Paraxol

Tochterfirma der DEGUSSA (Frankfurt am Main) zur Sprengstoffherstellung während des Zweiten Weltkriegs
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Die Paraxol GmbH war eine 1939 gegründete[1] Tochterfirma der DEGUSSA (Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt) in Frankfurt zur Herstellung des Sprengstoff-Vorprodukts Pentaerythrit, das Ausgangsmaterial für den militärischen Sprengstoff Nitropenta während des Zweiten Weltkriegs.

Paraxol (Deutschland)
Paraxol (Deutschland)
Lippoldsberg
Schrobenhausen
Welden
Niederlehme
Ehemalige Produktionsstandorte der Paraxol GmbH

Geschichte

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Die Gesellschaft wurde im Rahmen des Montan-Schemas gegründet und sollte in vier weit über Deutschland verstreuten Werken produzieren. Die Werke waren als Staatsgeheimnis klassifiziert und wurden zur Verschleierung offiziell als „Holzmehlanlagen“ bezeichnet.

Die Werke wurden wegen der Tarnung in Form von kleinen Produktionseinheiten in Waldgebieten aufgebaut. Alle Werke hatten große Lager für Methanol, das jeweils vor Ort katalytisch zu Formaldehyd umgesetzt wurde. Das Formaldehyd wurde zusammen mit Acetaldehyd nach der Kalk-Kondensations-Methode zu Pentaerythrit umgesetzt. Die Werke A und Z hatten 2 Produktionseinheiten für Formaldehyd, 3 Produktionseinheiten für Pentaerythrit. Werk B und W hatten 3 Formaldehydanlagen und 4 Pentaerythrit-Einheiten. Diese an sich harmlose Substanz, die auch in Lacken verwendet wird, wurde in den Nitrierwerken der „Verwertchemie“ und der „Deutschen Sprengchemie“ mit hoch konzentrierter Salpetersäure zu Pentaerythrit-Nitrat oder Nitropenta weiterverarbeitet. Die Anlagen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs demontiert und zerstört.

Die Werke wurden teilweise erst kurz vor Ende des Krieges soweit fertiggestellt, dass mit der Produktion begonnen werden konnte.

Das Heereswaffenamt hatte zunächst für knapp 2 Millionen RM über 400 t Pentaerythrit geordert, worauf die DEGUSSA das bestehende Werk in Wildau bei Berlin erweiterte. Aber das Projekt nahm viel größere Dimensionen an. Die DEGUSSA-Tochter HIAG (Holzverkohlungs-Industrie AG) sollte vier sogenannte Bereitschaftsfabriken in verschiedenen Teilen Deutschland errichten und auf Provisionsbasis betreiben. Im Mai 1939 wurde ein Rahmenvertrag unterzeichnet, nach dem vier Werke in der reichseigenen Paraxol GmbH zusammengefasst wurde, während die DEGUSSA die Werke in Bodenfelde und Wildau in eigener Regie betrieb. Für Planung und Bau der neuen Werke wurden 600.000 RM bezahlt.

Lippoldsberg wurde 1943 zum Sitz der Verwertungsgesellschaft für Montanindustrie GmbH (MONTAN), nachdem die Zentrale in Berlin bei einem Bombenangriff im Herbst zerstört worden war. Über dieses Unternehmen wurden die rüstungsrelevanten Betriebe koordiniert. 1945 befand sich die Verwaltung der MONTAN in einer Baracke des Paraxol-Werks.

Lippoldsberg

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Gesprengter Bunker des Werks Lippoldsberg

Das Werk in Lippoldsberg in der Nähe von Bodenfelde an der Weser wurde 1941 fertiggestellt,[1] allerdings erst 1944 in Betrieb genommen. Es trug die Tarnbezeichnung „Werk B“. Nach Ende des Krieges wurden Gerätschaften zur Herstellung von Formaldehyd und Pentaerythrit für 102.000 US-Dollar an ein Chemieunternehmen aus Philadelphia verkauft.[2]

Schrobenhausen

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Das Werk in Schrobenhausen wurde von 1938 bis 1942 im Hagenauer Forst von circa 800 Bauarbeitern errichtet. Ab dem Betriebsbeginn am 1. Oktober 1942 waren dort 210 Mitarbeiter tätig,[3] unter ihnen Zwangsarbeiter aus der Ukraine, Frankreich und Italien.[4] Im Juni 1944 waren 34 Prozent der Mitarbeiter nicht-deutscher Herkunft, unter den Beschäftigten in der Produktion betrug der Anteil 76 Prozent.[5] 1945 wurde das Werk von US-Truppen besetzt.[3]

Das Werk mit dem Tarnnamen „Z-Hiag“ entstand von 1938 bis 1942 im Wald zwischen Welden und Hegnenbach auf dem Lerchenberg. Es war ähnlich aufgebaut wie das Werk im Haugenauer Forst bei Schrobenhausen und bildete einen Komplex aus unregelmäßig angeordneten ein- und mehrgeschossigen Sichtziegelbauten. Zur Anlage gehörten unter anderem Wohn- und Verwaltungsbauten, Lager, Kraftwerke und Produktionsgebäude.[6] Etwas weiter westlich auf dem Lüftenberg wurden zudem zwei große Methanoltanks errichtet. Für den Bau der Anlage kamen sowohl Handwerksbetriebe aus der Umgebung als auch Zwangsarbeiter zum Einsatz.[7]

Mit dem Einmarsch der US-Amerikaner wurde auch das Werk auf dem Lerchenberg am 26. April 1945 besetzt. Diese demontierten die Anlage zwei Jahre später und sprengten die beiden Methanoltanks. Anschließend wurden in den verbliebenen Gebäuden Flüchtlinge einquartiert.[7] Ab 1961 kam das Gelände zur Bundeswehr, die das Gelände bis 1994 nutzte. 1997 wurde es schließlich an Privat verkauft.[8]

Niederlehme

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Das Werk in Niederlehme, westlich von Frankfurt an der Oder,[9] trug den Tarnbuchstaben „W“. Die Demontage durch die sowjetischen Besatzer wurde 1950 abgeschlossen.[10]

  • Philip E. Newman: Explosives Industry U.S. Zone. U.S Military Government of Germany, 1946, OCLC 560216567.
  • Barbara Hopmann: Von der Montan zur Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) 1916–1951. Steiner, Stuttgart 1996, ISBN 3-515-06993-3, S. 80.
  • Die Degussa im Dritten Reich, Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52204-1.
  • Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen im Nationalsozialismus: Bayern 1933–1945. Klinkhardt und Biermann, München 1993, ISBN 3-7814-0360-2, S. 461.
  • Wolfgang Haas: Was waren HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst Schrobenhausen. Private Buchveröffentlichung, 8. Auflage 2022.
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Commons: Paraxol – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Thomas Thiele: Ausstellung zeigt geheime Munitionsfabrik im Wald bei Lippoldsberg. In: HNA. 19. Mai 2016, abgerufen am 30. Juni 2019.
  2. United States. Dept. of state. Office of the foreign liquidation commissioner: Report to Congress on Foreign Surplus Disposal. 1948, S. 15.
  3. a b Lampertshofen: Das Staatsgeheimnis im Hagenauer Forst. Abgerufen am 7. September 2021.
  4. Schrobenhausen: Knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert. Abgerufen am 7. September 2021.
  5. Peter Hayes: From Cooperation to Complicity: Degussa in the Third Reich. Cambridge University Press, 2004, ISBN 978-0-521-03991-8, S. 244.
  6. Hitlers streng geheime Chemie-Fabrik. In: Augsburger Allgemeine, erschienen am 11. Dezember 2024, Seite 35.
  7. a b Die Hochbunker bei Hegnenbach. Abgerufen am 8. September 2021.
  8. Judith Zacher: Nazi-Bunker vom Lerchenberg - Hitlers gut getarntes Erbe. 6. Februar 2018, abgerufen am 8. September 2021 (deutsch).
  9. Peter Hayes: From Cooperation to Complicity: Degussa in the Third Reich. Cambridge University Press, 2004, ISBN 978-0-521-03991-8, S. 144.
  10. Klaus Neitmann, Jochen Laufer: Demontagen in der Sowjetischen Besatzungszone und in Berlin 1945 bis 1948. In: Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band 61. Berliner Wissenschafts-Verlag, ISBN 978-3-8305-2921-7, S. 404 (bwv-verlag.de [PDF]).