In der mathematischen Homotopietheorie ist eine Modellkategorie eine Kategorie mit ausgewählten Unterklassen von Pfeilen, die „schwache Äquivalenzen“, „Faserungen“ und „Kofaserungen“ genannt werden. Die Anforderungen an diese Klassen stellen eine Abstraktion der entsprechenden topologischen Begriffe dar und ermöglichen die Konstruktion einer zugehörigen Homotopiekategorie nicht nur für die Kategorie der topologischen Räume, sondern etwa auch für die Kategorie der Kettenkomplexe. In letzterem Fall nennt man die zugehörigen Homotopiekategorien derivierte Kategorien.

Der Begriff wurde im Jahr 1967 von Daniel G. Quillen eingeführt.

Definition

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In einer Kategorie   seien drei objektgleiche Unterkategorien ausgezeichnet:

  • schwache Äquivalenzen
  • Faserungen
  • Kofaserungen.

Wir nennen (Ko-)Faserungen azyklisch oder trivial, wenn sie zugleich schwache Äquivalenzen sind.

  heißt Modellkategorie, wenn die folgenden Axiome erfüllt sind:

MC1 ((Ko-)limites)

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  ist endlich bivollständig.

MC2 („2 aus 3“)

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Sind   Pfeile in   und zwei von ihnen schwache Äquivalenzen, so auch der dritte.

MC3 (Retrakte)

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Ist   Retrakt eines Pfeils  , der einer der ausgezeichneten Unterkategorien angehört, so gehört   derselben Unterkategorie an.

MC4 (Hebung)

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Sind in dem kommutativen Diagramm

 

  Cofaserung,   Faserung und   oder   azyklisch, so gibt es einen Pfeil  , der mit dem Diagramm kommutiert.

MC5 (Zerlegung)

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1. Jeder Pfeil kann als   für eine Faserung   und eine azyklische Kofaserung   dargestellt werden.

2. Jeder Pfeil kann als   für eine azyklische Faserung   und eine Kofaserung   dargestellt werden.

Eigenschaften

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  • Die Definition ist selbstdual: Die duale Kategorie   trägt ebenfalls die Struktur einer Modellkategorie, bei der lediglich die Klassen der Faserungen und Kofaserungen vertauscht sind.
  • Das Axiom MC4 charakterisiert die Klassen der Faserungen und Kofaserungen: Ein Pfeil   ist genau dann Faserung, wenn es zu jedem Diagramm, in dem   azyklische Kofaserung ist, eine Hebung   gibt (entsprechend für Kofaserungen). Eine Modellkategoriestruktur ist also bereits durch Angabe der schwachen Äquivalenzen und einer der Klassen der Faserungen und Kofaserungen eindeutig festgelegt.
  • Die Klasse der Faserungen ist stabil unter Basiswechsel, die der Kofaserungen ist stabil unter Kobasiswechsel.

Fasernde und kofasernde Objekte

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Nach MC1 enthält   insbesondere ein Anfangsobjekt   und ein Endobjekt  . Ein Objekt   heißt fasernd, wenn   Faserung ist, kofasernd, wenn   Kofaserung ist.

Beispiele

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Topologische Räume

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Auf der Kategorie   der topologischen Räume wird üblicherweise die folgende Modellkategoriestruktur betrachtet: Als schwache Äquivalenzen werden die schwachen Homotopieäquivalenzen, als Faserungen die Serre-Faserungen gewählt.

Die topologischen Räume lassen sich auch mit einer Modellstruktur versehen, bei der die schwachen Äquivalenzen die Homotopieäquivalenzen sind.

Kettenkomplexe

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Die Kategorie   der Kettenkomplexe von R-Moduln mit nichtnegativen Indizes hat die folgende Modellkategoriestruktur:

  • Als schwache Äquivalenzen werden die Pfeile (also graderhaltende Homomorphismen, die den Ableitungsoperator respektieren) gewählt, die Isomorphismen in der Homologie induzieren.
  • Faserungen sind die Pfeile  , deren Komponenten   für jeden Grad   Monomorphismen mit projektivem Kokern sind.
  • Kofaserungen sind die Pfeile  , für die die   in positiven Graden   surjektiv sind.

Homotopiekategorie

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Um den Begriff der Homotopie auf beliebige Modellkategorien übertragen zu können, werden Zylinderobjekte und Wegobjekte definiert, mit deren Hilfe Links- und Rechtshomotopien definiert werden.

Diese beiden Homotopiebegriffe sind im Allgemeinen weder Äquivalenzrelationen noch stimmen sie miteinander überein. In dem Falle, dass die Quellen und Ziele der betrachteten Pfeile fasernd und kofasernd sind, beschreiben beide Definitionen dieselbe Äquivalenzrelation. Man kann deshalb folgendermaßen zu einer Homotopiekategorie übergehen: Zunächst werden Pfeile funktoriell durch solche ersetzt, die sich nur um schwache Äquivalenzen unterscheiden, aber fasernde und kofasernde Quellen und Ziele haben. Dann kann man Äquivalenzklassen links- bzw. rechtshomotoper Pfeile zu Homotopieklassen zusammenfassen und erhält die Homotopiekategorie.

Da man den Übergang zur Homotopiekategorie auch als Lokalisierung bezüglich der schwachen Äquivalenzen beschreiben kann, braucht man für die Konstruktion der Homotopiekategorie keine Kenntnis der Faserungen und Kofaserungen.

Literatur

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  • W. G. Dwyer und J. Spalinski: Homotopy Theories and model categories (PDF-Datei; 419 kB), 1995
  • Mark Hovey: Model Categories, 1999, ISBN 0-8218-1359-5
  • Daniel G. Quillen: Homotopical algebra, Lecture Notes in Mathematics, vol. 43, Springer-Verlag, 1967.
  • J. P. May, J. Sigurdsson: Parametrized Homotopy Theory, 2006 [1], ISBN 0-8218-3922-5
  • Ken-ichi Maruyama, John W. Rutter: Groups of Homotopy Self-Equivalences and Related Topics, 2001 [2], ISBN 0-8218-2683-2
  • Alejandro Adem, Samuel Gitler, R. James Milgram, Douglas C. Ravenel: Homotopy Theory and Its Applications, Contemporary Mathematics, Volume: 188, American Mathematical Society, 1995 [3], ISBN 0-8218-0305-0.
  • Simon Salamon, Brian Steer, Wilson Alexander Sutherland: Advances in Homotopy Theory, Cambridge University Press, 1989 [4], ISBN 0-521-37907-5.