Nachnutzung der WGT-Liegenschaften

Die sowjetischen Truppen in Deutschland (offizielle Bezeichnung seit 1988 Westgruppe der Truppen, abgekürzt WGT) nutzten im Zeitpunkt der Wiedervereinigung eine Fläche von rd. 240.000 ha; das entspricht ungefähr der Fläche des Saarlandes.

Zu den Voraussetzungen der Wiedervereinigung Deutschlands als Mitglied der NATO gehörte die Beendigung der Stationierung sowjetischer Truppen auf deutschem Boden. Demgemäß wurde in Art. 4 des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990 vereinbart:

„Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken erklären, daß das vereinte Deutschland und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in vertraglicher Form die Bedingungen und die Dauer des Aufenthalts der sowjetischen Streitkräfte auf dem Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins sowie die Abwicklung des Abzugs dieser Streitkräfte regeln werden, der bis zum Ende des Jahres 1994 im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Verpflichtungen der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, auf die sich Absatz 2 des Artikels 3 dieses Vertrags bezieht, vollzogen sein wird.“

Diese Verpflichtung wurde mit dem Aufenthalts- und Abzugsvertrag (AAV) umgesetzt. Er legitimierte einerseits den befristeten Aufenthalt sowjetischer Truppen in Deutschland und regelte andererseits die Umstände seiner Beendigung.

Eigentumsverhältnisse

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Von den erwähnten 240.000 ha waren rd. 226.000 ha Eigentum des Volkes. Diese Flächen wurden nach Art. 21 Einigungsvertrag Eigentum des Bundes.[1] Für die Wahrung der Eigentümerrechte und die Beachtung der Eigentümerpflichten sowie für die sukzessive Rücknahme im Zuge des Truppenabzugs waren die Behörden der Bundesvermögensverwaltung, auf Ortsebene die Bundesvermögensämter, zuständig.

14.000 ha hatten andere Eigentümer. Nach Art. 2 des Zustimmungsgesetzes zum AAV galt die fortdauernde Inanspruchnahme durch die sowjetischen Truppen als vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne des Landbeschaffungsgesetzes. Damit wurde unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage der sowjetische Staat die Grundstücke zu SBZ- bzw. DDR-Zeiten in Anspruch genommen hatte, hierfür – vorübergehend, bis 1994 – eine Legitimation geschaffen.

Nach Art. 8 AAV standen den sowjetischen Truppen bundeseigene Liegenschaften unentgeltlich zur Verfügung. Für die Nutzung von Liegenschaften im Eigentum anderer Personen oder Rechtsträger war geregelt, dass die sowjetischen Truppen über die deutschen Behörden ein Nutzungsentgelt zu zahlen hatten. Nach Rückgabe durch die sowjetische Seite übergaben die Bundesvermögensämter den Berechtigten den Besitz.

Umweltfragen

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Bombenschrott der 16. Luftarmee auf dem Truppenübungsplatz Retzow, 1993

Altlasten und Kampfmittel belasteten einen Großteil der WGT-Liegenschaften erheblich. Dies lag zum einen daran, dass diese zum Teil schon vor 1945, nicht selten schon vor 1918, militärisch genutzt waren. In manchen Bereichen waren sie in der Endphase des Zweiten Weltkriegs umkämpft gewesen und alle Grundstücke wurden schließlich 45 Jahre lang durch intensive sowjetische militärische Nutzung geprägt. Ein extremes Beispiel hierfür ist das sogenannte Bombodrom in Brandenburg, der erstmals durch die militärische Nutzung seit 1945 kontaminiert wurde.

Das Umweltbundesamt beauftragte daher die IABG, eine flächendeckende Ermittlung von Altlastenverdachtsflächen vorzunehmen. Es wurden 15.000 Altlastenverdachtsflächen ermittelt, bei denen weiterer Handlungsbedarf gegeben war. Bis 1996 wurden etwa 16.500 Sofortmaßnahmen veranlasst. Darüber hinaus übernahm der Bund den größten Teil der Kosten für die Abfallentsorgung.

Weiteres Schicksal der Liegenschaften

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Bundesbehörden, insbesondere aber die Bundeswehr, prüften die Eignung von WGT-Liegenschaften für ihre Zwecke. Sofern ein Bundesbedarf bestand, übergab das Bundesvermögensamt die Liegenschaft durch Verwaltungsvereinbarung dem Bedarfsträger, im Falle der Bundeswehr der Standortverwaltung. Andernfalls waren die Objekte zum Verkauf vorgesehen. Allerdings ermöglichten haushaltsrechtliche Regelungen (sogenannte Haushaltsvermerke), dass die Bundesvermögensämter die Liegenschaften zu einem ermäßigten Preis (die Ermäßigung betrug bis zu 80 % des Verkehrswertes) an Länder, Kommunen oder andere öffentliche Einrichtungen verkaufen durften.

Angebot des Bundes an die Länder

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Anfang der 1990er Jahre bot der Bund den Ländern an, die nicht mehr für Bundeszwecke benötigten und noch nicht veräußerten WGT-Liegenschaften pauschal auf die jeweiligen Länder zu übertragen. Dabei ging der Bund von einem attraktiven Paket aus, das sowohl wertvolle Innenstadtgrundstücke z. B. in Potsdam, Dresden und Magdeburg als auch problematische belastete Flächen in strukturschwachen ländlichen Gebieten enthielt.

Brandenburg, Sachsen und Thüringen

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Die Länder Brandenburg, Sachsen und Thüringen nahmen das Angebot an. Zwischen dem Bund und ihnen wurden entsprechende Verwaltungsabkommen geschlossen.[2][3][4][5]

Wesentlicher Inhalt der Verwaltungsabkommen sind:

  • Unentgeltliche Übertragung auf die Länder
  • Vorbehalt für eventuellen Bundesbedarf (betraf z. B. den Flugplatz Sperenberg)
  • Verbleib besonders stark ökologisch belasteter Flächen beim Bund

Um den Eigentumswechsel verfahrensmäßig zu beschleunigen, wurde das Zuordnungsergänzungsgesetz als Art. 17 des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes (RegVBG) vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2232) erlassen. Dessen § 1 ergänzte das Zustimmungsgesetz zum AAV dahingehend, dass

  • bundeseigene ehemalige WGT-Liegenschaften,
  • die nicht mehr nach dem Vertrag in Anspruch genommen werden,
  • gemäß einer Einigung zwischen Bund und dem betreffenden Land
  • auf Antrag des Landes diesem durch Zuordnungsbescheid nach dem Vermögenszuordnungsgesetz übertragen werden können.

Die Länder erließen Gesetze zur Verwaltung und Verwertung der vom Bund übernommenen WGT-Liegenschaften.[6][7][8]

Brandenburg

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Brandenburg richtete 1994 das unselbständige Sondervermögen Grundstücksfonds Brandenburg ein, das zum 31. Dezember 2004 aufgelöst und in den Landeshaushalt überführt wurde.[9][10]

Für bestimmte förderungswürdige Zwecke durften die Liegenschaften zeitweise verbilligt veräußert werden.[11]

Von den über 100.000 ha, die das Land übernommen hat, wurden nach Mitteilung des Landes mehr als 93 % einer zivilen Nutzung zugeführt. Dazu wurden Hilfen der EU, des Bundes und des Landes in Anspruch genommen.[12]

Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern

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Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nahmen das Angebot des Bundes nicht an; in diesen Ländern privatisierte die Bundesvermögensverwaltung die Liegenschaften, sofern kein Bundesbedarf bestand.

Verwaltungsvorschriften

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  • Richtlinie des TMLNU für die Förderung von Maßnahmen der Altlastenbehandlung im Freistaat Thüringen – Förderrichtlinie Altlasten –[13]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. BVerwGE 112, 274.
  2. Brandenburg: Verwaltungsabkommen vom 20. Juni 1994, Bekanntmachung vom 11. August 1994, Bundesanzeiger Nr. 196a vom 15. Oktober 1994.
  3. Antwort des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Abgerufen am 9. Juli 2016.
  4. Thüringen: Verwaltungsabkommen vom 9. Februar 1994, Bekanntmachung vom 22. Februar 1994, Bundesanzeiger Nr. 68a vom 22. Februar 1994.
  5. Sachsen: Bekanntmachung vom 26. November 1993, Bundesanzeiger 1994 Nr. 11a.
  6. Sachsen: Gesetz über die Verwertung der Liegenschaften der Westgruppe der Truppen vom 17. Dezember 1993, SächsGVBl. 1993, S. 1256.
  7. Thüringen: Thüringer Gesetz über die Verwertung der Liegenschaften der Westgruppe der Truppen (Thüringer Liegenschaftsverwertungsgesetz – ThürLiegVerwG –) vom 27. September 1994, GVBl. 1994, 1065.
  8. Brandenburg: Gesetz über die Verwertung der Liegenschaften der Westgruppe der Truppen (WGT-LVG) vom 3. Juni 1994, GVBl. I S. 170.
  9. § 2 WGT-LVG
  10. Kritisch hierzu der Städte- und Gemeindebund Brandenburg. (Memento des Originals vom 6. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stgb-brandenburg.de
  11. § 13a HG 1994 in der Fassung vom 21. Dezember 1993.
  12. Konversion in Brandenburg. (Memento des Originals vom 6. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mwe.brandenburg.de Abgerufen am 6. August 2016.
  13. ThürStAnz 2002, 2499 (außer Kraft seit 1. Januar 2009).

Siehe auch

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