Nicola Galliner (* 1950 in London) ist eine deutsch-britische Kulturwissenschaftlerin und Kulturmanagerin. Sie leitete von 1988 bis 2008 die Jüdische Volkshochschule Berlin sowie von 1995 bis 2021 das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg. 2018 erhielt sie den Verdienstorden des Landes Brandenburg.[1][2]
![](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/84/Nicola_Galliner_at_Jewish_Film_Festival_Reception_2014_%28cropped%29.jpg/220px-Nicola_Galliner_at_Jewish_Film_Festival_Reception_2014_%28cropped%29.jpg)
Leben
BearbeitenGalliner ist die Tochter des Journalisten und Publizisten Peter Galliner (1920–2006) und der Künstlerin Edith Galliner (1914–2000, geb. Goldschmidt).[3][4] Sie wurde in London geboren, nachdem ihre aus Deutschland kommenden Eltern aufgrund der Judenverfolgung während des NS-Regimes nach Großbritannien emigriert waren und dadurch den Holocaust überlebt hatten.[5]
Seit 1969 lebt Galliner in Berlin[6] und hat einen Sohn namens Aaron,[7] der mit seiner Familie in Berlin lebt.
Wirken
BearbeitenNachdem Galliner nach Berlin gezogen war, engagierte sie sich dafür, das kulturelle und soziale Leben von Juden in Berlin wieder aufzubauen.[5] Von 1988 bis 2008 war sie als Leiterin der Jüdischen Volkshochschule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin tätig.[8] Die Volkshochschule soll über jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart aufklären, daneben dient sie zur Fortbildung der Gemeindemitglieder. Dabei wurden zum Teil auch international bekannte Referenten und Gäste empfangen, z. B. Amos Oz und Simon Wiesenthal.[9]
Im Jahr 1995 initiierte und gründete Galliner das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg,[10] anschließend leitete sie dieses insgesamt 26 Jahre. In dieser Zeit entwickelte sich das Festival laut Berliner Zeitung zu einer „Berliner Institution“.[11] Das Festival gehört zu den ältesten seine Art in Europa und war das erste seiner Art in Deutschland.[12] Anlässlich Galliners Abgabe der Leitung im Jahr 2021 schrieb Knut Elstermann in der Jüdischen Allgemeinen, nur selten sei ein Filmfestival „so sehr mit einer Person verbunden wie das Jüdische Filmfestival Berlin & Brandenburg (JFBB) mit Nicola Galliner“.[13] Das auch international ausgerichtete Festival widmet sich Filmen, die jüdisches Leben thematisieren, und ist das größte jüdische Filmfestival in Deutschland.[14][15] Zu den Gästen unter Galliners Leitung zählten Filmschaffende wie Susanne Bier,[16] John Turturro, Derek Jacobi, Carol Kane, Kevin und Andrew Macdonald, Michael Ballhaus und Volker Schlöndorff sowie weitere Persönlichkeiten wie Alfred Biolek, Günther Jauch und Max Raabe.[17][18][19] Dabei musste Galliner mehrfach die längere Zeit schwierige Finanzierung des Festivals sichern.[20][21][22]
Darüber hinaus ist Galliner als Herausgeberin und Autorin mehrerer Schriften zu jüdischer Geschichte und dem Jüdischen Filmfestival hervorgetreten. Beispielsweise war sie Ideengeberin und Mitautorin des 1987 veröffentlichten Wegweiser durch das jüdische Berlin.[23] Galliner arbeitete ebenfalls an mehreren Ausstellungen mit, zum Beispiel 1993 über die Israelitische Taubstummenanstalt im Berlin Museum,[24] und war auch Mitherausgeberin des zugehörigen Ausstellungsbandes „Öffne deine Hand für die Stummen“ – Die Geschichte der Israelitischen Taubstummen-Anstalt Berlin-Weißensee.
Galliner war im Laufe der Jahre zudem Jurymitglied bei Filmfestivals wie dem Jerusalem Film Festival, dem Haifa International Film Festival, dem Jerusalem Jewish Film Festival und dem Berliner Britspotting Film Festival.[25]
Bibliografie
Bearbeiten- Vera Bendt, Nicola Galliner, Stefi Jersch-Wenzel, Thomas Jersch: Wegweiser durch das jüdische Berlin. Berlin: Nicolai 1987. ISBN 978-3875841657.
- Nicola Galliner (Hrsg.): Als wäre es nie gewesen. Menschen, die nicht mehr entkamen. Fotografien aus den letzten Jahren des jüdischen Gemeindelebens in Berlin bis 1942. Ausstellungskatalog. Berlin: Samson 1988. ISBN 978-3927434004.
- Vera Bendt, Nicola Galliner (Hrsg.): „Öffne deine Hand für die Stummen“ – Die Geschichte der Israelitischen Taubstummen-Anstalt Berlin-Weißensee. Berlin: Transit, 1993. ISBN 978-3887470906.
- Malwin Warschauer, Nicola Galliner (Einführungstext): Im jüdischen Leben – Erinnerungen des Berliner Rabbiners Malwin Warschauer. Berlin: Transit 1995. ISBN 978-3887471019.
- Nicola Galliner (Hrsg.): Jewish Film Festival Berlin – Die ersten zehn Jahre. Berlin: be.bra 2004. ISBN 978-3898090520.
- Jüdisches Kulturinstitut in Deutschland e.V., Nicola Galliner (Hrsg.): Celebration! 25 Jahre Jüdisches Filmfestival Berlin & Brandenburg / 25 Years Jewish Film Festival Berlin & Brandenburg. Berlin: Neofelis Verlag 2019. ISBN 978-3958082397.
Weblinks
Bearbeiten- Nicola Galliner zum Jüdischen Filmfestival, 3sat-Beitrag aus dem Jahr 2020
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Woidke: Jüdisches Filmfestival setzt Zeichen für Toleranz. In: Land Brandenburg. 26. Juni 2018, abgerufen am 23. Dezember 2024.
- ↑ Verdienstorden für 15 Frauen und Männer. In: Märkische Allgemeine. 18. Juni 2018, S. 9.
- ↑ Peter Galliner. In: Munzinger-Archiv. Abgerufen am 1. September 2024.
- ↑ Edith Galliner. In: Artist-info.com. Abgerufen am 9. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b The daughter of Holocaust survivors founded a Jewish film festival in Germany. She just won a big award. In: Jewish Telegraphic Agency. 14. Juni 2018, abgerufen am 31. Dezember 2024.
- ↑ Nicola Galliner. In: Bebra-Verlag. Abgerufen am 23. Dezember 2024.
- ↑ Nicola Galliner and her son Aaron Galliner. In: WireImage. Abgerufen am 21. Januar 2025 (englisch).
- ↑ Alles über das Festival. In: Berliner Morgenpost. 17. Mai 2011, abgerufen am 23. Dezember 2024.
- ↑ Eine ganz unmögliche Bildungsstätte. In: Die Tageszeitung. 12. März 2002, abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ Elisabeth Binder: Seit mehr als 20 Jahren leitet Galliner das Jüdische Filmfestival. Angefangen hat alles mit acht Filmen, jetzt kommt auch Steinmeier vorbei. In: Der Tagesspiegel. 4. Juni 2016, S. 17.
- ↑ Hanno Hauenstein: Eine Überraschung: Nicola Galliner gibt die Leitung des Jüdischen Filmfestivals ab. In: Berliner Zeitung. 9. September 2020, abgerufen am 13. Januar 2024.
- ↑ Fest der Vielfalt des jüdischen Films. In: Kulturstaatsministerium. 19. Juni 2024, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Knut Elstermann: Das Ende einer Ära. In: Jüdische Allgemeine. 7. Januar 2021, abgerufen am 23. Dezember 2024.
- ↑ Igal Avidan: Wie deutsch muss das Jewish Film Festival sein? In: Die Welt. 12. Juni 2012, abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ Hanns-Georg Rodek: Halle war nur ein Anfang, glaube ich. In: Die Welt. 10. September 2020.
- ↑ Sarah Kugler: 25 Jahre Jüdisches Filmfestival Berlin-Brandenburg: Alles learning by doing. In: Tagesspiegel. 7. September 2019, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ 25 Jahre Jüdisches Filmfestival Berlin & Brandenburg. In: haGalil. 3. September 2019, abgerufen am 9. Januar 2025.
- ↑ The Making of an Englishman. In: Filmmuseum Potsdam. 2017, abgerufen am 9. Januar 2024.
- ↑ Mathias Raabe: Geschichten über das jüdische Leben. In: Berliner Zeitung. 26. April 2010, abgerufen am 21. Januar 2025.
- ↑ Uwe Sauerwein: Auch auf der Leinwand geht es meschugge zu. In: Berliner Morgenpost. 22. April 2010, abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ Ralf Krämer: Jüdisches Filmfestival: 101 Gesichter gegen das Klischee. In: Berliner Morgenpost. 7. September 2019, abgerufen am 31. Dezember 2024.
- ↑ Henryk M. Broder: Senat verweigert Jüdischem Filmfest Unterstützung. In: Der Spiegel. 6. Februar 2010, abgerufen am 31. Dezember 2024.
- ↑ Wegweiser durch das jüdische Berlin Geschichte und Gegenwart Nach einer Idee von: Nicola Galliner; mit Beiträgen von Vera Bendt [und 3 weiteren]. In: American Academy in Berlin. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
- ↑ Man muss die Taubstummen lieben: Eine Ausstellung zeigt die Geschichte der Israelitischen Taubstummenanstalt Berlin-Weissensee / Ab 1933 galten die dort lernenden Kinder in zweifacher Hinsicht als „minderwertig“: taubstumm und jüdisch. In: Die Tageszeitung. 7. Dezember 1993, S. 19.
- ↑ Nicola Galliner. In: Neofelis Verlag. Abgerufen am 30. Dezember 2024.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Galliner, Nicola |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-britische Kulturwissenschaftlerin und Kulturmanagerin |
GEBURTSDATUM | 1950 |
GEBURTSORT | London |