Neuromarketing

Anwendung des neuroökonomischen Ansatzes im Rahmen absatzwirtschaftlicher Fragestellungen

Als Neuromarketing wird die Anwendung des neuroökonomischen Ansatzes im Rahmen absatzwirtschaftlicher Fragestellungen bezeichnet.[1] Während die Neuroökonomie versucht, ökonomische Entscheidungsprozesse unter Zuhilfenahme von neurowissenschaftlichen Methoden zu verstehen und zu erklären, wendet Neuromarketing dieselben Methoden sowie die aus der Neuroökonomie stammenden Erkenntnisse an, um Marketingprozesse zu optimieren. Neuromarketing ist damit ein interdisziplinäres Forschungsgebiet im Bereich der Marktforschung, an der Schnittstelle zwischen Marketing und Neuroökonomie.

Eine Werbebotschaft stimuliert den Hypothalamus

Annahmen

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Die dem Neuromarketing zugrunde liegende Kernannahme besagt, dass ökonomische Entscheidungen zu großen Teilen auf unbewusst ablaufenden Prozessen beruhen. …die meisten Entscheidungen werden sehr stark durch Emotionen bestimmt und sind weit weniger rational …, als wir glauben. …[2] Dies hat zur Folge, dass sich Konsumenten nicht über alle beeinflussenden Motive für eine Kaufentscheidung bewusst sind und dass sie demzufolge auch bei größtmöglicher Kooperationsbereitschaft keine Auskunft über diese geben können.

Durch den Einsatz neurokognitiver Methoden erhofft man sich einen direkteren Zugang zum menschlichen Gehirn, als er mit klassischen Marktforschungsinstrumenten möglich ist, um daraus Informationen über besagte unbewusst ablaufenden Prozesse ableiten zu können. Neuromarketing soll also die Prozesse und Zustände im Organismus des Konsumenten beobachtbar und messbar machen.[3]

Methoden

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Im Neuromarketing werden am häufigsten nicht-invasive neurophysiologische Untersuchungsmethoden wie die Elektroenzephalografie (kurz EEG) und die funktionelle Magnetresonanztomografie eingesetzt. Letztere eignet sich aufgrund der mit einer Studie verbundenen Kosten jedoch oft nur für finanzstarke Unternehmen.[4] Beide Methoden werden gern mit anderen psychologischen Methoden wie beispielsweise der Hautleitfähigkeitsmessung, der Blickbewegungsmessung oder der Messung der Herzfrequenz kombiniert.[5] Als ökonomische Alternative zu diesen Methoden kommt häufig auch Eye-Tracking zum Einsatz.[6]

Neuromarketing im Unternehmenskontext hat das Ziel, Marketingmaßnahmen wie Werbung, Markenführung oder Produktinformationen, aber auch die Zielgruppensegmentierung und Werbeplatzierung sowohl im Hinblick auf klassische als auch Online-Vertriebskanäle zu optimieren, um die Kaufentscheidungen potenzieller Kunden zu beeinflussen. Dabei findet es insbesondere im Bereich der Produkteinführung verstärkt Einsatz.[7]

Die Genauigkeit und Aussagekraft neurowissenschaftlicher Messungen wird kontrovers diskutiert.[8] Dies hat dazu geführt, dass die Aussagekraft der im Neuromarketing verwendeten Methoden selbst zum Untersuchungsgegenstand geworden ist.[1][9]

Auch Verbraucherschützer melden Bedenken an. So wird befürchtet, dass das Neuromarketing das Ende des selbstbestimmten Konsumenten einläuten könnte. Durch Zunahme der Konsumkredite geraten immer mehr Verbraucher in finanzielle Schwierigkeiten. Streitgegenstand ist der freie Wille des Konsumenten, der durch das neuronale Marketing bedroht scheint.[10]

Siehe auch

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Literatur

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  • Hilke Plassmann: Der Einfluss von Emotionen auf Markenproduktentscheidungen: Theoretische Fundierung und empirische Analyse mit Hilfe der fMRT, Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden, Dissertation, 2006.
  • Franz-Rudolf Esch, Thorsten Möll, Christian Erich Elger, Carolin Neuhaus, Bernd Weber: Wirkung von Markenemotionen: Neuromarketing als neuer verhaltenswissenschaftlicher Zugang. In: Marketing ZfP. 30. Jg., Heft 2/2008, S. 109–127.
  • Kai Fehse: Neurokommunikation. Ein Modell zur Wirkungsweise von Werbung im Lichte neuester Erkenntnisse der Hirnforschung. Nomos: Baden-Baden. 2009, ISBN 978-3-8329-4680-7.
  • Werner T. Fuchs: Tausend und eine Macht. Marketing und moderne Hirnforschung (2. Auflage). Orell Füssli Verlag: Zürich. 2007. ISBN 978-3-280-05033-0.
  • Cornelia Hain, Peter Kenning, Marco Lehmann-Waffenschmidt: Neuroökonomie und Neuromarketing. In: Wirtschaftwissenschaftliches Studium WiSt. Heft 10/2007, S. 498–505.
  • Hans-Georg Häusel: Think Limbic! Die Macht des Unbewussten verstehen und nutzen für Motivation, Marketing und Management. Haufe, Freiburg 2000; 4. Auflage 2010, ISBN 978-3-648-00896-6.
  • Christian Jänig: Neuromarketing-Voodoo-Kult oder Wissenschaft? Horschler Verlagsgesellschaft mbH: Unna. 2010. ISBN 978-3-9813452-2-3.
  • Peter Kenning: Consumer Neuroscience – Neuromarketing: Neurobiologische Grundlagen des Konsumentenverhalten. Kohlhammer Verlag: Stuttgart. Im Erscheinen.
  • Peter Kenning, Hilke Plassmann, Dieter Ahlert: Consumer Neuroscience – Implikationen neurowissenschaftlicher Forschung für das Marketing. In: Marketing ZfP. 29. Jg., Heft 1/2007, S. 57–68.
  • Thorsten Möll: Messung und Wirkung von Markenemotionen – Neuromarketing als neuer verhaltenswissenschaftlicher Ansatz. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden, Dissertation Universität Gießen, 2007, ISBN 3-8350-0897-8.
  • Gerhard Raab, Oliver Gernsheimer, Maik Schindler: Neuromarketing. Grundlagen – Erkenntnisse – Anwendungen. Gabler-Verlag, Wiesbaden, 2009, ISBN 978-3-8349-1315-9.
  • Mark Prokaska: Neuromarketing – Einfluss der neurowissenschaftlichen Geschlechtsforschung auf das Marketing, AVM-Verlag, München, 2013, ISBN 978-3-86924-485-3.
  • Christian Scheier, Dirk Held: Wie Werbung wirkt. Erkenntnisse des Neuromarketing (1. Auflage), Rudolf Haufe Verlag: Freiburg. 2006. ISBN 978-3-448-07251-8.
  • Arndt Traindl: Neuromarketing. Die innovative Visualisierung von Emotionen (3. Auflage). Trauner Verlag: Linz. 2007. ISBN 978-3-85499-234-9.

Zeitschriften

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  • Journal of Neuroscience, Psychology, and Economics – The premier neuroeconomics publication venue
  • NeuroPsychoEconomics – Das deutsche Neuroökonomie-Journal
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Einzelnachweise

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  1. a b Ariely, D.; Berns, G. S.: Neuromarketing: the hope and hype of neuroimaging in business. In: Nature Reviews Neuroscience, 11, 2010, S. 284–292.
  2. dradio.de, Deutschlandfunk, Studiozeit, Aus Kultur- und Sozialwissenschaften, 10. Dezember 2009, Ingeborg Breuer: Sonderangebote schalten Verstand aus – Ein Blick ins Hirn der Konsumenten (im letzten Abschnitt, 7. November 2010)
  3. Koschnik, W.J.: Neuroökonomie und Neuromarketing. In: Focus-Jahrbuch 2007. Schwerpunkt: Neuroökonomie, Neuromarketing und Neuromarktforschung, Focus Magazin Verlag, München 2007, ISBN 3-9808574-9-2
  4. Stoll, M., Hubert, M., Kenning, P. & Ahlert, D. (2008). Consumer Neuroscience und Neuromarketing - der Blick ins Kundenhirn. Marketing Review St. Gallen, 25(6), 34-37.
  5. MD RABIUL, MOHAMMAD OSMAN, S M, S M: Neuromarketing Methodologies of Marketing Science. In: Fourth International Conference On Advances in Economics, Management and Social Study - EMS 2015. Institute of Research Engineers and Doctors, 2015, ISBN 978-1-63248-071-2, doi:10.15224/978-1-63248-071-2-38.
  6. Santos, Rene & Oliveira, Jorge & Rocha, Jessica & Giraldi, Janaina: Eye Tracking in Neuromarketing: A Research Agenda for Marketing Studies. In: International Journal of Psychological Studies. 2015, 7. 10.5539/ijps.v7n1p32.
  7. Neuromarketing. Kauf mich! In: wiwo.de. Abgerufen am 29. März 2017.
  8. Veronika Hackenbroch: Großhirn-Voodoo. In: Der Spiegel 18/2011 vom 2. Mai 2011
  9. Briesemeister, B. B.; Tamm, S.; Heine, A.; Jacobs, A. M.: Approach the good, withdraw from the bad – a review on frontal alpha asymmetry measures in applied psychological research. In: Psychology, 4(3A), 2013
  10. Neuromarketing: Der Weg ins Kundenhirn? In: ionos.de. Abgerufen am 28. April 2022.