Nitrendipin

organische Verbindung, Arzneistoff, Calciumantagonist

Nitrendipin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Calciumantagonisten vom 1,4-Dihydropyridin-Typ. Es senkt über eine Erweiterung der glatten Muskulatur der Gefäße den Blutdruck stark. Therapeutisch wird es eingesetzt zur Behandlung der arteriellen Hypertonie.

Strukturformel
Struktur von Nitrendipin
Vereinfachte Strukturformel ohne Angabe der Konfiguration – 1:1-Gemisch (Racemat)
Allgemeines
Freiname Nitrendipin
Andere Namen

(RS)-Ethyl-5-(methoxycarbonyl)-2,6-dimethyl-4-(3-nitrophenyl)-1,4-dihydropyridin-3-carboxylat (IUPAC)

Summenformel C18H20N2O6
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 254-513-1
ECHA-InfoCard 100.049.540
PubChem 4507
ChemSpider 4351
DrugBank DB01054
Wikidata Q416584
Arzneistoffangaben
ATC-Code

C08CA08

Wirkstoffklasse

Antihypertensiva

Wirkmechanismus

Calciumantagonist

Eigenschaften
Molare Masse 360,36 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

158–160 °C[1]

Löslichkeit

sehr schwer in Wasser (77,2 mg·l−1 bei 25 °C)[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 312​‐​332
P: 280[3]
Toxikologische Daten

2540 mg·kg−1 (LD50Mausoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Stereochemie

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Die Moleküle von Nitrendipin enthalten ein Stereozentrum (Chiralitätszentrum). Daher gibt es zwei Enantiomere. Aufgrund der Synthese wird ein Racemat, also ein 1:1-Gemisch von (R)- und der (S)-Form gebildet.[4]

Enantiomere von Nitrendipin
 
(R)-Nitrendipin
 
(S)-Nitrendipin

Erfindung

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Das Konstitutionsisomer von Nifedipin – mit der Nitrogruppe in 3-Stellung – wurde in den Laboratorien der Firma Bayer AG von Horst Meyer und Friedrich Bossert nach dem Prinzip der Hantzsch-Synthese hergestellt. Das Dihydropyridin wurde aus zwei Molekülbausteinen durch Addition und intramolekulare Kondensation (Cyclisierung) aufgebaut. Aus 3-Nitrobenzaldehyd wurde durch intermolekulare Kondensation mit Acetessigsäureethylester 3'-Nitrobenzyliden-acetessigsäure-ethylester erhalten. Dieser wurde mit dem zweiten Baustein – 3-Amino-2-butensäuremethylester (β-Aminocrotonsäuremethylester) – umgesetzt.[5] So wurde ein 1,4-Dihydropyridin mit ungleichen Carbonsäureestergruppen erhalten.

 

Wirkmechanismus

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Nitrendipin blockiert den Calcium-Einstrom in die Herzmuskelzellen, die glatte Muskulatur und in das Erregungsbildungs- und Leitungssystem des Herzens. Dies führt am Herz zu einer herabgesetzten Kontraktilität (negativ inotrop) und einem reduzierten O2-Verbrauch. An der glatten Muskulatur bewirkt es eine Erweiterung der kleinen Arterien (Arteriolen) und damit eine Nachlastsenkung. Nitrendipin ist ein Dihydropyridin. Unter therapeutischen Dosen liegt die Wirkung von Nitrendipin und anderen Dihydropyridin-Calciumantagonisten kaum am Herzen, sondern fast ausschließlich an Gefäßen.

Indikationen

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Nitrendipin ist in Deutschland zugelassen zur Therapie der essentiellen arteriellen Hypertonie und als Bayotensin® akut zur Behandlung des hypertensiven Notfalls.

Nebenwirkungen

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Häufig kommt es zum Auftreten von Unterschenkelödemen, Kopfschmerzen sowie Flush, sowie gelegentlich zu Schwindel, Müdigkeit und Hypästhesien.

Seltene Nebenwirkungen sind Tachykardie, Palpitation, Übelkeit, Völlegefühl, Durchfall und vermehrter Harndrang.

Kontraindikationen

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Bei kardiogenem Schock, instabiler Angina Pectoris, Herzinfarkt (innerhalb der ersten 4 Wochen) und Kindern (keine ausreichenden Erfahrungen) ist die Gabe von Nitrendipin kontraindiziert.

Handelsnamen

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Monopräparate

Bayotensin (D), Baypress (A, CH), Jutapress (D), zahlreiche Generika (D). Der Vertrieb von Bayotensin® akut zur Behandlung der hypertensiven Krise wird ab Mitte 2021 aus „produktionstechnischen Gründen“ eingestellt. Die Kunststoffphiolen sind nicht mehr verfügbar.[6]

Kombinationspräparate

Baroprine (A), Cenipres (A), Eneas (D)

Literatur

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  • Friedrich Bossert, Horst Meyer, Egbert Wehinger: 4-Aryldihydropyridine, eine neue Klasse hochwirksamer Calcium-Antagonisten. In: Angewandte Chemie, 93, 1981, S. 755, doi:10.1002/ange.19810930906; Angewandte Chemie International Edition in English. 20, 1981, S. 762, doi:10.1002/anie.198107621.
  • The Merck Index, 11. Auflage, 1989, S. 1040, Eintrag Nr. 6493.

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu Nitrendipin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. November 2014.
  2. a b Eintrag zu Nitrendipine in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  3. a b Datenblatt Nitrendipine ~98 % bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. April 2011 (PDF).
  4. Rote Liste Service GmbH (Hrsg.): Rote Liste 2017 – Arzneimittelverzeichnis für Deutschland (einschließlich EU-Zulassungen und bestimmter Medizinprodukte). Rote Liste Service GmbH, Frankfurt/Main, 2017, Aufl. 57, ISBN 978-3-946057-10-9, S. 204.
  5. Deutsches Patent DE2117571B2, Erfinder Horst Meyer, Friedrich Bossert, Kurt Vater, angemeldet für Bayer AG. Angemeldet am 10. April 1971.
  6. Bayer stellt Vertrieb von Bayotensin akut ein Deutsche Apotheker Zeitung am 6. Mai 2021, abgerufen am 20. Mai 2021.