Der Begriff Neue Soziale Frage wurde von Heiner Geißler 1975 in die politische Diskussion eingebracht. Mit dem Begriff wurde auf das in den 1970er Jahren neu entstandene Phänomen der Arbeitslosigkeit auf bleibend hohem Niveau sowie die Situation zahlreicher Haushalte, etwa von Rentnern, Bezug genommen, die in keinem Arbeitsverhältnis mehr stehen, aus dem sie unmittelbar eine soziale Sicherung beziehen könnten, und die auch durch keinen sonstigen Interessenverband vertreten werden.[1] Besondere Lebenslagen, anstelle von Klassen- oder Schichtzugehörigkeit, wurden für die konkrete Ausformung der Armut als wesentlich betrachtet.[2] Kurt Biedenkopf ging in seinem Buch Fortschritt in Freiheit von 1974 auf die Diskussion ein, indem er Neue Soziale Fragen skizzierte.

Kritiker sahen in dem Konzept eine Popularisierung der Sozialstaatskritik von linker und neomarxistischer Seite. So hatte bereits Claus Offe argumentiert, dass der Wohlfahrtsstaat keineswegs für alle organisierten Interessen gleich offen sei.

In der öffentlichen Debatte der 2000er Jahre wurden mit dem Begriff auch verschiedene Phänomene thematisiert wie etwa die Generationengerechtigkeit in der Rentenpolitik[3], die Folgen der Globalisierung[4] oder gesellschaftliche Wirkungen von Arbeitslosigkeit.[5]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Warnfried Dettling u. a.: Die Neue Soziale Frage und die Zukunft der Demokratie. Olzog Verlag, München 1977, ISBN 3-7892-7122-5.
  • Heiner Geißler: Die Neue Soziale Frage. Analysen und Dokumente. Herder Verlag, Freiburg/B. 1980, ISBN 3-451-07566-0.
  • Mannheimer Erklärung zur Neuen Sozialen Frage. Bundesparteitag der CDU in Mannheim 1975.
  • Michael Th. Greven: Soziale Probleme und politische Antworten - Sozialpolitische Konzeptionen und Konflikte der siebziger Jahre. S. 91–196. In: ders./ R.Prätorius/ T.Schiller: Sozialstaat und Sozialpolitik. Krise und Perspektiven. Luchterhand, Darmstadt und Neuwied 1980.
  • Manfred Groser, Wolfgang Veiders: Die Neue Soziale Frage. Verlag Ernst Knoth, Melle 1979, ISBN 3-88368-014-1.
  • Hans Peter Widmaier (Hrsg.): Zur Neuen Sozialen Frage. Verlag Duncker und Humblot, Berlin 1978, ISBN 3-428-04151-8.
  • Siegmar Mosdorf: Die sozialpolitische Herausforderung. Wohlfahrtsstaatskritik, neue soziale Frage und die Zukunft der deutschen Sozialpolitik. Bund Verlag, Köln 1980, ISBN 3766304216.
  • Heribert J. Becher (Hrsg.): Die Neue Soziale Frage. Zum soziologischen Gehalt eines sozialpolitischen Konzeptes. Westdeutscher Verlag, Opladen 1982, ISBN 3-531-11625-8.
  • Petra Dobner: Neue Soziale Frage und Sozialpolitik. Verlag für Sozialwissenschaft, Wiesbaden 2007, ISBN 3-531-15241-6.
  • Daniel Bensaïd, Christophe Aguiton: Le Retour de la question sociale. Lausanne 1997, ISBN 2-940189-05-6.
  • Pierre Rosanvallon: La nouvelle question sociale. Points, Essais. Paris 1995.
  • Pierre Rosanvallon: The new social question. Princeton University Press, 2000.
  1. Lexikon der Christlichen Demokratie in Deutschland: Neue Soziale Frage, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 22. Oktober 2003
  2. Marlene-Anne Dettmann: Partizipation und Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit – Eine Analyse zur Begriffssicherheit und theoretischen Fundierung, Dissertation Zur Erlangung der Würde der Doktorin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 11. Januar 2017 (Online). S. 20.
  3. Günter Krings: Die neue soziale Frage. In: welt.de. 3. August 2003, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  4. Gabor Steingart: Unterschichtendebatte: Die neue soziale Frage. In: Spiegel Online. 17. Oktober 2006, abgerufen am 10. Juni 2018.
  5. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 27. Dezember 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/akademische-blaetter.de