Deutscher Nachhaltigkeitskodex
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) ist ein branchenübergreifender Transparenzstandard für die Berichterstattung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen und kann von Unternehmen und Organisationen jeder Größe und Rechtsform genutzt werden. Er wurde 2011 vom Rat für Nachhaltige Entwicklung in einem Stakeholder-Prozess entwickelt und seitdem mehrfach überarbeitet.[1] 2017 wurden die gesetzlichen Anforderungen des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes integriert.
Allgemeines
BearbeitenDer Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) bietet einen Rahmen für die Berichterstattung nichtfinanzieller Leistungen, der von Organisationen und Unternehmen jeder Größe und Rechtsform auch international genutzt werden kann. Er wurde am 13. Oktober 2011 nach einem Stakeholder-Prozess vom Rat für Nachhaltige Entwicklung beschlossen. Der DNK macht unternehmerische Nachhaltigkeitsleistungen sichtbar und mittels Standardisierung besser vergleichbar. Er verbreitert damit die Basis für die Bewertung von Nachhaltigkeit und beschreibt Mindestanforderungen für berichtende Unternehmen und Organisationen. Um den DNK zu erfüllen, erstellen Anwender eine Entsprechenserklärung über 20 DNK-Kriterien zu Strategie, Prozessmanagement, Umweltbelangen, Arbeitnehmerbelangen und Gesellschaft sowie Unternehmensführung. Ergänzend berichten oder erklären sie wahlweise 28 ausgewählte Leistungsindikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) oder die 16 Indikatoren der European Federation of Financial Analysts Societies (EFFAS). Die Leistungsindikatoren werden entweder berichtet (comply) oder die Abweichung wird erläutert (explain). Dies ist beispielsweise möglich, wenn Daten noch nicht erhoben werden oder die geforderten Informationen für den Geschäftsfall nicht wesentlich sind. Zudem sind branchenspezifische Ergänzungen bzw. Orientierungshilfen und Leitfäden für Sparkassen, den Bundesverband deutscher Banken, Wohnungswirtschaft, Ernährungswirtschaft, Abfallwirtschaft und Stadtreinigung sowie ein hochschulspezifischer DNK verfügbar.[2] Im Ergebnis beschreiben Anwender den Kern unternehmerischer Nachhaltigkeit in ihrem konkreten Geschäftsfall. Darüber hinaus erhalten sie neue Impulse für die Integration von Nachhaltigkeit in das Kerngeschäft und verschaffen sich somit langfristig einen Wettbewerbsvorteil. Die Entsprechenserklärungen der Unternehmen werden auf der DNK-Website in einer Datenbank veröffentlicht.
Geschichte
BearbeitenDer Rat für Nachhaltige Entwicklung initiierte den Deutschen Nachhaltigkeitskodex nach Gesprächen mit Politik, Investoren und Analysten aus der Finanzwelt, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Nach umfangreichen Vorarbeiten auf Expertenebene legte der Nachhaltigkeitsrat am 29. November 2010 einen ersten Entwurf vor und lud die Öffentlichkeit und alle Unternehmen zu einem Dialog darüber ein. Bis zum Ende der Dialogphase am 25. Februar 2011 gingen knapp achtzig Stellungnahmen und Diskussionsbeiträge beim Rat ein. Diese Beiträge, ein Qualifizierungsworkshop mit Unternehmen am 9. Mai 2011 und die Erfahrungen eines Praxistests von Juni bis August 2011 bildeten die Grundlage für die Weiterentwicklung des Entwurfs. Auf dem Multistakeholderforum am 26. September 2011 in Frankfurt am Main wurden vor allem Fragen nach dem Geltungsbereich des Kodex und zu seiner Implementierung öffentlich diskutiert. Die Ergebnisse flossen in die beschlussfassende Sitzung des Nachhaltigkeitsrates am 13. Oktober 2011 ein. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat den Deutschen Nachhaltigkeitskodex vom 13. Oktober 2011 inzwischen in einer vierten aktualisierten Fassung vom Juli 2017 vorgelegt.[3] Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte am 25. Juni 2012 in ihrer Rede bei der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung den Deutschen Nachhaltigkeitskodex.[4] Er sei eine gute Orientierung für nachhaltiges Wirtschaften. Im Vorwort des DNK lädt Angela Merkel „jedes Unternehmen dazu ein, den Deutschen Nachhaltigkeitskodex anzuwenden und die Chance nachhaltigen Wirtschaftens noch besser zu nutzen.“[5] Die aktuelle Fassung des DNK ist rechtskonform mit den Anforderungen des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes, das die europäische Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung von Unternehmen (2014/95/EU) in nationales Recht umsetzte.[6] Unternehmen können somit den DNK zur Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung verwenden.
Anwendung
BearbeitenUnternehmen setzen häufig zunächst ein Nachhaltigkeitsteam auf bzw. binden dieses ein. Die Projektgruppe stellt dann fest, an welchen Stellen gegebenenfalls Informationen fehlen und wer im Unternehmen diese liefern könnte und trägt im Folgenden alle quantitativen und qualitativen Informationen für die jeweiligen Kriterien zusammen. Das Unternehmen legt ein Unternehmensprofil in der Datenbank an, über welches sich die Informationen eintragen lassen. Dann wird die Entsprechenserklärung vom DNK-Team auf formelle Vollständigkeit überprüft. Wird zu allen Kriterien nach dem „Comply- oder Explain-Prinzip“ berichtet, veröffentlicht das DNK-Team, oder auf Wunsch das Unternehmen selbst, die Entsprechenserklärung. Andernfalls erhält das Unternehmen Feedback zu der noch zu ergänzenden Information, bevor die Erklärung freigeschaltet wird. Die DNK-Entsprechenserklärungen sind allen Interessierten in einer kostenfreien Datenbank zugänglich. Die Umsetzung wurde in den ersten Jahren im Rahmen eines Projektes des Sustainable Business Institute (SBI) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Erfüllung der CSR-Berichtspflicht
BearbeitenAb dem Geschäftsjahr 2017 müssen zahlreiche größere Unternehmen in Deutschland und der EU Daten zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption bereitstellen. So fordert es die EU-Richtlinie 2014/95/EU vom 22. Oktober 2014 zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen.[7] Laut der Hans Böckler Stiftung sind in Deutschland ca. 540 große Unternehmen von der Berichtspflicht betroffen.[8] Verschont bleiben große nichtbörsenorientierte Unternehmen. Indirekt werden darüber hinaus insbesondere auch mittelständische Unternehmen (KMU) betroffen sein. Ein externes juristisches Gutachten bestätigte, dass Anwender bereits jetzt mit dem DNK die 2014 verabschiedete EU-Berichtspflicht zu nichtfinanziellen Informationen in allen Aspekten erfüllen.[9]
DNK für KMU
BearbeitenDer DNK eignet sich insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), da er einfach handhabbar ist. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung einen Leitfaden für KMU erstellt, der Schritt für Schritt zur Entsprechenserklärung führt. Laut dem Leitfaden gehört für viele Mittelständler Nachhaltigkeit zum Geschäftsalltag. Allerdings werden die Leistungen oftmals nicht dokumentiert – genau hier soll die Entsprechenserklärung ansetzen und den KMU ein Mittel zur Dokumentation gegenüber der Öffentlichkeit bieten.[10]
Übersicht über die DNK-Kriterien und Leistungsindikatoren
BearbeitenIm Folgenden aufgelistete Leistungsindikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) und des Dachverbands der nationalen Verbände der europäischen Finanzanalysten (European Federation of Financial Analysts Societies, EFFAS) unterstützen die DNK-Berichterstattung. Die Unternehmen können dabei frei entscheiden, welches Indikatorenset sie berichten (GRI G4/SRS oder EFFAS). Diese Entscheidung soll für den gesamten Kodex beibehalten werden.
DNK-Kriterien | Leistungsindikatoren |
---|---|
Strategie | |
1. Strategische Analyse und Maßnahmen
|
|
Prozessmanagement | |
5. Verantwortung
|
|
8. Anreizsysteme |
|
9. Beteiligung von Anspruchsgruppen |
|
10. Innovations- und Produktmanagement |
|
Umwelt | |
11. Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen
|
|
13. Klimarelevante Emissionen |
|
Gesellschaft | |
14. Arbeitnehmerrechte
|
|
17. Menschenrechte |
|
18. Gemeinwesen |
|
19. Politische Einflussnahme |
|
20. Gesetzes- und richtlinienkonformes Verhalten |
|
Nutzen
BearbeitenDer Standard verschafft Analysten und anderen Stakeholdern Informationen, um die Nachhaltigkeitsleistungen bewerten zu können. Hauptzielgruppe des Instruments ist der Kapitalmarkt. Der Nutzen des DNK liegt in seiner komprimierten und anwenderfreundlichen Form: Sie stellt Unternehmen aller Größen einen Rahmen zur Berichterstattung über das eigene Nachhaltigkeitsmanagement zur Verfügung. Die klare Struktur und die Konzentration auf die wesentlichen Kriterien stellen zentrale Vorteile des DNK dar. Sie fördern die Vergleichbarkeit der Angaben. Er ist insbesondere für alle Unternehmen und Organisationen ohne etabliertes Berichtswesen sinnvoll. Um eine höhere Glaubwürdigkeit zu erzielen, steht es Unternehmen frei, die Informationen durch Dritte überprüfen zu lassen.
Schulungskonzept
BearbeitenDer Rat für Nachhaltige Entwicklung hat ein Schulungskonzept zur Anwendung des DNK entwickelt, das insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Weg in die Berichterstattung ebnet.[11] Das Konzept beinhaltet die kostenfreie Nutzung einer Toolbox, die Vermittlung von DNK-Schulungspartnern und die Unterstützung bei der Planung von Veranstaltungen zum Themenkomplex CSR und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Für die Schulungen zum DNK stehen Trainer aus DNK-Partnerorganisationen zur Verfügung. Die DNK-Schulungspartner haben selbst eine Schulung zum DNK durchlaufen und eine Entsprechenserklärung eingereicht und bieten nun deutschlandweit Trainings an. Wenn vorhanden, wird auch der Kontakt zu einem Mentor-Unternehmen in der Nähe hergestellt, das bereits erprobter DNK-Anwender ist und aus der Praxis berichten kann.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex: Historie ( des vom 23. August 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 29. März 2018.
- ↑ Neues Handeln: Downloads - Anwendung - Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Abgerufen am 29. März 2018.
- ↑ Neues Handeln: Nachricht - Aktuelles - Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Ehemals im ; abgerufen am 29. März 2018. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der 12. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung, 25. Juni 2012.
- ↑ Rat für Nachhaltige Entwicklung: Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex - Maßstab für nachhaltiges Wirtschaften. Hrsg.: Rat für Nachhaltige Entwicklung. 4. aktualisierte Fassung 2017 Auflage. Juli 2017, S. 5.
- ↑ Bundesgesetzblatt. Abgerufen am 29. März 2018.
- ↑ Richtlinie 2014/95/EU (PDF) vom 22. Oktober 2014 zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen
- ↑ Norbert Kluge und Sebastian Sick: Geheimwirtschaft bei Transparenz zum gesellschaftlichen Engagement? Zum Kreis der vom CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz potentiell betroffene Unternehmen. Hrsg.: Hans Böckler Stiftung. MBF-Report 27/2016 Auflage. Düsseldorf November 2016.
- ↑ Andreas Hecker: Untersuchung zur Umsetzung der „CSR-Richtlinie“ in Deutschland unter Berücksichtigung der Initiative „Deutscher Nachhaltigkeitskodex“ ( des vom 22. Juli 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 21. Mai 2015
- ↑ Bertelsmann Stiftung, Rat für Nachhaltige Entwicklung: Leitfaden zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex
- ↑ Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex: Schulungskonzept ( des vom 23. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 2. September 2015.