Militärperspektive
Die Militärperspektive (auch Grundrissaxonometrie, Grundrissschrägbild, Militärprojektion, Militärriss, planometrische Projektion, Vogelschau; englisch: military projection) ist eine Perspektiveart, genauer eine Parallelperspektive (Axonometrie). Alle parallelen Linien eines Objektes bleiben im Bild parallel. Die Militärperspektive ist eine meist dimetrische, schiefe (bzw. schräge oder schiefwinklige) Horizontalansicht in Parallelperspektive.[1]
Beschreibung
BearbeitenBesonderes Kennzeichen ist, dass der Grundriss – und auch alle in waagerechten Ebenen liegenden Figuren wie z. B. die Draufsicht – maßstabsgetreu unverkürzt und unverzerrt bleibt.[2] Zunächst wird der vorhandene Grundriss abgebildet. Auf diesen trägt man dann die Höhenlinien senkrecht auf. Die Tiefenlinien (die seitlichen, nach links und rechts in die Tiefe gehenden Linien des Grundrisses) verlaufen meist im 60- bzw. 30-Grad-Winkel zur Waagerechten, seltener beide im 45-Grad-Winkel. Wichtig ist, dass beide Winkel addiert 90 Grad ergeben. So steht der Grundriss auf der Ecke und bleibt unverzerrt. Die Senkrechten bleiben senkrecht, können unverzerrt oder verkürzt – meist um die Hälfte – dargestellt werden.[3]
Verwendung
BearbeitenDie Militärperspektive entstand, um militärische Architektur darzustellen, insbesondere Bastionssysteme, die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts gebaut wurden.[4] Man verwendet die Militärperspektive vor allem dann, wenn der Grundriss gezeigt werden soll, zum Beispiel bei städtischen Anlagen. Die Militärperspektive eignet sich besonders gut zur Darstellung von Architekturen, Innenräumen, Fabrikanlagen, Festungsanlagen, Gebäudekomplexen mit Innenhöfen, Stadtteilen und technische Zeichnungen.[5]
Vor- und Nachteile
BearbeitenEin Nachteil der Militärperspektive liegt darin, dass die Darstellung weniger realistisch wirkt, da kein Fluchtpunkt (wie bei der Zentralperspektive) vorhanden ist. Vorteile sind, dass die Konstruktion relativ einfach ist und dass Grundriss und Maßverhältnisse leicht ablesbar sind.
Abbildungen
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Bei der meist angewandten Form der Militärperspektive bilden die Tiefenlinien einen 30- bzw. 60-Grad-Winkel zur Waagerechten. Alle Linien sind unverzerrt, d. h. das Verzerrungsverhältnis ist 1:1:1 (= Isometrie).
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Seltener ist die Form der Militärperspektive, bei der beide Tiefenlinien einen 45-Grad-Winkel zur Waagerechten bilden.
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Die senkrechten Höhenlinien sind um die Hälfte verkürzt, d. h. das Verzerrungsverhältnis ist 1:1: 0,5 (= Dimetrie).
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Satteldachhaus in Militärperspektive.
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Fünfeckige Festung in Militärperspektive. Kupferstich von Francesco di Giorgio Martini, 1490.
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Louise-Madeleine Hortemels: Plan des Klosters Port-Royal-des-Champs. 1710.
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Theo van Doesburg: Privathaus in Militärperspektive. 1923.
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Bebauungsvorschlag für den Handelskai in Wien, 1990.
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Walmdachhaus, Draufsicht und waagerechter Schnitt. 2013.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Wolf-Dieter Klix, Heinz Nickel: Darstellende Geometrie. 1. Auflage. Verlag Harri Deutsch, Thun / Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-8171-1116-9, S. 212.
- ↑ Georg Schaarwächter: Perspektive für Architekten. Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1964, S. 20.
- ↑ Hans-Joachim Gorski, Susanne Müller-Philipp: Leitfaden Geometrie. Für Studierende der Lehrämter. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer Spektrum. Springer Fachmedien Verlag, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-06465-5, S. 331–334.
- ↑ Miguel Ángel Alonso-Rodríguez und José Calvo-López: Prospettiva Soldatesca: An Empirical Approach to the Representation of Military Architecture in the Early Modern Period. In: Nexus Network Journal, Volume 16, S. 543–567. Springer Link, 2014, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
- ↑ Cornelie Leopold: Geometrische Grundlagen der Architekturdarstellung. Verlag W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart / Berlin / Köln 1999, ISBN 3-17-015216-5, S. 70.