Ober-Klingen

Ortsteil der Gemeinde Otzberg, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Hessen

Ober-Klingen ist ein Ortsteil der Gemeinde Otzberg im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg. Es liegt am Westhang des Otzberges und wird von der Semme durchflossen.

Ober-Klingen
Gemeinde Otzberg
Koordinaten: 49° 49′ N, 8° 53′ OKoordinaten: 49° 48′ 33″ N, 8° 53′ 27″ O
Höhe: 189 m
Fläche: 9,56 km²[1]
Einwohner: 868 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 91 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 64853
Vorwahl: 06162
Karte
Lage von Ober-Klingen in Otzberg
Ober-Klingen und der Otzberg (2016)
Ober-Klingen und der Otzberg (2016)

Geschichte

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Die Kirche in Ober-Klingen

Ortsgeschichte

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Der Ortsname „Klingen“ wird auf die alte Bedeutung „Gießbach“ oder „Talschlucht“ zurückgeführt. Der Name „Klingen“ könnte aber auch ein Hinweis für die verschiedenen ausgebeuteten Erzvorkommen in unmittelbarer Nähe des Otzberges darstellen. Eines der heutigen beiden Klingen wurde bereits 1223 als „Clingen“ erwähnt. Eine Unterscheidung erfolgte 1383 für Ober-Klingen und 1357 für Nieder-Klingen. In den Urkunden wird der Ort dann als Obern Clingen (1383), Oberklingen und Obyrclingen (1387) sowie Obernclyngen (1485) und Clingen (1527) erwähnt.

Durch Urkunden wird folgendes belegt:[1]
1343 verleiht der Abt von Fulda Rudolf Kilian ein fuldisches Lehen als Otzbergisches Burglehen.
1399 empfängt Schenk Eberhard von Erbach von Pfalzgraf Ruprecht anderthalb Huben und einen halben Hof als fuldisches Mannlehen.
1420 verkaufen Hademar zu Laber und seine Ehefrau Walpurgis, geb. Schenk zu Erbach, das halbe Dorf Klingen an den Pfalzgrafen Ludwig.

Ober- und Nieder-Klingen gehörten bis 1521 zur Zent Umstadt und wurden dann infolge des Landshuter Erbfolgekriegs dem kurpfälzischen Oberamt Otzberg zugesprochen. Das Oberamt Otzberg kam 1803 infolge des Reichsdeputationshauptschlusses an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Mit dem Tauschvertrag zwischen Hessen-Darmstadt und den Herren von Löwenstein-Wertheim vom 5. Februar 1805[3] kam es zum Amt Habitzheim, das 1806 durch die Rheinbundakte an das zum Großherzogtum erhobene Hessen-Darmstadt fiel. Die Niedere Gerichtsbarkeit blieb bis 1822 bei den Herren von Löwenstein-Wertheim.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Ober-Klingen:

»Oberklingen (L. Bez. Breuberg) reform. Filialdorf; liegt 212 St. von Breuberg, gehört dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg und hat 107 Häuser und 615 Einw., die bis auf 49 Luth., 14 Kath. und 38 Juden reformirt sind. Man findet 3 Mahlmühlen und einen Bruch von rothen Sandsteinen, die von mittlerer Güte sind, aber doch behauen werden. Der Ort gehörte der Pfalz und kam 1802 an Hessen, und von Hessen 1805 durch Tausch an Löwenstein, bis derselbe 1806 unter Hess. Hoheit gekommen ist.«[4]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Am 31. Dezember 1971 fusionierte Ober-Klingen im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig mit fünf weiteren bis dahin selbstständigen Gemeinden zur neuen Gemeinde Otzberg.[5][6] Für die sechs ehemals eigenständigen Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Lengfeld.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Ober-Klingen angehört(e):[1][8][3]

Gerichte

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Die zuständige Gerichtsbarkeit der ersten Instanz waren:[1]

Bevölkerung

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Einwohnerstruktur 2011

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Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ober-Klingen 888 Einwohner. Darunter waren 39 (4,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 129 Einwohner unter 18 Jahren, 372 waren zwischen 18 und 49, 213 zwischen 50 und 64 und 177 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 372 Haushalten. Davon waren 102 Singlehaushalte, 108 Paare ohne Kinder und 129 Paare mit Kindern, sowie 30 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 75 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 240 Haushaltungen leben keine Senioren.[10]

Einwohnerentwicklung

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• 1633: 200 Einwohner
• 1829: 615 Einwohner, 107 Häuser[4]
• 1867: 616 Einwohner, 131 Häuser[11]
Ober-Klingen: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2019
Jahr  Einwohner
1829
  
615
1834
  
644
1840
  
694
1846
  
784
1852
  
686
1858
  
646
1864
  
644
1871
  
624
1875
  
645
1885
  
670
1895
  
605
1905
  
594
1910
  
610
1925
  
581
1939
  
551
1946
  
882
1950
  
845
1956
  
733
1961
  
724
1967
  
731
1970
  
760
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
888
2015
  
867
2019
  
868
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[10]; ab 2012: Gemeinde Otzberg[12]

Historische Religionszugehörigkeit

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• 1829: 49 lutheranische (= 7,97 %), 514 reformierte (= 83,58 %), 38 jüdische (= 6,18 %) und 14 katholische (= 2,28 %) Einwohner[4]
• 1961: 597 evangelische (= 82,46 %), 121 katholische (= 16,71 %) Einwohner[1]

Für Ober-Klingen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Ober-Klingen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 58,33 %. Alle gewählten Mitglieder gehören der Liste „Wir Ober-Klingener“ an.[13] Der Ortsbeirat wählte Manuel Scherer zum Ortsvorsteher.[14]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Ober-Klingen besticht durch seine landschaftlich schöne Umgebung mit dem naheliegenden Wald. Bemerkenswert ist auch die kleine Bergkirche, mit dem sie umgebenden Friedhof.

Schutzgebiete

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In der Gemarkung Ober-Klingen sind mehrere in den Löss eingeschnittene Schluchten als flächenhafte Naturdenkmale ausgewiesen: „Gaulsgräben“, „Halde“, „Kuhtränke“, „Griesbusch“, „Mordkaute“, „Kargenhölle“ und „Felsenwiese am Kalkofen“. Sie sind in der Region auch als Klinger Rechen bekannt, befinden sich rund um den durch Vulkanismus entstandenen Breitenstein und bilden in der offenen Agrarlandschaft ein wichtiges Rückzugsgebiet für viele Tiere.[15]

Zur Gemarkung zählt auch eine Teilfläche des Natura2000-Gebietes „Grünlandbereiche östlich von Brensbach“ (FFH-Gebiet 6219-301).

Regelmäßige Veranstaltungen

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Persönlichkeiten

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  • Ernst Nister (1842–1909), Druckereiunternehmer und Kinderbuchverleger (geboren in Ober-Klingen)
  • Karl Ernst Knodt (1856–1917), Dichter und evangelischer Pfarrer von Ober-Klingen
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Commons: Ober-Klingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  4. Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
  5. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Höchst) und Verwaltung.
  6. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  8. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Gemeinde Otzberg.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ober-Klingen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Otzberg, abgerufen im Februar 2021.
  3. a b Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Band 1. Darmstadt 1866, S. 47 §§ 14–15 (online bei Google Books).
  4. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 172 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 14. November 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 46, S. 1828, Punkt 1506; Abs. 9. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,1 MB]).
  6. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 238.
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 334 kB) §; 6. In: Webauftritt. Gemeinde Otzberg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Juli 2019; abgerufen im Dezember 2022.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 16 und 70, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  11. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 66 (Digisat bei google books).
  12. Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Otzberg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen im November 2019.
  13. Ortsbeiratswahl Ober-Klingen. In: Votemanager. Kommunales Gebietsrechenzentrum, abgerufen im Mai 2023.
  14. Ortsbeirat Ober-Klingen. In: Webauftritt. gemeinde Otzberg, abgerufen im Mai 2023.
  15. Horst Bathon, Georg Wittenberger: Die Naturdenkmale des Landkreises Darmstadt-Dieburg mit Biotop-Touren, 2. erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg.: Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg – Untere Naturschutzbehörde (= Schriftenreihe Landkreis Darmstadt-Dieburg). Darmstadt 2016, ISBN 978-3-00-050136-4.
  16. Darmstädter Echo, Montag, 21. September 2015, S. 21