Mufflon

Gruppe von Unterarten der Wildschafe

Als Mufflon (Ovis-gmelini-Gruppe) werden mehrere Arten des Wildschafs zusammengefasst. Im engeren Sinne wird damit eine einzige Unterart bezeichnet, der Europäische Mufflon. Umstritten ist, ob der Mufflon als Wildschaf Vorfahr des Hausschafs oder ein verwilderter Nachkomme der ursprünglichen Hausschafe ist.

Europäischer Mufflon (Ovis gmelini musimon)
Mufflons in Südmecklenburg

Bezeichnung

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Das Wort Mufflon ist ein Lehnwort, dessen Genus in Wörterbüchern meist als Maskulinum,[1] manchmal auch als Neutrum angegeben wird. Die romanischen Etyma wie französisch mouflon, italienisch muflone und sardisch-korsisch muvrone, mufrone des entlehnten Worts sind männlichen Geschlechts.[2]

Merkmale

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Mufflons haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 130 cm und eine Körperhöhe von 90 cm. Widder (also männliche Mufflons) wiegen gewöhnlich 50 kg, die Schafe (Weibchen) dagegen 35 kg.

Lebensraum

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Das Habitat des Mufflons sind gebirgige Landschaften. Hier bilden Weibchen mit einem, manchmal zwei Lämmern[3] Herden von bis zu hundert Tieren, während die Böcke nur zur Paarungszeit zu den Herden stoßen. In ihren Einbürgerungsgebieten zeichnen sie sich dagegen vor allem dadurch aus, dass sie sich vorwiegend im Wald aufhalten. Waldnahe Agrarflächen werden nur zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten aufgesucht.[4] Sowohl im ursprünglichen Lebensraum als auch in den Regionen, in denen Mufflons eingebürgert wurden, kommt es zu jahreszeitlichen Vertikalwanderungen.

Mufflons sind standorttreue Tiere; die Mutterfamilienverbände besetzen zum Teil über Generationen traditionelle Territorien. Die genaue Kenntnis ihres jeweiligen Lebensraumes ist wesentlicher Teil ihrer Feindvermeidungsstrategien. Nähern sich Wölfe, die zu den bedeutendsten Fressfeinden des Mufflons gehören, versucht das Muttertier mit dem Lamm klippiges Gelände zu erreichen. Dorthin kann der Wolf ihr in der Regel nicht folgen. In relativ flachen Gebieten, in denen sie vom Menschen angesiedelt wurden, beispielsweise in der niederländischen Veluwe, aber auch anderswo, sind sie dem Wolf jedoch hilflos ausgeliefert.[5][6][7] Die Lämmer sind außerdem durch Adler gefährdet; Muttertiere suchen mit ihren Lämmern deckungsreiches Gelände auf, wenn die Raubvögel sich am Himmel zeigen.[8] Mufflons besiedeln nur selten neue Territorien.

Mufflons orientieren sich in ihrem Aktionsraum an auffallenden Geländemerkmalen. Ortswechsel erfolgen, indem sie hintereinander in einer langen Reihe laufen. In Mufflonterritorien sind deshalb deutlich sichtbare Wechsel auszumachen. Typisch für ihr Verhalten ist, dass sie Geländeerhöhungen nutzen, um sich einen Überblick zu verschaffen.[8]

Verbreitung

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Heute ist der Mufflon im Kaukasus, in Anatolien, im nördlichen Irak und im nordwestlichen Iran verbreitet. Einst reichte sein Verbreitungsgebiet weiter über die Krim und den Balkan bis zu den Karpaten. In diesen Gebieten ist er allerdings bereits in der Bronzezeit (vor ca. 3000 Jahren) oder sogar noch früher verschwunden. Darüber hinaus leben Mufflons auf Elba, Zypern, Korsika und Sardinien; umstritten ist allerdings, ob es sich hierbei um Wildschafe oder um Nachkommen sehr ursprünglicher Hausschafe handelt. In zahlreichen Gegenden Europas ist der Mufflon in jüngerer Zeit als Jagdwild ausgewildert worden. So sollen etwa im nördlichen Burgenland in Österreich alleine rund 1.000 Exemplare beheimatet sein, die Nachkommen einer in den 1960er-Jahren ausgesetzten Population sind.[9]

 
Europäischer Mufflon, Widder
 
Europäischer Mufflon, Jungtier und Weibchen

Colin Peter Groves und Peter Grubb (2011) unterscheiden drei Arten des Mufflons:[10][11]

  • Armenischer Mufflon (Ovis gmelini Blyth, 1841): Süd-Kaukasusgebiet in Armenien und Nachitschewan, Nordwest-Iran und südliche und östliche Teile Kleinasiens. Die Schulterhöhe beträgt 88 bis 94 cm, die Hörner sind negativ schneckenförmig nach hinten gebogen, die Hornlänge beträgt bis zu 67 cm, der Umfang der Hörner an der Basis liegt zwischen 22 und 27 cm. Weibchen sind teilweise hornlos. Die Fellfärbung variiert zwischen rostrot und zimtfarben, bei den Männchen findet sich meist ein heller Flankenfleck variabler Größe an den Seiten. Brust und Unterseite sind durch verlängerte, dunkle Haare, die allerdings nicht bis zur Kehle reichen, gekennzeichnet. Da der nomenklatorische Status von Ovis orientalis umstritten ist, wird jetzt das jüngere Synonym Ovis gmelini verwendet. Bisweilen wird die anatolische Form des Mufflons, von dem noch etwa 2000 Tiere in einem Schutzgebiet im Süden der Türkei bei Konya leben, als eigene Unterart (Ovis gmelini anatolica) vom Armenischen Mufflon abgetrennt.[12]
  • Isfahan-Mufflon (Ovis isphahanica Nasonov, 1910): Zāgros-Gebirge im Iran.
  • Laristan-Mufflon (Ovis laristanica Nasonov, 1909): Der Laristan-Mufflon ist klein. Ausgewachsene Böcke erreichen kaum mehr als 34–35 kg Körpergewicht. Das Verbreitungsgebiet ist auf einige Reservate nahe der Stadt Lar im Südiran beschränkt. Der Lebensraum sind heiße Wüstengebiete.

In älteren Systematiken wie bei Grubb 2005 gelten der Isfahan-Mufflon und der Laristan-Mufflon noch als Unterarten des Armenischen Wildschafs (unter der Bezeichnung Ovis aries, einer Alternativbezeichnung für das Hausschaf).[13]

Als weitere Unterarten des Armenischen Wildschafs werden teilweise noch folgende Formen anerkannt:

  • Europäischer Mufflon (Ovis gmelini musimon (Pallas, 1811)): Etwa im fünften Jahrtausend v. Chr. gelangte der Europäische Mufflon nach Korsika und Sardinien, eingeführt wurde er in fast ganz Europa.
  • Zypern-Mufflon (Ovis gmelini ophion Blyth, 1841): Der Zypern-Mufflon wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts fast ausgerottet, konnte aber zwischenzeitlich durch Schutzmaßnahmen auf eine Population von 2000 gebracht werden. Nach Schätzungen von 1997 ist der Bestand infolge von Krankheiten auf 1200 gefallen, weshalb die Unterart stark gefährdet ist. Nahe der Forststation Stavros tis Psokas im westlichen Troodos hat die Forstverwaltung ein Gehege eingerichtet, in dem das scheue Wildtier gesehen werden kann.
  • Hausschaf (Ovis gmelini aries Linnaeus, 1758).

Beziehung zum Menschen

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Vor 10.000 bis 11.000 Jahren wurde der Mufflon domestiziert. Er ist damit nach dem Hund eine der ältesten domestizierten Arten überhaupt.[14][15] Seither gibt es Hausschafe. Als wahrscheinlichster Ort der erstmaligen Domestikation wird Anatolien angesehen. Nach genetischen Daten ist die dort verbreitete Unterart Ovis gmelini anatolica die Stammform aller Hausschafe.[16]

Wappentier

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Zyprische Zwei-Cent-Münze

Die auf Zypern lebenden Mufflons gelten als verwilderte Nachkommen jener Tiere, die von jungsteinzeitlichen Siedlern auf die drittgrößte Mittelmeerinsel mitgebracht wurden. Ihr Bild prägt sowohl die Cent-Münzen der alten Währung Zypern-Pfund als auch zyprische Euromünzen (Bildseite der verkupferten 1-, 2- und 5-Cent-Münzen).

Die Maschinen der staatlichen Fluggesellschaft Zyperns, Cyprus Airways, trugen seit den 1960er Jahren bis zur Auflösung 2015 als Logo einen geflügelten Mufflon auf den Leitwerken.

Literatur

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  • Colin P. Groves, Peter Grubb: Ungulate Taxonomy. Johns Hopkins University Press, 2011, S. 1–317 (S. 234–235).
  • Colin P. Groves, David M. Leslie Jr.: Family Bovidae (Hollow-horned Ruminants). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Band 2: Hooved Mammals. Lynx Edicions, Barcelona 2011, ISBN 978-84-96553-77-4, S. 727–728.
  • V. G. Heptner: Mammals of the Soviet Union. Band 1: Ungulates. Leiden und New York 1989, ISBN 90-04-08874-1.
  • Holger Piegert, Walter Uloth: Der Europäische Mufflon. DSV-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-88412-429-3.
  • Ilse Haseder, Gerhard Stinglwagner: Knaurs Großes Jagdlexikon. Augsburg 2000, Stichwort: Muffelwild, S. 545, ISBN 3-8289-1579-5.
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Commons: Mufflon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Vgl. die Einträge im Duden und dem Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache.
  2. Vgl. den Eintrag „mouflon“ im Trésor de la langue française informatisé; Pons Italienisch-Deutsch, Eintrag „muflone“.
  3. Haseder, S. 547 (Fortpflanzung).
  4. Piegert et al., S. 15.
  5. Moeflon is een jaar spoorloos op de Noord-Veluwe: Uitgeroeid door de wolf? bei destentor.nl.
  6. Peer Körner: Bedrohte Wildschafe: Wölfe löschen Mufflons in Deutschland aus. In: DIE WELT. 27. Mai 2013 (welt.de [abgerufen am 14. Mai 2018]).
  7. Oberharzer Mufflons vor dem Aus. Abgerufen am 10. Januar 2020.
  8. a b Piegert et al., S. 14.
  9. burgenland ORF at red: Mufflons machen zunehmend Probleme. 18. November 2024, abgerufen am 18. November 2024.
  10. Colin P. Groves, David M. Leslie Jr.: Family Bovidae (Hollow-horned Ruminants). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 2: Hooved Mammals. Lynx Edicions, Barcelona 2011, ISBN 978-84-96553-77-4, S. 727–728.
  11. Colin Groves, Peter Grubb: Ungulate Taxonomy. Johns Hopkins University Press, 2011, S. 1–317 (S. 234–235).
  12. Shackleton, D., M. (ed.) and the IUCN/SSC Caprinae Specialist Group, 1997. Wild Sheep and Goats and their Relatives. Status Survey and Conservation Action Plan for Caprinae. IUCN, Gland, Switzerland and Cambridge, UK. S. 139.
  13. Peter Grubb: Order Artiodactyla. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A Taxonomic and Geographic Reference. 3. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, ISBN 0-8018-8221-4, S. 637–722, hier S. 708–710.
  14. Melinda A. Zeder (2011): The Origins of Agriculture in the Near East. Current Anthropology 52, Supplement 4: S. 221–235.
  15. Benjamin S. Arbuckle, Levent Atici: Initial diversity in sheep and goat management in Neolithic south-western Asia. In: Levant. Band 45, Nr. 2, November 2013, S. 219–235, doi:10.1179/0075891413Z.00000000026.
  16. Sevgin Demirci, Evren Koban Baştanlar, Nihan Dilşad Dağtaş, Evangelia Pişkin, Atilla Engin, Füsun Özer, Eren Yüncü, Şükrü Anıl Doğan, İnci Togan (2013): Mitochondrial DNA Diversity of Modern, Ancient and Wild Sheep (Ovis gmelinii anatolica) from Turkey: New Insights on the Evolutionary History of Sheep. PLoS ONE 8(12): e81952. doi:10.1371/journal.pone.0081952.