindřich Rentz; * 6. Januar 1698 in Nürnberg; † 1. Hälfte 1758, Kukus in Böhmen) war ein Kupferstecher und Zeichner des böhmischen Hochbarocks.[1]

Michael Heinrich Rentz (1775), Porträt seines Schülers Johann Balzer
Unterschrift von Michael Heinrich Rentz
 
Michael Heinrich Rentz und Johann Daniel de Montalegre: Kleine Ansicht von Kukus, 1723
 
Michael Heinrich Rentz: Palast von Branicky (1752)

Michael Heinrich Rentz wurde in eine Familie von Gürtlern geboren (im Kirchenregister unter dem Eintrag „Rentz = Messingschmeidmeister, Messingschmeidmacher“) und konnte sich deshalb schon als Kind mit dem Stichel vertraut machen. Das Kupferstechen erlernte er in Nürnberg, in der Werkstatt von Josef à Montalegre. Rentz vertiefte gleichzeitig seine Kenntnisse in der Nürnberger Zeichnerschule von Johann Daniel Preissler. Nach dem Tod seines Meisters Josef à Montalegre (1718) führte Rentz unter Mitwirkung von dessen Sohn Johann Daniel die Werkstatt bis 1722 weiter. Es wurden hauptsächlich Stiche mit Details der damaligen Architektur nach Zeichnungen von Johann Jacob Schübler gestochen. Dabei ragt besonders das Buch „PERSPECTIVA / PES PICTVRAE . . .  als das Haupt-Fundament der edlen Mahlerei“  heraus, Nürnberg 1. Ausgabe 1720[2]. Es zeigt die ersten Titelblätter von Rentz mit ungefähr zwanzig Muster-Projektionen imaginärer Räume und Beispiele des Schattenwurfs von Gegenständen. Noch in der Nürnberger Werkstatt stach Rentz drei große Stiche nach Zeichnungen von Jan Ferdinand Schorr, der für die Westfassade des Veitsdoms in Prag anlässlich der Seligsprechung des (ab 1729 heiligen) Johannes Nepomuk 1721 sogenannte theatra honoris, d. h. Ehrenpforten, entworfen hatte. Auf Einladung des Grafen Franz Anton Sporck übersiedelte Rentz in der zweiten Hälfte des Jahres 1722 nach Kukus in Böhmen, dem Sitz des Grafen. Er wurde von der Witwe Susanna de Montalegre und deren vier Kindern begleitet. In Kukus arbeitete Rentz während der folgenden fünfzehn Jahre als Illustrator der Bücher, die der Graf Sporck herausgab. So entstanden Hunderte von Stichen, bis etwa 1725 unter der Mitarbeit von Johann Daniel de Montalegre.

Nach dem Tod des gräflichen Mäzens (1738) arbeitete Rentz weitere zwanzig Jahre in den bescheidenen Verhältnissen der ehemals berühmten Bäder von Kukus. Dabei entstanden vorwiegend „Heiligenbilder“ als unbedeutende Auftragsarbeiten. In der Zeit von 1747 bis 1750 (?) zeichnete und stach Rentz Ansichten der Herrschaft des königlichen Hejtmans Jan Klement Branicky im polnischen Białystok. Im Siebenjährigen Krieg, nach der verlorenen Schlacht bei Leuthen, flüchteten Tausende Soldaten der geschlagenen österreichischen Armee zurück, gefolgt von einer Typhusepidemie, die neben vielen anderen Opfern in der Herrschaft von Sporck auch Rentz dahinraffte. Der Schild- und Freskomaler Casimir Rentz (24. April 1749–1799) war sein Sohn.[3]

Michael Heinrich Rentz beherrschte hervorragend die Technik des Radierens, verbunden mit dem Kupferstich. So wurde er Hof-Stecher des Grafen Sporck und illustrierte viele von Sporck herausgegebene Bücher. Zudem leitete er die Werkstatt, wo unter anderem Johann Balzer bei ihm in die Lehre ging. Aufgrund seiner Eigenständigkeit, Erfindungsgabe als Zeichner und seiner Beherrschung der grafischen Technik gilt er als einer der besten böhmischen und bedeutender europäischer Grafiker des 18. Jahrhunderts. Am 14. November 2001 gab die tschechische Post eine Briefmarke im Wert von 12 Kronen mit Rentz’ Stich Mariä Verkündigung aus.[4]

Kupferstecher des Grafen F. A. Sporck

Bearbeiten
 
Michael Heinrich Rentz Museum in Kuks, Tschechien

Rentz war vor allem der Illustrator einiger bedeutender und umfangreicher Zyklen. Unter diesen gilt als Hauptwerk „Das christliche Jahr“, an dem er zwölf Jahre lang arbeitete (von 1723 bis 1735). Das Werk mit seinen 300 Stichen basiert auf eigenen Zeichnungen des Künstlers und folgt dem Neuen Testament und dem Kalender der katholischen Heiligen und Märtyrer. Dabei wird der reife künstlerische Stil von Rentz sichtbar. Für ein weiteres Werk mit 212 Stichen – Lebens-Beschreibung der heiligen Alt-Väter, das sogenannte „Buch der Eremiten“ – diente eine ältere französische Sammlung als Vorlage, wobei Rentz diese beträchtlich verbesserte. Daneben schuf der Künstler eine Reihe von Veduten von Sporcks Herrschaft („kleine und große Ansicht von Kukus“, „Innenansicht des gräflichen Grabmals“ zweimal „das Jagdschloss Bonrepos“, „das Bad Podoly bei Hermannstädtel“). Eine Anzahl von Stichen widerspiegeln Sporcks Auseinandersetzung mit seinen Nachbarn, den Jesuiten (Illustrationen zu den „Hexenliedern“, „Gebet mit einem Stich des heiligen Nepomuk“, „Kreuzerrichtung mit dem Heiland“).

Spätwerk

Bearbeiten

Nach Sporcks Tod (1738) und nicht mehr unter dessen Einfluss stach Rentz im Verlauf der Vierzigerjahre des 18. Jh. noch 52 herausragende Kupferplatten in drei Ausgaben (1753, 1767 und 1777) unter dem Titel Geistliche Todts-Gedancken („Totentanz“). Damit reihte sich Rentz unter die europäischen Künstler zu diesem Thema, die die klassische Reihenfolge beachteten.[5] Das von den großen kulturellen Zentren entfernte und zwanzig Jahre nach Sporcks Tod weitgehend verlassene Kukus bot nur beschränkte Arbeitsmöglichkeiten für einen Kupferstecher. Dennoch konnte Rentz nach italienischen Vorlagen ein Buch über den hl. Eligius und weitere Schutzheilige der Prager Goldschmiedezunft illustrieren (Prag 1752). Er gestaltete auch die Theresianische Allegorie zum Sieg über die Besetzer vom Prag im Jahre 1742. Rentz stach auch drei Stiche, die ein Schlüsseldokument zur Prager Krönung von Maria Theresia darstellen (Prag 1743) – einzigartige originale Zeugnisse (Colligo flores, 1740, Colligo grana, 1741), und Ansichten der Aderspacher Felsen, 1739. Noch zu Sporcks Lebzeiten arbeitete er vom 1732 bis 1742 (1746?) an zwei monumentalen Tafeln für die Mariensäule in Polička. Aber vor allem schuf er kleine Devotionalien-Bildchen für böhmische und ausländische Wallfahrtsorte, die Klöster und Pfarreien bei ihm bestellten – vera effigies, wahre Abbildung. Bis jetzt wurden über hundert solcher Heiligenbildchen entdeckt.

Ausstellungen (Auswahl)

Bearbeiten
  • 1997 Projekt Totentanz / Memento Mori, Museum Bochum[6]
  • 2003 Umění grafiky. Grafické techniky v průběhu šesti století, Salon, Kabinet, Olomouc
  • 2011 Michael Jindřich Rentz, Národní galerie v Praze, Schwarzenberský palác[7]

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Michael Heinrich Rentz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Portrét Rentze od Johanna Balzera (Memento des Originals vom 23. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.artbohemia.cz
  2. Europeana: Perspectiva : pes pictvrae
  3. Rentz, Casimir. In: Georg Kaspar Nagler: Neues allgemeines Künstler-Lexikon. Band 13: Rhenghiero, Rhenghieri–Rubens, P. P. E. A. Fleischmann, München 1843, S. 37 (Textarchiv – Internet Archive).
  4. Postfila / 0309 (Memento des Originals vom 9. März 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archiv.radio.cz
  5. engravings by Michael Heinrich Rentz (1701–1758) from Der Sogenannte Todentanz (1767), 2013
  6. Peter Spielmann: Projekt Totentanz / Memento Mori – Aspekte des Todes in der Kunst. Dokumentation einer Ausstellung im Museum Bochum vom 27. September bis 23. November 1997. Mit Textbeiträgen von u. a. Gerti Maria Hoffijan und Hans Helmut Jansen, ISBN 978-3-8093-0210-0.
  7. Benčová Monika: Michael Heinrich Rentz. Národní galerie v Praze 2010, ISBN 978-80-7035-462-9.