Para-Alumohydrocalcit

Mineral aus der Alumohydrocalcit-Gruppe

Para-Alumohydrocalcit (IMA-Symbol Pahcal[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ mit der chemischen Zusammensetzung CaAl2(CO3)2(OH)4·6H2O[1] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Aluminium-Carbonat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Para-Alumohydrocalcit
Weiße und gelbe Para-Alumohydrocalcit-Kristallaggregate aus Vodinskoe, Oblast Samara, Russische Föderation
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1976-027[1]

IMA-Symbol

Pahcal[2]

Andere Namen

russisch Параалюмогидрокальцит

Chemische Formel
  • CaAl2(CO3)2(OH)4·6H2O[1]
  • CaAl2[(OH)2|CO3]2·6H2O[3]
  • CaAl2[(OH)4|(CO3)2]·6H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/E.04-040[3]

5.DB.05
16b.02.03.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin oder triklin[4]
Kristallklasse; Symbol nicht definiert
Raumgruppe nicht definiert
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,5 bis 2[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,0
Spaltbarkeit nicht definiert
Farbe farblos, weiß[5]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchsichtig[6] bis durchscheinend[5]
Glanz nicht definiert
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,473[6]
nβ = 1,492[6]
nγ = 1,502[6]
Doppelbrechung δ = 0,029[6]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 69° (gemessen), 70° (berechnet)[6]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten schwach löslich in Salzsäure (HCl)

Die genaue Kristallstruktur von Para-Alumohydrocalcit ist bisher nicht bekannt. Das Mineral entwickelt nur winzige Kristalle bis etwa 0,01 mm Größe, die überwiegend zu radialstrahlig-kugeligen oder faserigen Mineral-Aggregaten zusammentreten. In Form von Einkristallen sowie in dünnen Schichten ist Para-Alumohydrocalcit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung ist er jedoch meist durchscheinend weiß kann durch Fremdbeimengungen auch eine gelbliche Farbe annehmen.

Para-Alumohydrocalcit ist das erste und bisher einzige Mineral mit der Typlokalität Turkmenistan, das heißt in Mineralproben aus diesem Land zuerst entdeckt wurde (Stand 2024).[7]

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde Para-Alumohydrocalcit zuerst in Mineralproben aus den Schwefel-Lagerstätten Gaurdak nahe Chardzhou in der Provinz Lebap welaýaty in Turkmenistan und Vodinsk in der Oblast Samara (Föderationskreis Wolga) in Russland. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch B. I. Srebrodolski (russisch Б. И. Сребродольский), der das Mineral in Anlehnung an den, bis auf den geringeren Wassergehalt, chemisch gleichen Alumohydrocalcit (CaAl2(CO3)2(OH)4·4H2O) benannte.

Srebrodolski sandte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1976 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1976-027[1]), die den Para-Alumohydrocalcit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Erstbeschreibung wurde 1977 im russischen Fachmagazin Sapiski Wsessojusnogo Mineralogitscheskogo Obschtschestwa (russisch Записки Всесоюзного Минералогического Общества) veröffentlicht.

Die Prüfung und Zusammenfassung der Erstbeschreibung für die Publikation Neuer Mineralnamen (englisch New mineral names) 1978 im amerikanischen Fachmagazin American Mineralogist gestaltete sich allerdings als schwierig, da die Beschreibung dieses Minerals auf zwei Artikel verteilt war. Diejenige von 1977 war nur kurz und unvollständig und verweist auf einen früheren Artikel von 1974, die allerdings eine Vielzahl von Daten und Angaben enthält, von denen sich einige mit denen von Alumohydrocalcit überschneiden. Die Unterschiede wurden zwischen dem Tetrahydrat Alumohydrocalcit und dem Hexahydrat Para-Alumohydrocalcit wurden dennoch als realistisch angesehen, obwohl die kristallografischen Daten für Para-Alumohydrocalcit nicht vorlagen.[8]

Das Typmaterial des Minerals wird im Mineralogisches Museum, benannt nach A. J. Fersman (FMM) unter der Katalog-Nummer 81064 aufbewahrt.[9]

Klassifikation

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In der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Para-Alumohydrocalcit noch nicht verzeichnet.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer V/E.04-040. Dies entspricht der Klasse der „Nitrate, Carbonate und Borate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Carbonate, mit fremden Anionen“, wo Para-Alumohydrocalcit zusammen mit Alumohydrocalcit, Hydroscarbroit und Scarbroit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer V/E.04 bildet.[3]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Para-Alumohydrocalcit in die verkleinerte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse) und dort in die Abteilung „Carbonate mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Alumohydrocalcit und Nasledovit die „Alumohydrocalcitgruppe“ mit der Systemnummer 5.DB.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Para-Alumohydrocalcit die System- und Mineralnummer 16b.02.03.02. Das entspricht der Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort der Abteilung „Carbonate – Hydroxyl oder Halogen“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Carbonate – Hydroxyl oder Halogen mit (A)m(B)n(XO3)pZq x (H2O), mit (m+n) : p = 3 : 2“ in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 16b.02.03, in der auch Alumohydrocalcit eingeordnet ist.


Kristallstruktur

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Da die genaue Kristallstruktur von Para-Alumohydrocalcit bisher bekannt ist, sind weder Daten zum Kristallsystem noch zu den Gitterparametern dokumentiert.

Eigenschaften

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Das Mineral ist nur schwach löslich in Salzsäure (HCl).[8]

Bildung und Fundorte

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Para-Alumohydrocalcit bildet sich durch Zersetzung von Allophan in der Oxidationszone von Schwefel-Lagerstätten. Als Begleitminerale können neben Allophan unter anderem noch Calcit, Dundasit, Gips, Halloysit und Scarbroit auftreten.[5]

Von dem überaus seltenen Mineral sind weltweit bisher weniger als 10 Vorkommen dokumentiert (Stand 2024). Sein als Typlokalität geltendes Erstvorkommen Gaurdak in Turkmenistan ist der bisher einzige bekannte Fundort für das Mineral. In Russland konnte Para-Alumohydrocalcit außer an der Typlokalität Vodinsk in der Oblast Samara noch am Eweslogtschorr in den Chibinen in der Oblast Murmansk auf der russischen Halbinsel Kola gefunden werden.[11]

In Deutschland konnte Para-Alumohydrocalit bisher ebenfalls nur an einem Ort, genauer in einer Tuffgrube im Wehrer Kessel, wobei sich Mineralfundstellen bis zum Hüttenberg etwa 2 km nordnordöstlich von Wehr ziehen, im Landkreis Ahrweiler am Rande der Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz.[12]

Auch in Österreich ist mit einer aufgelassenen Sandgrube bei Großrust in der Gemeinde Obritzberg-Rust in Niederösterreich bisher nur ein Fundort bekannt.

Des Weiteren wurde das Mineral noch bei Şaru Dornei im Kreis Suceava in Rumänien, in der Grube Csordakut (auch Csordakuti) bei Bicske-Csordakút im ungarischen Kreis Bicske und in einem Steinbruch bei Chipping Sodbury in der englischen Unitary Authority South Gloucestershire (Vereinigtes Königreich) entdeckt.[11]

Siehe auch

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Literatur

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  • Michael Fleischer, Adolf Pabst, John Sampson White: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 63, 1978, S. 793–796 (englisch, rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 30. November 2024]).
  • Б. И. Сребродольский: Параалюмогидрокальцит – Новый Минерал. In: Записки Всесоюзного Минералогического Общества. Band 106, Nr. 3, 1977, S. 336–337 (russisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 30. November 2024] englische Übersetzung: B. I. Srebrodol’skii: Paraalumohydrocalcite – a new mineral. In: Zapiski Vserossiyskogo Mineralogicheskogo Obshchestva.).
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Commons: Para-alumohydrocalcite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2024. (PDF; 3,1 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2024, abgerufen am 30. November 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 30. November 2024]).
  3. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 315 (englisch).
  5. a b c Para-Alumohydrocalcite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 54 kB; abgerufen am 30. November 2024]).
  6. a b c d e f Para-Alumohydrocalcite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. November 2024 (englisch).
  7. Turkmenistan. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. November 2024 (englisch, Kurzbeschreibung des Landes sowie Listen zu bisher dort entdeckten Minerale, Gesteine und Fossilien).
  8. a b Michael Fleischer, Adolf Pabst, John Sampson White: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 63, 1978, S. 793–796 (englisch, rruff.info [PDF; 476 kB; abgerufen am 30. November 2024]).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – P. (PDF 296 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 30. November 2024 (Gesamtkatalog der IMA).
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  11. a b Fundortliste für Para-Alumohydrocalcit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 30. November 2024.
  12. Wehrer Kessel. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 30. November 2024.