New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie

1870 in Hamburg gegründete Gummiwarenfabrik, seit 2009 in Lüneburg.

Die New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH) ist eine Gummiwarenfabrik, die 1870 in Barmbek b. Hamburg gegründet wurde und bis 2009 in Hamburg-Harburg produzierte. 2009 erfolgte die Verlagerung der Produktion nach Lüneburg.

New-York Hamburger
Gummi-Waaren Compagnie AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN DE0006765506
Gründung 1871
Sitz Lüneburg, Deutschland
Leitung Bernd Menzel (Vorstandsvorsitzender)[1]
Branche Produzierendes Unternehmen
Website www.nyh.de
Ehemaliges Fertigungsgebäude in Hamburg-Harburg (2004)
Neon-Logo der NYH im Museum für Arbeit.

Geschichte

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Harburger Gummi-Kamm-Compagnie um 1900
 
NYH-Fabrik in Barmbek um 1900

Charles Goodyear entdeckte 1839 die Vulkanisation. Gut ein Jahrzehnt darauf erzeugte sein Bruder Nelson Goodyear nach dem bekannten Weichgummi das heute fast vergessene Hartgummi – den ersten großindustriell verwendeten Kunststoff. Heinrich Adolph Meyer, ein Sohn des Industriepioniers Stockmeyer, erwarb 1851 die Patente für Europa. Gemeinsam mit Johannes Bücking und H. W. Maurien gründete dessen Bruder Heinrich Christian Meyer 1856 die Harburger Gummi-Kamm-Compagnie. Im gleichen Jahr wurde auch die Konkurrenzfirma Albert & Louis Cohen, Harburg – Schuhfabrik (später Phoenix AG) gegründet.

Johann Hinrich Wilhelm Maurien (1825–1882) und Conrad Poppenhusen (1818–1883), zwei ehemalige Mitarbeiter der Harburger Gummi-Kamm-Compagnie, machten sich 1870 selbstständig und gründeten die New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH) in Barmbek. Die Lage war vielversprechend: Einerseits befand sich das Werk an der Osterbek außerhalb der Zollgrenze, andererseits aber noch so nah am Hafen, dass es leicht von dort versorgt werden konnte.[2] Von 1912 bis 1926 leitete Leopold Osbahr (1855–1937[3]) als Generaldirektor das Unternehmen. Er war zeitgleich über mehrere Jahre Vorsitzender der Hamburgischen Gewerbekammer.[4] 1929 wurde die Harburger Gummi-Kamm-Compagnie von der NYH übernommen. Lange Zeit wurden mehr 1.000 Frauen und Männer beschäftigt.

In den Ruinen des Barmbeker Werkes (schwere Kriegsschäden 1943/44) wurde die Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen, jedoch 1954 nach Harburg verlagert. In einem Rest des Barmbeker Werkes befindet sich seit 1994 das Museum der Arbeit, seit 1984 das Stadtteilkulturzentrum Zinnschmelze[5] sowie ein nach dem Elbtunnelbohrer TRUDE benanntes Restaurant.

Im Werk an der Nartenstraße am Harburger Binnenhafen wurden u. a. auch weiterhin Hartgummi-Kämme hergestellt. Diese wegen ihrer Qualität vor allem im Friseur-Handwerk beliebten Kämme, aber auch andere Haarpflegeprodukte, sind z. B. unter den traditionsreichen Namen Hercules-Sägemann, Matador oder Triumph erhältlich. Auch die Produktionsmethoden, mit viel Handarbeit, blieben über Jahrzehnte bestehen. Weiterhin werden Gummi-Formteile oder Klarinetten-Mundstücke hergestellt.

2009 zog das Unternehmen mit seinen etwa 200 Mitarbeitern in moderne Produktionsanlagen nach Lüneburg um. Die Fabrikanlage in Hamburg-Harburg an deren Standort schließlich über 150 Jahre für die Harburger Gummi-Kamm-Compagnie und die NYH produziert wurde, steht teilweise unter Denkmalschutz. Die weitere Nutzung ist wegen einer vorhandenen Belastung mit Nitrosamin noch unklar.

Im Juni 2009 teilte das Unternehmen allen Kunden mittels Rundschreiben mit, dass mit sofortiger Wirkung aus rein wirtschaftlichen Gründen die Hartgummi-Kammproduktion eingestellt wurde. Darunter fielen alle Hartgummi-Kämme der beiden Eigenmarken Hercules-Sägemann und Matador sowie Fremdmarken.[6] Aufgrund der starken Nachfrage nahm das Unternehmen die Produktion wenige Monate später jedoch wieder auf.

Literatur

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  • o. V.: New-York-Hamburger Gummiwaaren Compagnie, Hamburg. In: Julius Eckstein (Hrsg.): Historisch biographische Blätter. Der Staat Hamburg. ohne Jahresangabe.
  • o. V.: Dr. Heinr. Traun & Söhne, vorm. Harburger Gummi-Kamm-Co., Hamburg. In: Julius Eckstein (Hrsg.): Historisch biographische Blätter. Der Staat Hamburg. ohne Jahresangabe.
  • o. V.: H. C. Meyer jr. Kommanditgesellschaft auf Aktien. Hamburg-Harburg a.E. Harburg 1918.
  • Dieter Rednak: Geschichte der Firma H. C. Meyer jr. Wirtschaftliche und soziale Entwicklung einer Firma im Zeitraum von 1818–1980. Unveröffentlichte Diplom-Arbeit, Fachbereich 05, Universität Hamburg. Hamburg 1980.
  • Dieter Rednak: Heinrich Christian Meyer (1797–1848), genannt „Stockmeyer“. Vom Handwerker zum Großindustriellen. Eine biedermeierliche Karriere. Hamburg 1992.
  • James E. Haas: Conrad Poppenhusen. The Life of a German-American Industrial Pioneer. Baltimore 2004.
  • Jürgen Ellermeyer: Von der ersten Kunststofffabrik des Kontinents zum mittelständischen Nischenbetrieb – Zur Geschichte der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH) in Gudrun Wolfschmidt (Hg.): Wissen aus 400 Jahren Chemie in Hamburg, Hamburg 2016, S, 311–367, ISSN 1610-6164
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Einzelnachweise

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  1. New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie AG / Personalie
  2. Flyer Route zur Industriekultur Barmbek-Winterhude, Herausgeber: Stiftung Historische Museen Hamburg, Museum der Arbeit, Hamburg 2024
  3. Johann Friedrich Leopold Osbahr 18.2.1855–2.3.1937
  4. Leibniz Informationszentrum, abgerufen am 10. Oktober 2016
  5. Zinnschmelze
  6. Hercules Sägemann und Matador Kammproduktion eingestellt (Memento vom 13. Juli 2009 im Internet Archive) In: www.hairblog.eu, 7. Juli 2009