Ostbüro
Nachdem die Parteien und Gewerkschaften in der DDR dem Primat der SED unterstellt worden waren, wurden in Westdeutschland Ostbüros dieser Organisationen eingerichtet, da eine legale Oppositionsarbeit nicht mehr möglich war. Die Ostbüros dienten nach Westdeutschland geflüchteten oder ausgewanderten Parteiführern und -mitgliedern als organisatorische Basis für die Fortsetzung ihrer Arbeit.
Beschreibung
BearbeitenWesentliche Aufgaben des Ostbüros waren
- die Koordination der Widerstandsarbeit gegen undemokratische Maßnahmen und Menschenrechtsverletzungen in der SBZ bzw. DDR[1]
- Die Betreuung der aufgrund ihrer politischen Meinung bzw. Betätigung zu Haftstrafen verurteilten Mitglieder und ihrer Angehörigen
- Fortführung der politischen bzw. gewerkschaftlichen Betätigung auch nach der Vereinnahmung (SPD, DGB) bzw. dem Verlust der politischen Selbständigkeit (CDU, LDPD) im Osten
- Öffentlichkeitsarbeit im Westen und der Versuch der Herstellung einer Gegenöffentlichkeit im Osten
- Die Betreuung der Flüchtlinge aus der DDR
Die Arbeit der Ostbüros war in der SBZ/DDR sowie dem Ostblock illegal. In der Zeit der sowjetischen Besatzung (bis 1949) sowie vereinzelt bis in die 50er Jahre wurden gefasste Zuarbeiter der Ostbüros von sowjetischen Militärtribunalen abgeurteilt. Zur Verfolgung tatsächlicher (oder nur behaupteter) Kontakte mit Vertretern der Ostbüros hatte die DDR extra einen eigenen § 219 in das Strafgesetzbuch der DDR aufgenommen, der „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“ unter Strafe stellte.
Einzelne Ostbüros
BearbeitenBekannte Mit- oder Zuarbeiter der Ostbüros
Bearbeiten- Georg Dertinger (CDU) Volkskammerabgeordneter und Minister der DDR
- Wolfgang Schollwer (FDP) Landessekretär der Liberaldemokratischen Partei (LDP) Brandenburgs
- Rudolf Maerker (SPD) Bonner Politiker
- Stephan G. Thomas (SPD) Politiker, Chefredakteur des Deutschlandfunks (DLF)
- Helmut Bärwald, geb. als Helmut Fränzel (SPD, ab 1971 CDU), Publizist
- Wilfred Busch (SPD) Leiter des niedersächsischen Verfassungsschutzes
- Richard Lehners (SPD) Niedersächsischer Landtagspräsident, Innenminister
Literatur
Bearbeiten- Helmut Bärwald: Das SPD-Ostbüro, Krefeld 1990.
- Wolfgang Buschfort: Widerstand und Verfolgung von Demokraten im Dritten Reich und in der DDR. Das Fallbeispiel Curt Eckhard, in: Jesse, Eckhardt und Kalitz, Steffen: Prägekräfte des 20. Jahrhunderts. Demokratie, Extremismus, Totalitarismus, Baden-Baden 1997, S. 285–304.
- Wolfgang Buschfort: Parteien im Kalten Krieg. Die Ostbüros von SPD, CDU und FDP, Berlin 2001.
- Wolfgang Buschfort: Die Ostbüros der Parteien in den 50er Jahren (PDF; 1,1 MB), Berlin, 2006, 3. Auflage
- Wolfgang Buschfort: Das Ostbüro der SPD, München 1990.
- Norbert Pötzl: Der Kampf der Systeme: TÖRICHT UND TÖDLICH In: Spiegel Spezial Geschichte vom 29. Juli 2008.
- Susanne Schulze: Archiv des Liberalismus, in: Der Archivar 56 (2003), H. 4, S. 320 f. Online unter: https://web.archive.org/web/20140222160626/http://www.archive.nrw.de/archivar/hefte/2003/Archivar_2003-4.pdf
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Ulrich Weissgerber: Giftige Worte der SED-Diktatur. LIT Verlag Münster, 2010, ISBN 9783643104298, S. 233. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche