Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe

Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe sind unabhängige[1] Beratungs- und Beschwerdestellen, an die sich Kinder, Jugendliche, heranwachsende junge Menschen und ihre Familien bei Konflikten mit dem Jugendamt oder mit leistungserbringenden Jugendhilfeträgern wenden können.

Ombudsstellen

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Solche Einrichtungen arbeiten in der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Konzept Ombudschaft: Um strukturelle Machtasymmetrien[2] auszugleichen, erhalten die Ratsuchenden mit Blick auf ihre Rechte und individuellen Rechtsansprüche Information, Beratung und ggf. Unterstützung in der Konfliktbewältigung. Zudem beinhaltet die ombudschaftliche Tätigkeit fachpolitische Aktivitäten[3] (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Fachveranstaltungen).

Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe bedeutet:

  • unabhängige[4] Information, Beratung und Vermittlung in Konflikten mit dem öffentlichen oder freien Träger der Jugendhilfe
  • eine Form des Machtausgleichs in der stark asymmetrischen Struktur der Jugendhilfe, insbesondere in Konfliktkonstellationen. Die fachlich fundierte Parteilichkeit für die Inanspruchnahme individueller Rechte und Rechtsansprüche von jungen Menschen und ihren Familien ist Grundlage des ombudschaftlichen Handelns. Dazu gehört, die strukturell unterlegene Partei im jugendhilferechtlichen "Dreiecksverhältnis" (Behörde/Freie Träger/Anspruchsberechtigte) unabhängig zu beraten und ggf. in der Konfliktbewältigung mit einem öffentlichen und/oder freien Jugendhilfeträger zu unterstützen. Damit unterscheidet sich Ombudschaft von anderen Verfahren der Konfliktbeilegung wie Anrufen der Verwaltungsgerichte, Mediation, Clearing, Schlichtung oder anwaltliche Vertretung.
  • neben der individuellen Beratung umfasst die ombudschaftliche Tätigkeit auch die (fach-)politische Lobbyarbeit für eine bedarfsgerechte und adressatenorientierte Jugendhilfe und eine Sozialpolitik, die „positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien“ (§ 1, Abs. 3, Satz 4 SGB VIII) schafft.

Ombudschaftliche Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland

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Die erste Ombudsstelle in der Kinder- und Jugendhilfe, der Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe (BRJ) e.V.[5][6], wurde 2002 gegründet.

Das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V.[7] als Zusammenschluss unabhängiger Ombudsstellen im Bundesgebiet besteht seit 2008 und dient dem Fachaustausch, der Qualifizierung und Weiterentwicklung ombudschaftlicher Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe. Das Netzwerk, das sich auf zentrale Qualitätskriterien ombudschaftlicher Arbeit verständigt hat, zählt mit Stand Juli 2021 insgesamt 17 Ombudsstellen[8] und kooperierende Einrichtungen[9] in 14 Bundesländern. Im Jahr 2020 zählten die Mitglieder des Bundesnetzwerks und die kooperierenden Einrichtungen insgesamt ca. 160 ehrenamtlich und ca. 33 hauptamtlich tätige Personen. Insgesamt sind die ombudschaftlichen Strukturen im Bundesgebiet von hoher Heterogenität und Dynamik geprägt, unter anderem hinsichtlich der Organisationsstrukturen und der Ressourcen vor Ort[10].

Rechtliche Grundlagen

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Mit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz am 10. Juni 2021 wurde das SGB VIII geändert, der § 9 a benennt dort Ombudsstellen[11]; damit sind Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich verankert:

§ 9a SGB VIII Ombudsstellen[12] In den Ländern wird sichergestellt, dass sich junge Menschen und ihre Familien zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe an eine Ombudsstelle wenden können. Die hierzu dem Bedarf von jungen Menschen und ihren Familien entsprechend errichteten Ombudsstellen arbeiten unabhängig und sind fachlich nicht weisungsgebunden. § 17 Absatz 1 bis 2a des Ersten Buches gilt für die Beratung sowie die Vermittlung und Klärung von Konflikten durch die Ombudsstellen entsprechend. Das Nähere regelt das Landesrecht.

Einzelnachweise

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  1. Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V.: Fact Sheet: Unabhängigkeit als zentrales Qualitätsmerkmal für die Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe. Abgerufen am 27. Juli 2021.
  2. Ulrike Urban-Stahl: Beschwerde- und Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe. Forum Jugendhilfe, Januar 2012, abgerufen am 28. Juli 2021.
  3. Ulrike von Wölfel, Björn Redmann: Ombudschaftliche Arbeit und Empowerment – Von der individuellen Information zur gemeinsamen politischen Aktion. In: Wölfel, Ulrike von/Redmann, Björn (Hrsg.): Bildung am Rande – warum nur gemeinsam mit Adressant_innen in der Jugendhilfe Bemächtigungsprozesse initiiert werden können. Beltz Juventa: Weinheim und Basel. S. 107–126, 2019, abgerufen am 28. Juli 2021.
  4. Nicole Rosenbauer: Ombudschaft braucht Unabhängigkeit. FORUM für Kinder- und Jugendarbeit, März 2020, abgerufen am 28. Juli 2021.
  5. Nicole Rosenbauer, Ulrike Pahl: Unabhängige Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe. Aktuelle Einblicke in die Berliner Beratungs- und Ombudsstelle Jugendhilfe. unsere jugend, 2020, abgerufen am 28. Juli 2021.
  6. Raphael Heinetsberger, Tania Helberg und Ulli Schiller: „Wären unsere Räume im Jugendamt, würden viele Ratsuchende erst gar nicht kommen.“ FORUM Kinder- und Jugendarbeit, März 2020, abgerufen am 21. Juli 2021.
  7. Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V. | Ombudschaft Jugendhilfe e.V. In: Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V. Abgerufen am 27. Juli 2021 (deutsch).
  8. Sabine Gembalczyk, Christina Behrends, Carolin Marquardt: Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe. Ein Bericht aus der Ombudschaft Jugendhilfe NRW. unsere jugend, Januar 2020, abgerufen am 21. Juli 2021.
  9. Tilman Lutz und Johannes Richter: Abschlussbericht: Wissenschaftliche Begleitung der Implementation einer Ombudsstelle im Bezirksamt Hamburg-Mitte. Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie, Juli 2018, abgerufen am 28. Juli 2021.
  10. Bundesnetzwerks Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V.: Informationen zu ombudschaftlichen Strukturen im Bundesgebiet. Abgerufen am 27. Juli 2021.
  11. vgl. Manfred Günther: "Kinder- und Jugendhilferecht" 2. aktualisierte und ergänzte Auflage September 2021, Springer nature Wiesbaden
  12. § 9 a SGB 8 - Einzelnorm. Abgerufen am 27. Juli 2021.